Franz Bezděka, Priester und Skriptor bei der Prager Universitätsbibliothek, gratuliert Leo Thun zur Verleihung des Leopoldordens. Bezděka ist überzeugt davon, dass Thun den Orden mehr als verdient hat, da dieser das österreichische Bildungssystem grundlegend reformiert und damit eine lang währende Stagnation beendet habe. Er versichert Thun, ihn in seine Gebete einzuschließen und für ein langes Leben Thuns zu beten.
Das Schreiben befindet sich im Nachlass gemeinsam mit 39 weiteren Dankadressen unter der Signatur A3 XXI D623a.
Euere Excellenz!
Hochgeborner Herr Graf!
Gnädigster Herr!
Wenn es überhaupt erfreulich ist zu vernehmen, daß andern eine Freude zu Theil
geworden, so ist dies um so mehr der Fall, wenn es solche betrifft, welche dies
im hohen Grade verdienen und die man hochachtet und innig liebet.
Darnach
können Euere Excellenz den Grad meiner Freude beurtheilen, den mein Herz
empfand, als ich heute las, daß Hochdero unschätzbare, gar nicht zu berechnende,
so vieljährige Verdienste von Seiner k.k.
apostolischen Majestät mit dem so hohen, so seltenen Orden, als
es das Großkreuz des Leopoldordens ist, zu belohnen für gut fanden.
Tausend
Dank sage auch ich aus voller Brust und mit warmem Herzen Seiner k.k.
apostolischen Majestät dafür. Denn ein Jahrhundert hat in Schulangelegenheiten
nicht das geleistet, was mit so weiser Mäßigung, ohne Etwas zu überstürzen im
Allgemeinen und was vorzüglich unser schönes Vaterland Böhmen und seine wohlklingende Sprache betrifft, was Hochdero
Weisheit, Einsicht, Erfahrung und unermüdetes, unerschrockenes Wirken, das hohe
sich vorgesteckte Ziel nie aus den Augen verlierend, unter sichtbarem Segen des
Himmels, bei so vielen Schwierigkeiten, selbst mit Vorurtheilen kämpfend, schon
jetzt glücklich erreicht hatten; und abermals hundert Jahre werden nach uns die
theuren Früchte eines so gut zubereiteten Bodens und der darin gelegten erprobt
guten Saat fühlen und genießen, den hohen seltenen Gründer segnen und den
verehrten Namen Leo Thun in die Annalen der Geschichte Oesterreichs und vorzüglich Böhmens mit goldenen Lettern eintragen und
unsterblich machen.
Was mich betrifft, ich werde zeitlebens meinem lieben
Gott für die seltenen Euerer Excellenz gnädig verliehenen Gaben des Geistes und
des Herzens ehrfurchtsvoll danken, für die recht lange Erhaltung Hochderselben
eifrig beten, damit diese hohe Freude im besten Wohlseyn recht lange genießen,
dem Kaiserthum Oesterreich und Böhmen insbesondere recht lange nützen und endlich
bei grauem Haupte im seligen Genusse der so verdienten Ruhe, wie einst ein
ausgezeichneter König sich am eigenen Gedächtnisse wärmen.
Das wünscht von
dem Grunde des Herzens
Euerer Excellenz,
des Hochgebornen Herrn Grafen,
Meines gnädigsten
Herrn
unterthänigst gehorsamster
Franz Rud. Bezděka
Pisek, am 24. Oktober 1860