Gesetzesentwurf über das Verfahren der Gerichtsbehörden zur Durchführung des allerhöchsten Patents vom 25. September 1850
o. D. [März 1851]1
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Regest

Dieser Gesetzesentwurf steht im engen Zusammenhang mit dem kaiserlichen Patent vom 25. September 1850, das die Grundsätze beinhaltet, nach welchen bei der Leistung der Kapitalsentschädigung für die infolge der Grundentlastung aufgehobenen und ablösbaren Bezüge vorzugehen ist. Dieser Entwurf führt aus, wie die Gerichtsbehörden im Sinne der Durchführung dieses Patentes bei der Zuweisung der Kapitalsabfertigung zu verfahren haben.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Hungarn und Böhmen, König der Lombardie und Venedigs, von Dalmatien, Kroatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illirien; König von Jerusalem etc. Erzherzog von Oesterreich; Großherzog von Toskana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steier, Kärnthen, Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren, Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradeska; Fürst von Trient und Brixen, Margraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc. Herr von Triest, von Cattaro und auf der windischen Mark; Großwoiwod der Woiwodschaft Serbien etc. etc.
haben über Antrag Unseres Ministerrathes nach Maßgabe des § 87 der Reichsverfassung die nachfolgenden Bestimmungen über das Verfahren der Gerichtsbehörden zur Durchführung Unseres Patentes vom 25. September 18502 rücksichtlich der Zuweisung der Kapitalsabfertigung für die in Folge der Grundentlastung aufgehobenen oder abzulösenden Bezüge zu beschließen befunden und verordnen, daß dieselben in den Kronländern Oesterreich ob und unter der Enns, Böhmen, Mähren, Schlesien, Steiermark, Kärnthen, Krain, Salzburg, Istrien, Görz und Gradiska und in der reichsunmittelbaren Stadt Triest und deren Gebiete sofort zur Ausführung gebracht werden.

I. Zuständigkeit:
§ 1. Zur Vornahme der hier vorgezeichneten Amtshandlungen behufs der Durchführung des Patentes vom 25. September 1850 ist in der Regel dasjenige Gericht zuständig, dem die Führung des öffentlichen Buches obliegt, in welchem das Gut eingetragen erscheint, mit dessen Besitz das Bezugsrecht auf die in Folge der Grundentlastung aufgehobenen oder abzulösenden Leistungen verbunden ist.
§ 2. Rücksichtlich jener Güter, welche in den Land- und Lehentafeln eingetragen sind, werden diese Amtshandlungen dem Landesgerichte am Sitze der Grundentlastungslandes(ministerial)kommission desjenigen Kronlandes zugewiesen, in welchem das Gut gelegen ist.

II. Trennung des Bezugrechtes und des Entlastungskapitals von Grund und Boden:
§ 3. Der bücherliche Besitzer des bezugsberechtigten Gutes ist jederzeit, auch noch vor dem Beginne einer Verhandlung, befugt die Trennung der Bezugsrechte (oder des an ihre Stelle tretenden Entlastungskapitales) von Grund und Boden im öffentlichen Buche bei dem in § 1 bestimmten Realgerichte zu bewirken.
Diese Trennung hat mittelst einer bücherlichen Anmerkung zu geschehen, welche die Rechtswirkung hat, daß die Bezugsrechte für die Folge keinen Bestandtheil des unbeweglichen Gutes bilden und daß daher eine später eingetragene bücherliche Forderung auf dieselben kein Pfandrecht mehr erlangt.

III. Einleitung des Verfahrens:
§ 4. Das zuständige Gericht hat das Verfahren einzuleiten:
1. über Begehren einer der dabei betheiligten Parteien, sobald das Entlastungskapital für das bezugsberechtigte Gut entweder
a. vollständig rücksichtlich sämmtlicher aufgehobener und abgelöster Bezüge oder
b. nur rücksichtlich eines Theiles derselben ermittelt und dem Gerichte bekannt gegeben worden ist.
2. Auch noch vor diesem Zeitpunkte über Einschreiten des Besitzers des bezugsberechtigten Gutes, wenngleich das Entlastungskapital selbst noch gar nicht ermittelt ist.
§ 5. Sobald das Gericht zur Einleitung des Verfahrens aufgefordert wird, hat es zu erheben, ob das bezugsberechtigte Gut mit einem die freie Verfügung beschränkenden Bande behaftet sei, ob und welche Hypothekarrechte darauf lasten und ob der bücherliche Besitzer zugleich bezugs- und eigenberechtiget sei.

IV. Verfahren bei vollständig ermittelten Entlastungskapitalien:
A. wenn das Gut nicht belastet ist oder das Einverständnis sämmtlicher Hypothekargläubiger ausgewiesen wird:
§ 6. Der bücherliche Besitzer des bezugsberechtigten Gutes kann die Zuweisung des Entlastungskapitals für sich in Anspruch nehmen, wenn das Gut unbelastet ist oder alle bücherlichen Gläubiger damit einverstanden sind.
§ 7. Zu diesem Behufe hat derselbe die im § 3 angedeutete bücherliche Trennung des Entlastungskapitals so wie das Vorhandensein der im § vorgeschriebenen Bedingungen durch Beibringung des bücherlichen Extrakts und der rechtsverbindlichen Erklärungen der Gläubiger darzuthun, worauf ihm das Gericht das Entlastungskapital zuzuweisen und die weitern Verfügungen nach § 50 und 51 zu treffen hat.
B. Wenn das Gut belastet ist und das Einverständnis der Gläubiger nicht vorliegt:
§ 8. Tritt der Fall des § 6 nicht ein, so hat das Gericht in der Regel alle diejenigen, denen ein Hypothekarrecht auf dem Gute zusteht, mittelst Ediktes zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Über Ansuchen des Besitzers des bezugsberechtigten Gutes kann jedoch diese Aufforderung unterbleiben, wenn derselbe einen bücherlichen Extrakt beibringt, aus welchem die erfolgte Trennung des Entlastungskapitals von Grund und Boden (§ 3) sowie der Umstand ersichtlich wird, daß eine Ediktalaufforderung mit Rücksicht auf die Anzahl und den bekannten Wohnort der Hypothekargläubiger und auf den Betrag des Entlastungskapitals entbehrlich erscheine. Die Beibringung des bücherlichen Extrakts entfällt, wenn dem Gerichte, welches die Verhandlung vorzunehmen hat, zugleich die Führung des öffentlichen Buches zusteht.
Im Falle dieses §es hat das Gericht sogleich die Tagfahrt zur Einvernehmung der Interessenten nach § 16 anzuordnen, im Übrigen aber sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu benehmen.
Gegen den Beschluß des Gerichts, daß die Ediktalaufforderung einzutreten oder zu unterbleiben habe, findet keine Berufung statt.
§ 9. Das Aufforderungsedikt ist in das Amtsblatt der Regierungszeitung des betreffenden Kronlandes zu drei verschiedenen Malen einzuschalten und bei Gericht anzuschlagen.
Ist das Gut in dem Bezirke eines anderen als desjenigen Gerichtes gelegen, von welchem das Edikt erlassen wird, so ist dieses auch am Sitze des ersteren anzuschlagen. Ist das Gut in dem Bezirke eines anderen als desjenigen Gerichtes gelegen, von welchem das Edikt erlassen wird, so ist dieses auch am Sitze des ersteren anzuschlagen.
§ 10. Das Edikt kann nach der Wahl des Gerichtes sich auf ein oder mehrere bezugsberechtigte Güter zugleich erstrecken und hat zu enthalten:
a. die Bezeichnung des Gerichts, von dem es erlassen wird.
b. die genaue Bezeichnung des Gutes,
c. den Namen des bücherlichen Besitzers und Bezugsberechtigten
d. die Ziffer des Entlastungskapitals
e. die in dem § 14 dieses Gesetzes ausgedrückten Folgen der unterlassenen Anmeldung, welche wörtlich anzuführen sind,
f. die Erfordernisse der Anmeldung und
g. den Kalendertag, an welchem die Anmeldungsfrist, welche annäherungsweise auf 60 Tage nach der Kundmachung des Edikts zu berechnen ist, abläuft.
§ 11. Gleichzeitig mit der Erlassung des Ediktes hat das Gericht außer dem Falle des § 3 im öffentlichen Buche bei dem bezugsberechtigten Gute anmerken zu lassen, daß die Verhandlung wegen Zuweisung des Entlastungskapitales eingeleitet sei, wobei der Termin, mit welchem die Anmeldungsfrist zu Ende geht, ersichtlich zu machen ist.
Diese Anmerkung hat die Rechtswirkung, daß auf die nach diesem Termine zur Eintragung gelangenden Hypothekargläubiger bei dieser Verhandlung von Amtswegen kein Bedacht genommen wird. (§ 20)
§ 12. Die Anmeldung kann mündlich oder schriftlich geschehen und hat zu enthalten:
a. die genaue Angabe des Vor- und Zunamens und Wohnortes (Hausnummer) des Anmelders und seines allfälligen Bevollmächtigten, welcher eine mit den gesetzlichen Erfordernissen versehene und legalisirte Vollmacht in beglaubter Form beizubringen hat,
b. den Betrag der angesprochenen Hypothekarforderung sowohl bezüglich des Kapitals, als auch der gleiches Vorrecht mit demselben genießenden Zinsen.
c. die bücherliche Bezeichnung der angemeldeten Post und
d. wenn der Anmelder seinen Aufenthalt außerhalb des Kronlandes hat, die Namhaftmachung eines daselbst befindlichen Bevollmächtigten zur Annahme der gerichtlichen Verordnung, widrigens selbe lediglich mittelst der Post an den Anmelder, und zwar mit gleicher Rechtswirkung wie die zu eigenen Handen geschehene Zustellung würden abgesendet werden.
§ 13. Für nicht eigenberechtigte Personen, für Gemeinden und andere Körperschaften für die unter öffentlicher Verwaltung oder Controlle stehenden Fonde, dann für Lehen, Fideikommisse u. dgl. haben die nach den besonderen gesetzlichen Bestimmungen bestehenden Vertreter und Organe die Anmeldung einzubringen.
§ 14. Wer die Anmeldung in der bestimmten Frist einzubringen unterläßt, wird so angesehen, als <ob er es der Entscheidung des Gerichtes überlassen habe, ob er auf das Entlastungskapital verwiesen werde oder auf der ..[?] verbleiben soll>3, wenn er in die Überweisung seiner Forderung auf das Entlastungscapital nach Maßgabe der ihn treffenden Reihenfolge eingewilligt hätte, wird bei der Verhandlung nicht weiter gehört und es treffen ihn sonach auch die weiteren Folgen, welche im § 23 auf das Ausbleiben eines zur Tagsatzung vorgeladenen Hypothekargläubigers gesetzt sind.
Wird die Richtigkeit oder die bücherliche Rangordnung einer nicht angemeldeten Forderung bei der Verhandlung bestritten, so finden die §§ 39 und 40 ihre Anwendung.
§ 15. Die einlangenden Anmeldungen sind zu sammeln, gleich nach der Einlangung für jedes Gut abgesondert in ein Verzeichnis einzutragen und in der Kanzlei zu jedermanns Einsicht bereit zu halten.
§ 16. Nach Ablauf der zur Anmeldung eingeräumten Frist hat das Gericht von Amtswegen eine Tagsatzung auf einen angemessenen Termin anzuberaumen, zu welcher der Besitzer des bezugsberechtigten Gutes, der von der Verwaltungsbehörde (Direction) des Entlastungsfondes (und bevor dieser ins Leben tritt, von dem Grundentlastungsministerialcommissär) bestellte Vertreter des Entlastungsfondes und alle, die eine Forderung angemeldet haben, unter ausdrücklicher Anführung der im § 23 bestimmten Folgen des Ausbleibens und mit dem Auftrage vorzuladen sind, die zur Darthuung ihrer Ansprüche dienlichen Originalurkunden und Behelfe zur Tagsatzung mitzubringen.
§ 17. Die Zustellung hat, den Fall des § 12 lit. d. ausgenommen, auf die in der Gerichtsordnung für die Zustellung erster Klagen vorgeschriebene Art und rechtzeitig zu geschehen.
Das Gericht hat sich noch vor der Tagsatzung hievon zu überzeugen und die Einsendung der allenfalls noch fehlenden Zustellungsausweise zu betreiben.
§ 18. Kann der Besitzer des Gutes, sein gesetzlicher Vertreter oder ausgewiesene Bevollmächtigte nicht vorgeladen werden, so ist auf seine Gefahr und Kosten ein Curator ad actum zu bestellen.
Ist der Besitz des Gutes zwischen zwei oder mehreren Personen streitig oder befindet sich dasselbe in dem Mitbesitze mehrerer Personen, so haben dieselben für die Verhandlung mit den Hypothekargläubigern einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten acht Tage vor der Tagsatzung dem Gericht namhaft zu machen, widrigens von demselben auf ihre Gefahr und Kosten ein Curator ad actum zu bestellen und zur Tagsatzung vorzuladen ist. Ist das Gut in Sequestration, so ist auch der Sequester beizuziehen.
§ 19. Wenn das Gut mit dem Substitutionsbande behaftet ist, so ist nebst dem Besitzer auch der Substitut und wenn ein Substitutionscurator besteht, dieser vorzuladen. Ebenso ist in allen Fällen des bloßen Fruchtgenußes sowohl der Fruchtnießer als der Eigenthümer oder der zur Wahrung der Rechte des letzteren bestehende Vertreter beizuziehen. Bei Lehngütern sind die Vasallen, ferner bei landesfürstlichen Lehen die Kammerprokuratur und bei Privatlehen die Lehensherren vorzuladen.
§ 20. Nur diejenigen Hypothekargläubiger, die in der festgesetzten Frist ihre Forderungen angemeldet haben, werden zur Verhandlung vorgeladen § 11, doch steht es den nach Ablauf des Edictaltermines eingetragenen Gläubigern frei, bei der Tagsatzung zu erscheinen und ihre Ansprüche so wie das im § 26 dieses Gesetzes angedeutete Wahlrecht geltend zu machen, insoferne sie nach den Bestimmungen des § 3 nicht von dem Entlastungskapitale überhaupt ausgeschlossen sind.
§ 21. Zugleich hat das Gericht von Amtswegen einen vollständigen bücherlichen Extrakt über sämmtliche Hypothekarlasten des Gutes und die allfälligen Superhaftungen beizuschaffen, welcher der Verhandlung zur Grundlage zu dienen hat.
Wenn jemand bei der Tagsatzung eine inzwischen eingetretene Änderung in dem Tabularstande behauptet, so liegt ihm ob, den Beweis zu liefern.
§ 22. Das Gericht hat bei der Tagsatzung vor Beginn der Verhandlung, wenn ein oder mehrere der vorgeladenen Interessenten nicht erschienen wären, ob die Zustellung an dieselbe geschehen sei.
A. Fehlen die betreffenden Zustellungsausweise, so ist mit den erschienenen Parteien, soweit es thunlich ist, die Verhandlung zu pflegen, sofort aber die Tagsatzung zu erstrecken und Tag und Stunde derselben den erschienen Parteien sogleich mittelst eines von ihnen zu unterfertigenden Protokolle, den ausgebliebenen aber nach § 17 bekannt zu geben.
B. Sollten bei der erstreckten Tagsatzung einige dieser letzteren wieder nicht erscheinen und die Ausweise über die erfolgte Zustellung fehlen, so ist mit den Erschienenen nach lit. a. vorzugehen und die Tagsatzung zwar nochmals zu erstrecken, jedoch sind die wiederholt ausgebliebenen hiezu nicht mehr vorzuladen, sondern auf ihre Gefahr und Kosten Curatoren zu bestellen, wovon sie durch Edict zu verständigen sind.
C. Auf bloße schriftliche Äußerungen der Parteien ist kein Bedacht zu nehmen.
§ 23. Ist die Vorladung gehörig geschehen und erscheint der Gläubiger weder in Person noch durch einen ausgewiesenen Bevollmächtigten, so wird er so angesehen, als <ob (wie bei § 14)>4 wenn er in die Überweisung seiner Forderung auf das Entlastungscapital nach Maßgabe der durch die bücherliche Rangordnung bestimmte Reihenfolge ausdrücklich eingewilliget hätte.
Er verliert auch das Recht jeder Einwendung und jedes Rechtsmittel gegen ein von den erschienenen Interessenten im Sinne des § 5 des Patentes vom 25. September 1850 getroffenes Übereinkommen unter der Voraussetzung, daß seine Forderung nach Maßgabe ihrer bücherlichen Rangordnung auf das Entlastungskapital verwiesen worden ist.
Wird die Richtigkeit oder bücherliche Rangordnung der Forderung bestritten, so hat das Gericht nach § 39 und 40 vorzugehen. Das Rechtsmittel der Rechtfertigung des Ausbleibens von der Tagsatzung ist unzulässig.
§ 24. Erscheint dagegen der vorgeladene Besitzer beziehungsweise dessen Vertreter nicht, so ist auf seine Gefahr und Kosten ein Curator ad actum zu bestellen, mit welchem so lange unter voller Rechtswirkung zu verhandeln ist, bis der Besitzer persönlich oder durch einen Bevollmächtigten erscheint.
Bleibt der vorgeladene Vertreter des Entlastungsfondes aus, so ist die Tagsatzung wegen dieses Umstandes allein nicht zu erstrecken, sondern die Verhandlung auch ohne seine Dazwischenkunft zu pflegen.
§ 25. Außer dem Falle der §§ 22 und 24 findet eine Erstreckung der Tagsatzung nur dann statt, wenn der unverzüglichen zweckmäßigen Verhandlung ein unüberwindliches Hindernis entgegensteht.
Hierüber hat das Gericht ohne Zulassung einer weitern Berufung zu entscheiden. Kann die Verhandlung an einem Tage nicht beendigt werden, so ist sie am zweiten und nach Erfordernis an den nächstfolgenden Tagen bis zur Beendigung fortzusetzen.
§ 26. Bei der Tagsatzung hat das Gericht vor allem zwischen sämmtlichen erschienenen Parteien ein Übereinkommen darüber zu versuchen, welche Forderungen auf das Entlastungskapital zu weisen seien und welche dagegen auf dem Gute selbst zu verbleiben haben. Wird ein solches Übereinkommen erzielt, so hat dasselbe die Wirkungen eines gerichtlichen Vergleiches.
§ 27. Zur Rechtsgiltigkeit der abgegebenen Erklärungen der Vertreter von nicht eigenberechtigten Personen, von Gemeinden und andern Corporationen, Fideikommissen, unter öffentlicher Verwaltung stehenden Fonden u. dgl. bedarf es keines besonderen Consenses der betreffenden Pflegschafts- oder Administrativbehörden.
§ 28. Ist ein freiwilliges Übereinkommen nicht zu Stande gebracht worden, so hat jeder erschienene Gläubiger, dessen Forderung nicht ihrer Natur nach auf Grund und Boden haftend bleiben muß (was das Gericht zu entscheiden hat), nach der bücherlichen Rangordnung das Recht zu fordern, daß <der derselben entsprechende Betrag aus dem Entlastungskapitale, wenn seine Forderung fällig ist, ihm überwiesen, wenn sie aber noch nicht fällig ist, bis zu seiner Befriedigung für ihn als Pfand bei Gericht hinterlegt werde, wogegen seine Forderung auf der Hypothek zu löschen ist.>5 er aus dem Entlastungskapitale überwiesen werde, außer der Schuldner würde ihn sogleich befriedigen.6
§ 29. Die Forderungen jener Gläubiger, die sich nicht gemeldet haben oder von der Tagsatzung ausgeblieben sind, werden, wenn sie die Reihenfolge trifft, sammt dreijährigen Zinsen, insoferne der Schuldner sich nicht über deren Berechtigung ausweisen kann, mit Vorbehalt der weiteren Austragung auf das Entlastungskapital gewiesen.7
§ 30. Wählt kein Gläubiger das Entlastungskapital oder wird letzteres durch diese Wahl und durch die Überweisung der im § 29 bezeichneten Forderungen nicht erschöpft, so hat der bezugsberechtigte Besitzer des Gutes das Recht zu begehren, daß das Kapital oder dessen Restbetrag entweder ihm zugewiesen oder unter die Gläubiger vertheilt werde.
§ 31. Erklärt sich der Berechtigte in dem Falle des § 30, daß das Entlastungskapital unter die Hypothekargläubiger zu vertheilen sei, so müssen sich dieselben, insoweit ihre Forderungen nicht in den ersten zwei Drittheilen des Werthes von Grund und Boden versichert erscheinen8, und zwar zuerst der letzte, dann der nächst vorhergehende usf. auf das Entlastungskapital überweisen lassen.
Wäre eine solche Forderung jedoch nicht fällig, so kann der Gläubiger verlangen, daß dieselbe entweder auf Grund und Boden belassen oder daß der zu ihrer pfandrechtlichen Deckung erforderliche Betrag des Entlastungskapitales bis zu seiner Befriedigung gerichtlich hinterlegt werde.
Wird das Entlastungskapital durch diese Zuweisung nicht erschöpft, so ist der Rest dem Besitzer des Gutes zuzuweisen.9
§ 32. Als Gutswerth hat der hundertfache Betrag der einjährigen Grundsteuer (ohne Zuschuß) zu gelten. Will der Besitzer des Gutes von seinem Rechte, die Zuweisung nach § 31 zu verlangen, Gebrauch machen, so hat er den Ausweis über den Jahresbetrag der einfachen Grundsteuer zur Tagsatzung mitzubringen.10
§ 33. Haftet die in einigen Kronländern gesetzlich bestehende Octava auf dem Gute, so bleibt bis zu seinerzeitigen Aufhebung dieser Haftung Grund und Boden bis zum achten Theile des Werthes damit belastet und ist diese Haftung zugleich auch auf den achten Theil des Entlastungskapitals, welches einen Bestandtheil des gesammten Gutswerthes bildet, zu übertragen. Über den Zeitpunkt und die Modalitäten der Aufhebung dieser gesetzlichen Haftung werden besondere Bestimmungen erfolgen.
§ 34. Bei Renten und anderen derlei Forderungen, bei denen im öffentlichen Buche kein bestimmter Kapitalsbetrag ausgedrückt erscheint, ist, wenn sie die Reihe der Übertragung auf das Entlastungskapital trifft und die betheiligten Parteien sich über einen bestimmten Abfertigungsbetrag einigen, dieser auf das Entlastungscapital zu verweisen.
Kommt ein derartiges Einverständnis nicht zu Stande, so ist der zur Bedeckung der Rente erforderliche Betrag gerichtlich zu bestimmen und auf dem Entlastungskapitale sicher zu stellen.
§ 35. Alle Hypothekarforderungen, welche nicht in ziffermäßigen Geldbeträgen haften, sind, insoferne sie nicht ihrer Natur nach auf Grund und Boden haften zu bleiben haben § 28, bei der Tagsatzung in ziffermäßigen Geldbeträgen zu liquidiren.
Kommt hierüber zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner kein Vergleich zu Stande, so ist die Sache auf den Rechtsweg zu verweisen und die unbestimmte Forderung nach Wahl des Gläubigers entweder auf Grund und Boden zu belassen oder auf dem Entlastungskapitale sicherzustellen.
Im letzteren Falle kann der nach Abzug der vorhergehenden auf das Entlastungskapital gewiesenen Forderungen erübrigende Rest desselben vor Austragung der Sache nicht weiter vertheilt werden.
§ 36. Bei der Überweisung hypothecirter Schulden auf das Entlastungskapital sind dieselben ohne Rücksicht auf den höheren oder geringeren Zinsfuß § 47: die rückständigen Zinsen aber in dem Maße, in welchem ihnen gleiche Priorität mit dem Kapitale zusteht, in Anschlag zu bringen.
Die rückständigen Zinsen sind stets bis zum Schluße des Monats zu berechnen, in welchem die Verhandlung stattfindet.
Geschieht dies vor dem 1. November 1851, an welchem Tage der Entlastungsfond erst ins Leben tritt, so ist die Abrechnung auf den 31. Oktober 1851 zu pflegen.
§ 37. Alle Forderungen sind im Falle einer Überweisung auf das Entlastungskapital in Conventionsmünze nach den bestehenden Gesetzen zu berechnen.
§ 38. Die Richtigkeit einer Forderung kann nur vom Schuldner bestritten werden. Die Gläubiger sind bloß befugt, das Pfandrecht oder die Rangordnung einer vorangehenden Forderung zu bestreiten.
§ 39. Wird die Richtigkeit einer Forderung, welche die Reihenfolge zur Übertragung auf das Entlastungskapital nach den gegenwärtigen Grundsätzen zu treffen hätte, ganz oder theilweise bestritten, so versucht das Gericht vor allem einen Vergleich zwischen den streitenden Theilen zu vermitteln.
Gelingt dieses nicht, so wird einstweilen die Forderung oder der streitige Betrag derselben mit dem Vorbehalte der weiteren Austragung auf das Entlastungskapital gewiesen und den Parteien überlassen, ihren Streit im ordentlichen Rechtswege zur Entscheidung zu bringen. Jener Betrag des Entlastungskapitals, welcher in diesem abgesonderten Rechtsverfahren dem Gläubiger abgesprochen wird, bildet sofort den Gegenstand einer nachträglichen Zuweisung (§ 58).
§ 40. Wird das Pfandrecht oder die bücherliche Rangordnung einer Forderung bestritten, so ist hierüber sogleich zu verhandeln und auch in dem Falle, daß der betreffende Hypothekargläubiger nicht erschienen ist, lediglich auf Grundlage des Tabularstandes in der Haupterledigung selbst zu erkennen.
Gegen dieses Erkenntnis findet nur das Rechtsmittel des Rekurses statt (§ 46).
§ 41. Wird eine Forderung auf das Entlastungskapital gewiesen, welche mit Supersätzen belastet oder sonst vinkulirt ist, so kann diese Zuweisung nur mit Verwahrung der Rechte der betreffenden Interessenten geschehen (§ 52).
§ 42. Jene Hypothekargläubiger, deren Forderungen ganz oder theilweise auf das Entlastungskapital übertragen werden sollen, sind außer dem Falle des § 35 und 39 zu verhalten, die in ihrem Besitze befindlichen Schuldverschreibungen bei der Verhandlung einzulegen. Werden dieselben aus was immer für einem Grunde nicht eingelegt, so kann der Schuldner begehren, daß dieser Theil des Entlastungskapitals nur gegen Beibringung oder erst nach Amortisirung derselben ausgefolgt werde. In den Fällen dieses Patentes ist die Amortisationsfrist auf 3 Monate festzusetzen.
§ 43. Nach geschlossener Verhandlung hat das Gericht mit möglichster Beschleunigung zur Erledigung zu schreiten.
Bei Landesgerichten sind alle derlei Erledigungen, welche eine Entscheidung des Gerichtes voraussetzen, weil kein Vergleich erzielt worden ist, in ständigen Senten von einem Vorsitzenden und vier Stimmführern und in eigenen abgesonderten Sitzungen in Vortrag zu bringen.
§ 44. Die Erledigung hat in Form eines Bescheides zu geschehen und ist, es mag dieselbe eine Entscheidung des Gerichtes oder die bloße Intimation eines Vergleiches enthalten, dem Besitzer des Gutes dem vollen Inhalte nach, den betheiligten Gläubigern aber nur mittelst Auszuges in Betreff ihrer eigenen Forderung hinauszugeben. Das Original oder eine ämtliche Abschrift der vollständigen Erledigung ist in der Kanzlei aufzulegen und ist jedermann zu gestatten hievon die Einsicht oder Abschrift zu nehmen, welche letztere die Partei jedoch selbst zu besorgen hat.
§ 45. Kann die Zustellung aus was immer für einem Grunde weder an die Parthei selbst noch an ihrem Bevollmächtigten bewerkstelligt werden (§ 12 lit. d.), so ist der Bescheid lediglich bei Gericht anzuschlagen und der Tag der geschehenen Affizirung anzumerken.
§ 46. Gegen die Entscheidungen des Gerichtes steht jedem, der sich dadurch in seinen Rechten gekränkt glaubt, der Rekurs offen, welcher bei dem Gerichte, das die Entscheidung in erster Instanz gefällt hat, in der unerstreckbaren Frist von 14 Tagen zu überreichen und von diesem nach Ablauf der Frist mit allen Akten dem Gerichte II. Instanz berichtlich vorzulegen ist. Sind mehrere Rekurse überreicht worden, hat diese Vorlegung unter einem zu geschehen. Gegen die Entscheidung des höheren Richters, wodurch die erstrichterliche bestätigt wird, findet keine weitere Berufung statt.
Gesuche um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen versäumter Rekursfrist sind ohne weiters zu verwerfen.
§ 47. Durch die rechtskräftig gewordene Überweisung der Hypothekarforderungen auf das Entlastungscapital hört sowohl der Personal- als Hypothekarschuldner auf Schuldner dieser Forderungen zu seyn.
Für dieselben werden ohne Rücksicht auf ihren früheren Zinsfuß fünfprozentige auf den Namen lautende Grundentlastungsschuldverschreibungen des betreffenden Kornlandes hinausgegeben.
§ 48. Nach eingetretener Rechtskraft der richterlichen Erledigung sind die auf das Entlastungscapital ganz oder theilweise überwiesenen Forderungen nach Maß der erfolgten Überweisung im öffentlichen Buche zu löschen und ist daselbst unter einem das zugewiesen Entlastungscapital von dem bezugsberechtigten Gute abzuschreiben.
§ 49. Haftet die übertragene Post gleichzeitig auch auf einer anderen Realität, so ist deren Löschung auch dort von Amtswegen oder über Begehren der Parthei zu veranlassen. Bei derlei Simultanhypotheken hat überhaupt als Grundsatz zu gelten, daß dieselben bei jener Realität in Behandlung genommen werden, welche früher zur Verhandlung kommt. Sind dieselben hiebei gar nicht oder nicht gänzlich auf das Entlastungskapital übertragen worden, so werden sie (rücksichtlich der Rest) bei der zweiten verpfändeten Realität neuerlich in Verhandlung gezogen.
§ 50. Das Gericht hat ferner der Verwaltungsbehörde des Entlastungsfondes mit Rücksicht auf die etwa inzwischen in der Person der Interessenten eingetretenen Veränderungen bekannt zugeben, auf wessen Namen, für welche Beträge die einzelnen Grundentlastungsschuldverschreibungen auszustellen, vom welchen Tage die Zinsen zu verabfolgen sind, dann welchen Personen die letzteren unmittelbar auszufolgen und welche Beträge dagegen dem Gerichte oder einer anderen Behörde zur Aufbewahrung oder weiteren Veranlassung zu übergeben seien. Ist die Person desjenigen, dem eine Schuldverschreibung endlich auszufolgen sein wird, nicht bekannt, so ist die letztere auf den Namen des bezugsberechtigten Gutes auszustellen und seinerzeit umzuschreiben.
§ 51. Die unmittelbare Ausfolgung von Seite des Entlastungsfondes findet nur bezüglich der dem bezugsberechtigten Besitzer zugewiesenen Beträge des Entlastungskapitals statt. Jene Beträge, welche den im § 13 bezeichneten Personen oder Gütern als Bezugsberechtigten zugewiesen wurden, sind der betreffenden Pflegschafts- oder Administrativbehörde zu übermitteln. Alle übrigen sind dem Gerichte zu übergeben.
§ 52. Dieses hat von dem Einlangen die betheiligten Hypothekargläubiger zu verständigen und in dem diesfälligen Bescheide, sobald kein Anstand obwaltet, sogleich die Ausfolgung, und zwar in diesem Falle zähltaxfrei zu bewilligen, im Übrigen aber bei der Erfolglassung die die gesetzlichen Vorsichten zu beobachten.
Für jene auf das Entlastungskapital verwiesenen Gläubiger, die sich nicht gemeldet haben oder deren Aufenthaltsort unbekannt ist, sind nach den bestehenden Anordnungen Curatoren zu bestellen. Jene Beträge des Entlastungskapitales, welche den im § 13 benannten Personen oder Gütern als Hypothekargläubigern zugewiesen wurden, sind der zuständigen Behörde zur weiteren Verfügung zu übermitteln, wogegen alle jene in der eigenen Aufbewahrung des Gerichtes zu bleiben haben, welche in den Fällen der §§ 31, 33, 34, 35, 39 und 41 nicht sogleich ausgefolgt werden können.
§ 53. Das Gericht hat bei der Ausfolglassung die nach § 42 zurückbehaltene oder von der Parthei beigebrachte Schuldverschreibung, wenn die Forderung gänzlich auf das Entlastungskapital übertragen wurde, mittelst Durchstreichung zu kassiren, wenn aber die Überweisung nur theilweise geschehen ist, den getilgten Betrag auf der Urkunde abzuschreiben und letztere der Parthei, welche sie eingelegt hat, zurückzustellen.

V. Verfahren bei theilweise ermittelten Entlastungscapitalien:
§ 54. Nach den vorstehenden Bestimmungen der §§ 8–53 ist auch in dem Falle des § 4 ad. 1.b. zu verfahren, wenn endlich nur ein Theil des Entlastungscapitals ermittelt ist; jedoch muß bei den im § 3 und 11 gedachten Anmerkungen im öffentlichen Buche, dann in dem Vorrufungsedikte sowie in der Enderledigung des Gerichtes dieser Umstand, daß das Entlastungscapital nur theilweise ermittelt ist sowie die Ziffer desselben klar ausgedrückt werden. Ferners ist in dem Edikte die Rechtsfolge der unterlassenen Anmeldung nach § 14 mit dem weiteren Beisatze anzuführen, daß die stillschweigend angenommene Einwilligung in die Überweisung auf das Entlastungscapital auch für die noch zu ermittelnden Beträge desselben zu gelten habe.
§ 55. Reicht der ermittelte Theil des Entlastungscapital nicht zu, um alle Hypothekarforderungen darauf zu überweisen, so ist doch über Begehren des Besitzers des bezugsberechtigten Gutes oder eines Gläubigers über die Richtigkeit und Rangordnung der Hypothekarkapitalien zu verhandeln und erkennen (§§ 35, 39, 40).
§ 56. Die definitive Zuweisung des Entlastungskapitals kann sich immer nur in soweit erstrecken, als dasselbe bereits ziffermäßig ermittelt ist. Eine eventuelle Zuweisung findet nicht statt.
§ 57. So oft ein weiterer Theil des Entlastungskapitals ermittelt worden ist, ist die Verhandlung und Zuweisung nach den vorstehenden Bestimmungen der §§ 54–56 vorzunehmen; jedoch sind in dem Edikte nur jene Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern, welche seit Ablauf des früheren Edictaltermines neue bücherliche Rechte erworben haben.
Zu der Tagsatzung sind nebst den in Folge dieses Edictes sich meldenden Hypothekargläubigern auch jene Gläubiger vorzuladen, welche nach Maßgabe der vorhergegangenen Verhandlung auf das später ermittelte Entlastungskapital noch einen Anspruch zu stellen berechtigt sind.

VI. Nachträgliche Zuweisung von Entlastungscapitalien:
§ 58. Wird ein nach § 52 in die gerichtliche Verwahrung übernommener Betrag des Entlastungskapitales frei, weil entweder die Rente erloschen ist (§ 34) oder weil die darauf verwiesene unbestimmte Haftung ziffermäßig liquidirt worden ist und noch ein Theil des Entlastungskapitals zur weiteren Zuweisung erübrigt (§§ 33 und 35) oder weil die bestrittene Forderung (§ 39) nach dem Ergebnisse des abgeforderten Rechtsverfahrens den verwahrten Betrag nicht erschöpft usf., so ist der freigewordene Betrag, wenn noch eine Verhandlung über die Zuweisung eines später ermittelten Theiles des Entlastungskapitals im Zuge ist oder bevorsteht, (§ 57) in diese einzubeziehen.
Hat dagegen in einem solchen Falle die Verhandlung über das vollständig ermittelte Entlastungskapital bereits statt gefunden, so hat die Zuweisung der freigewordenen Beträge ohne Erlassung eines Ediktes über allfällige Einvernehmung jener Interessenten, welche nach Maßgabe der vorhergegangenen Verhandlung noch einen Anspruch haben, zu geschehen. Vor der Ausfolgung der Grundentlastungschuldverschreibungen an die Parthei, ist deren Umschreibung bei dem Entlastungsfonde zu bewerkstelligen (§ 50).

VII. Verfahren, wenn das Entlastungscapital noch nicht ermittelt ist:
§ 59. In dem Falle des § 4 ad. 2., wo die Capitalsentschädigung der Ziffer nach weder ganz noch theilweise ermittelt ist, hat das Gericht ein Übereinkommen zwischen sämmtlichen Interessenten, welche auf Begehren des Besitzers des bezugsberechtigten Gutes zu einer Tagsatzung vorzuladen sind, zu versuchen.
Wird ein Übereinkommen nicht erzielt, so ist doch über Verlangen des Letzteren über die Richtigkeit und Rangordnung der Hypothekarcapitalien zu verhandeln und zu erkennen (§§ 35, 39, 40), im Übrigen aber die Verhandlung erst dann wieder aufzunehmen, wenn das Entlastungscapital ganz oder wenigstens zum Theile ziffermäßig ermittelt ist.
Die definitive Zuweisung des Letzteren kann jedenfalls erst nach diesem Zeitpunkte erfolgen.
§ 60. Zur Förderung des hier vorgezeichneten Verfahrens wird dem Besitzer eines bezugsberechtigten Gutes das Recht eingeräumt, auch einen einzelnen Hypothekargläubiger, dessen Forderung nach § 35 im unbestimmten Betrage haftet, ehe noch die Verhandlung wegen Zuweisung des Entlastungscapitales eingeleitet wird, im Aufforderungswege zur ziffermäßigen Liquidirung zu belangen.

VIII. Besondere Bestimmungen:
A. Wenn das bezugsberechtigte Gut in Concurs oder in Execution gezogen wird.
§ 61. Ist das Gut im Executionswege veräußert oder in Concurs gezogen worden, so ist die Verhandlung über die Zuweisung des Entlastungskapitals von der Executions- beziehungsweise von der Concursinstanz nach den bestehenden Gesetzen zu pflegen. Eine bereits ausgesprochene Zuweisung eines Theiles des Entlastungskapitals wird jedoch hiedurch nicht berührt.
B. Für Fideicommisse.
§ 62. Bei Fideicommißgütern findet die Einvernehmung der Hypothekargläubiger im Sinne der vorstehenden Vorschriften nicht statt, sondern es ist das Entlastungskapital als Fideikommißsurrogatcapital für die abgetrennten und im öffentlichen Buche abzuschreibenden Bezugsrechte des Gutes zu behandeln.
Die auf das Fideikommiß auszustellenden Grundentlastungsschuldverschreibungen sind der Fideikommißbehörde zu übergeben, welche dieselben in gerichtliche Verwahrung zu nehmen und die bücherlichen Haftungen in den Depositenbüchern ersichtlich zu machen hat.
C. Für Güter, welche ausschließend aus Bezugsrechten bestehen.
§ 63. Besteht ein Landtafel- oder Grundbuchskörper ausschließend aus solchen Bezugsrechten, welche in Folge der Grundentlastung aufgehoben oder abzulösen sind, so ist das an deren Stelle tretende Entlastungskapital von der zuständigen Realgerichtsbehörde, wie der Kaufschilling einer gerichtlich veräußerten Realität, zu vertheilen und sodann die bücherliche Einlage mit allen Haftungen zu löschen.
Diese Vertheilung kann auch succeßiv in dem Maße, als die Ermittlung des Entlastungskapitals fortschreitet, geschehen in welchem Falle immer nur der zugewiesene Theil des letzteren im öffentlichen Buche abzuschreiben kommt, bis die gänzliche Löschung erfolgt.
§ 64. Ist ein solcher Gutskörper gänzlich unbelastet, so steht dem eigenberechtigten bücherlichen Besitzer frei, die Löschung desselben sogleich zu begehren und sich auf Grund der Löschungsbewilligung des Entlastungskapitals, ob dasselbe schon ermittelt ist oder nicht, von der Verwaltungsbehörde des Entlastungsfondes zuweisen zu lassen.
D. Für Güter, welche in den öffentlichen Büchern nicht eingetragen sind.
§ 65. Ist das bezugsberechtigte Gut in keinem öffentlichen Buche eingetragen (wie z.B. bei Kirchen, Pfarren und dgl.), so finden die gegenwärtigen Bestimmungen keine Anwendung, sondern es hat sich die Grundentlastungslandes(ministerial)kommission über die Frage, wem das Entlastungskapital auszufolgen sei, nach Umständen mit jener Behörde ins Einvernehmen zu setzen, welcher nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften die Obsorge oder Controlle über die Vermögensgebahrung zusteht.

E. Für Görz und Istrien.
§ 66. In der gefürsteten Grafschaft Görz und der Markgrafschaft Istrien ist für die hier vorgeschriebenen Amtshandlungen lediglich das im § 2 bestimmte Landesgericht am Size der Ministerialkommission zuständig.
Dieselben sind in demjenigen Theile, wo die Notifikenbücher zur Erwerbung von Hypothekarrechten bestehen, ohne Rücksicht auf den Umstand einzuleiten, daß die Bezugsrechte nicht in ein öffentliches Buch eingetragen sind.
In den genannten Landestheilen sind nur diejenigen Bezugsrechte, welche entweder als Stiftungsreichnisse oder als Sammlungen für Kirchen, Pfarren, Schulen und für Gemeindezwecke von den Verpflichteten vollständig ohne Einlassung eines Drittels abzulösen oder als pfarrherrlicher Zehent zu entschädigen sind, von dieser Verhandlung ausgeschlossen und es hat sich die Ministerialkommission in dieser Beziehung wegen der Ausfolgung des Entlastungskapitals nach Umständen mit jener Behörde ins Einvernehmen zu setzen, welcher nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften die Obsorge oder Controlle über die Vermögensgebahrung der berechtigten Person zusteht.
§ 67. In den genannten Landestheilen soll die Frist zur Anmeldung für die in den Notifikenbüchern eingetragenen Hypothekarforderungen in dem Anmeldungsedikte mit dem Beisatze ausgeschrieben werden, daß die Vertheilung des Entlastungskapitals unter die angemeldeten Hypothekargläubiger ohne Rücksicht auf diejenigen, die sich nicht gemeldet haben, vorgenommen und der Rest dem bisherigen Bezugsberechtigten ausgefolgt werden wird, es wäre denn, daß letzterer selbst als Schuldner die Einbeziehung der Forderung in die Verhandlung begehren würde, wobei sodann den Hypothekargläubiger die im § 14 dieses Gesetzes ausgedrückten Folgen der unterlassenen Anmeldung, welche wörtlich anzuführen sind, zu treffen haben.
F. Für Salzburg.
§ 68. In dem Herzogthume Salzburg ist mit Rücksicht auf den § 91 der Ministerialverordnung vom 4. October 1849 zu den hier vorgeschriebenen Amtshandlungen in der Regel das Bezirksgericht bestimmt, in dessen Sprengel der Bezugsberechtigte seinen Wohnsitz hat. Ausnahmsweise ist das Landesgericht in Salzburg zuständig, wenn das aufgehobene Bezugsrecht oder das Gut, zu dem es gehörte, in der Hypothekentabelle des ehemaligen Stadt- und Landrechtes eingetragen erscheint oder wo dies nicht der Fall ist, wenn der Berechtigte im Sprengel des Bezirksgerichts Salzburg wohnt oder sich nicht innerhalb des Kronlandes befindet.
§ 69. Die gegen Ablösung aufgehobenen Bezugsrechte sind von dieser Verhandlung ausgeschlossen und die Grundentlastungslandescommission hat sich wegen Ausfolgung des Ablösungskapitals nach Umständen mit jener Behörde ins Einvernehmen zu setzen, welcher nach den bestehenden Vorschriften die Obsorge oder Kontrolle über die Vermögensgebarung des Berechtigten zusteht.
§ 70. Rücksichtlich der gegen billige Entschädigung aufgehobenen Bezugsrechte, sie mögen für sich allein bestanden haben oder mit einem Grundbesitze verbunden gewesen sein, sind alle Hypothekargläubiger der bisherigen Zehent- und Urbarsberechtigten zur Anmeldung aufzufordern.
Die Frist zur Anmeldung der darauf erworbenen Hypothekarrechte ist mit dem Beisatze auszuschreiben, daß die Vertheilung des Entschädigungskapitals unter die angemeldeten Pfandgläubiger ohne Rücksicht auf diejenigen, die sich nicht gemeldet haben, vorgenommen und der Rest dem bisherigen Bezugsberechtigten ausgefolgt werden wird, woferne nicht der Schuldner selbst die Einbeziehung der Forderung in die Verhandlung begehren würde, in welchem Falle der betreffende Pfandgläubiger, insoweit er mit seiner Forderung auf das Entschädigungskapital überwiesen wird, dagegen kein Rechtsmittel weiterhin geltend machen kann.
Hat das Pfandrecht nur allein auf den aufgehobenen Bezugsrechten gehaftet, so ist das an deren Stelle tretende Entschädigungskapital wie der Kaufschilling einer gerichtlich veräußerten Realität zu vertheilen und die etwaige bücherliche Eintragung des Bezugsrechtes und der darauf begründeten Haftungen zu löschen.
§ 71. Alle Eingaben, Protokolle, Urkunden und gerichtlichen Erledigungen und Ausfertigungen in den auf Grundlage dieses Gesetzes vorzunehmenden Verhandlungen und die diesfälligen Löschungen und Anmerkungen in den öffentlichen Büchern sind gebührenfrei zu behandeln.
Diese Befreiungen erstrecken sich jedoch nicht auf das abgesonderte Rechtsverfahren über die Richtigkeit streitiger Forderungen.

X. Abänderung des Patentes vom 25. Sept. 1850.
§ 72. Jene Abänderungen des Patentes vom 25. Sept. 1850, welche durch die vorstehenden Bestimmungen abgeändert erscheinen, haben außer Kraft zu treten.

Die Minister der Justiz, des Innern und der Finanzen sind mit dem Vollzuge dieses Patentes beauftragt.

Gegeben in Unserer kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien am … März im Jahre Eintausendachthunderteinundfünfzig, Unserer Reiche im Dritten.

Ist ein Übereinkommen unter allen Interessenten nicht zu erzielen, so hat das Gericht zu entscheiden, welche Forderungen auf das Entlastungskapital zu verweisen sind und welche auf der Hypothek zu verbleiben haben.
Demselben hat dabei folgendes zur Regel zu dienen:
1. Diejenigen Gläubiger deren Forderungen innerhalb der ersten 2/3 des Werths von Grund und Boden versichert erscheinen, können weder gegen ihren Willen auf das Entlastungskapital gewiesen werden, noch haben sie das Recht gegen den Willen des Grundbesitzers darauf zu greifen. <2. Kommt einer oder der andere aus ihnen mit [dem] Grundbesitzer überein, sich aus dem Entlastungskapitale oder in anderer Weise befriedigen zu lassen, so ist seine Forderung sogleich als gelöscht anzusehen und die nachfolgenden Gläubiger rücken in dem Maße in das sub. 1 bezeichnete Verhältnis ein.>11
3. Den Gläubigern, deren Forderungen nicht durch die ersten 2/3 des Werthes von Grund und Boden gesichert erscheinen, <haben das Recht zu erklären, ob sie sich mit der Hypothek auf dem Grund und Boden zufriedenstellen wollen oder nicht. In letzterem Falle sind sie auf das Entlastungskapital zu weisen, wenn nicht der Schuldner erklärt sie binnen des Zeitraumes der ihnen zustehenden Aufkündigung in anderer Weise befriedigen und bis dahin durch Deponirung eines ihrer Forderung gleichkommenden Betrages aus dem Entlastungskapitale sicherstellen zu wollen.>12

Patent vom 25.9.[1]850 sucht so viel als möglich (§ 8) die Gläubiger auf die Entschädigung hienüber zu schieben. Gelingt das – so wären damit allerdings die Gefahren für die Grundbesitzer beseitiget.
Das müßte aber schnell und ohne alle Verluste geschehen, sonst ist es ein ungeheurer Schlag für den österreichischen Realkredit (ärger als [1]841)

Auf jenes Patent die Verhandlung sehr komplizirt:
Aufforderung aller Gläubiger und Verhandlung mit allen §§ 4 und 5
Erst möglich13 nach Durchführung des Liquiditätsgeschäfts § 4
Wahlrecht der vorderste Gläubiger § 11
Vorweisung streitiger Forderung auf die Entschädigung § 14
Rekursrecht aller Betheiligten § 15
Rücksicht auf den Zinsfuß der [?] (§ 21)
(Eine Folge davon war, daß ausländische Gläubiger ihren Zinsfuß auf 5 % haben und die Gutsbesitzer es sich gefallen lassen mußten)