Leo Thun erlässt einige Anweisungen, wie das Patent zur Organisierung der protestantischen Kirche in Ungarn umgesetzt werden soll. Das kaiserliche Patent soll eine lange bestehende gesetzliche Unsicherheit beheben und sichert den ungarischen Protestanten ihre traditionellen Rechte zu. Das Gesetz regelt insbesondere die Wahl der Superintendenzen, damit diese als Vertretung aller Protestanten anerkannt sind. Die Protestanten Augsburger Bekenntnisses haben die Vorschriften großteils schon angenommen und bereits die Wahlen vorbereitet. Die Protestanten Helvetischen Bekenntnisses hingegen wehren sich gegen das Patent und verweigern vielfach sogar die öffentliche Bekanntmachung desselben durch die Pfarrer, so dass eine Menge an Gerüchten die kaiserliche Regierung diskreditiert. Das Patent soll daher unmittelbar bekanntgemacht werden. Gegen diejenigen, die gegen das kaiserliche Patent ungebührend opponieren, soll nach bestehenden Gesetzen vorgegangen werden.
1–5 an die Statthalterei Abtheilung: Ministerpräsidenten[?] (durch [?] [?] unter
Anschluß einer Abschrift)
6 an die Statthalterei in
Temeswar
In dem § 4 des 26. Gesetzartikels vom Jahr 1790/1 hat der Wunsch und die Absicht
gesetzlichen Ausdruck gefunden, eine die evangelischen Glaubensgenossen des
Helvetischen wie des Augsburger Bekenntnisses sämtlicher in dem Königreiche
Ungarn bestandenen Superintendenzen umfassende
gemeinsame kirchliche Ordnung herzustellen. Nachdem es durch lange Jahre
verabsäumt worden war, diese Angelegenheiten durchzuführen, haben Seine kaiserliche apostolische Majestät im
Gefühle allerhöchster Ihrer Regentenpflicht und mit aufrichtigem Wohlwollen für
Ihre evangelischen Unterthanen beider Bekenntnisse durch das allerhöchste Patent
vom 1. September vorigen Jahres den Weg vorgezeichnet, auf welchem die lange
vergeblich ersehnte kirchliche Ordnung mittelst Synodaler Gesetzgebung durch das
Zusammenwirken frei gewählter Abgeordneter weltlichen wie geistlichen Standes in
kürzester Zeit zu Stande gebracht werden kann. Seine Majestät haben zugleich
nicht nur alle in Beziehung auf freie Religionsausübung bestehenden, durch
Friedensschlüße und ältere Gesetze begründeten Rechte neuerdings feierlich
anerkannt und verbürgt, sondern auch die Selbstständigkeit der kirchlichen
Verwaltung in ihren hergebrachten Formen in vollem Maaße gewahrt und durch neue
Bestimmungen über eine geregelte kirchliche Gerichtsbarkeit, insbesondere auch
in Ehesachen, die in dem oberwähnten Gesetzartikel vom Jahr 1790/1 enthaltenen
Zusicherungen getreulich vollziehend, so wie durch die Gestaltung periodisch
wiederkehrender Synoden allergnädigst erweitert. Nachdem es aber der bisherigen
Behandlung der kirchlichen Angelegenheiten und der Koordinierung der Gemeinden,
Seniorate und Superintendenzen nicht nur an einer in den verschiedenen
Superintendenzen übereinstimmenden Ordnung, sondern überhaupt an bestimmten
nachweisbaren Grundlagen mangelte, während unter den verwickelten
gesellschaftlichen Zuständen unserer Zeit ein bloßes, überdies unklar gewordenes
Gewohnheitsrecht eine gesicherte Ordnung zu begründen nicht mehr vermag, so sind
unter allerhöchsten Befehl durch die Verordnung des Ministeriums für Cultus und
Unterricht vom 2. September vorigen Jahres vorläufig solche
Bestimmungen erlassen worden, welche den herkömmlichen Einrichtungen möglichst
sich anschmiegend geeignet schienen und erforderlich waren, damit die
Zusammensetzung der Synode durch Wahlen in einer Weise stattfinden könne, welche
dafür Gewähr zu leisten geeignet ist, daß seiner Zeit die Beschlüße der Synode
wirklich als Ausdruck der Überzeugungen der Gesammtheit der Glaubensgenossen und
nicht bloß einer durch zufällige Umstände zum überwiegenden Einfluß gelangten
Parthei angesehen werden, und nach allerhöchster Genehmigung auf allgemein
verbindende Kraft Anspruch haben können. Nur deshalb ist die Abhaltung der
Synode und die Vornahme der Wahl ihrer Mitglieder an die Bedingung geknüpft
worden, daß vorerst die Gemeinden und sofort die Seniorate und Superintendenzen
sich neu koordinieren.
Die evangelischen Glaubensgenossen A.B. sind dieser
Bedingung bereits großentheils nachgekommen und es steht zu erwarten, daß in
Kurzem ihre Superintendenten und Inspektoren gewählt sein werden, worauf die
Synode sobald die gemäß § XLIV des allerhöchsten Patentes vom 1. September
vorigen Jahres von der Generalkonferenz zu erstattenden Anträge vorliegen
werden, ohne Verzug und wie zu hoffen steht noch im Laufe dieses Jahres
einberufen werden wird.
Unter den Glaubensgenossen H. B. sind bisher, wenige
Gemeinden abgerechnet, die zu dem gleichen Zwecke erforderlichen
Vereinbarungen[?] noch nicht getroffen. Über die Gründe dieser Zurückhaltung
liegen nunmehr sehr beanstandenswerthe Nachweise vor.
Es ist nämlich
erwiesen, daß Districtualkonvente und andere Versammlungen, welche seit der
Kundmachung des allerhöchsten Patents vom 1. September abgehalten worden sind,
während sie Seiner Majestät unterthänigste Vorstellungen mit der Versicherung
ihrer loyalen Ergebenheit gemacht haben, (insgeheim) die strengsten Weisungen zu
erlassen wagten, und welche Jeden, der zur Durchführung des allerhöchsten
Patentes und der Ministerialverordnung hilfreiche Hand biethen würde, als eidbrüchig
und seiner kirchlichen Funkzion verlustig erklärt würde, ohne diese Weisungen
zur Kenntnis der Regierung zu bringen. In Folge dessen haben die
Superintendenzialvorstände H.B. es unterlassen und verweigert, ihre
Glaubensgenossen von den Erlässen der kaiserlichen Regierung auch nur in
Kenntnis zu setzen und den Pfarrern auf das strengste verbothen, auf anderen
Wegen Mittheilungen der kaiserlichen Regierung anzunehmen und ihren Gemeinden
kundzumachen. So soll verhindert werden, und ist zum großen Theil verhindert
worden, daß die wohlwollenden Absichten Seiner Majestät allerhöchst Ihren
getreuen Unterthanen in authentischer Form auch nur bekannt werden und der
kaiserlichen Regierung, welche aus Achtung vor dem Bande, welches die Gemeinden
mit ihren kirchlichen Vorständen verknüpft, sich bisher mit ihren Erlässen nur
an diese gewendet hat, soll die Möglichkeit abgeschnitten werden, ihre Stimme in
dieser wichtigen Angelegenheit den Gemeinden vernehmlich zu machen, während
durch Verbreitung verleumderischer Gerüchte die Bevölkerung beunruhigt und über
die Absichten der Regierung irregeführt wird. Nach den bisherigen Einrichtungen
waren die Konventsmitglieder verpflichtet sich nach den von ihren Mandanten
erhaltenen Instrukzionen zu richten, und die ganze Presbyterialverfassung beruht
auf dem Grundgedanken, daß die Beschlüße der Konvente das Ergebnis der
Überzeugungen sein sollten, die sich durch freie Berathung in den Gemeinden
herausbilden. Indem nun jene Konvente sich erlaubt haben, ohne [daß] nur das
allerhöchste Patent vom 1. September vorigen Jahres von den Gemeinden erwogen[?]
werden konnte, einen hartnäckigen Widerstand gegen dasselbe zu organisieren und
zu verhindern, daß in einer der wichtigsten Angelegenheiten ihrer
Glaubensgenossen, diese von dem wahren Sachverhalt auch nur unterrichtet werden,
haben sie jene Autonomie, die von ihnen selbst als das Lebensprinzip ihrer
kirchlichen Einrichtungen erklärt wird, und zugleich der Seiner k.k. apostolischen Majestät und Seiner
Regierung schuldigen Ehrerbiethung in unverantwortlicher Weise entgegengehandelt
und den augenscheinlichsten Beweis geliefert, daß die Herstellung einer
gedeihlichen Ordnung ohne vorhergegangene Koordinierung unmöglich ist. Es liegen
vielfache Thatsachen vor, welche deutlich erkennen lassen, daß die Pfarrer und
Gemeinden helvetischen Bekenntnisses, großentheils von dieser Nothwendigkeit
überzeugt sind, und die Durchsetzung des allerhöchsten Patentes vom 1. September
vorigen Jahres und der Ministerialverordnung vom 2. September aufrichtig
wünschen, und daß wenn gleichwohl jene die Vollzugsverordnung vom 10. Jänner
laufenden Jahres ihren Gemeinden nicht kundmachen, sie es nur deshalb nicht
wagen, weil sie unter dem Druck des in der geschilderten Weise organisierten
Widerstandes stehen, und um ihre Existenz besorgt sind. So lange sie sich in
dieser bedauerungswürdigen Zwangslage befinden, wäre es hart[?] sie zur Kundmachung
der Regierungserlässe nöthigen zu wollen. Es erübrigt demnach nichts als in dem
Bereiche der Seniorate helvetischen Bekenntnisses den Gemeinden die bezüglichen
Mittheilungen unmittelbar durch die Ortsgemeindevorstände zukommen zu lassen. In
dieser Richtung wollen [?] bezüglich des allerhöchsten Patentes, der
Ministerialverordnung vom 2. September vorigen Jahres, der Vollzugsvorschrift vom
10. Jänner laufenden Jahres und allen weiteren etwa noch erforderlichen
Vollzugsvorschriften das Geeignete veranlassen.
Wie überdies vorzugehen sei,
gegen diejenigen, welche über ihre eigenen Glaubensgenossen eine unberechtigte
Herrschaft anstreben, um die durch das allerhöchste Patent angebahnte
gesetzliche Regelung ihrer kirchlichen Angelegenheiten zu verhindern, darüber
wird von Fall zu Fall nach den bestehenden Vorschriften zu urtheilen sein.