Der griechisch-orthodoxe Episkopat der Serben und Ruthenen bittet um die Erlaubnis, in Wien zwei griechisch-orthodoxe Kirchen bauen zu dürfen. Der Episkopat bringt diese Bitte vor, weil es derzeit weder für Serben und Ruthenen noch für andere orthodoxe Slawen in Wien die Möglichkeit gäbe, einen Gottesdienst zu besuchen. Die Bischöfe bedauern außerdem, dass diese Konfession beim Bau der Votivkirche ausgeschlossen wurde. Auch sie möchten jedoch mit einem Kirchenbau die Dankbarkeit für die Rettung des Kaisers zum Ausdruck bringen. Die Bischöfe begründen die Bitte zudem damit, dass es in der Hauptstadt des Reichs für alle Konfessionen und Nationalitäten eine Kirche geben sollte. Auch würde allein schon die große Anzahl von Serben, Ruthenen und Rumänen, die für ihre Geschäfte nach Wien reisen, einen Kirchenbau rechtfertigen. Die Bischöfe glauben auch, dass der Bau die Bindung dieser Nationalitäten und Konfessionen an den Kaiser stärken würde.
Euere Majestät, Allergnädigster Kaiser und Herr!
Als eine verruchte Hand den Todesstreich auf das theuerste Leben Euerer Majestät
führte und der Herr der Heerscharen den Mordstahl abstumpfte, gab es keinen
treuen Unterthan, der nicht in den Tempel des Herrn eilte und dem Allmächtigen
das inbrünstigste Opfer für die Rettung des geheiligten Hauptes nicht
darbrachte. Das ganze weite Oesterreich erklang damals von
heiligen Hymnen und dem Lobe des Ewigen, welches aus der Brust der dankbaren
Völker zu seinem Throne emporstieg. Der nächste am Throne, der geliebte Bruder
Euerer Majestät , gab das Zeichen und rief die treuen Völker zur Verewigung
dieses Dankes gegen den Allvater auf. Der Ruf des geliebten Prinzen verhallte nicht in
der Wüste, sondern fand ein lautes würdiges Echo, wodurch in der Haupt- und Residenzstadt des Reiches ein großartiges
Monument, ein Tempel des Herrn zum ewigen Danke für die wunderbare Rettung
Euerer Majestät aufgeführt werden soll.
Wie wir meinen, wird diese
Votivkirche dem römisch-katholischen Gottesdienste gewidmet sein, woran aber
alle anderstgläubigen Unterthanen Euerer Majestät keinen Antheil nehmen können.
Wir glauben jedoch, daß alle Nazionen und Religionsparteien ein dergleiches
Monument der ewigen Dankbarkeit zu besitzen wünschten. Man wird aber mit wenig
Mühe einsehen, daß sich diese Wünsche in einem und demselben Tempel nicht
vereinigen lassen. Auch ist für mehrere dieser Nazionen und Religionsparteien
nicht die absolute Nothwendigkeit vorhanden; indem sie doch in der Haupt- und Residenzstadt ihre Tempel besitzen, wo sie
Gott anbethen und ihre Dankgebethe für die wunderbare Rettung Euerer Majestät
ihm darbringen können. Nur die Serben, Ruthenen und andere Slaven wie auch die
Romanen der orientalisch-orthodoxen Kirche sind es, die in der Haupt- und
Residenzstadt Wien ihre Kirchen nicht haben; daher sowohl
den Gottesdienst als auch alle anderen Tröstungen der Religion in ihrer Sprache
Jahr ein, Jahr aus entbehren müssen.
Jetzt bei dem traurigsten Anlasse des
von Seiner kaiserlichen Hoheit, dem Herrn Erzherzoge gemachten
Gelübdes zur Erbauung eines ewige Dankbarkeit beurkundenden Monuments hat der
lange vorher schon in unseren und unserer Glaubensgenossen Herzen gehegte und in
der Nothwendigkeit tief begründete Wunsch, in der Hauptstadt Oesterreichs eine Kirche für den slavischen und eine
für den romanischen Gottesdienst zu besitzen, neue und mächtige Nahrung
gefunden, so zwar, daß wir nicht umhin können, ihn dem väterlichen Herzen Euerer
Majestät zu offenbaren und anheim zu stellen. Auch wir wünschen vom ganzen
Herzen Gott dem Allmächtigen geweihete Tempel in der Hauptstadt zu haben, wo wir von Geschlecht zu Geschlecht für
die wunderbare Rettung unseres allergnädigsten Kaisers ihm unseren ewigen Dank
darbringen und für Seine fernere Beschirmung und lange Erhaltung täglich zu ihm
flehen können.
Diese dankbare und fromme Gesinnung der slavischen und
romanischen zur orientalisch-orthodoxen Kirche sich bekennenden Nazionen muß
immerwährend genährt und sorgfältig in der Kirche gepflegt werden, und wir hegen
die volle Zuversicht zu unseren Glaubensgenossen, daß sie bei diesem
außerordentlichen Anlasse sich auch zu außerordentlichen Opfern für die
Aufbauung erwähnter Tempel Gottes bereit finden werden.
Erlauben
allergnädigst Euere Majestät, daß wir die Gründe, welche die Erbauung solcher
Gottestempel in dieser Haupt- und
Residenzstadt, und wir möchten sagen in dieser Weltstadt, höchst
nothwendig erscheinen lassen, entwickeln und herzählen dürfen.
1. Die
Religion ist der stärkste Grundpfeiler des Staates. Wir glauben, daß dieser Satz
eine apodictische Wahrheit, ein Axiom ist, worüber kein Wort zu verlieren wäre,
und welchen die ganze Weltgeschichte für sich hat. Die neueste Geschichtsepoche
insbesondere hat ihn in das hellste Licht gesetzt. Auch wird niemand bestreiten
können, daß der freie öffentliche Gottesdienst den Haupttheil der Religion
ausmacht und sie eigentlich in dem Herzen des Menschen nährt und befestigt. Denn
das menschliche Gemüth wird für die erhabenen Wahrheiten der Religion und der
göttlichen evangelischen Lehre nirgends und nimmer so gestimmt und empfänglich
gemacht, wie in dem Tempel des Herrn, nachdem es durch die Absingung der
herzergreifenden Psalmen und Hymnen, durch andächtige Verrichtung des heiligen
Meßopfers erweicht und zerknirscht worden ist. Nicht minder wahr ist es, daß die
Menschen, welche die Religion aus was immer für einer Ursache nicht üben, das
ist: nicht dem Gottesdienste nach dem Gebothe Gottes beiwohnen, nicht die von
der Religion verordnete gemeinschaftliche Andacht verrichten, nicht den
Religionsunterricht empfangen, nicht die Pflichten gegen Gott, gegen ihren
Nächsten, gegen ihre Obrigkeit und gegen sich selbst kennen lernen, nicht von
Zeit zu Zeit ihre Seele und ihr Herz durch die heiligen Sakramente der Buße und
Abendmahls reinigen und stärken, daß diese Menschen nach und nach verwildern, um
ihrer Sinnlichkeit folgend ihren Leidenschaften gewöhnlich die Zügel schießen
und dem Laster jeder Art zu ihrem Herzen Thür und Thor öffnen. Welche
verderbliche Folgen für die Familien, für die bürgerliche Gesellschaft, für den
Staat und für die Individuen selbst aus dieser Lebensweise entspringen, lehrt
uns die Geschichte, lehrt uns die täglich traurige Erfahrung.
Um dem Übel
der Irreligiosität Schranken zu setzen, haben gute und ihr Volk liebende
Landesfürsten sich zur heiligen Pflicht gemacht, nicht nur für den materiellen
Theil der Religion, nämlich für die Erbauung der Gotteshäuser, Schulen und
Seminarien, für den angemessenen Unterhalt der Priester und Lehrer der Religion
und anderer nützlichen Wissenschaften zu sorgen, sondern auch den geistigen
Theil derselben durch gute Gesetze, durch Überwachung der Lehranstalten und
öffentlichen Sitten, durch Ermunterung und Belohnung der guten und fleißigen
Religionslehrer, endlich durch eigenes und ihrer Familien gottseliges erhabenes
Beispiel die Religiosität des Volkes zu heben und zu befördern. Was und wo immer
Großes und Erhabenes an Kirchen und religiösen Anstalten dem menschlichen Auge
begegnet, das alles rührt meistens von dem frommen Sinne der gottesfürchtigen
Landesfürsten.
Alle Nazionen und alle Confessionen des weiten Reiches Euerer
Majestät erfreuen sich ihrer Gottestempel in der Haupt-
und Residenzstadt Oesterreichs; die deutschen sowohl
römisch-katholischer als beider protestantischer Religion, die Slaven, die
unirten Ruthenen, die Italiener, die orientalisch-orthodoxen Griechen, ja selbst
die Juden haben da ihre Tempel, wo sie das höchste Wesen anbethen, wo sie die
Lehre und den Trost der Religion suchen und empfangen. Nur die Serben und
Ruthenen so wie die Romanen, Söhne der orientalisch-orthodoxen Kirche, haben
keine Kirche, keinen Priester, mithin keinen Gottesdienst, keinen
Religionsunterricht, keine Beichte, keine Communion, gar keinen Religionstrost,
gar keine religiöse Freude, leben in der Residenzstadt fortan seit Jahrhunderten unchristlich und
sterben eben so unchristlich.
2. Zu jeder Zeit hat es in der österreichischen Monarchie mehrere Millionen
Seelen Serben, Ruthenen und Romanen unserer Kirche, treuer Unterthanen Euerer
Majestät, gegeben; zu jeder Zeit haben sich Familien dieser Nazionen und dieser
Kirche entweder des Handels, der Gewerbe oder der Künste wegen in
Wien für immer niedergelassen oder aber längere
Aufenthalte daselbst genommen; zu jeder Zeit hat es Beamten- und
Offiziersfamilien, viele einzelne Beamte und Offiziere, viele Studenten und
Kinder in den verschiedenen Erziehungsanstalten, viele Gesellen und Lehrjungen
bei den Handlungshäusern und Zünften, ja nicht selten ganze Battaillone Soldaten
dieser Nazionen und dieser Religion in Wien und in seiner
Nähe gegeben. Seit jeher sind so viele Reisende jeden Standes nach
Wien gekommen, um entweder ihre Geschäfte da zu
machen oder an den Stufen des allerhöchsten Thrones Gnade oder Gerechtigkeit zu
suchen oder ihre Dankbarkeit für die erhaltenen Wohlthaten dort niederzulegen.
Wie gerne hätte sich früher ein Jeder in das Gotteshaus begeben und dort den
Segen des Allmächtigen für sein Vorhaben erfleht, auf daß dasselbe mit einem
guten Ende gekrönt werde!! Jetzt, wo die Einheit der Monarchie ausgesprochen und fest begründet ist, wo
Wien die einzige Hauptstadt der Monarchie geworden ist, wo alle Schranken
zwischen ihm und den andern Provinzen gefallen sind, wo die Communicationen so
ungemein erleichtert sind und vom Tage zu Tage noch mehr erleichtert werden,
wird das Zuströmen unserer Glaubensgenossen nach Wien
verdoppelt, verdreifacht und vervierfacht. Jetzt schon sieht man nicht nur
Kaufleute aus den kleinen Provinzialstädten, sondern auch kleine Krämer aus den
entferntesten Grenzdörfern mittelst der Dampfkraft nach
Wien eilen und aus der ersten Hand in dessen
Fabriquen Einkäufe für ihre Waarenlager machen. So ziehen die Handwerker mit
Übergehung ihrer Provinzialzünfte unmittelbar nach Wien,
um sich hier gleichsam auf der besten Hochschule zu tüchtigen und vollkommenen
Meistern ihres Handwerks auszubilden.
Alle diese in
Wien wohnenden, in Wien
kürzere oder längere Zeit weilenden Beamte, Soldaten, Handelsleute, Künstler,
Meister, Studenten, Gesellen, Lehrlinge, Reisende entbehren in der Hauptstadt
den Gottesdienst, die christliche Lehre, den Trost und die Erbauung ihrer
Religion. Die Nazionalitäten, welche dieses Contigent nach der Hauptstadt liefern, sind die Serben, die Ruthenen und
die Romanen. Nach den Kronländern sind es die Provinzen: Bocche di Cattaro oder
österreichisch Albanien, Dalmazien, Istrien, Triest,
Venedig, Croazien, Slavonien, Serbisch-Banater
Wojwodschaft mit der ganzen Militärgrenze,
Ungarn, Siebenbürgen
und Bukovina; mithin der ganze Süden und Osten
der Monarchie.
3. Aber nicht allein die Unterthanen Euerer Majestät sind es,
welche den Gottesdienst in der slavischen und romanischen Sprache in der
Residenzstadt ob Mangel der eigenen
Kirchen entbehren müssen. Es sind so viele andere diesen Nazionen verwandte
Völkerschaften, welche ihre Leute nach der österreichischen Hauptstadt in Handels- und vielfältigen andern
Geschäften schicken; so die Serben aus dem Fürstenthume
Serbien und aus der noch unter der exclusiven türkischen
Bothmäßigkeit seufzenden altserbischen Gebiethstheilen bis tief nach Macedonien, Tessalien und
Epyrus hin, jene aus Montenegro,
Hercegovina, Türkisch-Croazien und
Bosnien, so die Bulgaren, so die Macedo-Romanen aus der
großen Halbinsel zwischen den adriatischen, jonischen, ägäischen Meeren, dem
Bosphorus, der Donau und der Save, so die Romanen in den Donaufürstenthümern
Moldau und Walachei und in Besarabien. Alle diese Völkerschaften, die an 9
bis 10 Millionen Seelen zählen sind mit ihrem Handel vorzüglich an
Oesterreich, an dessen Hauptstadt und ihre Fabriquen angewiesen, alle treiben einen
lebhaften Handel mit Oesterreich und vorsonderlich mit seiner
Hauptstadt. Dieses beweisen am besten die
täglichen Wiener Fremdenlisten, die Register unserer Mautämter und vorsonderlich
der lebhafte Verkehr auf unserer Hauptwasserstraße der Donau, weithin bis nach
Galatz und Constantinopel.
Die Kirche ist für diese Nazionen, deren
Gottesdienst, und wir möchten sagen, deren Religion durch vier volle
Jahrhunderte unter dem schweren türkischen Joche ganz verkümmert ist, der
stärkste Magnet, welcher sie aus allen Gegenden der Welt dorthin zieht, wo der
Gottesdienst frei ist und mit Würde, Anstand und Frömmigkeit verrichtet und das
Wort Gottes mit dem apostolischen Eifer gepredigt wird. Wir sind des festen
Glaubens, daß, wären in der Hauptstadt
Oesterreichs Kirchen für den slavischen und romanischen
Gottesdienst vorhanden, sich viele Menschen dieser Nazionen mit ihren Capitalien
hier häuslich niederlassen würden, daß mithin der Handel mit dem Orient einen
viel bedeutenderen Aufschwung im Kurzen erreichen möchte.
4. Wir sind in der
Staatspolitik nicht bewandert, auch wollen wir uns nicht anmaßen, weder in die
Rathschlüsse des Cabinets Euerer Majestät, noch in jene der göttlichen Vorsehung
über diese Völker dringen zu wollen, glauben jedoch, daß es der österreichischen Monarchie aus mehreren Gründen
daran liegen müsse, diese mit eigenen Unterthanen dem Blute und dem Glauben nach
nächstverwandte Völkerschaften auf jede mögliche Weise in eigenes Interesse zu
ziehen und an Oesterreich fest zu knüpfen. So weit unsere
Erfahrung und Bekanntschaft mit diesen unseren nächsten Nachbarn, Bluts- und
Religionsverwandten reicht, können wir Euerer Majestät versichern, daß nichts so
sehr geeignet ist, jene Völker an sich zu fesseln, wie die Achtung ihrer
Religion und Nazionalität, mithin die freie Ausübung ihrer Religion und der
nazionale Unterricht ihrer Jugend. Vierhundert Jahre und mehr entbehren sie
diese Güter. Wer sie ihnen wieder giebt, dem huldigen sie vom ganzen
Herzen!!
5. Man wird vielleicht sagen, daß in Wien 2
orientalisch-orthodoxe Kirchen sich befinden und daß diese für die Bevölkerung
dieser Glaubensgenossen genügen können. Hierauf müssen wir folgendes bemerken:
In beiden diesen Kirchen ist der Gottesdienst in der hellenischen sowohl den
Slaven als auch den Romanen unverständlichen Sprache. Beide Kirchen gehören den
Nazionalgriechen, die eine den Griechen-Unterthanen Euerer Majestät, die andere
den Griechen-Unterthanen des Sultans. Unser Gottesdienst ist so gestaltet, daß
es sich mit keiner Instrumentalmusik verträgt, sondern daß der Priester die
Gebethe und Bittgegenstände mit hoher Stimme vorträgt und die Chöre und das
gesammte Volk darauf singend antwortet. Es ist also nothwendig, daß das Volk
sowohl den Vortrag des Priesters als auch das, was es darauf antworten soll,
genau versteht. Es muß folglich die lythurgische Sprache kennen und wissen.
Daher ist es die vorzügliche Eigenschaft unserer Kirche, daß der Gottesdienst in
der dem Volke eigenen Sprache verrichtet werden kann und soll; weil der Mensch
nur in der ihm verständlichen Sprache zur Andacht gestimmt werden und sein Herz
vor seinem Schöpfer erschließen kann. Daher so viele lythurgische Sprachen, als
es Nazionen giebt, welche sich zur orientalisch-orthodoxen Kirche bekennen: für
die Hellenen hellenisch, für die Syrier syrisch, für die Araber arabisch, für
die Kopten koptisch, für die Armenier armenisch, für die Romanen romanisch, für
die Slaven slavisch usf. Eine jede Nazion ist so sehr für den Gottesdienst in
eigener Sprache eingenommen, daß sie ihn auf keine Weise sich nehmen lassen
möchte. Wie viel Blut hat es gekostet, bis man den Cechen ihren slavischen
Gottesdienst und den Kelch weggenommen hat! Ein Slave und ein Romane kann daher
in den hiesigen hellenischen Kirchen keine Erbauung, keine Belehrung, keinen
Trost und keine Freude finden, weil er diese Kirchensprache nicht versteht, weil
er diesem Gottesdienste wie ein Taubstummer beiwohnt. Es ist demnach klar, daß
die Slaven – Serben, Ruthenen und Bulgarn – und die Romanen in den hiesigen
griechischen Kirchen die Wohlthaten der Religion nicht finden, nicht haben und
nicht genießen können.
6. Was die Verdienste dieser Nazionen um den Thron,
um die allerdurchlauchtigste Dynastie Euerer Majestät, um den Staat und selbst
um diese Haupt- und die Residenzstadt
anbelangt, darüber wollen wir kein Wort verlieren, sondern überlassen der
gerechten und unparteiischen väterlichen Beurtheilung Euerer Majestät darüber
allergnädigst abzusprechen. Wir treugehorsamste Oberhirten dieser Nazionen
glauben fest, daß dieses allerhöchste Urtheil nur zu Gunsten unserer
Glaubensgenossen ausfallen werde.
7. In unserer heiligen Kirche wird gar
keine gottesdienstliche Handlung verrichtet, bei welcher nicht zugleich und zwar
öfters für das Wohlsein Euerer Majestät, für den allerhöchsten Hof und die k.k.
Armee von allen Anwesenden gebethet wird. Es ist kein Tag im Jahre, an welchem
nicht wenigstens 3mal des Tages für Euere Majestät in allen unseren Kirchen
Gebethe zum Himmel gesendet werden. Dies geschieht überall auch in den kleinsten
Dörfern, wo sich unsere Christen zur Andacht vereinigen, wo sie einen Priester
und ein Gotteshaus haben. In der Hauptstadt
geschieht dies nur von einem kleinen Theile Euerer Unterthanen, den Griechen
nämlich; weil sie einen Gottestempel haben. Den Slaven und Romanen aber ist es
nicht gegeben, diese heilige Pflicht in Wien zu erfüllen;
weil sie keine Kirche, keinen Vereinigungsort und keinen Priester haben.
8.
Wenn wir erwägen, daß in den Staaten Euerer Majestät an sehr vielen Orten für
5–7 Familien der römisch-katholischen Religion Pfarren gegründet und Kirchen ab
aerario gebaut worden sind, weil sie zu einer andern Gemeinde nicht füglich
eingepfarrt werden konnten, so muß unser Herz von Wehmuth ergriffen werden, wenn
wir auf die vielen Hunderte unserer Gläubigen in der Haupt- und Residenzstadt der Monarchie unseren Blick werfen,
welche zur Zeit der Andacht an Sonn- und Feiertagen entweder in den Gassen der
Stadt herumirren oder von einem Caffeehause zum andern ziehen und die Zeit des
Gottesdienstes und der Andacht durch Zeitunglesen, Politisiren und anderes
unnütze Geschwätz zu tödten suchen oder vielleicht noch viel schlimmere Dinge
brüten und treiben. Die studirende und lernende Jugend besonders ist es, welcher
der Abgang am Gottesdienste und Religionsunterrichte zum großen Nachtheile
gereicht. Die daraus entspringenden Schäden überhaupt sind groß und zahlreich,
und wir halten es für unsere heilige Pflicht Euere Majestät allerunterthänigst
darauf aufmerksam zu machen.
Aus dem Vorangelassenen erhellet zur Genüge
nicht allein die Nothwendigkeit, sondern auch der Nutzen für den Staat überhaupt
und insbesondere für die Stadt Wien, allda zwei Kirchen,
die eine für den slavischen, die andere für den romanischen Gottesdienst nach
dem orientalisch-orthodoxen Ritus ehemöglichst zu erbauen.
Nun erlauben
Euere Majestät, allergnädigster Kaiser!, daß wir treu gehorsamste Oberhirten der
oberwähnten treuen der orientalisch-orthodoxen Kirche angehörigen Nazionen die
Wünsche und allerunterthänigste Bitte im Namen vieler Millionen Unterthanen und
Nichtunterthanen an den Stufen des allerhöchsten Thrones, woher die Strahlen der
Milde, Gnade und Gerechtigkeit in alle Weltgegenden und auf Völker der großen
österreichischen Monarchie ewig ausströmen, niederlegen dürfen. Diese heiß
gehegten Wünsche – Gegenstand dieser allerunterthänigsten Bittschrift –
sind:
a. In der Haupt- und Residenzstadt Wien zwei
Kirchen zu haben, in deren einer der slavische, in der andern der romanische
Gottesdienst nach dem orientalisch-orthodoxen Ritus verrichtet werden
soll.
b. Beide diese Kirchen mögen zu Pfarrkirchen erklärt und an der einen
ein slavischer, an der andern ein romanischer Pfarrer der Carlovitzer Erzdiöcese angehörig angestellt
werden.
c. Bei jeder dieser Kirchen möge ein Pfarrhaus dergestalt errichtet
werden, daß darin die standesmäßige Wohnung für den Pfarrer, für einen Sänger,
für die respective Nazionalschule von 2 Klassen, für 2 Lehrer, für einen
Kirchendiener, für einen Hausmeister, der zugleich Glöckner wäre, dann ein Saal
mit andern Gemächern für die Kirchenutensilien vorhanden wäre. Diese Bauplätze
sollten so geräumig sein, daß man darauf Zinswohnungen bauen könnte, deren
Ertrag zum Unterhalte der Kirche und Schule dienen würde.
d. Da diese
Kirchen zugleich Votivkirchen sein sollen, so wäre zu wünschen, daß sie in der
Gegend der großen katholischen Votivkirche, die eine rechts, die andere links,
wenn auch in größerer Entfernung erbaut werden möchten.
Unsere
allterunterthänigste Bitte geht dahin, womit Euere Majestät als liebreicher
Vater Seiner gewiß treuen und ganz ergebenen slavischen und romanischen Völker
die allerhöchste Huld und Gnade haben möchten,
a. die obigen tiefgefühlten
Wünsche allergnädigst zu sanctioniren.
b. Zum Baue dieser beiden Kirchen die
erforderlichen angemessenen Bauplätze in dem Rayon der zu erweiternden Stadt
allermildest anweisen zu wollen.
c. Allergnädigst zu gestatten, daß wir bei
unseren Glaubensgenossen Sammlungen milder Beiträge veranstalten können.
d.
Endlich unterfangen wir uns in tiefster Demuth zu hoffen, daß Euere Majestät und
die allerdurchlauchtigste kaiserliche Familie sich allerhuldreichst bewogen
finden werden, durch milde Spende den Reigen zu diesen Sammlungen zu
eröffnen.
In Anhoffnung der baldigen allergnädigsten Entschließung erstreben
wir in aller Treue, Unterwürfigkeit und tiefster Ehrfurcht
Euerer Majestät
allerunterthänigste devoteste
Patriarch, Erzbischof und Metropolit zu
Carlovitz,
Joseph
Rajacsich
Eugen Hackmann, Bukoviner Bischof
Procop Ivaeskovics,
Araeder Bischof
Samuel
Maschirevics, Temesvarer Bischof
Emilian Kengyelatz in Verschetzer
Bischof
Platon
Athanaczkovics, Bácser Bischof
Arsenius Sztojkovics, Ofner Bischof
Stephan Knezevic, Dalmatiner
Bischof
Eugen Joannovics,
Karlstaedter Bischof
Stephan
Kragujevich, Pakzaczer Bischof
Wien, am 4. October 1853