Der Diplomat Rudolf Apponyi bittet Leo Thun, die vakante Pfarrerstelle in Appony dem bischöflichen Zeremoniar in Neutra zu verleihen. Durch die Wahl dieses jungen, tüchtigen und gottesfürchtigen Priesters würde Thun sowohl Apponyis Mutter als auch seiner Schwägerin einen sehnlichen Wunsch erfüllen.
Appony, den 30. September 1860
Verehrter Freund,
Im Vertrauen auf Deine erprobte Güte erlaube ich mir eine Bitte an Dich zu
stellen, deren Erfüllung von Dir abhängt und meiner Mutter sowie meiner Schwägerin Sophie eine große Freude machen
würde.
Die Apponyer Pfarrkirche, deren Patronat der Religionsfond ausübt,
hat durch lange Jahre einen sehr schlechten Pfarrer gehabt, der sich nun
glücklicherweise ins Privatleben zurückgezogen hat. Es ist daher doppelt
wünschenswerth, sowohl für die Gemeinde als auch für die Schloßbewohner, daß die
vacante Stelle durch einen würdigen, frommen Seelsorger besetzt werde. Der
Bischof von Neitra [Neutra]
hat drei Personen candidirt, darunter primo loco seinen Ceremoniarius, Herrn
Wagner, einen tüchtigen,
gottesfürchtigen jungen Priester, von dem er sich nur ungern, und meinen Damen
zu lieb trennt, und den er auf das Wärmste anempfiehlt. Die Sache liegt nun dem
Cultusministerium zur Entscheidung vor. Der einzige Anstand
scheint der, daß Wagner unter den Candidaten der jüngste
ist. Unsere aller Bitte geht nun dahin, daß Du die Gewogenheit haben mögest, den
sehnlichen Wunsch des Bischofs,
meiner Mutter und meiner Schwägerin zu erfüllen und die Wahl
auf Herrn Wagner fallen zu lassen. Du
kannst Dir wohl denken, daß alle diese frommen Seelen bei der Wahl eines
Pfarrers nur das Wohl der Religion im Auge haben und nur deswegen Herrn Wagner wünschen, weil sie ihn
persönlich kennen und wissen, daß er mehr als jeder andere im Stande ist, die
Wunde zu heilen und den schlechten Einfluß wieder gut zu machen, den der
langjährige Aufenthalt eines nichts weniger als respectabeln Seelsorgers auf die
Gemeinde ausgeübt hat. Sei uns zur Erreichung dieses frommen Zweckes behülflich
und Du wirst ein christliches Werk thun und zugleich viele Glückliche
machen.
Die Freundschaft, die Du meinem seligem Bruder und mir stets bewiesen hast, läßt mich hoffen
keine Fehlbitte zu thun und ich erlaube mir Dir unsere Bitte dringend ans Herz
zu legen.
Mit aufrichtiger Verehrung und Anhänglichkeit
Dein treu ergebener
Freund
Rudolf Apponyi
Solltest Du mich mit einer Antwort beglücken wollen, so adressire selbe:
„bei Herrn R. Dötz, Stadt Nr. 179 Wien“.