Karl Kuzmány an Leo Thun
Neusohl, 1. September 1860
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Regest

Der Preßburger Superintendent Karl Kuzmány informiert Leo Thun über die Situation in seiner Superintendenz. Er teilt ihm auch mit, dass er diesbezüglich ebenfalls an FZM Ludwig Benedek geschrieben habe. Zunächst schildert er, wie viele Gemeinden sich nach dem Patent vom 1. September 1859 organisiert haben bzw. wollen. Anschließend regt er an, den Generalkonvent der Gegner des Patentes zu verbieten. Er selbst will im September einen Konvent abhalten.
In der Beilage bittet Karl Kuzmány den FZM Ludwig Benedek, gegen die widerrechtlich bestehende, autonome Superintendenz vorzugehen, da diese gegen das Patent vom 1. September agitiere und jene Gemeinden, die sich dem Patent unterworfen haben, negativ beeinflusse. Ferner bittet er Benedek zu verordnen, dass sich alle Kirchenvorstände A.C. der Preßburger Superintendenz ausschließlich an Kuzmány als den rechtmäßigen Superintendenten zu wenden haben.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Euer Excellenz!

In der Beilage nehme ich mir die Freiheit mitzutheilen, was ich Seiner Excellenz dem Herrn FZM Ritter von Benedek unter 17. Aug. Z. 715 vorgelegt habe; 1 weil ich gestern von ihm die Antwort erhielt, es würde meine Bitte in einer Berathung der dortigen Centralstelle erwogen und mir das Resultat bekannt gegeben werden. Ich theile dies Eurer Excellenz in der Absicht mit, Euer Excellenz unterthänigst zu bitten, Hochdieselben wollen geruhen auf geeignetem Wege dahin zu wirken, dass die Sache im Sinne des von mir gestellten Ansuchens entschieden werde.
Wir haben jetzt in der Preßburger Superintendenz 36 vollständig geordnete Gemeinden, dazu kehren soeben 2 im Trentschiner, 2 in Neutraer, 1 in Arver Seniorate zurück zu der Coordination; in Hont bereiten sich größere Conversionen; in Neograd und hier (Bries, [?]) erwartet man einen ersten Impuls – wie etwa die angesuchte Erklärung – um sogleich umzukehren, weil sie selbst einzusehen beginnen – ich habe mich davon persönlich überzeugt –, dass sie schlecht gethan, dem Andrang der politischen Fanatiker nachgegeben zu haben und nur einen Praetext haben wollen, öffentlich aufzutreten. Leider wird diese Conversion die Ankündigung des Generalconventes von Graf Zay auf den 10. Oct. wiederum hemmen, denn viele werden nun wiederum auf die Regierung, ob sie in der Sache was thut, hinschauen und den Erfolg des Conventes abwarten wollen. Wäre es denn nicht möglich denselben zu inhibieren? – ist es doch schnurstracks allen allerhöchsten Bestimmungen entgegen. Ich gedenke gegen denselben – obwohl zu ihm unsere Superintendenz gar nicht eingeladen worden ist – von dem Eperieser Convente aus, den ich am Michaeli zu halten gedenke, einzulegen; weil ich aber die Unkosten dieses Conventes aus Eigenem bestreiten muß – da die Cassen bei den Gegnern sind – so brauche ich unumgänglich der Flüßigmachung meiner Functionszulage. Die Neutraer Gemeinden kann ich nun nicht eher besuchen, bis das oben berührte Ansuchen nicht erledigt ist. Wird dasselbe in meinem Sinne erledigt, so wird es dann mit der Zurückführung der Gemeinden rasch vorwärts gehen und unser [?] und [?] Kampf naht dann seinem Ende – aber auch nur dann.

Euer Excellenz

unterthänigster Diener
Karl Kuzmány
Superintendent

Euer Excellenz!

Auf die autoritative Aufforderung der in Pest usurpatorischer Weise aufgestellt gewesenen sogenannten Centralcomission der Evangelischen A.C. haben sich, Grund absichtlich falscher Erklärungen des allerhöchsten Handschreibens vom 15. Mai in den Comitaten Hont, Sohl und Neutra gewisse Männer für Senioralinspectoren erklärt, öffentliche Senioralconferenzen zusammenberufen, aus denselben Deputationen und Untersuchungscomissionen in die coordinirten Gemeinden entsendet, diese als aus vorgeblich stattgefundenem Zwang, welchen die Geistlichkeit auf sie ausgeübt haben soll, für ungiltig coordinirt erklärt, sie durch die schmählichsten Mittel und verkehrtesten Auslegungen des allerhöchsten Patentes vom 1. Sept. vorigen Jahres wie auch des allerhöchsten Handschreibens vom 15. Mai theils zum wirklichen Abfall gebracht, theils aber nur auf die nichtssagendsten Kundgebungen Einzelner für desorganisirt ausgegeben und ohne irgend welche mit den legalen kirchlichen Obrigkeiten gepflogenen Unterhandlungen besondere Seniorate willkührlich angeordnet, sie mit Senioren, Inspectoren, Consenioren usw. bestellt, welche denn abermal Deputationen und Untersuchungscomissionen zu den legalen Senioren aussendeten und von denselben die Archive, Siegel usw. unter Drohungen und verschiedenen Unbilden oder Scheingründen aufforderten. Dies geschah insbesondere in Honth und Sohl und ist, wie mir der Neutraer Senior Joh[ann] Trokane, Pfarrer von Kostolná, berichtet auch dort bereits im Zuge.
Welche Plackereien und Verfolgungen man gegen einzelne Gemeinden durch immerfort sich wiederholende Beunruhigungen derselben mittelst Emissären, gegen einzelne Pfarrer durch Untersuchungscomissionen ausgeübt habe, damit will ich Euer Excellenz verschonen. Zum Beweise des Gesagten lege ich nur hier bei einen Bericht des nach maßlosen erduldeten Unbilden aus Überdruß der Schutzlosigkeit abgedankten Seniors von Honth, Andr[eas] Wengericzky, und einen zweiten des Pfarrers von Hodrics, Paul Hersko.
Euer Excellenz! Die so in Honth, Neutra und Sohl wiederrechtlich eingesetzten Senioralbeamten, sowie auch die Seniorate der nicht coordinirt gebliebenen Gemeinden verbreiten eifrigst die Meinung, dass nun die nach dem allerhöchsten Patente nichtcoordinirten oder von demselben abgefallenen Gemeinden und Seniorate in dem Bereiche der Comitate: Preßburg, Ober- und Unter-Neutra, Trenschin, Arva-Thurocz, Liptau, Sohl, Bars, Honth und Neograd nicht zu der Pressburger, sondern jene derselben in den Comitaten: Preßburg, Ober- und Unter-Neutra, Trenschin, Arva-Thurocz und Liptau selbst trotz der Erklärung Euer Excellenz vor den am 12. Juli in Preßburg zu einem willkührlich einberufenen Superintendentialconvente versammelten Männern, dass die Beschlüsse dieses Conventes keine Geltung haben würden – zu der früher bestandenen Superintendenz diesseits der Donau gehören, und dem auf demselben erwähnten Convente von Preßburg illegal gewählten Superintendenten Stromszky, Pfarrer von Preßburg, jene aber in den Comitaten Sohl, Bars, Honth und Neograd zu der sogenannten Montan-Superintendenz und demnach dem für diese bestellten Superintendenten Székaćs, Pfarrer in Pesth, unterstehen; wenngleich das allerhöchste Handschreiben vom 15. Mai letzten Jahres ausdrücklich als den allerhöchsten Befehl es hinstellt, dass die Preßburger Superintendenz – also der Verband der Gemeinden und Seniorate für diesen Superintendenzbezirk, wie er in dem allerhöchsten Patente vom 1. Sept. vorigen Jahres §§ XXVI, 2 abgegrenzt erscheint – nicht beirrt werden dürfe. Zum Beweise des hier von mir Behaupteten, lege ich hier sub die Abschrift eines dem gewesenen Superintendentialadministrator der Preßburger Superintendenz, Johann Chalupka, von dem Schriftführer des Neograder Seniorates zugesendeten Protocollauszuges des in Losoner am 24. Juni letzten Jahres abgehaltenen Conventes.
Ich bitte daher unterthänigst Euer Excellenz, nach meiner Pflicht, an die Herrn:
Zelenka Daniel, Senior und Pfarrer in Vanyarez im Neograder Comitate
Adam Mastisch, Consenior und Pfarrer in Devicse im Honther Comitate
Jos[ef] Kossány, Senior und Pfarrer in Kremnitz im Barscher Comitate
Paul Makónyi, Pfarrer in Altsohl im Sohler Comitate
Jos[ef] Plech, Senior und Pfarrer in St. Peter im Liptauer Comitate
Andr[eas] Belohorsky, Senior und Pfarrer in Tót-Próna [Tótpróna] im Thuróczer Comitate
Matth[ias] Szwaty, Senior und Pfarrer in Zay-Ugrócz im Trenschiner Comitate
Samuel Teszák, Pfarrer in Szenicz im Neutraer Comitate
Karl Hollerneg, Senior und Pfarrer in Modern [Modra] im Preßburger Comitate
Sam[uel] Stromsky, emer. Superintendent d. Z. Senior und Pfarrer in Preßburg
durch die politischen Behörden die Erklärung abgehen zu lassen, daß der Befehl Seiner Majestät, wie er in dem allerhöchsten Handschreiben vom 15. Mai ausgesprochen ist, aufrechterhalten werden, und die Sprengung des §§ XVI, 2 des allerhöchsten Patentes vom 1. Sept. vorigen Jahres abgegrenzten Superintendenz nicht geduldet werden würde, sondern alle evangelischen kirchlichen Vorstände A.C. des so abgegrenzten Preßburger Superintendentialsprengels sich in allen kirchlichen und kirchlich politischen Angelegenheiten nur an mich, als den für diese Superintendenz allerhöchst bestättigten Superintendenten amtlich zu wenden haben, alle ihre auf einem andern Wege an die k.k. politische Behörde gerichteten Angelegenheiten zurückgewiesen werden würden und alle kirchlichen Vorstände A.C. in den Comitaten: Preßburg, Neutra, Trenschin, Arva-Thúrócz, Liptau, Sohl, Barsch, Honth und Neográd unter persönlicher Verantwortung schuldig seien, die von mir an Sie abgehenden Zuschriften anzunehmen und darnach auch zu handeln.
Euer Excellenz! Diese Verordnung ist schlechterdings nothwendig, wenn das k. Wort, die allerhöchste Bestättigung meiner Person zum Superintendenten des Preßburger Superintendenzbezirkes vom 16. Juli letzten Jahres und das Majestätsrecht der Aufsicht bei den evangelischen A.C. Kirchengemeinden noch irgendwie Geltung finden und behalten, die kirchliche Leitung aber nicht in eine grenzenlose Verwirrung gerathen, sondern noch eine Möglichkeit gegeben werden soll, die ohnehin äußerst gefährdete Ordnung wieder herzustellen.
Ich bitte demnach nochmals dringend Euer Excellenz, meinen Worten gnädiges Gehör zu schenken, die erbetene Verordnung je eher zu erlassen und über deren stattgefundenen Erlass seiner Zeit durch deren Mittheilung mich in Kenntnis zu setzen. Der ich in tiefster Hochachtung verharre

Euer Excellenz

unterthänigster Diener
Karl Kuzmany
Superintendent

Neusohl, den 17. Aug. 1860