Der ehemalige Obersthofkanzler Karl Inzaghi bittet Leo Thun, die geplante Gründung eines Taubstummeninstituts in Graz zu unterstützen. Eine solche Einrichtung wurde vor kurzem zur Zufriedenheit aller Beteiligten provisorisch eröffnet. Der Kaiser hat den Antrag zur definitiven Gründung bereits unterzeichnet und Inzaghi hofft nun auch auf die Unterstützung durch Thun. Inzaghi zweifelt nicht daran, dass Thun bei einem Besuch mit dem Institut zufrieden sein werde.
Hochgebohrner Graf!
Ich schmeichle mir, daß Euere Exzellenz es einem alten Bekannten, der seit den
letzten Tagen des Jahres 1848 sein Vaterland Steyermark zu seinem bleibenden Aufenthalte gewählt hat und sich
bei einigen Excursionen, die er seitdem nach Wien gemacht
hat, nicht erlaubte, Euerer Exzellenz durch seinen Besuch Ihre kostbare Zeit zu
rauben, nicht verargen werden, wenn er pro bono publico Sie mit einer Bitte
belästiget.
Es handelt sich um die definitive Gründung des hiesigen
Taubstummeninstitutes, welches durch den gegenwärtigen ausgezeichneten Direktor
vortrefflich geführt wird.
Diese Angelegenheit, in welcher der Staatsschatz
gar nicht in Anspruch genommen wird, dürfte ehestens vom Minister des Innern an Euere Excellenz zur
gefälligen Rücksprache geleitet werden.
Seine Majestät haben das diesfällige
Majestätsgesuch des erwähnten Institutsdirektors signirt. Ich bitte Euere
Exzellenz um Ihre gütige Mitwirkung, damit dieser sehr wohlthätigen Anstalt die
dauernde Existenz gesichert werde, und zweifle nicht, daß Sie bei einem Besuche
der hierländigen Unterrichtsanstalten mit diesem Institute zufrieden seyn
werden.
Mit wahrem Vergnügen benütze ich diese Gelegenheit, um Ihnen meine
ausgezeichneteste Hochachtung und Hochschätzung ausdrücken zu können, mit
welcher ich zu verharren die Ehre habe
Euerer Exzellenz
gehorsamster Diener
Graf Inzaghi
Gratz, am 11. Dezember 1851