Ministerialsekretär Joseph Andreas Zimmermann äußert sich zur Frage der Organisation der evangelischen Kirchen und deren Schulen in Österreich. Das Hauptaugenmerk seiner Ausführung liegt auf der Situation in Ungarn. Aus seiner Sicht ist die Frage der Organisation der evangelischen Kirchen seit 1791 ungelöst und soll daher möglichst rasch in Angriff genommen werden, um Rechtssicherheit in diesem Bereich zu erhalten und einen Konfliktherd zu beseitigen. In der Folge geht er zunächst auf die Frage der Schulen ein und anschließend auf die Regelung der allgemeinen rechtlichen Stellung der evangelischen Kirchen und deren Organisation. Im Bezug auf die evangelischen Schulen stellt er fest, dass diese derzeit überwiegend ohne staatlichen Zugriff geführt würden. Dies müsse zuallererst geändert werden, weil es im Interesse des Staates liegen müsse, ein einheitliches Schulsystem mit einheitlicher Überwachung der Schulen im gesamten Reich zu errichten. Auch der Organisationsentwurf spreche diesen Grundsatz aus. Gleichzeitig soll allerdings sichergestellt werden, dass die evangelischen Kirchen ihren Einfluss auf die Schulen wahren können. Die Frage, wie dieser Einfluss geregelt werden soll, ist allerdings noch offen, auch weil diese mit der bisher nicht endgültig geklärten Frage der Verwaltung der evangelischen Kirchen zusammenhänge. Daher müsse aus Zimmermanns Sicht zunächst die Regelung der Organisation der Kirchen im Allgemeinen begonnen werden. Dabei sollten zwei Ziele angestrebt werden: einerseits solle die bisherige provisorische Ordnung durch eine definitive Regelung für das gesamte Reich ersetzt werden, andererseits müsse es das Ziel der Regierung sein, die Protestanten stärker an den Staat zu binden. Diese intensivere Bindung an den Staat soll jedoch derart erfolgen, dass die traditionellen Organisationsformen der Kirchen durch Senioren, Konvente und Synoden dennoch respektiert werden. Die Neuordnung soll nach Ansicht von Zimmermann durch Beratung mit Delegierten der verschiedenen Kirchen erfolgen. Er geht auch ausführlich darauf ein, wie diese Delegierten gewählt werden sollen und verweist dabei auf unterschiedliche gesetzliche Regelungen und Traditionen. Zimmermann empfiehlt schließlich auch die Schaffung eines Oberkirchenrates für das gesamte Reich, der als oberste kirchliche Aufsichts- und Gerichtsbehörde dienen soll.
Abgedruckt in: Franz Zimmermann, Die Leiturkunden für Neuordnung der evangelischen Kirche im Gesamtstaat Österreich, Hermannstadt 1925, S. 26–55.
Votum des Herrn Ministerialsekretärs Zimmermann zur kirchlichen Organisationsfrage der Evangelischen beider Bekenntnisse in Ungarn
428/m.c. 852 Praes. am 26. August 1852
Ref. Erinnerung
Zur kirchlichen
Organisationsfrage der Evangelischen beider Bekenntnisse in
Ungarn
Zwei Fragen sind es, welche gewöhnlich einerseits die Evangelischen beider
Bekenntnisse in Ungarn, andererseits die Regierung in hohem
Grade interessiren; es sind das die Fragen
A. der Schulorganisation
B.
der kirchlichen Organisation.
Die Behandlung und definitive Lösung beider
Fragen ist für die evangelische Kirche wie für den Staat von gleich hoher
Wichtigkeit. Beide Fragen stehen seit dem Jahr 1791 auf der Tagesordnung und
harren der Entscheidung.
Schon in dieser Thatsache allein würde, da die
Evangelischen in Ungarn an dritthalb Millionen Seelen zählen,
ein Motiv liegen, diese Fragen der Entscheidung zuzuführen, um dem schwankenden
Zustande ein Ende zu machen. Daher mögen beide Fragen nun Gegenstand der
Erwägung sein.
Votum
A. Schulorganisation
Nach dem 15. und 67. Artikel vom
Jahre 1791 sollte ein ganz Ungarn verbindliches
allgemeines Unterrichtsgesetz erlassen werden; der in der Frage der Autonomie so
oft angerufene 26. Artikel von 1791 schloß in seinen 5 Paragraphen die
Evangelischen in dieses allgemeine Unterrichtssystem („coordinatione tamen
literariae institutionis erga demissam Statuum et Ordinum propositionem per Suam
Majestatem determinando ad has perinde scholas etc. extendenda“) ausdrücklich
ein, mit Ausnahme blos der mit der Religion zusammenhängenden Lehrgegenstände
(„huc tamen haud intellectis Religionis objectis, quae cuivis Religioni propria
manere debent“).
Es erfolgte, freilich nicht auf dem durch das angeführte
Gesetz Artikel 15 1791 bezeichneten Wege, endlich die im Jahre 1806 gedruckte
„ratio educationis publicae totiusque rei literariae per Regnum Hungariae et
Provincias eidem adnexas“1 und sollte nach der
Allerhöchsten Entschließung Kaiser Franz
(Vorrede S. XIII: „Evangelici autem Augustanae et Helveticae Confessioni addicti
in iis, quae pure sunt Litteraria, studiorum argumentis huic
Normae se se conformare debeant“) auch auf die Evangelischen ausgedehnt werden.
Sowohl eine vom Kaiser Leopold im Jahre
1791 an die damals in Pesth und
Ofen versammelten zwei evangelischen Synoden
erlassene Allerhöchste Resolution, als auch spätere Allerhöchste Resolutionen
des Kaiser Franz halten unwandelbar an dem
Grundsatze fest, daß die Evangelischen in der Schulorganisationsfrage eine
bevorrechtete Stellung nicht einnehmen können, sondern sich dem allgemein
verbindlichen Unterrichtssysteme, mit Ausnahme der religionis objecta, fügen
müßten. Diese Resolutionen sind aber nie vollzogen worden und es ist eine
unbestreitbare historische Thatsache, daß die volles Öffentlichkeitsrecht
genießenden evangelischen Schulanstalten hinsichtlich ihrer innern Einrichtung
jedem normirenden Einfluße der Staatsgewalt entrückt geblieben sind. Außer
andern mitwirkenden Ursachen (Stände, Hofstudiencommission und der letztern
Zusammensetzung und Stellung zu den nach Artikel 10 und 14 von 1791
ausschließlich competenten ungarischen Dicasterien) mag diese Erscheinung
großentheils ihre Erklärung auch in der unläugbaren Thatsache finden, daß die
Regierung für die Protestanten gar nichts that, gegen sie aber zu Maaßregeln (z.
B. das Verbot des Besuches der deutschen Universitäten usw.) schritt, welche sie
selbst zurückzunehmen sich genöthigt sah.
Worin aber auch immer die
bisherige gänzliche Unabhängigkeit des evangelischen Schulwesens in Ungarn von jeglichem normirenden Einfluße der
Staatsgewalt ihre Erklärung finden mag, so stehet unläugbar fest, daß der Staat
nicht nur keine Schule, deren Richtung sich mit den Lebensbedingungen seines
Bestandes in Opposition setzt, dulden könne, sondern daß das einige Kaiserreich
vielmehr unbedingt fordern müsse, daß jede Schule außer der entsprechenden
Wissenschaftlichkeit ihre Zöglinge auch in einer positiv staatsfreundlichen
Richtung erziehe. Kein Staat, welcher ein lebendiger Organismus sein will, kann
sich in der nachwachsenden Generation Gegner erziehen; es hieße sonst, sich
selbst unausgesetzt bekämpfen. Daher können auch die Evangelischen dem von dem
Staate ausgehenden allgemeinen Unterrichtssysteme gegenüber nicht das Monopol
einer ausnahmsweise bevorrechteten Stellung ansprechen; was dieselben dagegen zu
fordern ein Recht haben, ist: daß in denselben evangelischen Schulen, welche die
nachwachsenden Bürger zur Treue gegen den Staat erziehen, die evangelischen
Zöglinge nicht in ihrer Treue gegen ihre Kirche wankend gemacht werden. Diese Forderung ist aber durch die
Schulorganisationsvorschriften der kaiserlichen Regierung bereits gewährt, denn
die Evangelischen haben das Recht Ober- und Untergymnasien zu errichten, der
Religionsunterricht steht unter der Kirche, wie denn auch „zur Hintanhaltung
unmotivirter Besorgnisse“ im Erlaße vom 18. Sept. 1851, Zahl 5321 1851,
ausdrücklich erklärt wird, „daß die Regierung keinesweges die Absicht habe,
ihren negativen Einfluß auf die Wahl namentlich der Lehrbücher für Geschichte an
protestantischen Lehranstalten in einer der dogmatischen Lehrfreiheit und
confessionellen Anschauungsweise der Protestanten, besonders
hinsichtlich der Reformation, widersprechenden Weise in Ausübung zu
bringen“. In den Organisationsvorschriften der Regierung liegt also kein Grund
zu Besorgnissen für ihre confessionelle Fortbildung, kein Grund stark genug, um
die Ablehnung der bezüglichen Organisationsvorschriften vom
confessionellen Standpunkte aus motiviren zu können. Hat doch die aus
lauter Protestanten bestandene sächsische Nationsuniversität
(Nationalversammlung) in Siebenbürgen in
ihrer zu Schulzwecken gemachten Stiftungsurkunde vom 22. August 1850 es zu einer
Bedingung gemacht, daß die Einrichtung der Gymnasien „mit der Einrichtung der
Gymnasien im Erzherzogthum Oesterreich unter der
Enns übereinstimmen muß“ und gesteht doch auch der Preßburger Localconvent, „daß der zu
Zay Ugrotz ausgearbeitete und durch den
Generalconvent bestätigte Organisationsplan im Wesentlichen
mit dem durch die hohe Regierung für öffentliche Lehranstalten vorgeschriebenen
Organisationsentwurf übereinstimme“.2Vom wissenschaftlichen
Standpunkte aus haben die Evangelischen den Organisationsvorschriften der
Regierung keine Einwendungen entgegengestellt. Die so oft stattgefundene
Anrufung des 26. Artikels von 1791 und daraus gefolgerte Incompetenz des
Unterrichtsministeriums bekundet also – den Prämissen gemäß – ein
Festhalten an dem überwundenen Standpunkte eines Staatsrechtes, welches – zum
Theile durch die Mitwirkung der Evangelischen – in den jüngsten Wirren zu Grabe
getragen worden ist; andrerseits erklärt sich die organisatorische
Unfruchtbarkeit der während der zwei letzten Jahre von der kaiserlichen
Regierung zum Zwecke der Schulreform zugestandenen Localsenioral- und
Districtualconvente, welche alle in der alten Zusammensetzung
abgehalten worden sind, durch das numerische Übergewicht weniger kirchlich,
dagegen mehr oppositionell gesinnten Elemente. In dieser Hinsicht kann zum
Theile nur die kirchliche Organisation Abhilfe bringen, indem
sie die mehr kirchlich gesinnten Elemente zur Geltung bringt.
Ein weiteres
Hindernis liegt in dem Glauben, daß dem gegenwärtigen Systeme der unbeugsame
Ernst des Bestandes und der Ausdauer abgehe. Diesem Irrthum kann in der Sphäre
des Unterrichtswesens wirksam nur dadurch begegnet werden, wenn alle Zweifler,
Anhänger und Gegner durch eine schlagende That davon überzeugt werden, daß das
Gesetz über den Privatunterricht (Reichsgesetzblatt von 1850, Nr. 309) vom 27.
Juni 18503 in der That „wirksam für sämmtliche Kronländer der Monarchie“ unbedingt und ausnahmslos
durchgeführt werden müßte. Die Opportunität des Momentes für den Erlaß einer in
der Weise wirksamen Maaßregel dürfte von dem Stadium, in welches die kirchliche
Organisationsfrage treten wird, abhängig sein.
Ein weiteres Hindernis
(dieses hat auch der Superintendentialconvent der Bergsuperintendenz in seinem
Bittgesuche an Seine kaiserliche Hoheit Erzherzog Albrecht de dato 14. November 1851 anerkannt)4 für die Durchführung der Schulreform liegt in der
gegenwärtigen Abgrenzung der durch Kaiser Karl
VI. im Jahre 1734 octroyirten vier Superintendentialsprengel. Die
gegenwärtige Eintheilung, nach welcher eine Superintendenz sich über drei Kronländer, ein Seniorat über mehrere Gespanschaften
erstreckt, bietet große Schwierigkeiten der Durchführung der Schulreform
a.
weil das Gebiet der Staatsschulbehörde (der Schuldistrikt) mit dem
Superintendentialsprengel nicht zusammenfällt; so untersteht – um nur das eine
Beispiel der in der Bergsuperintendenz A. C. befindlichen Schulen anzuführen –
das Lyceum in Schemnitz [Banská Štiavnica] der Preßburger Schulbehörde, das Gymnasium in
Pesth der Pesther Districtsschulbehörde, das Gymnasium in
Szarvas der Großwardeiner [Oradea] Schulbehörde, das Gymnasium in
Uj-Verbász unter der Schulbehörde der Woiwodina in Temeschwar [Timişoara].
b. weil – in Ermangelung der
nöthigen Stiftungsfonde – die Einhebung einer vom Superintendentialconvente
beschloßenen und von der Regierung genehmigten Schulsteuer mit vielen
Weitläufigkeiten und großen Schwierigkeiten verbunden ist, welche größtentheils wegfielen, wenn die Superintendenz nur so viele Comitate
umfaßte, als unter einem Districtsobergespane stehen.
c. weil in der
gegenwärtigen Eintheilung mit ein Erklärungsgrund liegt für das Beibehalten
mehrerer Lehranstalten mit einem theologischen Cursus und sofort ein Hindernis
für die Commassirung mehrerer in eine einzige tüchtige. Hieraus, so wie aus dem
Umstande, daß die Superintendenten wandernde Amtssitze haben, erklärt
sich
d. ein weiteres Hindernis für die Durchführung der Gymnasialreform,
welches in der Schwierigkeit, das Gymnasium von dem bisher damit verbundenen
theologischen Curse zu trennen, liegt und zwar deshalb liegt, weil sich der
Satz, daß der theologische Unterricht unmittelbar unter der Kirche stehe, nicht
leicht durchführen läßt; denn wie soll z. B. der in
Komorn (also im Preßburger [Bratislava] Militärdistricte) gegenwärtig wohnende
reformierte Superintendent Nagy die
theologischen Studien an der Lehranstalt in Pápa
(Ödenburger [Sopron]
Militärdistrictes) inspiziren? Kann er der Regierung aus auf eigener Beobachtung
gegründeter Überzeugung irgendwelche beruhigende Versicherung geben hinsichtlich
der Richtung, in welcher die künftigen Dorfgeistlichen und Volksschullehrer in
Pápa erzogen werden. In diesem Zusammenhange mögen
hier noch einige Daten zur gegenwärtigen Eintheilung der Superintendenzen
erwähnt werden. Die evangelische Superintendenz helvetischen Bekenntnisses an
der Donau hat 316.684 Seelen5, die evangelische Superintendenz helvetischen
Bekenntnisses jenseits der Theiß hat 736.559 Seelen6. Die erstere
hat acht Seniorate und befindet sich ausgebreitet in den drei
Regierungsdistrikten von Pest, Ödenburg, Preßburg, dann
in der Woiwodina und endlich in
Slavonien. Die zweite hat dreizehn
Seniorate und liegt ausgebreitet in den drei Regierungsdistricten von
Pest, Groß-Wardein und Kaschau [Košice], dann
in der Woiwodina und in der
Miltärgränze. Wenn diese Superintendenz lediglich sich auf die Comitate des
Groß-Wardeiner
Regierungsdistrictes erstrecken sollte, so würde sie blos 526.924 Seelen in sich
fassen und die übrigen 210.000 können auf andere Superintendenzen, welche durch
diesen Zuwachs die Größe dieser doch nicht erreichen würden.
Diesem
Hindernisse, welches für die Schulreform vom Standpunkte des Staates wie der
Kirche in der totalen Verschiedenheit der Kirchensprengel von den politischen
Verwaltungsgebieten liegt, ein Ende zu machen, ist die Regierung berufen und
berechtigt; Haynaus Verordnung vom 10.
Febr. 1850 sagt im 8. Punkte „eine zweckmäßigere Abgränzung der bisherigen vier
Bezirke der Superintendenten mit Rücksicht auf die dermalige militärisch
administrative Eintheilung des Landes und die Bestimmung der Amtsorte für die
zeitlichen Administratoren ist ein Gegenstand der ersten und dringendsten
Erwägung“. (Landesgesetz- und Regierungsblatt für Ungarn von
1850).
Die Abgränzung der Superintendentialsprengel ist nicht eine
dogmatische oder liturgische, sie ist eine rein administrative Frage, deren
Entscheidung von Verwaltungsrücksichten abhängt. Daher ist sich weder die Anzahl
der Superintendenzen, noch der Umfang derselben gleich geblieben. Es haben
dieses auch die Evangelischen selbst thatsächlich anerkannt. Die in Folge des
Baron Haynauischen Erlaßes vom
damaligen k.k. bevollmächtigten Civilcommissär für Ungarn gepflogenen
Verhandlungen liegen vor, nebst den von Baron
Geringer und General Mayerhofer gestellten Anträgen unter Zahl 5/m.c. 1851.
Das erheblichste Bedenken gegen den Vorschlag, die Superintendenzen nach den 5
Militärdistricten abzugränzen besteht in der Einwendung, daß diese Maaßregel nur
und am wirksamsten auf einer allgemeinen Synode durchgeführt werden könne; die
Einwendung entbehrt eines rechtlichen Grundes, indem das Gesetz von 1791 blos
das Recht auf Abhaltung von Synoden garantirt, die Frage über ihren
Geschäftskreis usw. seit 1791 aber noch immer eine offene ist, weil die von
diesem Gesetze geforderte kaiserliche Bestätigung des von der 1791er Synode
gemachten Organisirungsvorschlages noch immer Gegenstand der Verhandlung ist;
diese Einwendung erklärt sich durch das Streben, die
Abhaltung einer allgemeinen Synode der Evangelischen herbeizuführen und in
diesem Wege der bezüglichen Gesetzesstelle durch einen neuen Fall mehr die
gewünschte Geltung zu verschaffen. Eines historischen Grundes entbehrt sie
gleichfalls, da die gegenwärtige Eintheilung sich auf eine Verfügung Kaiser Carls VI. vom October 1734 gründet, indem
dieser die fünfte Superintendenz aufhob. Die einzige erhebliche Einwendung ist
eine ganz allgemeine gehaltene Hinweisung auf Stiftungen, jedoch durch keine
Spezialität bewiesen, obwohl es den Betreffenden nicht entgangen sein kann, daß
diese Einwendung sich doch hören lasse. Der 26. Artikel vom Jahre 1791 sagt
nämlich im 10. Punkte „ut hae fundationes ad mentem
fundatorum administrentur ac dispensentur“; hiemit steht der 23. Artikel in
Verbindung „Majestas Sacratissima etc. cujuscunque nominis ad mentem fundatorum
administrari faciet“. In derselben Textirung drückt sich auch die
siebenbürgische Gesetzgebung hinsichtlich der Stiftungen aus im Artikel 54 von
1791 „ad mentem ac intentionem fundatorum“. Die etwaigen,
obwohl nicht nachgewiesenen Stiftungen können zur
Perpetuirung der gegenwärtigen Eintheilung als Rechtsgrund nicht gelten, weil
das System der Stiftungen die Evangelischen A. C. im Jahre 1610 nicht hinderte,
zehn Comitate unter drei Superintendenten zu theilen und schon im Jahre 1614
blos in dem Zipser und Scharoscher [Sáros] Comitate (welche unter den zehn
Comitaten von 1610 nicht mitbegriffen waren) aus dem Grunde „cum duorum istorum
Comitatuum ac Liberarum in eis Civitatum tanta sit amplitudo ut unus
Superintendens minime sufficiens esse videatur“, noch zwei Superintendenturen zu
creiren, so daß es nun fünf Superintendenturen A. C. gab und später die übrigen
Comitate in die Superintendenturen einzubeziehen, obwohl für die alten Comitate
bereits Stiftungen vorhanden waren. Das System der Stiftungen ist bei den
Evangelischen helvetischen Bekenntnisses kein Hindernis gewesen, die einst unter
dem siebenbürgischen Superintendenten gestandenen ungarländischen Kirchen den
Superintendenten diesseits und jenseits der Theiß zuzuwenden. Der ungarische
Gesetzgeber sagt „ad mentem fundatorum“ und gibt damit der
betreffenden Kirche blos die Garantie, daß ihre Stiftungen nicht zu ihr fremden
Zwecken verwendet werden; auf keinen Fall entäußert sich aber die bürgerliche
Gesetzgebung, mit der Übernahme der Schutzpflicht für Stiftungen, des Rechtes,
jene organisatorischen Vorschriften zu erlassen, welche ihr als
Staatsnothwendigkeit erscheinen. Diese Auffassung des Gesetzes erklärt es, daß
in Ungarn z. B. im Jahre 1804 die Erlauer bischöfliche Diöcese in drei, im Jahre 1816 die
Munkatscher [Mukatschewe] in zwei zerlegt worden ist, daß
die Stiftung des Fünfkirchener Bischofs
Szepesy für die Academie in Fünfkirchen unter dem 27. August 1835 mit dem Beisatze
genehmigt ist „salvis item et praeexistentibus, et quas in futurum defigere
nobis visum foret, in re literaria altissimis dispositionibus nostris“. Aus dem
Gesetze, daß die Stiftungen ad mentem fundatorum zu behandeln seien, läßt sich
nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß die Staatsgewalt ihr Recht, eine neue
Organisation des Unterrichtswesens zu erlassen, aufgegeben habe mit der
Übernahme der Verpflichtung, die bestehenden Schulstiftungen zu schützen; es
genügt, sich blos die Einrichtung des Gymnasial- und juridischen Studiums in
Ungarn und Siebenbürgen zu vergegenwärtigen und sich zu erinnern, daß z. B.
an den reformirten Collegien in M[aros] Vásárhely
[Marosvásárhely, Târgu Mureş] und Clausenburg [Cluj-Napoca] die Rechtsacademie
aus einem 2jährigen Curse mit einem einzigen Professor
bestand, daß im Jahre 1847 an dem unitarischen Collegium in Clausenburg eine Rechtsacademie in gleicher
Weise ins Leben trat, indem ein Glied der unitarischen Kirche die Stiftung zu
diesem Zwecke dergestalt gemacht hatte, daß ein anzustellender Professor juris
binnen eines zweijährigen Curses den ganzen rechtswissenschaftlichen Unterricht
zu besorgen habe.
Ein weiteres Hindernis liegt in dem Mangel an den nöthigen
Fonden. Es hat zwar das Unterrichtsministerium in seiner Verordnung vom 9. October 1849
in seine „Grundsätze für die provisorische Organisation des Unterrichtswesens in
dem Kronlande Ungarn“ (Sammlung der für
Ungarn erlassenen etc. Manifeste, Kundmachungen etc.,
Seite 224–231)7 in § 14 auch den Fall
der Dotirung einer protestantischen Lehranstalt aus Staatsmitteln aufgenommen
und es ist bereits der Localconvent in Leutschau [Levoča]
um die Errichtung eines vollständigen evangelischen Obergymnasiums aus
Staatsmitteln bei dem Unterrichtsministerium bittlich eingeschritten. Allein, es dürfte
dieser Punkt der Natur der Sache nach erst dann Gegenstand ernster Erwägung und
sofortiger Schlußfaßung sein können, wenn nach Beseitigung der andern
Hindernisse sich herausstellt, daß die Kirche das Schulbedürfnis nicht
befriedigen könne und daß die Mitwirkung oder gar selbstständige Errichtung von
protestantischen Schulen durch den Staat eine unabweisliche Nothwendigkeit
sei.
Aus der vorausgelassenen Erörterung würde sich also in Erwägung dessen,
daß
a. wenn die evangelische Kirche confessionelle Gymnasien haben
soll,
b. wenn der theologische Unterricht für die künftigen Dorfgeistlichen
und Dorfschullehrer unter der Kirche stehen soll,
die Nothwendigkeit einer
vorauszuschickenden Organisation der Kirche ergeben, denn
die Kirche als Gesellschaft kann ohne allseitig anerkannte
Organisation (Gesellschaftsverfassung) weder Schulen organisiren, noch leiten
und überwachen; die bisherige Organisation der Kirche ist durch Baron Haynau’s Erlaß vom 10. Feb. 1850
aufgehoben.
Es kommt somit zu erörtern:
B. die Frage der kirchlichen Organisation
Der 4. Paragraph
des 26. Artikels vom Jahre 1791 hatte als Grundsätze ausgesprochen:
a. „Evangelici utriusque Confessionis in iis, quae ad Religionem
pertinent, unice a Religionis suae Superioribus dependeant;
ut autem haec gradualis in re Religionis Superioritas suo
certo ordine consistat, reservat sibi Sua Majestas etc. intacta caeteroquin
Religionis libertate eum stabilire ordinem, qui communi virorum ejusdem
Religionis, tam secularium, quam Religionis Ministrorum consensione maxime
congruus reputabitur. Hinc Sua Majestas Caesareo Regia, pro
suprema inspectionis sibi competentis potestate, Evangelicos
utriusque Confessionis ulterius audiet, atque
una curabit, ut hac in re certus, principiisque ipsorum religionis ac
commodatus ordo constabiliatur.“
Zur Ausführung dieses Gesetzes
wurde die Abhaltung einer Generalsynode für die Evangelischen A. C. in
Pesth, für die Evangelischen H. C. in
Ofen von Kaiser
Leopold mittelst Allerhöchster Resolution im Jahr 1791 gestattet
und diese Allerhöchste Entschließung nebst der vom Kaiser für die allerhöchst
ernannten Commissarien, Grafen Jos[eph] Brunszvik und Paul Almaßy [Almásy], genehmigten Instruction
durch Rescript vom 4. August 1791 der Statthalterei mitgetheilt.8 Die Synoden wurden im September und October 1791
abgehalten; die Statthalterei erstattete unter dem 11. Februar 1792 ihren
gutächtlichen Bericht über die Seiner
Majestät bereits unterlegten Synodalbeschlüsse, welche nun
Gegenstand der Dicasterialverhandlung in Wien wurden und
seit der Zeit geblieben sind, ohne daß die allerhöchste
Entscheidung erfolgt wäre.
Die Kanzlei hat Vorträge erstattet, die
Erledigung erfolgte nicht; nach langer Unterbrechung wurde die Angelegenheit
wieder aufgenommen, es wurden vom ungarischen Kanzleipräsidium einzelnen
Evangelischen beider Bekenntnisse Gutachten abverlangt9, die Stände machten
auf dem 1825–27er ungarischen Landtage Gravamen aus der Verzögerung,
allerhöchste urgirende Handschreiben erfolgten und es schien, es werde nun die
definitive Erledigung erfolgen. Der ungarische Hofkanzler, Graf Anton Mailáth, erstattete am 27.
December 1840 einen Präsidialvortrag mit dem beigefügten Gutachten, daß in
Anbetracht der bedauerlichen Aufregung, welche Religionsfragen über das ganze
Land verbreiten, dieser ganze Gegenstand vor der Hand am füglichsten auf sich zu
beruhen hätte.10 Dieses Einrathen wurde mit Allerhöchster
Entschließung vom 22. März 1841 genehmigt und dem Grafen Mailáth aufgetragen, den geeigneten Zeitpunkt der weitern
Verhandlung dieser Angelegenheit wahrzunehmen und sodann die wohlbegründeten
Anträge zu erstatten.
Die Sache ruhete nun, bis einerseits eine Beschwerde
des Vertesallyaer Seniorates gegen eine Superintendentenwahl, andrerseits die
Nachricht, daß der Generalconvent A. C. eine Deputation mit der Ausarbeitung
einer kirchlichen Organisation beauftragt habe, neuen Impuls gaben. Durch
Allerhöchstes Handschreiben an den Grafen
Mailáth vom 4. October 1845 wurde über die 1791er
Synodalbeschlüsse und Organisationsprojekte abermals Bericht abverlangt; die
ungarische Hofkanzlei erstattet Bericht unter dem 16. October 1845, Hofzahl
16.098 1845, und ist der Meinung, es solle auf einem neuen Generalconvente der Gegenstand abermals berathen werden. Der Antrag
der Kanzlei wurde Allerhöchsten Orts nicht genehmigt, sondern es wurden mittelst
Allerhöchsten Handschreibens vom 6. Februar 1846 sämmtliche, diese
Angelegenheit betreffenden Akten dem ungarischen Grafen Anton Mailáth in der Absicht
übergeben, „damit Sie mit Rücksicht auf Mein Kabinettschreiben vom 12. Dezember
1840 und auf Meine Entschließung vom 22. März 1841 auf Ihren Vortrag vom 27.
December 1840 Mir das in diesen Meinen Weisungen verlangte Gutachten
erstatten.“11
Diese Akten konnte Referent sich nicht
verschaffen.
Während die Frage der Allerhöchsten Entscheidung über
die 1791er Synodalbeschlüsse Gegenstand der Dicasterialverhandlung war, gaben
sich die Evangelischen beider Bekenntnisse alle Mühe, die Angelegenheit zu
beschleunigen und die Erledigung zu betreiben. Sie sprachen sich noch in einer
im April 1817 Seiner Majestät eingereichten Darstellung ihres Zustandes über den
fraglichen Punkt der kirchlichen Organisation mit theilweiser Bitterkeit also
aus:12
„Schon im Jahre 1791 wurden in Gemäßheit des damaligen
Landtagsbeschlußes, mit Genehmigung Kaiser Leopolds
II. unter Aufsicht eines königlichen Commissärs, von den
Protestanten beyder Confessionen in Ungarn öffentliche
Synoden gehalten, deren Acten Seiner
Majestät zur Allerhöchsten Sanctionirung unterthänigst vorgelegt
wurden. Allein die königliche Bestätigung erfolgte noch bis diesen Augenblick
nicht, ungeachtet unserer oft wiederholten Bitten, ungeachtet mehrerer deshalb
besonders in den Jahren 1792, 1796 und 1801 eingereichten dringenden Suppliken.
Diese von uns schon oft beseufzete Verzögerung einer Consistorialverfassung ist
das Werk des ungarischen Clerus und seiner Anhänger, deren Absicht nur dahin
geht, daß aus Mangel einer wirksamen, durch das Ansehen der Regierung
unterstützten Aufsicht und zusammenhängenden Ordnung unsere
Kirchenangelegenheiten in Verwirrung gerathen und in unseren Gemeinden
Unordnungen entstehen sollen, die man immer dazu benützt, uns bey der Regierung
als unruhige, gefährliche Menschen anzuklagen. Auch können der Clerus und seine
Freunde uns in allen einzelnen Fällen viel leichter beunruhigen und drücken,
wenn keine festorganisirte, graduelle kirchliche Superiorität vorhanden ist, die
den Bedrängten schützen und bei der Regierung gehörig vertreten kann.
Aus
diesem schwankenden, unruhigen und für die Regierung so wie für die Protestanten
gleich nachtheiligen Zustande wird sich Ungarn so lange nicht
erheben, bis nicht der übermächtige Einfluß des Clerus auf unsere kirchlichen
Angelegenheiten aufgehoben und die durch das Gesetz bestimmten Gränzen überall
getreu beobachtet werden.“
Im Jahre 1820 erneuern die Evangelischen ihre
Klagen, erhalten aber in Folge Allerhöchster Entschließung vom 2. November 1820
von der ungarischen Hofkanzlei unter dem 3. November 1820, Hofzahl 13.455 1820,
den Bescheid: „In Hinsicht sowohl der angeführten Beschwerden, als der die
Synodalakten haben Bittsteller die Allerhöchste Entschließung
abzuwarten.“
Im Jahre 1825 unter dem 25. März reichen die Evangelischen
beider Bekenntnisse Seiner Majestät
abermals eine Gesuch ein – wie das Rubrum besaget: „um allergnädigsten Befehle,
daß die Angelegenheiten der Evangelischen in Ungarn
sammt ihren Synodalacten bis zur allhöchsten Zurückkunft aus
Italien gänzlich vorbereitet und zur allergnädigsten
Entscheidung vorgelegt werden mögen“13. Dieses Gesuch kam
mittelst Handschreiben vom 8. Juni 1829 an den ungarischen Hofkanzler Grafen
Adam Revićzky [Reviczky], welcher unter
der Präs. Zahl 48. 1829 in Folge Allerhöchsten Handschreibens vom 15. Januar
1829 die Frage der Synodaloperate einigen Protestanten, jedoch blos weltlichen
Standes, zur Begutachtung vorgelegt hatte.
Seit dieser letzten Bittschrift,
de dato 25. März 1825, scheinen die Evangelischen keine Bittschrift mehr in
Sache der 1791er Synodalbeschlüsse eingereicht zu haben.
b. „interea vero
statuitur, ut Canones circa Religionem per Synodos suarum
Confessionum suo modo conditi, in quorum nempe actuali usu
consistunt et deinceps ratione per hanc legem definita condendi, neque
per Dicasterialia Mandata, nec per Regias Resolutiones possint alterari.
c.
Liberam proinde illis futuram non modo Consistoriorum (so
heißen bei den Reformirten die Convente) quorumvis celebrationem,
sed et Synodorum, praevie tamen tam quoad numerum personarum ad illas
concurrentium, quam etiam objecta ibidem pertractanda per Suam Majestatem
Regio-Apostolicam de casu ad casum determinandam, ad locum,
quem ipsi praevio Altefatae Suae Majestatis adsensu
delegerint, convocationem, ita tamen, ut ad has Superintendentiarum Evangelicorum unius, aut alterius
Confessionis Synodos praevie, ut dictum, Suae Majestati insinuandas, si
Altefatae Suae Majestati ita visum fuerit, Regium quoque hominem sine Religionis discrimine, non quidem pro directione aut praesidio, sed solum pro
inspectione admittere teneantur, Canonesque et statuta talifer condita,
non nisi postquam superinspectionem Regiam transiverint et approbationem obtinuerint, robur sortiantur
firmitatis.“
Nach diesem Gesetze hatten die Evangelischen
auf ihren Conventen (Consistorien) laufende Verwaltungsgeschäfte zu besorgen,
kirchliche Gesetzesvorschriften aber blos auf Synoden das Recht festzustellen,
mit der Verpflichtung, sowohl die Erlaubnis zur Abhaltung etc. der Synoden, als
auch die Bestätigung der gefaßten Beschlüsse anzusuchen. Da jedoch die
Allerhöchste Entscheidung über die 1791er Synodalbeschlüsse nicht erfolgte, so
begannen sie nach und nach diese Beschlüsse in die Praxis einzuführen und das
Recht, kirchliche Gesetzesnormen festzustellen, anstatt auf Synoden, nun auf den
Conventen auszuüben, deren Abhaltung an eine vorher einzuholende Erlaubnis durch das Gesetz nicht gebunden war. Ja, die Evangelischen
hielten sogar, mit Überschreitung des 26. Artikels, einen oder gemischten Generalconvent; dessen Idee gleichfalls erst in den
Synodalbeschlüssen vom Jahre 1791 erscheint. Es muß endlich dieses
Selbstregiment höchsten Orts zur Sprache gekommen sein, denn unter Hofzahl
11.143. 1816 findet sich ein Allerhöchstes Handschreiben vom 3. September 1816,
welches nach Berufung auf den vierten Paragraphen des 26. Artikels 1791 sagt:
„wie Ich vernehme, werden diese Vorschriften ganz umgangen und von den
Protestanten statt der Synoden theils alljährlich und theils mehrmal des Jahres
ohne aller vorläufigen Anzeige und Beiziehung eines k. Commissärs Districtual-
und Generalconvente gehalten, welche im Grunde nichts anders als Synoden sind“
und beauftragt sofort die ungarische Hofkanzlei „in einem eigenen Vortrage die
reif erwogenen Maaßregeln vorzuschlagen, welche diesfalls zu treffen wären.“
Infolge des von der Kanzlei unter dem 6. September 1816, Zahl 11.143, erlassenen
Hofdecretes unterlegt die Statthalterei mittelst Berichtes vom 31. März
181714 die Erklärungen der in dieser Angelegenheit vernommenen
Superintendenzen (leider sind diese Akten, 37 Stück, nicht im
Hofkanzleiarchive), spricht sich für die Zuläßigkeit der Abhaltung der
Generalconvente aus und glaubt, zur Aufrechthaltung des jus supremae
inspectionis genüge die Einsendung der Protokolle. Die ungarische Hofkanzlei
erstattet Seiner Majestät einen
allerunterthänigsten Vortrag, über welchen die Allerhöchste Entschließung am 18.
August 1817 erfolgte: „Opinionem Cancellariae in omnibus punctis ratihabeo; in
cujus conformitate congrui ordines sua via dimittendi erunt" (aus dem
Referatsbogen, denn der Vortrag nebst der Originalresolution fehlen). Das in
Folge dessen am 22. August 1817 an die ungarische Statthalterei unter der
Hofzahl 10.367. 1817 erlassene Hofdecret sagt: „Suam Majestatem Sacratissimam
clementer praecipere dignatam esse; ut de tempore in tempus Protocolla
Superintendentiarum et Conventuum altissimae Inspectioni medio Consilii L. R.
substernantur, Conventus vero mixti Pestini celebrari sueti
usque subsecuturam quoad Synodos b. Resolutionem Regiam cessent, et ab exmissione Commissariorum ad Conventus,
insinuatione etiam eorundem celebrationis, materiarum denique et numeri
Deputatorum designatione proscindatur.“
Die Generalconvente hatten
also die Allerhöchste Billigung erhalten, blos der vereinigte
Generalconvent aller acht Superintendenzen war verboten; gegen dieses
Verbot wurde vom Superintendentialconsistorium helvetischer Confession jenseits
der Donau15, dann von der
evangelischen Superintendenz A. C. jenseits der Donau remonstrirt und um
ungehinderte Abhaltung vereinigter Generalconvente gebeten.16 Auf den von der ungarischen Hofkanzlei erstatteten Vortrag
erfolgte unter dem 10. December 1820 folgende Allerhöchste Entschließung: „Circa
admittendam mixtorum Conventuum celebrationem Resolutioni Meae ad propositionem
Cancellariae de dato 6. Iunii 1817 substratam elargitae porro quoque inhaereo
quoad Synodalia Acta sequetur Resolutio Mea“ (aus dem Referatsbogen unter Z.
14.927 1820). Somit waren denn die Generalconvente – nämlich einmal der
Evangelischen A. C., dann der Evangelischen H. C. – als zu Recht bestehende
Organe anerkannt, ihre Protocolle sind der Kanzlei einigemal mittelst
allerunterthänigster Vorträge auch Seiner
Majestät unterlegt worden; es sind den Generalconventen in Folge
Allerhöchster Entschließungen Aufträge zugekommen.
In dieselbe Zeit fällt
eine aus der helvetischen Superintendenz jenseits der Theiß (Ende 1818) geführte
Klage über Präponderanz der Laien, über Einführung der 1791er Synodalbeschlüsse
auf factischem Wege; sie endigte über Vortrag der Kanzlei und Bericht der
Statthalterei mit gänzlicher Niederlage der klagenden Geistlichkeit, wie aus den
unter 1631/8 1852 Cult. Ev. erliegenden Akten hervorgeht. Wird mit den Prämissen
noch die Thatsache in Verbindung gebracht, daß es Laien waren, welche die
Verzögerung der Entscheidung über die 1791er Synodalakten auf dem 1825–27er
Landtage als Beschwerde vorbrachten, daß blos Laien im Jahre 1829 von dem
ungarischen Hofkanzler über die evangelische kirchliche Organisationsfrage
consultirt wurden, daß Laien auf den Comitatsversammlungen und auf den Landtagen
den 26. Artikel von 1791 gegen Angriffe vertheidigten, daß die Geistlichkeit in
einer gedrückten Stellung sich befand, so wird es einleuchten, daß die
Generalconvente dem in ihnen vorherrschenden Geiste und
Hauptzwecke noch mehr eine politische Versammlung werden mußten, zumal nachdem
die über Willkürlichkeiten des Generalconventes und des Generalinspectors
Grafen Zay klagenden
slovakischen Geistlichen mit ihren Klagen durchgefallen waren. Es kann daher
nicht überraschen, wenn man in der Denkschrift zu Baron Haynaus Verordnung vom 10. Feb. 185017 liest: „Von dieser Zeit
an herrscht in der evangelischen Kirche Ungarns
fortwährender Hader und Zwiespalt und die Berichte, welche geachtete Stimmen
ohne Unterschied der Confession von diesen Zuständen abgeben, müssen den
Staatsmann und Moralisten mit dem tiefsten Bedauern erfüllen. Die weltlichen
Glieder der Kirchenverwaltung, zumeist der Opposition angehörig und wenig
bekümmert um religiöse Angelegenheiten, benützten ihre Stellung lediglich zu
politischen Zwecken. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Magyarisirung des Volkes
und in der Entfremdung von der Regierung. Zur Erreichung dieser Zwecke wurden
die gewaltsamsten Mittel in Anwendung gebracht und jeder Widerstand durch
terroristische Maaßregeln unterdrückt“ etc. „Je empörender diese Vorgänge
erscheinen müssen, um so trauriger ist die Wahrnehmung, daß von Seiten der
Regierung gar nichts wesentliches geschah, um die Interessen der
niedergetretenen Slovaken und Deutschen und damit ihre eigenen
wahrzunehmen. Es war eine gewöhnliche Taktik der magyarischen
Propaganda, die Regierung als ungerecht, absolutistisch, der protestantischen
Religion feindlich, als undankbar gegen ihre Vertheidiger und Anhänger
darzustellen.“
Aus dem Vorausgeschickten ergibt sich wohl von selbst die
Schlußfolgerung:
1. daß die Regierung die Entscheidung
über die seit dem Jahre 1791 schwebende kirchliche Organisationsfrage noch
immer in der Hand habe und daß ihre Competenz gesetzlich begründet sei.
Es ist die Regierung
2. aber auch genöthigt, in ihrem eigenem Interesse an
die Stelle der Baron Haynauischen
Verordnung, eben aus den Motiven ihres Erlaßes, eine definitive Organisation
treten zu lassen und dadurch die Evangelischen beider Bekenntnisse zu
überzeugen, daß diese Verordnung als bloße Nothwendigkeit eines strengern
Ausnahmezustandes erlassen worden sei.
Die Textirung der Verordnung selbst
bezeichnet diese als eine provisorische Maaßregel und fordert im achten Punkte
in vertrauensvoller Weise die Superintendenten zu Anträgen auf mit der
Versicherung: „Die Superintendenten und Administratoren werden von Seite der
Regierung ein bereitwilliges Entgegenkommen bei diesen wie bei
allen Anträgen finden, die auf ein engeres Anschließen
der protestantischen Kirche an den Staat und auf die Verbesserung ihres
Zustandes gerichtet sind.“
Es darf nicht übersehen werden, daß alle
reformirten Superintendenten den Antrag gestellt haben, den frühern Status mit
Aufhebung der erwähnten Verordnung wiederherzustellen, daß von den evangelischen
Superintendentialadministratoren Augsburger Confession Wohlmuth und Komáromy gleiche Vorstellungen unterlegt
haben und daß blos Chalupka (564/m.c.
1851) und Reiß (606/m.c. 1851) von
Haynaus Aufforderung Gebrauch
gemacht haben. Chalupka behält das
Conventssystem bei, schließt den durch einen Ausschuß des Generalconventes von
1845 ausgearbeiteten Verfassungsentwurf bei und richtet seine Bemerkungen
vorzugsweise gegen die untergeordnete Stellung der Geistlichen; das
Staatsoberaufsichtsrecht mag er vielleicht deshalb nicht eigens behandelt haben,
weil er den Antrag auf Zuratheziehung von Vertrauensmännern stellt. Reiß macht einen positiven Vorschlag, derselbe
erklärt sich gegen den Generalconvent, substituirt diesem einen Kirchenrath (§
26) für alle Protestanten aus der Monarchie und vindicirt die gesetzgebende (§
19) Gewalt der Synode, welche gleichfalls die Protestanten aus der ganzen
Monarchie zu umschließen habe; der Kirchenrath soll die Pfarrer, Senioren und
Superintendenten „mit Gutheißung“ des Ministeriums für Cultus und
Unterricht bestätigen (§ 31); Klagen gegen den Kirchenrath sollen
von der Synode dem Ministerium des Cultus (§ 23) unterlegt werden; die Synode ist
durch den Kirchenrath nach eingeholter Genehmigung des Ministeriums des
Cultus (§ 19) zu berufen.
Den Vorsitz überträgt Reiß in allen Versammlungen der Pfarr-, der
Senioral-, der Superintendentialgemeinde dem betreffenden Geistlichen, in der
Synode dem ältesten Superintendenten.
Alle andern Eingaben, welche seit dem
Erlaße der Haynauischen Verordnung
mittelbar oder unmittelbar an das Cultusministerium von
Local-, Senioral- oder Superintendentialconventen gerichtet sind, verlangen
einfach die Zurücknahme der erwähnten Verordnung und damit die Wiederherstellung
der Generalkonvente und der Autonomie, welche und wie sie früher ausgeübt worden
ist.
Die Regierung kann sich hiedurch nicht beirren lassen, denn sie ist in
der Lage, mit der gewissenhaftesten Wahrung des staatlichen Interesses die volle
Gewährung der berechtigten Forderungen der Protestanten zu verbinden. Das
Ministerium
hat überdies das Klein Honter Seniorat über sein ab aula herabgelangtes Gesuch
um Wiedereinführung der frühern Autonomie unter dem 23. October 185118
durch den interimellen Statthalter von Ungarn bedeuten lassen, „daß sie die
Bestimmungen über die künftige Verfassung der evangelischen Kirche
Ungarns, worüber die Verhandlungen im Zuge sind,
abzuwarten haben.“
Somit wäre die Erörterung bei der Frage angelangt,
3.
welches Verfahren die Regierung einzuhalten habe?
Die
Einberufung von Vertrauensmännern würde gegen den 4 § des 26. Artikels von 1791
um so weniger verstoßen, als diese Frage seit 1791 von Evangelischen und
Nichtevangelischen in den offiziellen Acten hinreichend durchsprochen ist; es
ist auf eine solche Einberufung von dem Preßburger Districtsobergespan und früher von der
Statthalterei, und zwar von letzterer mit Nennung von Candidaten aus dem Grunde
angetragen worden, weil sich ohne feststehende allgemein anerkannte kirchliche
Organisation die Reorganisation der confessionellen Schulen nicht durchführen
lasse. Hier sind nun zwei Fälle denkbar:
a. Es läßt sich „eine hinlängliche
Anzahl von Vertrauensmännern beider Stände mit der Ausarbeitung einer
Kirchenverfassung betrauen“ (nach Chalupka's Antrage, mit dem der Preßburger Districtsobergespan und die Statthalterei
übereinstimmen) und das Ministerium legt den Vertrauensmännern nichts vor, außer einigen
Fragen, über welche die Vertrauensmänner Vorlagen zu machen aufgefordert werden.
Würde die kirchliche Organisation nur auf Ungarn ausgedehnt,
so würde Referent es vorziehen, den Vertrauensmännern blos Fragepunkte, als eben
so viele Themata zur Ausarbeitung vorzulegen.
b. Würde dagegen die
kirchliche Organisation sämmtliche Protestanten des Reiches umschließen, so
müßte ein Entwurf den Vertrauensmännern vorgelegt werden, gleichsam zur weitern
Ausführung und Berathung, die Hauptgrundsätze eines solchen Entwurfes aber
müßten früher die Allerhöchste Genehmigung – nach des Referenten Überzeugung –
erhalten haben. Dieser vor der Hand blos als eine Möglichkeit hingestellte Fall
führt
4. zur Umschau auf dem Gebiete kirchlicher Organisation
außerhalb Ungarns
.
a. Die
Evangelischen beider Bekenntnisse in den sogenannten deutsch-slavischen Ländern
petitioniren um eine Kirchenverfassung. Die Regierung hat die Nothwendigkeit der
Abänderung der bestehenden anerkannt, indem sie Vertrauensmänner zur Entwerfung
einer neuen im Jahre 1849 nach Wien einberufen hat.
Außerdem sichert das Allerhöchste Patent vom 31. December 185119 diesen selbstständige Verwaltung ihrer
Angelegenheiten zu. b. Die Evangelischen A. C. in Siebenbürgen haben einen Entwurf vorgelegt20, welcher die Norm von
1807 theilweise modifizirt, das Prinzip der Autonomie mit Beziehung auf „die Grundrechte“ festhält, mit positiver Billigung des
Gouvernements.
c. Die Evangelischen helvetischen Bekenntnisses in Siebenbürgen dürften größtentheils erklären,
sie bedürften keiner neuen Organisation, sobald das reformirte Oberconsistorium
oder die reformirte Synode Veranlassung erhielte, über die Frage der
Organisation der Regierung eine Erklärung abzugeben. Eine solche rein negative
Haltung würde zwar mit der unläugbaren Thatsache, daß das frühere Gubernium zu
existiren aufgehört hat, und mit der hieraus sich ergebenden Nothwendigkeit von
Änderungen im Widerspruche stehen; allein es würde nichts desto weniger das
Oberconsistorium und großentheils auch die Synode eine jede Einrichtung und
Mitwirkung der Regierung ablehnende Erklärung geben, außer politischen
Erwägungen geleitet von der Meinung, daß, da das Gesetz Approbata Consitutio 1.
T. 1. Artikel 3 blos „in articulis fidei vel religionis“ die Neuerungen
ausdrücklich verbiete, dagegen „in externis ritibus directioneque Ecclesiastica“
das Recht zu Reformen und Abänderungen des Bestehenden jeder Kirche ausdrücklich
gestatte, sie in diesem gesetzlich begründeten Organisationsrechte ohnehin die
nöthigen Mittel besäßen, sich jederzeit die entsprechende Einrichtung auch ohne
Mitwirkung der Regierung zu geben. In dieser Meinung wird Referent bestärkt
durch die Haltung, welche
d. die Unitarier in Siebenbürgen dem Ministerialerlaße vom 8. Dezember 1850, Zahl
145/m.c. 1850, gegenüber bereits eingenommen haben. Die Unitarier waren durch
diesen Erlaß auf der Grundlage des Allerhöchsten Kabinettschreibens vom 18. März
1845 (durch welches „in dem Protokolle vom 5. Februar 1837 die Neuerung
beanständet worden, daß gegen den bisherigen Usus von nun an zwei Präsidenten
bestellt wurden, einer für das Oberconsistorium und ein anderer für das
Consistorium repraesentativum (Punkt 2.) und daß sich auf gewiße
Consistorialstatuten vom Jahre 1796 berufen wurde, von denen sich zufolge der
genauesten Nachforschungen herausgestellt hat, daß sie nie die landesfürstliche
Sanction erlangt hatten“) aufgefordert worden, die von der Regierung erhobenen
vorerwähnten Anstände zu beheben,
dadurch, „daß das Oberconsistorium einen
umfassenden neuen Plan seiner Kirchenverfassung vorlegt oder,
wenn an dem
gegenwärtigen Zustande keine wesentliche Änderung gewünscht würde, dadurch, daß
der rechtliche Bestand urkundlich nachgewiesen, für die Lücken in dieser
Nachweisung aber und für die allfälligen Änderungen mit einem die Motivirung
ausführlich enthaltenden Berichte nachgesucht wird.“ (145/m.c. 1850)
Auf die
voranstehende Aufforderung antworten nun die Unitarier aus ihrer
Synodalversammlung vom 2. September 1851 (587/m.c. 1851) nach allseitiger und
reifer Erwägung, sich darin geeinigt zu haben, „daß unsere Kirche bei ihrer auch
gegenwärtig bestehenden innern Organisation, welche auch mit den gegenwärtigen
Umständen und Verhältnissen in vollkommener Übereinstimmung ist und mit
denselben nicht in dem geringsten Widerspruche steht, auch gemäß dem
einstimmigen Wunsche unserer Religionsgesellschaft, auch für die Zukunft
vollständig verbleiben möge.“
Nun entwerfen sie die Grundzüge ihrer
Verfassung und innern Organisation und setzen dem oberwähnten Ministerialerlaße
folgende Erwiderung entgegen:
„Diese Organisation ruht zugleich auf den
gesetzmäßigsten Grundlagen und besteht auch gegenwärtig in voller gesetzlicher
Kraft, denn weder haben die nächsten revolutionären Bewegungen dieselbe
hervorgerufen, noch haben sie das geringste daran verändert, dieselbe beruht
vielmehr auf jahrhundertelangem Gebrauche, auf den Beschlüssen der Synoden und
der Oberconsistorien, die Rechtsgiligkeit dieser Gebräuche und Beschlüsse hat
der 3. Artikel des 1. Titels des 1. Theiles der Approbata Consitutio
gewährleistet, welchem gemäß die Gesammtheiten der vier in Siebenbürgen recipirten Religionen, folglich
auch die Religionsgesellschaft der Unitarier, ihre Angelegenheiten auf
allgemeinen, aus geistlichen und weltlichen Personen bestehenden Versammlungen
ordnen kann, auf diesen Versammlungen Constitutionen machen und dieselben in den
Gebrauch nehmen kann und außerdem sich niemand in die Angelegenheiten der Kirche
mischen kann – gewährleistet hat diese Verfassung der erste Punkt des
Leopoldinischen Diploms, in welchem zum Grundgesetze gemacht worden ist, daß in
Angelegenheiten der vier rezipirten Religionen keine Änderung gemacht werden
wird und der dritte Punkt, in welchem die Unverletzlichkeit der Landesgesetze
eben so zum Grundgesetze gemacht worden ist – gewährleistet die Heiligkeit des
von den hohen Regenten bei Gelegenheit ihrer Thronbesteigung auf die Heiligkeit
der erwähnten Gesetze abgelegten Eides – gewährleistet endlich der Umstand, daß,
nachdem unser Fürst seligen Andenkens, Franz
I., unter dem 7. April 1797, Hofzahl 822, die Hinaufsendung der
Oberconsistorialprotokolle anzubefehlen geruhet haben, die Protokolle des
unitarischen Oberconsistoriums Allerhöchsten Orts gut geheißen worden sind und
daß dieselben, nachdem sie mit der Allerhöchsten Gutheißung versehen sind, daher
die hier geschilderte innere Organisation als eine gesetzmäßig entstandene und
gesetzmäßig bestehende darstellen.“
Endlich erklären die Unitarier, daß ein
Conclusum (145/m.c. 1850), welchem gemäß ein Präsident für das Oberconsistorium
und einer für das Consistorium repraesentativum bestellt worden sei, niemals in
Vollzug gesetzt worden sei, daß in dem 1837er Beschluße mit Unrecht ein 1796er
Statut angeführt werde. Mit einem Worte, die Unitarier wollen hinsichtlich ihrer
innern Organisation in statu quo bleiben und jede Verhandlung darüber
vermeiden.
Gemäß der vorausgeschickten Entwicklung von Seite 16–31 und der
von Seite 33 etc. folgenden Umschau würden also der Beurtheilung unterliegen die
Thatsachen,
a. daß die Evangelischen in den deutsch-slavischen Landen erst
seit dem Patente vom 4. März 1849 und vom 31. Dezember 1851 „selbstständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten“ beanspruchen, diese
also in der Lage der Erwerbung eines bisher nicht besessenen
Rechtes sich befinden und hier die praktische Durchführung
eben so octroyirt werden kann, wie der Grundsatz octroyirt
worden ist.
b. daß die Evangelischen A. C. in Siebenbürgen einen mit strenger Festhaltung der aus dem Prinzipe
der Autonomie sich ergebenden Consequenzen abgefaßten Organisationsentwurf in
Folge diesseitigen Erlaßes vom 8. December 1850, Z. 145/m.c. 1850, unterlegt
haben, welchen das siebenbürgische Gouvernement beipflichtet und dieses
wiederholt erklärt, 451/m.c. 1851 und 178/m.c. 1852.
c. daß die Reformirten
in Siebenbürgen der Regierung in Folge des
hierortigen Erlaßes vom 8. Dezember 1850, Z. 145/m.c., (wenn mit Abänderung des
unter dem 16. März 1852, Z. 524/m.c. 1851, lediglich an und
für das siebenbürgische Gouvernement erfloßenen Erlaßes,
nach welch letztern „eine Vorlage über die Kirchenverfassungsfrage“ dem
reformirten Oberconsistorium nicht zu machen ist, gemäß dem Erlaße vom 8. Dec.
1850 an das reformirte Oberconsistorium eine Vorlage gemacht würde) eben so
antworten werden, wie
d. die Unitarier unter 587/m.c. 1851 geantwortet
haben, daß sie hinsichtlich ihrer Organisation in statu quo verbleiben wollen
und jede Verhandlung darüber vermeiden wollen.
e. daß die Evangelischen in
Ungarn (mit Ausnahme des Chalupka und des Reiß)
blos die Belassung in ihrer bisherigen Autonomie und sofort die Aufhebung der
Baron Haynauischen Verordnung
wollen.
Die Protestanten in Ungarn und Siebenbürgen befinden sich nämlich nicht in dem
Falle der Erwerbung neuer Rechte, sie wollen blos Behaltung der bisherigen.
Es drängt sich somit die Frage
auf,
5. ob die Staatsgewalt die Autonomie der Protestanten in
Ungarn und Siebenbürgen
in der bisherigen Weise ihres
Bestandes zu belassen habe?
Referent antwortet mit einem
entschiedenen Nein. Vielmehr hat die Staatsgewalt ihr bereits im 8. Punkte der
Baron Haynauischen Verordnung
vorgestecktes Ziel, „auf ein engeres Anschließen der
protestantischen Kirche an den Staat und auf die Verbesserung ihres
Zustandes" fortwährend anzustreben, überzeugt, daß sie, wenn sie dieses
doppelte Ziel mit gleicher Consequenz verfolgt, einerseits der Nothwendigkeit
der Wahrung des staatlichen Interesses Rechnung trage, andererseits, ungeachtet einiger Einwendungen und Widersprüche des
Momentes, sich den bleibenden Dank der Protestanten sichern werde. Die
Protestanten Ungarns werden niemals auf die
Errungenschaft des Gesetzes vom Jahre 1791 Artikel 26 § 4 „in iis, quae ad
Religonem pertinent, unice a Religionis suae Superioribus dependeant“ Verzicht
leisten, immer werden sie verlangen, daß die kirchliche Organisation „certus principiisque ipsorum religionis accommodatus ordo“ sei;
immer werden sie das nach zweihundertjährigem Kampfe endlich anerkannte Recht
zur Selbstverwaltung und Selbstgesetzgebung durch kirchliche Volksversammlungen
(Convente und Synoden) beanspruchen und sobald sie mit der gegenwärtigen
Regierung in dieser Beziehung zu einem Abschluße gekommen sind, werden sie gewiß
mit Berufung auf Artikel 20 von 1848 § 3 „die kirchlichen und Schulbedürfnisse
aller gesetzlich anerkannten Glaubensparteien sind durch Staatsauslagen zu
decken“, die Unterstützung ihres Cultus und ihrer Schulen aus dem Staatsschatze
verlangen und sich hiebei gleichzeitig auf die Dotirung der römisch-katholischen
Kirche aus Staatsgütern zu einer Zeit, wo die Protestanten
eine vom Staate bereits anerkannte Kirche gebildet haben, berufen. Denselben
Standpunkt werden die Protestanten und Unitarier in Siebenbürgen um so mehr einnehmen, als sie ihre Autonomie in den
Verträgen Österreichs mit Siebenbürgen zu Ende des 17. Jahrhunderts
gewährleistet nachweisen und namentlich die Synoden so unabhängig von der
Regierung gehalten haben, daß der Regierung die Synodalprotokolle (mit Ausnahme
der Josephinischen Periode) nicht einmal zur Einsicht
vorgelegt worden sind. Die Dotirung und Unterstützung beanspruchen sie, darüber
waltet kein Zweifel, gleichfalls aus dem Staatsschatze, gestützt auf die
grundgesetzliche Gleichheit der recipirten Religionen in Siebenbürgen.
Referent bekennt offen, vom
Gesichtspunkte des staatlichen Interesses kein Motiv zu kennen, mit dessen
Gewichte er den Antrag auf Elimination der Convente (Consistorien) und Synoden,
welche integrirende Bestandtheile des protestantischen Lehrbegriffes bilden, zu
rechtfertigen wüßte, vielmehr dürfte es im Staatsinteresse liegen, durch Achtung
dieser mit den religiösen Überzeugungen und mit der ganzen
Entwicklungsgeschichte der Protestanten in Ungarn und Siebenbürgen innigst verwachsenen Einrichtungen
die Protestanten durch das Bindemittel des ihnen gewährten Rechtsschutzes
stärker an sich anzuschließen; auf der andern Seite fällt das Gewicht der
Thatsache, daß die Glieder der Kirche zugleich Bürger und Unterthanen eines
Staates sind und daß Convente und Synoden mehr oder weniger Volksversammlungen,
wenn auch mit kirchlichen Aufgaben, sind, schwer in die Waagschale der
Entscheidung; es ist dieser letztere Umstand besonders in
Ungarn und Siebenbürgen zu beachten, wo die Gewohnheit, Politik zu machen, so
alt ist. Der Staat wird also eine solche praktische Durchführung des Prinzips
der Selbstverwaltung und Selbstgesetzgebung fordern müssen, eine solche
Zusammensetzung und Leitung der Convente und Synoden fordern müssen, eine solche
Überwachung anzustreben haben, daß der Staat in gleicher Weise, wie er die
erwähnten Versammlungen in ihrer rein kirchlichen Thätigkeit auf dem rein
kirchlichen Gebiete ihrer religiösen Überzeugungen nicht beirrt oder hemmt,
gegen unzulässige Rückwirkungen auf sein eigens Rechtsgebiet sicher gestellt
sei. Es würden sich aus diesen Prämissen folgende Consequenzen als
Hauptgrundsätze für die kirchliche Organisation ergeben:
a. Die Gemeinden
regieren sich durch ihre gewählte Vertretung in Local-, Senioral- und
Superintendentialconventen.
b. Die kirchliche Gerichtsbarkeit wird in erster
Instanz durch das Senioralconsistorium, in zweiter durch das
Superintendentialconsistorium und in letzter Instanz durch den Oberkirchenrath
ausgeübt.
c. Die gesetzgebende Gewalt wird von der Synode ausgeübt. Zu jedem
neuen Gesetze ist die Genehmigung des Kaisers erforderlich.
d. Die oberste
Aufsichts- und Gerichtsbehörde ist der Oberkirchenrath, welcher lediglich aus
evangelischen Mitgliedern besteht, vom Staate besoldet und vom Kaiser ernannt
wird.
e. Den Vorsitz führen in der Ortgemeinde der Pfarrer, in der
Senioralgemeinde der Senior, in der Superintendentialgemeinde der
Superintendent, welche dem Staate gegenüber verantwortlich sind.
f. Die
Beschlüsse der kirchlichen Versammlungen unterliegen der Bestätigung der höhern
Behörde.
g. Jede Gemeinde hat das Recht der Besteuerung mit Genehmigung des
Ministeriums für
Cultus.
h. Die Senioral- und Superintendentialsprengel fallen
in der Regel mit der politischen Eintheilung zusammen.
i. Die Pfarrer werden
von ihren Gemeinden gewählt und vom Oberkirchenrath bestätigt.
k. Die
Senioren werden von den Senioralgemeinden gewählt und vom Oberkirchenrath
bestätigt und erhalten eine Functionszulage aus dem Staatsschatze.
l. Die
Superintendenten werden durch die Gemeinden ihres Sprengels gewählt, vom Staate
besoldet und vom Kaiser bestätigt. Die Superintendenten erhalten bestimmte
Amtsorte. Würden die voranstehenden Grundsätze für kirchliche Organisation von
der Staatsgewalt adoptirt, so würden sich für den Fall ihrer
Durchführung
6. zwei Modalitäten denken lassen:
a. Es würden
diese Grundsätze blos auf die sogenannten deutsch-slavischen
Lande der Monarchie angewendet und blos in diesen
durchgeführt werden wollen.
In diesem Falle würde der wesentliche Unterschied zwischen der bisherigen und der neuen
Einrichtung darin bestehen, daß das bisherige k.k. Consistorium in
Wien anstatt eines römisch-katholischen Präsidenten
einen evangelischen erhielte und daß der in der Instruction der Consistorien
(Dekret der niederösterreichischen Regierung vom 14. März 1785) über die Synoden
enthaltene und also lautende:
„Articulus XVII. De Synodis. Sollte ein
Synodus zu veranlassen für nöthig erachtet werden, so wird das Consistorium dem
k.k. Landesgubernium die Anzeige der Materien einreichen, welche diesen Synodum
erfordern. Nach erfolgter Einwilligung berufet das Consistorium alle dazu
nöthigen ministros Ecclesiae, auch Laicos, welche an diesem Geschäfte Antheil
nehmen sollen, durch ein Intimationscirculare zusammen und bestimmt Zeit und
Ort, wo selbiger gehalten werden soll.“
umgewandelt würde in ein Gesetz über
periodisch wiederkehrende Synoden. Der Grundsatz selbst aber bliebe ein
historisch Gegebenes.
b. Sie würden auch auf Ungarn und
Siebenbürgen angewendet, und zwar auf
die fünf Kirchen getrennt, so würden dort fünf Oberkirchenrathscollegien
existiren und fünf Synoden und bliebe die serbische Woiwodschaft etc. ein eigenes unmittelbar dem
Reichsministerium untergeordnetes Verwaltungsgebiet, so käme noch eine
Superintendentur mit einem Oberkirchenrathe dazu.
Gegen das Prinzip eines
stetigen, aus lauter Protestanten bestehenden Oberkirchenrathes würde keine
Einwendung erhoben werden, weil bereits im Artikel 26 von 1791 § 4 gesagt wird:
„Evangelici utriusque Confessionis in iis, quae ad Religionem pertinent, unice a
Religionis suae Superioribus dependeant.“
In Siebenbürgen würde man blos eine numerische Reduction der
Oberconsistorien erkennen.
Das Prinzip der Synode würde man in
Ungarn als eine neue Bestätigung eines bereits in 26.
Artikel von 1791 enthaltenen („liberam proinde illis futuram non modo
Consistoriorum quorumvis celebrationem, sed et Synodorum) Rechtes
ansehen.
In Siebenbürgen ist die
Abhaltung der Synoden als eine selbstverständliche Sache von jeher angesehen
worden. Die Evangelischen A. C. halten Synoden, so oft sie es für
nöthig erachten, die Evangelischen H. C. jedes Jahr, die Unitarier
jedes Jahr, alle drei Kirchengesellschaften aber ohne an eine frühere
Bewilligung der Regierung gebunden zu sein, ohne Gegenwart eines k.k.
Commissärs, ohne die Protocolle der Regierung auch nur zur Einsicht zu
unterlegen.
Die Besoldung des Oberkirchenrathes und der Superintendenten
würde in Ungarn aufgenommen werden als eine Vollziehung des
Artikels 20 von 1848 § 3: „Die kirchlichen und Schulbedürfnisse aller gesetzlich
anerkannten Glaubensparteien sind durch Staatsauslagen zu decken“; eben so würde
die Sache in Siebenbürgen angesehen werden,
wo der reformirte und unitarische Superintendent bereits eine jährliche
Unterstützung aus dem Staatsschatze beziehen, die Evangelischen A. C. die
Dotirung ihres Superintendenten aus dem Staatsschatze gleichfalls im Jahre 1850
angesucht haben, im Monat Mai letzten Jahres dagegen die Umlegung einer
Kirchensteuer beschlossen haben.
Hinsichtlich der
Superintendentenbestätigung durch den Kaiser ist mit Gewißheit vorherzusehen,
daß aus Ungarn das Verlangen gestellt werden wird, es möge
bei dem bisherigen Gebrauche verbleiben und den Allerhöchsten Entschließungen
Carl VI. vom 20. October 1734
und Leopold II. vom Jahre 1791
(ungarische Hofzahl 13.028 1791) gegenüber in dieser Hinsicht keine Neuerung
eingeführt werden. Carl VI. hatte am 20.
October 1734 auf das Bittgesuch der Evangelischen resolvirt, daß die Namen der
zu Superintendenten Gewählten der Statthalterei „ad solum statum notitiae“
angezeigt werden sollen. Im Jahre 1791 präsentirte die reformirte Donau
Superintendenz ihren neugewählten Superintendenten, der Kaiser signirte das Gesuch, die Kanzlei äußerte:
„Diese treugehorsamste Hofkanzlei ist demnach der unterthänigsten Meinung, daß
die hier angezeigte Wahl nach der bisherigen Beobachtung der Statthalterei zu
ihrer Wissenschaft bedeutet werden dürfte.“ Die Allerhöchste Resolution lautet:
„Ich genehmige das Einrathen der Kanzley. Leopold m.p.“
Es erging daher ein Dekret an die
Statthalterei unter dem 17. October 1791, wodurch die Erwählung des Végh-Veresmarti zum Superintendenten
dieser Stelle „pro notitia“ bekannt gegeben wird. Diesen Standpunkt dürften die
Evangelischen in Ungarn um so mehr einhalten, als sie aus
Baron Haynaus' Erlaße vom 10. Feb.
1850 folgende Stelle anführen können: „Nachdem die Abhaltung von Wahlen zu den
erledigten Stellen der Superintendenten, welche sonst durch die
freie Wahl der Gemeinden zu ihrer Würde zu berufen wären, während der
Dauer des Ausnahmszustandes gleich anderen Wahlhandlungen unzuläßig
ist.“
Aus Siebenbürgen wird
hinsichtlich der Superintendentenbestätigung durch den Kaiser dasselbe Verlangen
gestellt. Die Evangelischen A. C. haben sich zwar noch auszusprechen. Die
Reformirten (1091/56 1852 Cult.) nehmen den alten Standpunkt ein (149/m.c.
1852), nach welchem die Bestätigung sich blos auf das Ceremonial der
Namensunterschrift unter ein nach einem feststehenden Formular mundirtes
Bestätiungsdiplom reduzirt, die Unitarier thun dasselbe, indem sie in ihrer auf
den hierortigen Erlaß vom 8. Dezember 1850, Z. 145/m.c. 1850, unter dem 2.
September 1851 (587/m.c. 1851) gegebenen Erklärung bezüglich der
Superintendentenwahl sagen: „Die Erwählung des Obercurators unterliegt nicht der
Bestätigung der Regierung, den Bischof bestätigt indessen die Majestät und
versieht denselben in Folge der Erwählung durch das Generale Consistorium mit
einem Diplom, der erwählte Bischof wird indessen nach seiner Erwählung zum
Zwecke der Ausübung der bischöflichen Functionen durch das Generale Consistorium
beeidet und verrichtet auch in Folge dieser Beeidigung die bischöflichen
Functionen, mit dem Herablangen der Allerhöchsten Bestätigung aber wird dem
bestätigten Bischofe blos der Eid der Treue gegen das erhabene Herrscherhaus
abgenommen, welches in Gegenwart von Regierungscommissären, die in der Regel aus
Unitariern bestehen, in der Sitzung des Generale Consistorium
geschieht.“
Nach der von Seite 33–47 vorausgelassenen Digression wäre
Referent da angelangt, um seine auf die Prämissen von Seite 16–47 gegründete
Überzeugung dahin auszusprechen:
1. Die vom Kaiser zu bestätigende
kirchliche Organisation hat die Protestanten des ganzen Reiches, mit Einschluß
der Unitarier in Siebenbürgen, zu
umfassen.
2. Zu diesem Zwecke werden die S. 42–43 unter lit. a–l
aufgezählten Grundsätze der Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers
unterzogen.
3. Nach erfolgter Genehmigung dieser Grundsätze, welche vor der Hand als bloße Directive für das
Ministerium
zu gelten hätten, hat eine Vernehmung von
Vertrauensmännern statt zu finden.
Es könnte übrigens die Genehmigung auch
blos hinsichtlich der Ausdehnung der einen kirchlichen
Organisation auf das ganze Reich angesucht werden.
Wien, am 24. August 1852
Zimmermann