Der Patriarch von Karlowitz, Joseph Rajačić, bittet den Hofagenten Johann Dobran um Vermittlung beim Ministerium für Kultus und Unterricht in der Frage der Wahlsynoden der griechisch-orthodoxen Bischöfe. Das Ministerium hatte nämlich die Bischöfe der Bukowina, von Dalmatien und Siebenbürgen zur bevorstehenden Synode eingeladen, was dem geltenden Recht widerspreche. Rajačić hat zwar nichts dagegen, dass diese eingeladen würden, wenn zukünftig alle Bistümer durch eine Synode besetzt werden würden. Dies hat das Ministerium aber abgelehnt, daher hat der Metropolit die Bischöfe auch von den Synodalverhandlungen ausgeschlossen. Dies hat nun zu einer unerfreulichen Situation und Verstimmung zwischen ihm, dem Ministerium und den Bischöfen geführt, die Dobran nun in Wien lösen soll. Zur Begründung seines Verhaltens legt Rajačić mehrere Dokumente bei, die Dobran im Ministerium vorlegen soll.
Abschrift
Seine des k.k. Hofagenten Johann von Dobran Wohlgeboren.
Euer Wohlgeboren!
Das hohe Ministerium des
Cultus hat mich in einen Kampf mit der allerhöchsten Regierung
verwickelt. Ihnen wird wohl bekannt sein, daß die Bischöfe von Bukovina, Dalmatien und Siebenbürgen nicht Synodaliter gewählt werden,
ja, daß ich als Metropolit auf die Wahl des letzteren gar keinen Einfluß seit
dem Jahre 1810 haben kann, noch officiell haben konnte. Nach dem Rechte der
Reciprocität können auch diese Bischöfe auf die Wahl der andern 7
Synodalbischöfe nicht einfließen. Ja, wie sie zur Wahlsynode geladen waren,
haben sie ihre Stimme nie abgegeben. Aus den Beilagen A., B., C., D. werden Sie
hievon vollkommene Überzeugung schöpfen.1 Das hohe Ministerium,
ohne Rücksicht auf diese gesetzlich um priviligialiter bestandene Praxis,
decretirt, ohne mich darüber früher zu vernehmen, die Einberufung dieser
Bischöfe zur Wahlsynode, wie Sie es aus dem Ministerialerlasse sub % ersehen
werden. Ich machte gleich bei dessen Empfange die Vorstellung respective
Anfrage, ob vielleicht beschlossen ist, alle Bisthümer künftighin auf dieselbe
Weise, nämlich Synodaliter zu besetzen, at sub 2, und wenn dies der Fall ist,
habe ich nichts dagegen, daß diese extra Synoden bestellten Bischöfe schon jetzt
in dieser Wahlsynode Sitz und Stimme haben sollen.
Allein was das Ministerium hierauf
zur Antwort gab, werden Sie aus pro 3 ersehen. In dieser fatalen Lage blieb mir
als Hüter der Nationalprivilegien und Hüter der Rechte meiner Kirche nichts
anders übrig, als auf der bisherigen, durch Gesetz und Praxis bestätigten
Gepflogenheit unwandelbar zu verbleiben, um die drei extra Synoden eingesetzten
Bischöfe von der Stimmung in der Synode auszuschließen. Die Beilagen A., B., C.,
D. dienten mir zur unwidersprechlichen Begründung meiner Behauptung. Diese
Gründe veranlaßten den k.k.
Commissär die Wahl ohne Intervenirung dieser Bischöfe
vorzunehmen. Am 11. November s[tilus] n[ovus] 30. October st[ilus] vet[us] ging
die Wahl vor sich und die neuen Bischöfe sind einstimmig,
einhellig, ohne mindesten Widerspruch, wie vielleicht niemals früher,
gewählt worden.
Ich theile Ihnen alles dieses zum dem Ende mit, damit Sie
alles dem Herrn Baron Sina, dem Herrn
Ministerialrath [?], den Herrn von Popp und dem Herrn Demeter von
Constantinovits entweder in einer gemeinschaftlichen Conferenz
oder einzeln durchlesen, ihnen alles erklären und diese Herren im Namen unserer
heiligen Kirche auffordern, ihr Möglichstes bei dem Minister des Cultus und des Krieges, Ministerialrath
von Beck, beim Reichsrathe und im
Kabinette mit Ihnen aufzubiethen, daß die Synodalwahl u. g. bestätigt werde.
Besonders mache ich Sie aufmerksam auf die Documente B., C., D.2, wo
der Bischof von Siebenbürgen
Gideon Nikitits zur Wahlsynode im
Jahre 1786 gerufen und erschienen war, an der Abstimmung aber keinen Theil
genommen, noch die 3 Wohldocumente mitunterfertigt hat, wohl aber die Protocolle
sub D., in welchen die Rede de Spiritualibus et Dogmaticus geführt wurde. Und
doch hat seine Majestät der Kaiser Joseph
jene Wahl ohne die mindeste Bemerkung, warum der Siebenbürger Bischof Nikitits nicht mitgestimmt hat, allergnädigst bestätiget. Auf
diesen Umstand machen Sie die Herrn Referenten beider Ministerien
aufmerksam.
Alle diese Documente liegen dem Wahlprotocolle bei, daher Sie
dieselben bei den Ministerien nicht zu produciren, wohl aber zu erwähnen
brauchen.
Ich bitte Euer Wohlgeboren recht dringend die Sache mit aller
Kraft zu betreiben. Sie ist die gerechteste von der Welt.
Folgen einige
Privataufträge – dann leben Sie wohl! Halten Sie mich über diese Angelegenheit à
jour – soll heißen un fait jour par jour.
Ich verbleibe herzlich küssend Ihr
ergebenster
Joseph
Patriarch
Carlovitz 23.11.1852