Abschrift eines Briefes von Joseph Rajačić an Johann Dobran
o. O., 23. November 1852
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Regest

Der Patriarch von Karlowitz, Joseph Rajačić, bittet den Hofagenten Johann Dobran um Vermittlung beim Ministerium für Kultus und Unterricht in der Frage der Wahlsynoden der griechisch-orthodoxen Bischöfe. Das Ministerium hatte nämlich die Bischöfe der Bukowina, von Dalmatien und Siebenbürgen zur bevorstehenden Synode eingeladen, was dem geltenden Recht widerspreche. Rajačić hat zwar nichts dagegen, dass diese eingeladen würden, wenn zukünftig alle Bistümer durch eine Synode besetzt werden würden. Dies hat das Ministerium aber abgelehnt, daher hat der Metropolit die Bischöfe auch von den Synodalverhandlungen ausgeschlossen. Dies hat nun zu einer unerfreulichen Situation und Verstimmung zwischen ihm, dem Ministerium und den Bischöfen geführt, die Dobran nun in Wien lösen soll. Zur Begründung seines Verhaltens legt Rajačić mehrere Dokumente bei, die Dobran im Ministerium vorlegen soll.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Abschrift
Seine des k.k. Hofagenten Johann von Dobran Wohlgeboren.

Euer Wohlgeboren!

Das hohe Ministerium des Cultus hat mich in einen Kampf mit der allerhöchsten Regierung verwickelt. Ihnen wird wohl bekannt sein, daß die Bischöfe von Bukovina, Dalmatien und Siebenbürgen nicht Synodaliter gewählt werden, ja, daß ich als Metropolit auf die Wahl des letzteren gar keinen Einfluß seit dem Jahre 1810 haben kann, noch officiell haben konnte. Nach dem Rechte der Reciprocität können auch diese Bischöfe auf die Wahl der andern 7 Synodalbischöfe nicht einfließen. Ja, wie sie zur Wahlsynode geladen waren, haben sie ihre Stimme nie abgegeben. Aus den Beilagen A., B., C., D. werden Sie hievon vollkommene Überzeugung schöpfen.1 Das hohe Ministerium, ohne Rücksicht auf diese gesetzlich um priviligialiter bestandene Praxis, decretirt, ohne mich darüber früher zu vernehmen, die Einberufung dieser Bischöfe zur Wahlsynode, wie Sie es aus dem Ministerialerlasse sub % ersehen werden. Ich machte gleich bei dessen Empfange die Vorstellung respective Anfrage, ob vielleicht beschlossen ist, alle Bisthümer künftighin auf dieselbe Weise, nämlich Synodaliter zu besetzen, at sub 2, und wenn dies der Fall ist, habe ich nichts dagegen, daß diese extra Synoden bestellten Bischöfe schon jetzt in dieser Wahlsynode Sitz und Stimme haben sollen.
Allein was das Ministerium hierauf zur Antwort gab, werden Sie aus pro 3 ersehen. In dieser fatalen Lage blieb mir als Hüter der Nationalprivilegien und Hüter der Rechte meiner Kirche nichts anders übrig, als auf der bisherigen, durch Gesetz und Praxis bestätigten Gepflogenheit unwandelbar zu verbleiben, um die drei extra Synoden eingesetzten Bischöfe von der Stimmung in der Synode auszuschließen. Die Beilagen A., B., C., D. dienten mir zur unwidersprechlichen Begründung meiner Behauptung. Diese Gründe veranlaßten den k.k. Commissär die Wahl ohne Intervenirung dieser Bischöfe vorzunehmen. Am 11. November s[tilus] n[ovus] 30. October st[ilus] vet[us] ging die Wahl vor sich und die neuen Bischöfe sind einstimmig, einhellig, ohne mindesten Widerspruch, wie vielleicht niemals früher, gewählt worden.
Ich theile Ihnen alles dieses zum dem Ende mit, damit Sie alles dem Herrn Baron Sina, dem Herrn Ministerialrath [?], den Herrn von Popp und dem Herrn Demeter von Constantinovits entweder in einer gemeinschaftlichen Conferenz oder einzeln durchlesen, ihnen alles erklären und diese Herren im Namen unserer heiligen Kirche auffordern, ihr Möglichstes bei dem Minister des Cultus und des Krieges, Ministerialrath von Beck, beim Reichsrathe und im Kabinette mit Ihnen aufzubiethen, daß die Synodalwahl u. g. bestätigt werde. Besonders mache ich Sie aufmerksam auf die Documente B., C., D.2, wo der Bischof von Siebenbürgen Gideon Nikitits zur Wahlsynode im Jahre 1786 gerufen und erschienen war, an der Abstimmung aber keinen Theil genommen, noch die 3 Wohldocumente mitunterfertigt hat, wohl aber die Protocolle sub D., in welchen die Rede de Spiritualibus et Dogmaticus geführt wurde. Und doch hat seine Majestät der Kaiser Joseph jene Wahl ohne die mindeste Bemerkung, warum der Siebenbürger Bischof Nikitits nicht mitgestimmt hat, allergnädigst bestätiget. Auf diesen Umstand machen Sie die Herrn Referenten beider Ministerien aufmerksam.
Alle diese Documente liegen dem Wahlprotocolle bei, daher Sie dieselben bei den Ministerien nicht zu produciren, wohl aber zu erwähnen brauchen.
Ich bitte Euer Wohlgeboren recht dringend die Sache mit aller Kraft zu betreiben. Sie ist die gerechteste von der Welt.
Folgen einige Privataufträge – dann leben Sie wohl! Halten Sie mich über diese Angelegenheit à jour – soll heißen un fait jour par jour.

Ich verbleibe herzlich küssend Ihr

ergebenster

Joseph
Patriarch

Carlovitz 23.11.1852