Die Abhandlung befasst sich mit der historischen Entwicklung der Rechte der Protestanten in einzelnen Ländern Österreichs. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung der rechtlichen Stellung der evangelischen Kirchen in Österreich. Behandelt werden Böhmen, Galizien, Österreich ob und unter der Enns, Kärnten, Krain sowie Ungarn und Siebenbürgen. Besprochen werden die Zeit der Reformation und die Verfolgung der Protestanten sowie die teilweise Anerkennung der Protestanten durch Kaiserliche Autorität. Dies war insbesondere in Ungarn und Siebenbürgen der Fall. In Böhmen Galizien und den österreichischen Ländern fanden die Protestanten hingegen erst durch das Toleranzpatent von Joseph II. eine gesetzliche Anerkennung.
Kurzgefasste Übersicht der geschichtlichen Veränderungen des kirchlichen Rechtes der Protestanten in den österreichischen Staaten
1.
Böhmen
:
In Böhmen und Mähren hat
die Reformation einen bereits tief gelockerten Boden vorgefunden. Schon 1521 kam
Thomas Münzer [Müntzer] nach
Prag und 1522 Paul
Speratus nach Mähren, nachdem
bereits 1519 in beiden Ländern Luthers
Lehre Eingang gefunden hatte. Weil man sich mit den Calixtinern schon 1433
mittelst der Compaktaten, die durch die Abgeordneten des Basler Concils zu Wege gebracht worden, ausgesöhnt hatte, desto
mehr aber den böhmischen Brüdern, welche aus den Taboriten entstanden waren,
gram war, so verfolgte Ferdinand I. die
Evangelischen zwar nicht, es hatte jedoch auf diese Länder der Religionsfriede
von 1532 keinen Einfluß. Bereits 1549 wurden die böhmischen Brüder zur
Auswanderung gezwungen und selbst die Utraquisten hart bedrängt; 1561 das
Prager Erzbisthum wieder errichtet und
1562 eine jesuitische Hochschule in
Prag gestiftet. Maximilian I. [sic! gemeint ist Maximilian II.] hat die
Utraquisten dem Papste Pius IV. anempfohlen
und dieser ihnen nicht nur den Kelch gestattet, sondern auch die Weihe ihrer
Geistlichen durch die katholischen Bischöfe angeordnet.
Durch die Aufhebung
der Compaktaten 1567 verloren die Utraquisten nichts mehr, die Protestanten
wurden dagegen schweigend anerkannt, welche nehmlich, Lutheraner
und Reformirte mit den böhmischen Brüdern gemeinschaftlich, eine
Bekenntnisschrift verfertigt, die durch den Kaiser 1575 angenommen wurde, der indessen
schon im Jahr darauf starb. Sein Nachfolger Rudolf
II. bethätigte bald seine intolerante Gesinnung; indeß hatte er
dennoch theils, um seinem jüngern Bruder Mathias, der 1609 in Mähren
Religionsfreiheit publizirte, ein Gegengewicht zu halten und noch mehr durch die
drohende Stellung und das Drängen der beinahe schon durchaus protestantischen
Böhmen erschreckt, den Majestätsbrief am 12.
Juli 1609 gegeben. 1612 starb er. Nachdem sein Bruder Mathias den Kaisersitz nach Wien verlegt,
ging sogleich alles rückwärts. Die Utraquisten, welche der böhmischen Confession
von 1575 auch beigetreten waren, hatten zwar 1618 eine energische Deklaration
unter dem Namen Defension auf dem Landtage zu Prag
verfaßt; Mathias aber starb 1619 und
Ferdinand II. kam auf den Thron. Die
höchst traurige Katastrophe vom 8. November 1620 hat mit einem Schlage alles
vernichtet. Die Patente vom 30. April 1626 und vom 10. Mai 1627 haben jede
andere als die römisch-katholische Religion strengstens verpönt, ja, das Patent
vom 29. Mai 1627 hat den Majestätsbrief ausdrücklich aufgehoben, worauf über
36.000 Familien auswanderten. Der Westphälische Friede von 1648 hatte auf
Böhmen und Mähren keinen Einfluß. Ferdinand
III. neues Patent vom 26. November 1650 verpönte wiederholt jede
andere Religion als die römisch-katholische so wie das vom 23. März und 4. Mai
1641; ja durch die Erlässe vom 17. December 1697 und 23. August 1701 so wie
durch den 19. Artikel § 3 vom Jahre 1707 wurde sogar jeder evangelische Privatgottesdienst zum Capitalverbrechen gestämpelt.
Karl VI. hat die bekannte
Religionsklausel durch Dekrete vom 21. December 1725 und 29. Jänner 1726
angeordnet und der Genuß des Abendmahles sub utraque wurde mit den härtesten
Strafen: Schanzarbeit, Verbannung und Tod bestraft. Erst nach 150 Jahren kam das
Toleranzedikt Kaiser Josef’s
II. vom 13. Oktober 1781 und machte diesem Zustand ein
Ende, obwohl auch diese neugewährte Freiheit vielfach durch mehrere Hofdekrete
verkümmert wurde, bis das jüngst vom 4. März 1849
erlassene Patent Freiheit und Gleichberechtigung den anerkannten Religionen und
Kirchen wenigstens im Prinzipe verkündigte.
2. Schlesien:
Die Geschichte des protestantisch kirchlichen
Rechtes in Östreichisch
Schlesien hat beinahe denselben Gang wie die von Böhmen und Mähren.
Vermöge der Gehörigkeit Schlesiens zu der Krone Böhmens war
durch die Vorgänge daselbst auch hier die Reformation angebahnt und nachdem sie
sich rasch ausgebreitet, alle die Rückwirkungen erfahren, welche die Schlacht am
Weißen Berge hervorrief. Nur die
Altranstädter Convention zwischen
Karl XII. von Schweden
und Josef I. vom 1. September 1707
hat das herbe Schicksal der evangelischen Kirche in Schlesien einigermaßen gemäßigt,
durch welche den Evangelischen freie Religionsausübung und die Zurückgabe an sie
von 118 Kirchen und Schulen ausgewirkt, zu der Regierung der Kirche aber ein
Collegium unter dem Namen Religionscommission eingerichtet.
Indessen ging
der größte Theil des Landes durch den 7jährigen Krieg für Oestreich verloren und in dem erhaltenen Theile
gewährte die erwähnte Convention den Evangelischen in Schlesien
über die
Toleranzrechte bloß die zwei: daß die gemischten Ehen durch den Geistlichen
der Braut eingesegnet und die Kinder in Betreff der Religion dem Geschlechte
der Eltern folgen sollen. Die bestandene Religionscommission wurde nun
zu einem Consistorium in Teschen
umgestaltet, von wo es aber durch ein Hofdekret vom 20. September
1784 nach Wien
verlegt wurde.
3.
Galicien
:
Im ehemaligen
Königreiche Polen fand die Reformation ebenfalls durch die
ausgewanderten böhmischen Brüder einen vorbereiteten Boden. Schon unter des
Königs Sigismund Regierung
1548–72 bestand die Hälfte des Senates aus evangelischen Mitgliedern und die
größere Hälfte des Adels wurde evangelisch. Synoden hielt man zu
Kozmin 1555,
Sendomir 1570, wo ein Vergleich zwischen den
Lutheranern, Reformirten und den böhmischen Brüdern zu Stande kam,
worauf sie auf dem Reichstage zu Krakau
1573, wo sie auch eine Synode hielten, gleiche Rechte mit den
Katholiken unter dem Namen der Dissidenten erhielten. Eine Generalsynode hielten
sie zu Wegrow [Węgrów] 1780, auf welcher nach den
Traktaten von 1768 und 1775 ein neues Kirchenrecht ausgearbeitet wurde, welches
nicht ohne Einfluß in Ungarn geblieben ist. (Scheidemantel,
Prof. zu Jena, Kirchengesetzbuch für die beiden
Confessionen in Polen und Lithauen. Augsburg 1783) Die in
Polen eingeführten Jesuiten wütheten gegen die
Protestanten und sogenannten Schismatiker wie kaum anders wo; bekannt sind die
Vorfälle von Thorn, bis nach vielfachen Wechselfällen durch Rußlands, Schwedens und Englands
Bemühungen die ihnen zum Nachtheil gebrachten Landtagsbeschlüsse aufgehoben und
ihnen ein gleiches Recht mit den Katholiken 1768 gewährleistet wurde; bald
hernach wurde das Land getheilt. In Russisch Polen, in
Posen und in Krakau behielten
die Protestanten Rechtsgleichheit mit den Katholiken; für die Galizianer aber wurde das Toleranzedikt vom 10. November 1781 publicirt.
4.
Oesterreich,
Steiermark, Kärnthen,
Krain
:
Auch in diesen Ländern war der Boden
für den Samen der Reformation großentheils vorbereitet. Die Waldenser einerseits
an 80.000 und die böhmisch-mährischen Brüder anderseits, ja einzelne von diesen
Einflüssen unabhängige durch den Geist bewegte eifrige Prediger wider den Ablaß
und die Reliquien, haben bei dem Bürgerthum und dem Adel durchweg einen
Widerwillen gegen die kirchlichen Mißbräuche hervorgerufen; Paul Speratus a Rutilis hat hier noch früher
als in Mähren erfolgreich gewirkt 1524 und
Tauber wurde schon 1524 hinter dem
Stuben Thor hingerichtet. In Krems waren schon früher und
lange vor der Reformation sehr viele (Waldenser) verbrannt (über 1000) – 1509
predigte Philipp Turrian im
Kloster zum Heiligen Geist und ein Bernhardiner in der Petrikirche wider den
Ablaß und die Reliquien; ja schon 1483 wurde Magister Johann Kaltenmarkt, Professor des
kanonischen Rechtes an der Universität, nach Rom citirt.
Am 13. December 1541 überreichten die ober- und niederösterreichischen und die
steiermärkischen Stände sammt denen von Kärnthen
und Krain dem Kaiser Ferdinand zu Prag eine Bittschrift um
freie Religionsübung, auf welche sie jedoch eine wenig befriedigende Antwort und
eine bloße Vertröstung auf ein allgemeines Concil am 8. Jänner 1542 erhielten.
Indeß waren denn doch einige Edikte über die Zulassung des Kelches in Kraft.
Nach vielen Bedrückungen erhielten die östreichischen Stände, gegen einen Revers bei der A.C. zu bleiben und 900.000 fl,
die sogenannte Assecuration vom 14. Jänner 1571, kraft welcher ihnen
„gnädiglich bewilliget, vergönnt und endlich zugelassen, daß sie sich auf und in
allen ihren Schlössern, Häusern und Gütern doch außer unserer Städte und Märkte
für sich selbst, ihr Gesind und alle ihre Zugehörigen, auf dem Lande aber bei
ihnen zugehörigen Kirchen, zugleich auch für ihre Unterthanen solcher Confession
und uns überreichter durch die Stände gefertigter Agenda frei gebrauchen mögen
und derselben gemäß und nicht zuwider, sowohl die Lehren als die Ceremonien
anstellen und in das Werk ziehen mögen. Alles bis zu einer allgemeinen
christlichen Reformation und gottseliger Vergleichung der Religion in deutscher
Nation“. Die erwähnte Agenda war durch die aus Sachsen
berufenen Theologen Camerar[ius]
und Chytraeus 1568, die das
evangelische Kirchenwesen ordneten, ausgearbeitet; unterdessen die beiden Stände
Ober- und Nieder-Östreichs
sammt den 7 landesfürstlichen Städten 1568 von Kaiser Maximilian II. freie Religionsübung erhalten
hatten; ihre Freiheit dennoch, was die Städte anbelangt, durch die obige
Assecuration beschränkt worden. 1580 wurde auf Chytraeus Rath Backmeister aus Meklenburg
zur Verfassung einer neuen Kirchenordnung berufen, der solche auch in den drei
Conventen zu Horn ausführte. Die Übergriffe des
katholischen Clerus und immerwährende Bedrückungen veranlaßten leider mehrere Bauernunruhen 1594, welche gewaltsam unterdrückt nun auch
die Unterdrückung der Protestanten zur Folge hatten; sogar der Gebrauch des
Kelches, so oft feierlich zugesichert, wurde 1600 verpönt und die Verfolgungen
wurden nach einem Aufstande im Salzamt noch gesteigert, bis endlich 1609 König Mathias
die
Concession Rudolfs II. als bona fide
gegeben bestätigen eine Capitulationsresolution zur
Erleichterung des Loses der Protestanten am 19. März erließ und am 12. Mai vor
der Huldigung einen Revers darüber an Jörger ausgestellt. Indessen nutzte auch
dies ebenso wenig wie die häufigen Verwendungen der mährischen, böhmischen und
ungarischen Stände. Die Bedrückungen und gerufenen Verfolgungen wurden immer
häufiger, ja die Vorfälle in Böhmen hatten hier
1626 die völlige Verbannung der Protestanten zur Folge. Der Westphälische Friede
von 1648 hatte hier keine Geltung; die Intercessionen von
Schweden, England und Preußen brachten nur momentan Abhülfe, bis zum
Toleranzedict Joseph II. vom 11. Sept.
1781 und dem Circulare vom 13. Oct. desselben Jahres, endlich dem Erlaß vom 30.
Jänner [1]849 und dem Patent vom 4. März
1849.
5.
Ungarn
:
Die Reformation machte in
Ungarn gleich anfangs riesenhafte Fortschritte. Die hier
sehr zahlreichen hussitischen Gemeinden schlossen sich ihr sogleich an. Die
Zipser-Deutschen setzten sich mit Wittenberg in
unmittelbare Verbindung; der Adel aber trat ihr in Massen bei. Zwar wurden
dagegen sehr scharfe Gesetze gebracht; der 54. Artikel des Ofner Landtags von 1523 lautete: „Omnes lutheranos et illorum
fautores ac fautioni [sic! factioni] ipsi adhaerentes tamquam haereticos
hostesque sacratissimae virginis Mariae poena capitis et ablatione omnium
bonorum majestas regia velut catholicus princeps punire dignetur.“ und der 4 §
des 5. Artikels des Rakoscher [Rákoš]
Landtags 1524 „Lutherani etiam omnes e regno exstirpentur et ubicunque reperti
fuerint, non solum per ecclesiasticas, verum etiam per saeculares personas
libere capianturet comburantur.“ Indeß hatte dies, einzelne Opfer ausgenommen,
keinen weiteren Erfolg, weil die Bischöfe selbst die Augsburgische Confession
gut hießen, die Könige aber, als Ferdinand
I. 1548 und 1549 und 1551, Maximilian II. 1555 und Rudolf 1578 vollen Schutz und Privilegien zusicherten. 1603 hat
der kaiserliche Heerführer Belgiojoso in und um Katschau [Kaschau,
Košice] die härtesten Maaßregln gegen die Protestanten ergriffen, wie er sagte
auf höheren Befehl. Weil dies auch Bocskay’s Güter betraf, so begab sich dieser an der Spitze einer
protestantischen Deputation nach Prag zum Kaiser, konnte jedoch nichts ausrichten. Ja auf
dem Landtage 1604 wirkte der römische Clerus
vom Kaiser, nachdem die Stände bereits auseinander gegangen waren, das
furchtbare 22. Dekret aus, welches die Protestanten zur
Verzweiflung brachte. So erhob sich der auf der bulla aurea Andreas II. rechtlich begründete Boczkay’sche Widerstand, der den
Wiener Friedensschluß von
1606 zu Wege brachte, welcher 1608 in die Diaetalartikel
§ 1 und 2 gebracht wurde: „Ut religionis exercitium tam baronibus,
magnatibus, nobilibus, quam etiam liberis civitatis ac universis statibus ac
ordinibus regni in suis et fisci bonis item in confiniis quoque regni Hungariae
militibus Hungaris sua cuique religio et confessio nec non oppidis et villis eam
sponte ac libere acceptare volentibus ubique liberum reliquatus; nec quisquam
omnium in libero ejusdem usu ac exercitio a quocunque impodiatur. – § 2. Quinimo
ad praecavenda inter status et ordines aliqua odia et dissensiones ut quaelibet
religio suae professionis superiores seu superintendentes habeant statutum est.“
Hierauf wurde die erste Synode zu
Silein
durch den Palatin Georg Turso
[Thurzo] 1610 gehalten, die
zweite aber zu
Kirchtrauf
[sic!] durch Christoph Turso [Thurzo] 1614. Die in dem Wiener Friedensschluße § 2 vorkommenden Worte „absque
praejudicio catholicae romanae religionis“ gaben aber Anlaß zu ferneren
Bedrückungen der Protestanten und weil diese selbst nach der Bestätigung der
Freiheiten der Protestanten durch Ferdinand
II., nehmlich den 77. Artikel des Presburger Landtages von 1618, nicht aufhörten, so verband sich
Gabriel Bethlen
1619 mit den Böhmen, drang bis nach Mähren vor
und erzwang den
Nikolsburger Frieden, welcher in den 22. Artikel des
Oedenburger [Sopron] Landtages von
1622 überging. Der Palatin Stanislaus Turso [Thurzo] hat nur das
Semptauer Consistorium A.C.
1622 gehalten, die Reformirten aber die Komjather [Komjat] Synoden 1626
hielten, auf welcher sie die sogenannten Komjather Kanonen feststellten. Die
Errungenschaften der Protestanten wurden nun immerfort auf den Landtagen von
1630, Artikel 33, 1635 Artikel 29, 1638 Artikel 1 bestätigt; dennoch hatte der
ebenso mächtige als talentvolle römische katholische Clerus seinen Vorsatz, die
Protestanten aufs Äußerste zu treiben, nicht aufgegeben. Georg Rákóczy
[Rákóczi] griff daher zu den
Waffen und zwang Ferdinand III. zum
Linzer Friedensschluß 1647,
dessen Bedingungen am Presburger Landtag
desselben Jahres, Artikel 5, zum Gesetz erhoben wurden, welches Leopold 1655 durch ein besonderes Diplom
bestätigte und 1659 in Presburger Diaetalartikel einreihen ließ. Die
Protestation des katholischen Clerus wurde durch die ausdrücklichen Worte
„contradictionibus dominorum cleri et aliorum quorum saecularorum catholicorum
non obstantibus imo iisdem in perpetuum nullum vigorem habentibus“ verworfen.
Dennoch gingen die Protestanten dem grausamsten Schicksal entgegen. Zwischen 1670 und 1680 wurden gegen 300
evangelische Prediger zu Galeeren abgeführt, andere des Landes
verwiesen durch Tyrnauer und Preßburger Commissionen. Und so hatte auch die
festere Gestalt, welche die reformirte Kirche nach der Synode zu
Szathmár Nemethi [Szatmárnémeti, Satu Mare], auf
welcher Stephan
Katona
Geleji
[Gelei] die Kanonen redigirte und nachdenselben
1649 auf der Synode zu Maros Vásárhely
[Marosvásárhely] angenommen wurden publicirte, sehr
wenig gefruchtet. Die Bestätigung der Rechte der Protestanten auf dem Oedenburger Landtage von 1681 war so gut wie
nicht geschehen; Karafa wüthete furchtbar 1687 in der
Eperiefer Schlachtbank. Zwar wurde diese Commission, nachdem sie ihre Opfer
verschlungen, durch den 21. Artikel des Landtages von demselben Jahre
abgeschafft und die Oedenburger Beschlüsse bestätigt; allein nur aus gratia et
clementia regis, wodurch das Loos der Protestanten zur Privatsache des Monarchen
wurde, dessen Resolution von 1691, die jene Rechte näher bestimmen sollte, sie völlig vernichtete. Nachdem Leopold 1704 gestorben war, betrat Josef I. unter großen durch Franz
Rakoczy [Rákóczi] erfolgten
Unruhen den Thron, die jedoch durch den Sathmarer [Satu
Mare] Vergleich 1711 beigelegt wurden. Die A.C. hielten
nun zu
Rosenberg ihre 4. Synode, deren
Beschlüsse aber auf dem Landtage von 1715 mit dem 30. Artikel
aufgehoben wurden. Von Rechten war nur von solchen die Rede, welche die Gnade
des Monarchen noch hielt und die
Pester Commission unter
Karl VI. von 1721 hat alles in völlig
rechtlosen Zustand versetzt. Die resolutio Carolina 1734
bestimmte je zu 4 Superintendenten für beide Confessionen und dieser
Zustand dauerte bis 1781, wo am 21. Oktober das
Toleranzpatent publicirt wurde und
Leopold II. durch den 26. § von 1791 den
rechtlichen Zustand wiederherstellte, worauf die A.C. in
Pest
, die H.C. in
Ofen
eine Synode hielten, oft aber zusammen
beriethen. Die seit der Zeit erlassenen Intimate haben den 26. § vielfach
verletzt, namentlich die Angelegenheit der gemischten Ehen sehr verwirrt und den
Übertritt beinahe unmöglich gemacht, bis der 3. Artikel von 1844
beides geregelt und der 20. Artikel 1848 allen anerkannten Confessionen in
Ungarn
vollkommene Gleichheit und
Wechselseitigkeit zusicherte.
6.
Siebenbürgen
:
Durch die aus Deutschland
zurückkehrenden Kaufleute bekannt geworden, gewann die lutherische Lehre
besonders durch zwei schlesische Geistliche Ambrosius und Gregor eine sehr
schnelle Ausbreitung, wogegen die Anordnungen des Graner Erzbischofs wegen der türkischen Kriege nichts
vermochten. Als nach der Schlacht bei Mohac
1526 Johann von Zipsen [Johann
Zápolya] zum König von Ungarn sich aufgeworfen,
fing er, um die Prälaten auf seiner Seite zu behalten, die Bedrückung der
Protestanten. Alexius Bethlen, jedoch
von Ferdinand I. nach der Niederlage
Johanns am Tokay zum Gouverneur
ernannt, schützte sie, so zwar, daß nachdem der Friede wieder hergestellt und
Peter Petrowich [Petrovich] von der
verwittweten Königin Isabella
zum Gouverneur von Siebenbürgen bestellt
worden, auf dem Landtage von Klausenburg 1556 der
Kathedralcensus die Güter der Kapitel und Bischöfe dem königlichen Fiskus
zugeschlagen wurde. Die Evangelischen hielten ihre erste Synode zu
Erdöd 1545, auf welcher sie
der A.C. gemäße Artikel feststellten. Die Secession der H.C.
fing schon auf den Versammlungen zu
Torda
1558,
Klausenburg 1560 und
Medias 1561 und vollendete sich
auf der zu Groß-Enyed 1564 durch
Johann II. abgehaltenen
Synode. Weil 1542 Siebenbürgen von
Ungarn getrennt wurde, so willigte schon 1557 Isabella
mit
souverainer Macht „ut quisque teneat eam fidem quam vellet“. So bestimmte auch
der Tordaer
Landtag von 1563 „ut unusquisque eam quam maluerit religionem
amplecti valeat et neutra partium altei damno impedimentoque esse aut injuriam
inferre debeat.“ Weil indessen selbst unitarische Lehren von
Polen aus in Siebenbürgen Eingang und nicht unbeträchtliche Verbreitung
gefunden, so bestimmte die geordnete Constitution von 1653
parte I. titulo I. articulo 2: „Quatuor receptae religiones juxta communes et
mutuo consensu regnicolarum factas constitutiones deinceps quoque in perpetuum
pro receptis habeantur, secundum laudabilem felicis memoriae majorum nostrorum
exemplum publica etiam patrae salute nec non regni constitutionibus et unione
plurimis vicibus facta idem postulationibus. Harum quatuor receptarum religionum
utpote evangelicae reformatae vulgo calvinianae lutheranae sive augustanae
romano catholicae unitariae seu antitrinitariae liberum exercitium in locis
juxta constitutionis regni solitis deinceps quoque concedatur“, welche
Bestimmungen nicht nur durch einen jeden nahen Fürsten im 1. Artikel de quatuor
receptis religionibus non Turbandis bestätigt werden mußten, sondern auch durch
Leopolds I. 1691 gegebenes besondere
Diplom in causa religionum nihil alterabitur so wie dies schon durch den
Sadmarer [Sathmarer, Satu Mare] Vergleich vom 6. Mai 1711
wieder durch den 3. Artikel in religionis negotio receptas regni constitutiones
manutenebimus sanktionirt wurde. Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts ist freilich
vielfach im Einzelnen anders bestimmt worden. Allein Leopold II. erneuerte sie durch den 53. Artikel 1791 „Quatuor
receptae religiones vigore legum patriarum benigno diplomate firmatarum ac
titulis illis, qui religioni catholicae praedicassent, per articulum 6 et 7
novellarium articulorum anni 1744 jam sublatis in aequalitate jurium ac
libertatum suarum, liberique exercitii non obstantibus in contrarium editis
ordinationibus porro etiam conservabuntur.“ Durch den 56. Artikel desselben
Landtags wurde die Censur religiöser Bücher jeder Kirche
anheimgestellt. Durch den 57. Artikel aber festgesetzt, daß
die Kinder gemischter Ehen in religiöser Hinsicht dem Geschlechte der Eltern nachzufolgen hätten und dieses Gesetz
ist jedes Mal vor der Huldigung durch die neuesten Fürsten eigens bestätigt
worden, so 1837 am 18. April durch Ferdinand Ferd. Karl
d’Este
für den Kaiser Ferdinand.