Sophie Apponyi wendet sich an Leo Thun und bittet um die Ernennung eines tüchtigen und energischen Bischofs für die Diözese Neutra. Eingangs entschuldigt sie sich, dass sie es wagt, sich in dieser Angelegenheit an Thun zu wenden, aber Thuns Güte und Freundschaft zu ihrem verstorbenen Mann gaben ihr den Mut dazu. Als geeigneten Kandidaten für dieses Amt nennt die Gräfin den Domherrn Johann Krajcik. Ein großer Wunsch würde in Erfüllung gehen, wenn der Domherr zum Bischof ernannt werden würde.
Bad Ems, den 14. August 1858
Verehrtester Herr Graf!
Ihre mir stets bewiesene Güte und Freundschaft für meinen seeligen Gatten geben mir den Muth mich in einer höchst
wichtigen Angelegenheit vertrauensvoll an Sie zu wenden. Jedenfalls muß ich aber
damit beginnen mich zu entschuldigen, daß ich es wage, Ihnen von einer
Angelegenheit zu sprechen, die viel zu wichtig und zu erhaben ist, um damit
meine Bitte und meine Ansicht im mindesten durchdringen könnte. Andererseits
werden Sie, lieber Graf, mich entschuldigen, wenn ich Ihnen sage, wie wichtig
die Wahl eines würdigen, thätigen und kräftigen Bischofs selbst bis in das
innerste Privatleben eingreift. Denn unsere arme Neutraer Diocese braucht eine tüchtige Regeneration, indem der
jüngst verstorbene Herr Bischof von
Neutra zwar ein sehr geachteter frommer Mann und Priester war,
allein alt und kränklich unter ihm der niedere Clerus sehr herabgekommen ist, so
daß es Energie, Thätigkeit und ein durch ein ganzes Leben so schön durchgeführte
hohe Frömmigkeit, Moralität und Gelehrsamkeit braucht, um alle diese Schäden
wieder herzustellen, welche unsere Gemeinden in jeder Hinsicht vernachlässigt,
so zu sagen ohne geistliche Leitung lassen, und uns Grundbesitzern unseren
Aufenthalt auf dem Lande oft trostlos und recht schwierig machen, wenn wir den
festen Willen haben unsere Kinder in der Achtung des Priesterstandes zu erziehen
und dasselbe von unseren Hauspriestern fordern. Daß Herr Domherr Johann Krajcsik [Krajcik] Ihre besondere
hohe Protection in jeder Hinsicht verdient, ist Ihnen, lieber Graf, gewiß schon
von verschiedenen Seiten zugekommen, er ist die Perle des Neutraer Capitels und würde gewiß selbst
unter den ausgezeichnetsten Priestern hervorragen. Der Wunsch, die Hoffnung den
verehrten Herrn als unseren Bischof begrüßen zu können, sein segensvolles Wirken
zu sehen, ist ein so warmer Wunsch geworden, daß Sie mich, lieber Graf,
entschuldigen müssen, indem Sie sich daran erinnern wollen, wie liebevollsegnend
Sie mein Giulio von Oben ansehen
würde, wenn Sie mir helfen, so viele Monathe im Jahre, die ich auf dem Lande
zubringe, den Trost einer geistigen Leitung zu grünen[?], die uns unter den
jetzigen Umständen ganz fehlt und selbst auf die Erziehung meiner Kinder sehr
schwierig einwirkt.
Sie nochmahls um Vergebung bittend nenne ich mich
verehrter Graf Ihre dankbarst ergebene
Sophie Apponyi-Sztáray