Überblick über die historische Entwicklung des evangelischen Kirchenrechts in Österreich
o. O., o. D. [1850]1
|

Regest

Die Abhandlung befasst sich mit der historischen Entwicklung der Rechte der Protestanten in einzelnen Ländern Österreichs. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung der rechtlichen Stellung der evangelischen Kirchen in Österreich. Behandelt werden Böhmen, Galizien, Österreich ob und unter der Enns, Kärnten, Krain sowie Ungarn und Siebenbürgen. Besprochen werden die Zeit der Reformation und die Verfolgung der Protestanten sowie die teilweise Anerkennung der Protestanten durch Kaiserliche Autorität. Dies war insbesondere in Ungarn und Siebenbürgen der Fall. In Böhmen Galizien und den österreichischen Ländern fanden die Protestanten hingegen erst durch das Toleranzpatent von Joseph II. eine gesetzliche Anerkennung.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Kurzgefasste Übersicht der geschichtlichen Veränderungen des kirchlichen Rechtes der Protestanten in den österreichischen Staaten

1. Böhmen :
In Böhmen und Mähren hat die Reformation einen bereits tief gelockerten Boden vorgefunden. Schon 1521 kam Thomas Münzer [Müntzer] nach Prag und 1522 Paul Speratus nach Mähren, nachdem bereits 1519 in beiden Ländern Luthers Lehre Eingang gefunden hatte. Weil man sich mit den Calixtinern schon 1433 mittelst der Compaktaten, die durch die Abgeordneten des Basler Concils zu Wege gebracht worden, ausgesöhnt hatte, desto mehr aber den böhmischen Brüdern, welche aus den Taboriten entstanden waren, gram war, so verfolgte Ferdinand I. die Evangelischen zwar nicht, es hatte jedoch auf diese Länder der Religionsfriede von 1532 keinen Einfluß. Bereits 1549 wurden die böhmischen Brüder zur Auswanderung gezwungen und selbst die Utraquisten hart bedrängt; 1561 das Prager Erzbisthum wieder errichtet und 1562 eine jesuitische Hochschule in Prag gestiftet. Maximilian I. [sic! gemeint ist Maximilian II.] hat die Utraquisten dem Papste Pius IV. anempfohlen und dieser ihnen nicht nur den Kelch gestattet, sondern auch die Weihe ihrer Geistlichen durch die katholischen Bischöfe angeordnet.
Durch die Aufhebung der Compaktaten 1567 verloren die Utraquisten nichts mehr, die Protestanten wurden dagegen schweigend anerkannt, welche nehmlich, Lutheraner und Reformirte mit den böhmischen Brüdern gemeinschaftlich, eine Bekenntnisschrift verfertigt, die durch den Kaiser 1575 angenommen wurde, der indessen schon im Jahr darauf starb. Sein Nachfolger Rudolf II. bethätigte bald seine intolerante Gesinnung; indeß hatte er dennoch theils, um seinem jüngern Bruder Mathias, der 1609 in Mähren Religionsfreiheit publizirte, ein Gegengewicht zu halten und noch mehr durch die drohende Stellung und das Drängen der beinahe schon durchaus protestantischen Böhmen erschreckt, den Majestätsbrief am 12. Juli 1609 gegeben. 1612 starb er. Nachdem sein Bruder Mathias den Kaisersitz nach Wien verlegt, ging sogleich alles rückwärts. Die Utraquisten, welche der böhmischen Confession von 1575 auch beigetreten waren, hatten zwar 1618 eine energische Deklaration unter dem Namen Defension auf dem Landtage zu Prag verfaßt; Mathias aber starb 1619 und Ferdinand II. kam auf den Thron. Die höchst traurige Katastrophe vom 8. November 1620 hat mit einem Schlage alles vernichtet. Die Patente vom 30. April 1626 und vom 10. Mai 1627 haben jede andere als die römisch-katholische Religion strengstens verpönt, ja, das Patent vom 29. Mai 1627 hat den Majestätsbrief ausdrücklich aufgehoben, worauf über 36.000 Familien auswanderten. Der Westphälische Friede von 1648 hatte auf Böhmen und Mähren keinen Einfluß. Ferdinand III. neues Patent vom 26. November 1650 verpönte wiederholt jede andere Religion als die römisch-katholische so wie das vom 23. März und 4. Mai 1641; ja durch die Erlässe vom 17. December 1697 und 23. August 1701 so wie durch den 19. Artikel § 3 vom Jahre 1707 wurde sogar jeder evangelische Privatgottesdienst zum Capitalverbrechen gestämpelt. Karl VI. hat die bekannte Religionsklausel durch Dekrete vom 21. December 1725 und 29. Jänner 1726 angeordnet und der Genuß des Abendmahles sub utraque wurde mit den härtesten Strafen: Schanzarbeit, Verbannung und Tod bestraft. Erst nach 150 Jahren kam das Toleranzedikt Kaiser Josef’s II. vom 13. Oktober 1781 und machte diesem Zustand ein Ende, obwohl auch diese neugewährte Freiheit vielfach durch mehrere Hofdekrete verkümmert wurde, bis das jüngst vom 4. März 1849 erlassene Patent Freiheit und Gleichberechtigung den anerkannten Religionen und Kirchen wenigstens im Prinzipe verkündigte.

2. Schlesien:
Die Geschichte des protestantisch kirchlichen Rechtes in Östreichisch Schlesien hat beinahe denselben Gang wie die von Böhmen und Mähren. Vermöge der Gehörigkeit Schlesiens zu der Krone Böhmens war durch die Vorgänge daselbst auch hier die Reformation angebahnt und nachdem sie sich rasch ausgebreitet, alle die Rückwirkungen erfahren, welche die Schlacht am Weißen Berge hervorrief. Nur die Altranstädter Convention zwischen Karl XII. von Schweden und Josef I. vom 1. September 1707 hat das herbe Schicksal der evangelischen Kirche in Schlesien einigermaßen gemäßigt, durch welche den Evangelischen freie Religionsausübung und die Zurückgabe an sie von 118 Kirchen und Schulen ausgewirkt, zu der Regierung der Kirche aber ein Collegium unter dem Namen Religionscommission eingerichtet.
Indessen ging der größte Theil des Landes durch den 7jährigen Krieg für Oestreich verloren und in dem erhaltenen Theile gewährte die erwähnte Convention den Evangelischen in Schlesien über die Toleranzrechte bloß die zwei: daß die gemischten Ehen durch den Geistlichen der Braut eingesegnet und die Kinder in Betreff der Religion dem Geschlechte der Eltern folgen sollen. Die bestandene Religionscommission wurde nun zu einem Consistorium in Teschen umgestaltet, von wo es aber durch ein Hofdekret vom 20. September 1784 nach Wien verlegt wurde.

3. Galicien :
Im ehemaligen Königreiche Polen fand die Reformation ebenfalls durch die ausgewanderten böhmischen Brüder einen vorbereiteten Boden. Schon unter des Königs Sigismund Regierung 1548–72 bestand die Hälfte des Senates aus evangelischen Mitgliedern und die größere Hälfte des Adels wurde evangelisch. Synoden hielt man zu Kozmin 1555, Sendomir 1570, wo ein Vergleich zwischen den Lutheranern, Reformirten und den böhmischen Brüdern zu Stande kam, worauf sie auf dem Reichstage zu Krakau 1573, wo sie auch eine Synode hielten, gleiche Rechte mit den Katholiken unter dem Namen der Dissidenten erhielten. Eine Generalsynode hielten sie zu Wegrow [Węgrów] 1780, auf welcher nach den Traktaten von 1768 und 1775 ein neues Kirchenrecht ausgearbeitet wurde, welches nicht ohne Einfluß in Ungarn geblieben ist. (Scheidemantel, Prof. zu Jena, Kirchengesetzbuch für die beiden Confessionen in Polen und Lithauen. Augsburg 1783) Die in Polen eingeführten Jesuiten wütheten gegen die Protestanten und sogenannten Schismatiker wie kaum anders wo; bekannt sind die Vorfälle von Thorn, bis nach vielfachen Wechselfällen durch Rußlands, Schwedens und Englands Bemühungen die ihnen zum Nachtheil gebrachten Landtagsbeschlüsse aufgehoben und ihnen ein gleiches Recht mit den Katholiken 1768 gewährleistet wurde; bald hernach wurde das Land getheilt. In Russisch Polen, in Posen und in Krakau behielten die Protestanten Rechtsgleichheit mit den Katholiken; für die Galizianer aber wurde das Toleranzedikt vom 10. November 1781 publicirt.

4. Oesterreich, Steiermark, Kärnthen, Krain :
Auch in diesen Ländern war der Boden für den Samen der Reformation großentheils vorbereitet. Die Waldenser einerseits an 80.000 und die böhmisch-mährischen Brüder anderseits, ja einzelne von diesen Einflüssen unabhängige durch den Geist bewegte eifrige Prediger wider den Ablaß und die Reliquien, haben bei dem Bürgerthum und dem Adel durchweg einen Widerwillen gegen die kirchlichen Mißbräuche hervorgerufen; Paul Speratus a Rutilis hat hier noch früher als in Mähren erfolgreich gewirkt 1524 und Tauber wurde schon 1524 hinter dem Stuben Thor hingerichtet. In Krems waren schon früher und lange vor der Reformation sehr viele (Waldenser) verbrannt (über 1000) – 1509 predigte Philipp Turrian im Kloster zum Heiligen Geist und ein Bernhardiner in der Petrikirche wider den Ablaß und die Reliquien; ja schon 1483 wurde Magister Johann Kaltenmarkt, Professor des kanonischen Rechtes an der Universität, nach Rom citirt. Am 13. December 1541 überreichten die ober- und niederösterreichischen und die steiermärkischen Stände sammt denen von Kärnthen und Krain dem Kaiser Ferdinand zu Prag eine Bittschrift um freie Religionsübung, auf welche sie jedoch eine wenig befriedigende Antwort und eine bloße Vertröstung auf ein allgemeines Concil am 8. Jänner 1542 erhielten. Indeß waren denn doch einige Edikte über die Zulassung des Kelches in Kraft. Nach vielen Bedrückungen erhielten die östreichischen Stände, gegen einen Revers bei der A.C. zu bleiben und 900.000 fl, die sogenannte Assecuration vom 14. Jänner 1571, kraft welcher ihnen „gnädiglich bewilliget, vergönnt und endlich zugelassen, daß sie sich auf und in allen ihren Schlössern, Häusern und Gütern doch außer unserer Städte und Märkte für sich selbst, ihr Gesind und alle ihre Zugehörigen, auf dem Lande aber bei ihnen zugehörigen Kirchen, zugleich auch für ihre Unterthanen solcher Confession und uns überreichter durch die Stände gefertigter Agenda frei gebrauchen mögen und derselben gemäß und nicht zuwider, sowohl die Lehren als die Ceremonien anstellen und in das Werk ziehen mögen. Alles bis zu einer allgemeinen christlichen Reformation und gottseliger Vergleichung der Religion in deutscher Nation“. Die erwähnte Agenda war durch die aus Sachsen berufenen Theologen Camerar[ius] und Chytraeus 1568, die das evangelische Kirchenwesen ordneten, ausgearbeitet; unterdessen die beiden Stände Ober- und Nieder-Östreichs sammt den 7 landesfürstlichen Städten 1568 von Kaiser Maximilian II. freie Religionsübung erhalten hatten; ihre Freiheit dennoch, was die Städte anbelangt, durch die obige Assecuration beschränkt worden. 1580 wurde auf Chytraeus Rath Backmeister aus Meklenburg zur Verfassung einer neuen Kirchenordnung berufen, der solche auch in den drei Conventen zu Horn ausführte. Die Übergriffe des katholischen Clerus und immerwährende Bedrückungen veranlaßten leider mehrere Bauernunruhen 1594, welche gewaltsam unterdrückt nun auch die Unterdrückung der Protestanten zur Folge hatten; sogar der Gebrauch des Kelches, so oft feierlich zugesichert, wurde 1600 verpönt und die Verfolgungen wurden nach einem Aufstande im Salzamt noch gesteigert, bis endlich 1609 König Mathias die Concession Rudolfs II. als bona fide gegeben bestätigen eine Capitulationsresolution zur Erleichterung des Loses der Protestanten am 19. März erließ und am 12. Mai vor der Huldigung einen Revers darüber an Jörger ausgestellt. Indessen nutzte auch dies ebenso wenig wie die häufigen Verwendungen der mährischen, böhmischen und ungarischen Stände. Die Bedrückungen und gerufenen Verfolgungen wurden immer häufiger, ja die Vorfälle in Böhmen hatten hier 1626 die völlige Verbannung der Protestanten zur Folge. Der Westphälische Friede von 1648 hatte hier keine Geltung; die Intercessionen von Schweden, England und Preußen brachten nur momentan Abhülfe, bis zum Toleranzedict Joseph II. vom 11. Sept. 1781 und dem Circulare vom 13. Oct. desselben Jahres, endlich dem Erlaß vom 30. Jänner [1]849 und dem Patent vom 4. März 1849.

5. Ungarn :
Die Reformation machte in Ungarn gleich anfangs riesenhafte Fortschritte. Die hier sehr zahlreichen hussitischen Gemeinden schlossen sich ihr sogleich an. Die Zipser-Deutschen setzten sich mit Wittenberg in unmittelbare Verbindung; der Adel aber trat ihr in Massen bei. Zwar wurden dagegen sehr scharfe Gesetze gebracht; der 54. Artikel des Ofner Landtags von 1523 lautete: „Omnes lutheranos et illorum fautores ac fautioni [sic! factioni] ipsi adhaerentes tamquam haereticos hostesque sacratissimae virginis Mariae poena capitis et ablatione omnium bonorum majestas regia velut catholicus princeps punire dignetur.“ und der 4 § des 5. Artikels des Rakoscher [Rákoš] Landtags 1524 „Lutherani etiam omnes e regno exstirpentur et ubicunque reperti fuerint, non solum per ecclesiasticas, verum etiam per saeculares personas libere capianturet comburantur.“ Indeß hatte dies, einzelne Opfer ausgenommen, keinen weiteren Erfolg, weil die Bischöfe selbst die Augsburgische Confession gut hießen, die Könige aber, als Ferdinand I. 1548 und 1549 und 1551, Maximilian II. 1555 und Rudolf 1578 vollen Schutz und Privilegien zusicherten. 1603 hat der kaiserliche Heerführer Belgiojoso in und um Katschau [Kaschau, Košice] die härtesten Maaßregln gegen die Protestanten ergriffen, wie er sagte auf höheren Befehl. Weil dies auch Bocskay’s Güter betraf, so begab sich dieser an der Spitze einer protestantischen Deputation nach Prag zum Kaiser, konnte jedoch nichts ausrichten. Ja auf dem Landtage 1604 wirkte der römische Clerus vom Kaiser, nachdem die Stände bereits auseinander gegangen waren, das furchtbare 22. Dekret aus, welches die Protestanten zur Verzweiflung brachte. So erhob sich der auf der bulla aurea Andreas II. rechtlich begründete Boczkay’sche Widerstand, der den Wiener Friedensschluß von 1606 zu Wege brachte, welcher 1608 in die Diaetalartikel § 1 und 2 gebracht wurde: „Ut religionis exercitium tam baronibus, magnatibus, nobilibus, quam etiam liberis civitatis ac universis statibus ac ordinibus regni in suis et fisci bonis item in confiniis quoque regni Hungariae militibus Hungaris sua cuique religio et confessio nec non oppidis et villis eam sponte ac libere acceptare volentibus ubique liberum reliquatus; nec quisquam omnium in libero ejusdem usu ac exercitio a quocunque impodiatur. – § 2. Quinimo ad praecavenda inter status et ordines aliqua odia et dissensiones ut quaelibet religio suae professionis superiores seu superintendentes habeant statutum est.“ Hierauf wurde die erste Synode zu Silein durch den Palatin Georg Turso [Thurzo] 1610 gehalten, die zweite aber zu Kirchtrauf [sic!] durch Christoph Turso [Thurzo] 1614. Die in dem Wiener Friedensschluße § 2 vorkommenden Worte „absque praejudicio catholicae romanae religionis“ gaben aber Anlaß zu ferneren Bedrückungen der Protestanten und weil diese selbst nach der Bestätigung der Freiheiten der Protestanten durch Ferdinand II., nehmlich den 77. Artikel des Presburger Landtages von 1618, nicht aufhörten, so verband sich Gabriel Bethlen 1619 mit den Böhmen, drang bis nach Mähren vor und erzwang den Nikolsburger Frieden, welcher in den 22. Artikel des Oedenburger [Sopron] Landtages von 1622 überging. Der Palatin Stanislaus Turso [Thurzo] hat nur das Semptauer Consistorium A.C. 1622 gehalten, die Reformirten aber die Komjather [Komjat] Synoden 1626 hielten, auf welcher sie die sogenannten Komjather Kanonen feststellten. Die Errungenschaften der Protestanten wurden nun immerfort auf den Landtagen von 1630, Artikel 33, 1635 Artikel 29, 1638 Artikel 1 bestätigt; dennoch hatte der ebenso mächtige als talentvolle römische katholische Clerus seinen Vorsatz, die Protestanten aufs Äußerste zu treiben, nicht aufgegeben. Georg Rákóczy [Rákóczi] griff daher zu den Waffen und zwang Ferdinand III. zum Linzer Friedensschluß 1647, dessen Bedingungen am Presburger Landtag desselben Jahres, Artikel 5, zum Gesetz erhoben wurden, welches Leopold 1655 durch ein besonderes Diplom bestätigte und 1659 in Presburger Diaetalartikel einreihen ließ. Die Protestation des katholischen Clerus wurde durch die ausdrücklichen Worte „contradictionibus dominorum cleri et aliorum quorum saecularorum catholicorum non obstantibus imo iisdem in perpetuum nullum vigorem habentibus“ verworfen. Dennoch gingen die Protestanten dem grausamsten Schicksal entgegen. Zwischen 1670 und 1680 wurden gegen 300 evangelische Prediger zu Galeeren abgeführt, andere des Landes verwiesen durch Tyrnauer und Preßburger Commissionen. Und so hatte auch die festere Gestalt, welche die reformirte Kirche nach der Synode zu Szathmár Nemethi [Szatmárnémeti, Satu Mare], auf welcher Stephan Katona Geleji [Gelei] die Kanonen redigirte und nachdenselben 1649 auf der Synode zu Maros Vásárhely [Marosvásárhely] angenommen wurden publicirte, sehr wenig gefruchtet. Die Bestätigung der Rechte der Protestanten auf dem Oedenburger Landtage von 1681 war so gut wie nicht geschehen; Karafa wüthete furchtbar 1687 in der Eperiefer Schlachtbank. Zwar wurde diese Commission, nachdem sie ihre Opfer verschlungen, durch den 21. Artikel des Landtages von demselben Jahre abgeschafft und die Oedenburger Beschlüsse bestätigt; allein nur aus gratia et clementia regis, wodurch das Loos der Protestanten zur Privatsache des Monarchen wurde, dessen Resolution von 1691, die jene Rechte näher bestimmen sollte, sie völlig vernichtete. Nachdem Leopold 1704 gestorben war, betrat Josef I. unter großen durch Franz Rakoczy [Rákóczi] erfolgten Unruhen den Thron, die jedoch durch den Sathmarer [Satu Mare] Vergleich 1711 beigelegt wurden. Die A.C. hielten nun zu Rosenberg ihre 4. Synode, deren Beschlüsse aber auf dem Landtage von 1715 mit dem 30. Artikel aufgehoben wurden. Von Rechten war nur von solchen die Rede, welche die Gnade des Monarchen noch hielt und die Pester Commission unter Karl VI. von 1721 hat alles in völlig rechtlosen Zustand versetzt. Die resolutio Carolina 1734 bestimmte je zu 4 Superintendenten für beide Confessionen und dieser Zustand dauerte bis 1781, wo am 21. Oktober das Toleranzpatent publicirt wurde und Leopold II. durch den 26. § von 1791 den rechtlichen Zustand wiederherstellte, worauf die A.C. in Pest , die H.C. in Ofen eine Synode hielten, oft aber zusammen beriethen. Die seit der Zeit erlassenen Intimate haben den 26. § vielfach verletzt, namentlich die Angelegenheit der gemischten Ehen sehr verwirrt und den Übertritt beinahe unmöglich gemacht, bis der 3. Artikel von 1844 beides geregelt und der 20. Artikel 1848 allen anerkannten Confessionen in Ungarn vollkommene Gleichheit und Wechselseitigkeit zusicherte.

6. Siebenbürgen :
Durch die aus Deutschland zurückkehrenden Kaufleute bekannt geworden, gewann die lutherische Lehre besonders durch zwei schlesische Geistliche Ambrosius und Gregor eine sehr schnelle Ausbreitung, wogegen die Anordnungen des Graner Erzbischofs wegen der türkischen Kriege nichts vermochten. Als nach der Schlacht bei Mohac 1526 Johann von Zipsen [Johann Zápolya] zum König von Ungarn sich aufgeworfen, fing er, um die Prälaten auf seiner Seite zu behalten, die Bedrückung der Protestanten. Alexius Bethlen, jedoch von Ferdinand I. nach der Niederlage Johanns am Tokay zum Gouverneur ernannt, schützte sie, so zwar, daß nachdem der Friede wieder hergestellt und Peter Petrowich [Petrovich] von der verwittweten Königin Isabella zum Gouverneur von Siebenbürgen bestellt worden, auf dem Landtage von Klausenburg 1556 der Kathedralcensus die Güter der Kapitel und Bischöfe dem königlichen Fiskus zugeschlagen wurde. Die Evangelischen hielten ihre erste Synode zu Erdöd 1545, auf welcher sie der A.C. gemäße Artikel feststellten. Die Secession der H.C. fing schon auf den Versammlungen zu Torda 1558, Klausenburg 1560 und Medias 1561 und vollendete sich auf der zu Groß-Enyed 1564 durch Johann II. abgehaltenen Synode. Weil 1542 Siebenbürgen von Ungarn getrennt wurde, so willigte schon 1557 Isabella mit souverainer Macht „ut quisque teneat eam fidem quam vellet“. So bestimmte auch der Tordaer Landtag von 1563 „ut unusquisque eam quam maluerit religionem amplecti valeat et neutra partium altei damno impedimentoque esse aut injuriam inferre debeat.“ Weil indessen selbst unitarische Lehren von Polen aus in Siebenbürgen Eingang und nicht unbeträchtliche Verbreitung gefunden, so bestimmte die geordnete Constitution von 1653 parte I. titulo I. articulo 2: „Quatuor receptae religiones juxta communes et mutuo consensu regnicolarum factas constitutiones deinceps quoque in perpetuum pro receptis habeantur, secundum laudabilem felicis memoriae majorum nostrorum exemplum publica etiam patrae salute nec non regni constitutionibus et unione plurimis vicibus facta idem postulationibus. Harum quatuor receptarum religionum utpote evangelicae reformatae vulgo calvinianae lutheranae sive augustanae romano catholicae unitariae seu antitrinitariae liberum exercitium in locis juxta constitutionis regni solitis deinceps quoque concedatur“, welche Bestimmungen nicht nur durch einen jeden nahen Fürsten im 1. Artikel de quatuor receptis religionibus non Turbandis bestätigt werden mußten, sondern auch durch Leopolds I. 1691 gegebenes besondere Diplom in causa religionum nihil alterabitur so wie dies schon durch den Sadmarer [Sathmarer, Satu Mare] Vergleich vom 6. Mai 1711 wieder durch den 3. Artikel in religionis negotio receptas regni constitutiones manutenebimus sanktionirt wurde. Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts ist freilich vielfach im Einzelnen anders bestimmt worden. Allein Leopold II. erneuerte sie durch den 53. Artikel 1791 „Quatuor receptae religiones vigore legum patriarum benigno diplomate firmatarum ac titulis illis, qui religioni catholicae praedicassent, per articulum 6 et 7 novellarium articulorum anni 1744 jam sublatis in aequalitate jurium ac libertatum suarum, liberique exercitii non obstantibus in contrarium editis ordinationibus porro etiam conservabuntur.“ Durch den 56. Artikel desselben Landtags wurde die Censur religiöser Bücher jeder Kirche anheimgestellt. Durch den 57. Artikel aber festgesetzt, daß die Kinder gemischter Ehen in religiöser Hinsicht dem Geschlechte der Eltern nachzufolgen hätten und dieses Gesetz ist jedes Mal vor der Huldigung durch die neuesten Fürsten eigens bestätigt worden, so 1837 am 18. April durch Ferdinand Ferd. Karl d’Este für den Kaiser Ferdinand.