Ein nicht genannter Schreiber warnt vor dem wachsenden Einfluss Russlands auf den Klerus der orthodoxen Kirche in Österreich. Er gesteht zwar, dass es schon in der Epoche von Zar Peter I. Versuche gegeben habe, alle orthodoxen Konfessionen unter der Führung des Zaren zu vereinen, nunmehr hätten sich diese Versuche aber intensiviert. Besonders seit der Revolution von 1848 sei die Propaganda verstärkt worden. In der Folge nennt er einige Episoden, die diese Behauptung belegen sollen. Außerdem verweist er auf einige Priester, die besonders heftig agitierten. Besonders hebt er den Priester Wojtkowsky hervor, der mehrfach öffentlich und im Geheimen Kritik an Österreich äußerte und die historische Mission Russlands zur Einigung der Slawen und Abwehr der Türken betont habe. Als weitere Indizien für den wachsenden Einfluss Russlands nennt er die Förderung der serbischen Fürsten und der Geistlichkeit in Serbien, der Woiwodina und den Grenzgebieten. Die hohe serbische Geistlichkeit werde außerdem mit finanziellen Mitteln geködert. Der Schreiber empfiehlt daher den Agitationen des Klerus entgegenzuwirken, etwa indem man dem Patriarchen von Sremski Karlovci einen Kirchenrat aus politisch unbedenklichen Personen beistellt. Dieser solle enger an den Patriarchen von Konstantinopel gebunden werden, um den Einfluss von St. Petersburg einzudämmen. Außerdem sollen Bischofssitze mit loyalen Kandidaten besetzt und mit den nötigen finanziellen Ressourcen ausgestattet werden, um den Klerus zu unterhalten. Denn nur bei ausreichenden finanziellen Mitteln sei zu verhindern, dass Russland den Klerus mit finanziellen Versprechungen an sich binden könne. Außerdem glaubt er, dass die Einführung der lateinischen Schrift die Bindung an Österreich verbessern könne. Zuletzt betont er, dass die Schulfonds mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden sollen.
Die Slavische Propaganda mit besonderer Beziehung auf den Clerus der nicht unirten griechischen Kirche in Österreich
Der religiöse Charakter, welcher in den Umstaltungsbestrebungen des Ostens
vorzugsweise ans Tageslicht tritt, so wie die immer sichtbarer werdende
Annäherung des Clerus, des nicht unirten griechischen Bekenntnisses in
andern Staaten an Russland, mahnen gegenwärtig mehr als
je an die Nothwendigkeit, einer ernsten Inbetrachtnahme dieser bedenklichen
Erscheinung.
Von den Zeiten Czar Peter
des Großen, welcher die oberste Gewalt in der russischen
Kirche mit jener des Staatsoberhauptes in seinen Dominien verband, bis auf
die neuesten Tage, weist der von Russland in dieser Richtung befolgte Gang,
sein grundsätzliches Vorhaben nach, alle Bekenntnisse der abendländischen
Kirche mit der seinigen zu verschmelzen. Die im Jahre 1772 dekretierte
geistliche Unterordnung der nicht unirten Griechen, aus
den, mit Russland eben einverleibten polnischen Provinzen
unter die St. Petersburger Synode, dann die durch Bestechung der Bischöfe
und theilweise durch coercitive Mittel im Jahre 1828 bewirkte Vereinigung
der unirten Bekenner der griechischen Kirche, wodurch 4
1/2 Millionen lateinischer Christen in Lithauen und Volhynien der
russischen Kirche zugeführt wurden; endlich die im Jahre 1839 ausgesprochene
formelle Trennung der in Russland bestehenden unirten Bekenntnisse von dem römischen Papste, bilden die
auffallendsten Ergebnisse der kirchlichen Politik Russlands. Um das Jahr
1841 fing die russische Propaganda an, nach einem in der Nationalität der
Proselyten wurzelnden Auxiliarmittel zu greifen, welches unter der Gestalt
des Panslavismus politische Vehikel in seinen Bereich zog, und zum ersten
Male auch Österreich sichtlich
berührte.
Wie weit die Fäden hierin reichten, und auf welchem Wege sie
eingewoben wurden, blieb bisher größtentheils unenthüllt; immerhin bleibt es
aber bedeutsam, daß bei dem ersten Ansturme der revolutionären Wogen im
österreichischen Staate die nicht unirten griechischen
Bischöfe ein Gesuch an den damaligen Reichstag um Errichtung eines,
den Patriarchen von Neusatz [Novi Sad]
miteinschließenden, Kirchenraths abgefaßt hatten, welcher über die
Angelegenheiten der äußeren Kirche, unabhängig von
Wien
Beschlüße zu fassen hätte; daß
ferner der nicht unirte griechische Patriarch Rajacich in der katholischen Metropolitankirche zu Agram
den, vom Volke proklamierten neuen Banus einweihte, und daß der zum
Slaven-Congresse der Jahres 1848 nach Prag gekommene
nicht unirte Neusatzer Erzpriester Sztamatovits bei den Pfingstvorgängen in der Hauptstadt
Böhmens eine thätige Rolle
spielte.
Einzelne seitdem aufgetauchte Vorfälle deuten übrigens auf ein
politisch-religiöses Einwirken von Seite Russlands auf seine Glaubensgenossen in den
österreichisch-slavischen Ländern.
Eines der belangreichsten Organe der
russischen Propaganda in Österreich ist, sowohl durch
seine geistige Befähigung als auch durch seine ausnahmsweise Stellung, der
russische Priester Wojtkowsky, welcher
zur Erfüllung stiftungsgemäßer Andachten an der Grabkapelle weiland Ihrer
kaiserlichen Hoheit, der Frau Erzherzogin Alexandra Pawlovna zu Üröm bei
Ofen, exponiert ist, häufig aber entweder zu
Pesth weilt, oder, im Auftrage der
russischen Botschaft am Wiener Hofe, Missionsreisen unternimmt und diesfalls
selbst die ihm untergebenen Kirchensänger in sein Vertrauen zieht.
Die
Rede, welche letzterer am 25. Februar 1854 am Vorabend der Installation des
zum griechisch-nicht unirten Bischofe von Ofen ernannten Arsenius Sztojkowits in Gegenwart
eines zahlreichen Kreises von Zuhörern in seiner eigenen Wohnung abhielt,
enthielt nebst heftigen Ausfällen auf die innere Verwaltung Österreichs, unter anderem auch die
Behauptung, dieser "ohnmächtige" Staat müsse den Gebothen Frankreichs folgen, wenn er nicht eine
Occupation seiner italienischen Provinzen durch die Franzosen erfahren
wolle. Nicht minder aufregend lautete ein Brief des, um das Ende des Jahres
1853 zu St. Endré bei Ofen zum Priester geweihten und
gegenwärtig bei der russischen Gesandtschaft in
Brüssel als Almosinier fungierenden russischen
Geistlichen Pjetrow. Dieses, von dem Priester Woytkowsky bei dem obbesprochenen Anlasse seinen Gästen und
Gesinnungs-Genossen vorgelesene Schreiben enthielt eine kritische Rundschau
der politischen Zustände von Europa, dann eine Darstellung des "heiligen"
Berufs Russlands, die europäische Türkei
aufzulösen, und aus den Elementen derselben drei conföderative
Staatengruppen unter dem Protektorate des Czars zu errichten. Auch wurde
darin der Zeitpunkt der Empörung von Thessalien, Macedonien und Epirus, so wie
des Einfalls der hellenischen Freischaaren in jene Provinzen genau
angegeben, und dabei auf die Fürsten Milosch und Danilo, dann auf die Königin von Griechenland als auf die Grundsäulen der
bevorstehenden Bewegung hingedeutet.
Ein, von Seite des russischen
Gesandtschaftspriesters Rajewsky
im August 1853 von Wien an den Priester Wojtkowsky gerichtetes langes Memorandum,
worin die Eroberungspläne Russland's und das angebliche
Dahinsiechen von West- und Mitteleuropa in grellen Farben dargestellt wurde,
mußte wegen der Stellung des Verfassers, um so größeres Bedenken
erregen.
Wiewohl die, von dem Priester Wojtkowsky bisher beobachtete ungemeine Vorsicht alle
Bemühungen der hierländigen Behörden zur Ermittlung seiner Verbindungen
vereitelte, so ist dennoch ein, im Mai 1854 auf geheimen Dienstwege
erlangtes, und seiner Zeit dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten
mitgetheiltes Dokument geeignet, über die Bedeutung der politischen Aufgaben
jenes Individuums einiges Licht zu werfen.
Es ist dies nämlich eine, von
dem St. Petersburger Propste Timophejef an Wojtkowsky gerichtete und in drei Theile zerfallende
Instruktion, welche offenbar im Namen der dortigen Regierung
erfolgte.
Der erste Punkt dieser Schrift bespricht ausschließlich den
diesjährigen Feldzug Russland's, wobei nach dem
Dafürhalten Timophejefs, es zu keinem Bruche zwischen
Oesterreich und Russland kommen
würde, so daß Wojtkowsky für den
Winter eine gezwungene Heimreise nicht zu besorgen habe, der zweite
entwickelte die religiöse Tendenz des eröffneten Befreiungskampfes, an
welchem alle slavischen Völker des Ostens sich betheiligen sollen, bei
welcher Gelegenheit Wojtkowsky
angewiesen wird, sowohl die alten Serbenlieder mit zündenden, auf das
slavische Pathos berechneten Einleitungen, als auch das saporoger Epos des
Taras Bulba in serbischer Übersetzung längstens bis zum Herbste 1854 in
Druck heraus zu geben.
Der dritte Punkt bezieht sich auf, zur
Unterstützung von Armen jedweder Confession, dem Wojtowsky bewilligte Gelder, und erwähnt dabei ausdrücklich
daß Stand und Bildung der Almosenbeflissenen zu berücksichtigen komme, mit
welchen er jeden Samstag Gespräche zur Stärkung in "Glaube und Hoffnung"
anzuknüpfen habe.
Ungeachtet über die sträflichen Agitationen dieses,
auch mit slavischen Geistlichen von katholischem Glaubensbekenntnisse eng
liierten Priesters kein Zweifel obwaltet, wußte Wojtkowsky dennoch bisher Alles zu vermeiden, wodurch seine
Schuld hätte konstatiert und darnach seine Ausweisung eingeleitet werden
können.
Ähnliche Umtriebe hatte sich der im Herbste 1853 vom Bischofe
Sztojkowitz in
Ofen zum Proto-Presbyter geweihte, bei der
russischen Gesandtschaft in Paris angestellte
Priester Wassilief in der ungarischen Hauptstadt zu Schulden kommen
lassen.
Die seitdem in Ungarn abermals erfolgte Weihe
von zwei russischen Priestern durch nicht unirte Bischöfe führte endlich zu
der gegründeten Vermuthung, daß das russische Cabinet auf diesem Wege
häufigere und innigere Verbindungen zwischen dem russischen und dem
diesseitigen griechisch nicht unirten Clerus anzuknüpfen suche, welcher
Umstand auch, im Einvernehmen mit dem Ministerium des
Cultus und der obersten Polizei-Behörde, das Ministerium der
auswärtigen Angelegenheiten bewogen hat, seine Zustimmung zur Consekration
russischer Geistlicher in den kaiserlich österreichischen Staaten für die
Zukunft nicht mehr zu ertheilen. Dieser Beschluß ist auch im Juni 1854 bei
der Gelegenheit als der zum Proto-Clerico beförderte Hauskaplan der
kaiserlich russischen Gesandtschaft in Berlin, Palisadow, sich um die Bewilligung zu
dessen Einweihung durch den nicht unirten Bischof von
Ofen beworben hatte, dem kasierlich russischen
Bothschafter in Wien mitgetheilt worden.
Wie sehr
übrigens die russische Diplomatie bestrebt ist, jeden Anlaß zu benützten, um
über wichtigere Kundgebungen der nicht unirten griechischen Kirche in
Oesterreich den Schimmer eines Schutzverhältnisses leuchten zu lassen,
beweist z.B. die feierliche Anwesenheit des Freiherrn von Meyendorff bei der, im Spätherbste des Jahres
1853 vor sich gegangenen Vermählung des jungen Fürsten Michael Obrenovich mit der Gräfin Hunyadyi in dem
Gotteshause der nicht-unirten Griechen in Wien, ein
Umstand, welcher um so mehr auffiel, als der Vater des Bräutigams damals Ansprüche
auf die serbische Regentenwürde erhob, und als die Braut einem ehemaligen
Herrschergeschlechte Ungarns
entstammt.
Von noch eingehenderer Bedeutung erscheint die vom Czaren
befolgte Übung, einzelne Kirchen des griechisch nicht-unirten Ritus in den
österreichischen Provinzen mit kostbaren Kirchen-Ornamenten, Bildern und
Pretiosen zeitweise zu betheilen, welches die diesseitigen Bekenner dieses
Ritus mit dem Gedanken einer universellen geistlichen Oberherrschaft jenes
Fürsten immer vertrauter macht. So hatte die im Februar vorigen Jahres am
Tage der Consecrirung des nicht unirten Bischofs von
Ofen in der Kirche von Szt. Endré unter großem
Gepränge erfolgte Aufstellung solcher Geschenke auf die, von den umliegenden
serbischen Dörfern, und selbst von Pesth
und Ofen hinzugeströmte Bevölkerung jenes
Bekenntnisses einen tiefen Eindruck gemacht. Als gleichzeitig analoge
Spenden des Czars über Serbien nach der Woiwodina und dem Temescher Banat auf dem Wege waren, wurde
ein fortwährendes Hin- und Herreisen griechischer Geistlicher in den
oberwähnten Kronländern bemerkbar ohne daß übrigens über die solchen
Sendlingen beigegeben Instruktionen etwas Genaueres je hätte in Erfahrung
gebracht werden können.
Ähnliche Übelstände erzeugten die zu Gunsten
Verunglückter aus den Jahren 1848/49 von Russland
eingeschickten und von dem Patriarchen von
Carlowitz im März 1854 ertheilten Unterstützungsgelder,
welche zum großen Theile unter die rührige, eines großen Anhangs sich
erfreuende nicht unirte Geistlichkeit vertheilt wurden. Gleichzeitigen
Meldungen zufolge, waren mit solchen Geldern auch geheime Subsidien
Russlands daselbst eingegangen, welche wie allgemein
angenommen wurde, zu politischen Zwecken bestimmt waren. Auch in Croatien und Slavonien regt sich ein religiöses Bewußtsein, welchem die
Suprematie-Gelüste der Griechen, der Haß der Religionspartheien und die
Institution der Militairgrenze zum Theile Nahrung gewährt. In diesen
Kronländern neigt sich vorzüglich die niedere Geistlichkeit und zwar je
ungebildeter desto entschiedener gegen Russland hin. Der
gemeine Grieche, der Grenzer und der Geistliche müssen dort vom religiösen
Standpunkte beurtheilt werden: für sie ist der Czar der erste und nächste
nach Gott.
Ähnliche Erscheinungen treten in der Woiwodina und im Temescher Banat dem Beobachter entgegen.
Die slavische Parthei der Majorität nach dem griechischen Cultus angehörig,
träumt auch dort von einer Suprematie ihrer Kirche durch die Unterstützung
Russlands.
Diese Parthei sucht die Intervention
Österreichs zu Gunsten der Türken,
als eine der Religion zuwiderlaufende darzustellen, und benützt dabei die
theils fanatische und theils erkaufte serbische Geistlichkeit, welche die
inspirierte Lehre auch auf diesseitiges Ufer verpflanzt. Hat man auch die
Überzeugung, daß von Seite der Serben keine selbständige Schilderhebung[?]
zu besorgen sei, so ergeben sich dennoch Beweise, daß das Wirken in ihrem
Schoße ein vorbereitendes ist, und daß sie einem von außen ergehenden
Impulse folgen würden.
Die auf bereits 3.200.000 Seelen angewachsene
griechisch nicht unirte Kirche der kaiserlich österreichischen Staaten, wird
von dem Erzbischofe von Carlowitz [Sremski Karlovci] und den Bischöfen von
Neusatz, Temesvar, Werschetz [Vršac],
Arad, Pakratz [Pakrac],
Carlstadt [Karlovac], Ofen,
Hermannstadt, Czernowitz
und Sebenico [Šibenik] administrirt, welche
größtentheils auf die Dotationen ihres eigenen Religionsfondes und auf die
Lokal-Einkünfte angewiesen sind, indem von Seite des Ärars nur der Bischof
von Sebenico einen jährlichen Gehalt von 6000 fl bezieht, und dem Erzbischof
von Carlowitz der Fruchtgenuß einer Staatsherrschaft nebst einer
Zehententschädigung von etwa 5000 fl jährlich, einstweilen bewilligt
ist.
Die jährlichen Gesammteinkünfte des Carlowitzer Patriarchen werden
auf 70.000 fl, jene des Bacser Bischofs auf 22.000 fl, des Hermannstädter
auf 12.000 fl und des Bukowinaer (dessen Provinzial-Religionsfond reicht
dotiert ist) auf 9.000 fl angeschlagen; das jährliche Einkommen jedes der
übrigen nicht unirten Bischöfe beläuft sich auf beiläufig 6.000 fl.
In
Betreff des Verhältnisses all dieser geistlichen Würdenträger zu der
kaiserlichen Regierung tritt der wesentliche Umstand hervor, daß jene von
Neusatz, Temesvar, Arad, Pakratz, Carlstadt, und Ofen die von dem
Erzbischof von Carlowitz präsidierte sogenannte heilige Synode bilden, darin
Sitz und Stimme haben, die in Erledigung kommenden 6 Bischofsitze und selbst
jenen von Carlowitz besetzen, und nur die Bestätigung des Landesfürsten
darüber einholen, während die Bischöfe von
Hermannstadt, Czernowitz
und Sebenico, weil jedesmal von der
Regierung unmittelbar ernannt, von der heiligen Synode ausgeschlossen
bleiben.
Durch die, diesen Bischöfen zustehende Gerichtsbarkeit über die
nicht unirte weltliche und Klostergeistlichkeit ihrer Diöcesen, durch die
mit Ausnahme der Militair-Grenze von ihnen geführte Oberaufsicht über
sämmtliche serbische Schulen, dann durch ihre, dem Carlowitzer Erzbischofe
als höchste geistliche Instanz unterstehende Consistorien bildet das nicht
unirte griechische Episkopat in den kaiserlich österreichischen Ländern eine
um so bedenklichere Gewalt, als es keinen einzigen unter den genannten
Bischöfen gibt, welcher nicht in direkter Verbindung mit der als oberste
geistliche Autorität von ihnen anerkannten St. Petersburger Synode stünde,
und als ihre sämmtliche diesseitigen Schutzbefohlenen der slavischen Nation
angehören.
Daß auch der jetzige Patriarch
von Carlowitz dem russischen Kaiser die Patronatsgewalt über
die diesseitige orientalische Kirche de facto zuerkennt, beweist die, im
Anfange des Jahres 1853 vom Erstern förmlich angesprochene und von dem
Czaren auch bewilligte Unterstützung zum Wiederaufbaue und zur Einrichtung
der, bei der letzten Umwälzung in Österreich zerstörten griechischen Kirchen. Daß ferner die
Tendenz der russischen Propaganda nicht allein die Unterordnung aller
griechischen Synoden unter jene von St. Petersburg
ist, sondern auch diese auf die Assimilierung der unirten mit der
griechischen Kirche noch immer abzielt, geht auch aus der Agitation hervor,
welche die Geistlichkeit unter den mit den Russen an Charakter, Neigungen
und Sprache so ähnlichen Rußniaken (Ruthenen) in Galizien,
an der Nordgrenze von Siebenbürgen und in der Unghvarer Gespannschaft Ungarns in den Jahren
1848/49 in dieser Richtung unterhielt, und noch dermalen hie und da im
Stillen unterhält.
Im Angesichte so ernster Thatsachen, und bei der
steigenden Bedeutung der, im Oriente aller Orten auftauchenden Ansprüche der
griechischen Kirche, stellt sich eine erneuerte und eindämmende Feststellung
der Gewalten ihres Episkopats in Österreich als dringend nothwendig dar. Die tiefwurzelnden
Antipathien der griechisch orientalischen Kirche gegen die römisch
katholische haben sich bisher als ein unübersteigliches Hinderniß zu irgend
welchem Erfolge der Missionen der römischen Propaganda erwiesen. Auch ist
die Einwirkung Russlands auf seine diesseitigen
Glaubensgenossen so wohlberechnet und anhaltend, daß ihr anders, als durch
die österreichische Regierung selbst, keine wirksame Schranken gesetzt
werden können.
Dem Oberhaupte der griechischen Kirche in Österreich dermalen Erzbischof Rajacsics wäre daher ein
Kirchenrath von wenigstens 6 hohen, politischen Intriguen und
Nationalitäts-Bestrebungen fernstehenden geistlichen Würdenträgern, als
Bischöfe, Archimandriten, Igumenen oder Erzpriester beizugeben, die eine
Synode zu bilden hätten. Diese Behörde wäre, wie jene zu
Athen verbunden, in außerordentlichen,
ausschließlich geistlichen Dingen sich an den ökumenischen Patriarchen nach
Constantinopel, niemals aber
nach St. Petersburg zu wenden.
Den Metropoliten in den Provinzen müßte die möglichst unabhängige Stellung
gegeben werden, und es müßte ihnen zur Pflicht gemacht werden, nur in streng
geistlichen Angelegenheiten an den Patriarchen zu Carlowitz sich zu wenden, bei allen
übrigen Anlässen dagegen mit der Regierung direkt zu verkehren. In Städten,
wo trotz einer bedeutenden Anzahl von nicht unirten Einwohnern, sich kein
Bischof befindet, wäre ein solcher von möglichst loyaler Gesinnung zu
ernennen, vom Staate zu besolden, und sowohl um etwaigen
Unterstützungs-Aufforderungen ans Ausland, als auch ungehörigen Beiträgen
aus demselben vorzubeugen, mit den entsprechenden Ubikationen für die
Geistlichkeit und mit den materiellen Kirchenbedürfnissen zu versehen. Die
Verwirklichung einer solchen Maßregel wäre gegenwärtig namentlich für den
dalmatinischen Kreis von Cattaro [Kotor], sehr
wünschenswerth, welcher obgleich bei 25.000 Griechen zählend, keinen
Bischofsitz hat, während der Bischof von Sebenico in allen übrigen 3 Kreisen des Landes eine weit
geringere Anzahl von Gläubigen des griechischen Bekenntnisses zu
administrieren hat, und dennoch den erstgedachten Kreis nur einmal im Jahre
visitiert.
Die Ernennung eines, die Interessen Österreichs im Auge habenden griechischen
Bischofs für Cattaro, dürfte den österreichisch feindlichen Einwirkungen
der, im angrenzenden Montenegro exponierten russischen
Popen ein Ende machen, und die Befestigung seiner Autorität in diesem
Augenblicke um so leichter herbeiführen, als durch die Vacans der, dem
jeweiligen Vladica von Montenegro beiliegenden, dem
dermaligen Fürsten Danilo
aber nicht anklebende Würde eines Bischofs, die diesseits zu besorgenden
religiösen Anfeindungen gänzlich entfielen. So geringfügig ferner auch die
Wahl der, in den Elementarschul- und Kirchenbüchern der Griechen zu
gebrauchenden Schriftart scheinen mag, so deuten dennoch die Bemühungen der
panslavistischen Parthei, dem cirillischen Alphabet überall unter den Slaven
Eingang zu verschaffen, wie auf solchem Wege eine Gleichförmigkeit mit der
serbischen Schrift und eine Annäherung an die russischen Bildungselemente
beabsichtigt werde. Die allmähliche Einführung der lateinischen Buchstaben
in den griechischen Elementarschulen wäre daher auch als Anbahnungsmittel
zum Verständnisse und Studium deutscher Bücher zu empfehlen, wobei die
Bemühungen irgend einer, nach dem Muster der Mechitaristen Druckerei zu
errichtenden Typographie zum Zwecke einer vollständigen Emanzipierung der
diesseitigen Griechen vom Auslande rasch mitwirken würde.
Eine Controlle
der, zum Theile sehr erheblichen geistlichen Fonde und Stiftungen der nicht
unirten griechischen Kirche wäre von Seite der Regierung und zwar nach den
bisher für die alterbländischen Provinzen eingehaltenen Normen einzuführen,
vorläufig aber, nach den mit dem Patriarchen in neuerer Zeit gemachten
Erfahrungen, welcher die colossalen Abgänge in den Rechnungen des
Carlowitzer National-Schulfondes der Revolutions-Epoche zuschiebt, der Stand
des gesammten Vermögens der nicht unirten Kirche aufs genaueste zu erheben.
Eine der erfolgreichsten Maßregeln zur nothgedrungenen Annäherung des
griechischen Episcopats an die Regierung wäre endlich die möglichst
ausgedehnte Zuweisung der, aus der Bestreitung von materiellen Schul- und
Kirchenbedürfnissen entstehenden Auslagen an die wie immer Namen habenden
Fonde der entsprechenden Kirche, so daß jede, dem Staats-Ärar bisher zur
Last gefallene derartige Ausgabe von den gedachten Fonden zu tragen käme,
die strenge Durchführung dieses Grundsatzes würde die höheren Geistlichkeit
bald zu dem Wunsche führen, sich ihre ehemaligen Bezüge in mäßige
Ärarial-Dotationen reluiren zu sehen.