Berichte über das Schul- und Pfarrwesen mehrerer Bezirkskommissariate an die k.k. Stadthauptmannschaft
15. bis 17. März 1851
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Regest

Das Konvolut enthält die Berichte von drei Bezirkskommissaren zur Situation des Schulwesens in den jeweiligen Bezirken.
Zunächst schildert Karl Heinz vom Bezirkskommissariat Sechshaus die Situation in seinem Bezirk. Er zeichnet dabei ein schlechtes Bild vom Zustand der Bildungsanstalten: Die Kleinkindbewahranstalt sowie die Pfarr- und Trivialschulen in Reindorf, Fünf- und Sechshausen seien überfüllt. Die Lehrer könnten daher nur wenig bewirken und dementsprechend schlecht sei der Fortschritt der Schüler. Die Situation bei den Abend- und Wiederholungsschulen bezeichnet Heinz als noch schlechter. Zur Lösung der Probleme schlägt er die Anstellung von mehr und besseren Lehrern vor. Positiv erwähnt der Berichterstatter indes die 1849 errichtete Bürgerschule von Franz Dobisch in Reindorf.
Im zweiten Bericht äußert sich Prokop Prucha zum Schul- und Pfarrbezirk Hernals. Er beklagt sich dabei besonders über den Pfarrer in Neulerchenfeld, der auf Grund seines Lebenswandels und seiner Predigten keine Vorbildwirkung für die Schuljugend habe. Zu den Pfarrern in Ottakring und Dornbach äußert er sich positiv, den Pfarrer von Hernals bezeichnet er hingegen als moralisch und politisch bedenklich.
Im dritten Bericht schildert Wilhelm Rickert die Situation im Bezirk Gaudenzdorf. Er lobt den Leiter der Pfarrschule in Untermeidling. Den Leiter der öffentlichen Schule in Gaudenzdorf kritisiert er indes, da dieser ein Trinker sei und daher seine Pflichten als Lehrer vernachlässige.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Bericht

Es ist eine allgemein anerkannte Thatsache, daß die Demoralisirung der hierbezirklichen Bevölkerung der untern Klassen größtentheils dem mangelhaften Schulunterrichte zugeschrieben werden muß und daß die Schulen dieses Bezirkes, in der unmittelbaren Nähe der Residenz, in ihrer Wirkung bei weitem nicht einmal mit der letzten Dorfschule Böhmens verglichen werden können.
Man kann das Schulwesen des Bezirkes füglich in 3 Theilen abtheilen, und zwar:
1. Kleinkinderbewahranstalt
2. die eigentlichen Pfarr- und Trivialschulen
3. die Abend- und Wiederholungsschulen.
Die Kleinkinderbewahranstalt, welche als Grundlage des Schulwesens betrachtet werden soll, ist gegenwärtig wirklich nichts anderes als Bewahranstalt, denn seit zwei Jahren wird daselbst nicht der geringste Unterricht ertheilt, daher wenn das Kind in die Schule selbst eintritt, es auch nicht einmal die allergeringsten Vorkenntnisse mitbringt. Die hiesige Kleinkinderbewahranstalt wird im Sommer von 130–180 Kindern besucht, welche sämtlich in einem Zimmer untergebracht, von einem einzigen Lehrer beaufsichtiget werden, nur die Mädchen erhalten die allernothdürftigsten Unterweisungen im Stricken von des Lehrers Gattin.
Daß bei einer solchen Überfüllung ein Lehrer nichts leisten kann, ist augenscheinlich, um so mehr als gegenwärtig nur Kinder, die aller häuslichen Erziehung und Aufsicht entbehren, dort untergebracht werden und besser erzogene Kinder oder Kinder nur halbwegs bemittelter Eltern diese Anstalt gar nicht besuchen.
Wenn nun diese Kinder aus der Kleinkinderbewahranstalt in die eigentliche Schule übertreten, so ist eben so wenig die Möglichkeit vorhanden, in der Schule selbst und allein, ohne häuslichen Privatunterricht, den Kindern die nöthigen Kenntnisse beizubringen.
Im Bezirke selbst befinden sich drei Schulen: die Pfarrschule zu Reindorf und die beiden Trivialschulen zu Fünfhaus und Sechshaus.
Die Reindorfer Schule zählt ungefähr 1.200 schulfähige Kinder, von denen aber nur bei 900 die Schule besuchen.
Die Lokalitäten selbst sind von der Art, daß sie kaum sämtliche Schulfähigen fassen können – wenigstens nicht ohne größte Überfüllung; in Fünfhaus sind über 800 und Sechshaus über 470 schulfähiger Kinder; erstere Schule wird aber von beiläufig 750 und letztere von 390 Kinder besucht.
Jede Schule theilt sich in eine Vorbereitungsklasse, eine Ober- und Unterabtheilung und eine 2. Klasse.
Wie sehr bei so großer Anzahl der Schüler der Lehrer, was doch wenigstens in den Vorbereitungsklassen unbedingt nothwendig wäre, sich mit jedem einzelnen Schüler beschäftigen kann, ist wohl in die Augen springend, daher daraus auch zu folgern, wie wenig die Kinder in den Schulen lernen können.
Dasselbe ist auch der Fall mit der Religionslehre.
Dazu kommt noch, daß der Lehrer bei der Reindorfer Pfarrschule seit Jahren krank und dienstunfähig ist und das ganze Schulwesen seinen Gehilfen – darunter sein Sohn und Schwiegersohn – überlassen muß, daß diese auch die Pfarrmeßnerei zu besorgen haben und daß es schon wiederholt geschehen ist, daß wenn einer der Schulgehilfen der Meßnerei wegen z. B. beim „Kranken versehen“ aus der Schule sich entfernen muß, des Lehrers jüngster mit der Fallsucht behafteter Sohn die Aufsicht über die Klasse abberufener Gehilfen übernimmt und während der Aufsicht von der Epilepsie befallen wird, so daß die Schüler aus Furcht und Scheu sich aus der Schule flüchten.
In Fünfhaus befaßt sich der Lehrer ebenfalls nicht selbst mit dem Unterrichte, sondern hält sich hierzu Gehilfen, die er jedoch überwacht.
In Sechshaus betheiligt sich der Lehrer selbst unmittelbar an dem Unterrichte.
Außer diesen Übelständen muß noch berücksichtigt werden, daß ein Gehilfe in den hiesigen Schulen nur 4 bis 6 fr CM monatlichen Lohn vom Schulinhaber erhält und daher zur Erhaltung seiner Existenz auf Privatlekzionen etc. angewiesen ist, daß er daher in der Schule selbst nur eben seine Schuldigkeit leistet, keineswegs aber einen besonderen Fleiß und Eifer entwickeln wird. Welche Anforderung kann man wohl auch bei einer solchen Besoldung stellen?
Endlich müssen die Lehrer das Unterrichtsgeld – 12 fr CM monatlich – selbst einkassiren, kommen daher öfter mit den Partheien des rückständigen Schulgeldes wegen in Kollisionen und haben überdies eine große Anzahl zahlungsunfähiger Kinder in der Schule. Was nun die Abend- und Wiederholungsschule des Bezirkes betrifft, so sind dieselben womöglich noch schlechter.
Die Abendschulen sind für jene Kinder bestimmt, die noch schulpflichtig sind, jedoch schon in den Fabriken als Stecker, Streicher etc. arbeiten und daher erst nach der Arbeit und an Sonntagen die Schule besuchen sollen. Wie wenig diese Schule dem Zwecke entsprach, ist der deutlichste Beweis der, daß in Fünfhaus und in Sechshaus derlei Schulen gar nicht mehr gehalten werden und daß in Reindorf nur bei 30 Kinder die Abendschule besuchen. Allein was sollen diese Schulen auch nutzen, da sie doch eigentlich nur den Zweck haben, daß das Kind das Gelernte wiederholt und hie und da vervollkommnet, wenn die Kinder früher noch gar nichts gelernt haben, denn gewöhnlich sind es nur Findelkinder und Kinder von Fabriksarbeitern, welche von den Abendschulen Gebrauch machen, aber früher die Schule nur bis zum 7.–8. Jahre nothdürftig besucht und daher nicht einmal die allernothwendigsten Vorkenntnisse haben.
Den Beweis über das Gesagte liefern tägliche Erfahrungen, indem häufig Stecker- und Streicherjungen oder Mädchen hier vorkommen, die auch nicht einen Buchstaben kennen, von einer Religion oder den Zehn Geboten u. dgl. gar keinen Begriff haben und höchstens das Vater Unser oder den Glauben herzusagen im Stande sind, ohne auch nur im Geringsten den Sinn davon zu verstehen.
Bei der sonntägigen Wiederholungsschule für die Lehrjungen ist derselbe Übelstand. Im Ganzen sind bei 900 Lehrjungen in allen 3 Schulen, von diesen besucht ein großer Theil diese Wiederholungsschule gar nicht oder sehr selten, ein sehr großer Theil ist der deutschen Sprache gar nicht kundig, der Schulbesuch für sie daher ohne allen Zweck, jedoch nothwendig, um das zum Freisprechen nöthige Wiederholungsschulzeugnis zu erhalten. Überdies sind diese Lehrjungen, da dem Lehrer keine ausgiebigen Strafmittel zu Gebote stehen, so ausgelassen und unfolgsam, daß von einem Nutzen der Wiederholungsschule gar keine Rede sein kann.
Aus dem Gesagten geht auch hervor, auf welche Weise diesen Übelständen nach und nach abgeholfen werden könnte.
Es muß die Kleinkinderbewahranstalt nicht bloß als Bewahranstalt, sondern auch als Lehranstalt benutzt werden, daher eine Abtheilung der Kinder und die Beigebung eines 2. Lehrers erforderlich ist. In den eigentlichen Schulen ist ebenfalls nothwendig die Schüler wenigstens der ersten Kathegorie abzutheilen und jedem Theil zu verschiedenen Stunden der Unterricht zu ertheilen, für welchen Fall die vorhandenen Lokalitäten vollkommen hinreichen und der Lehrer mehr mit jedem Kinde einzeln sich zu beschäftigen in die Lage gesetzt wird, natürlich müßte das Lehrpersonale vermehrt und besser besoldet werden. Bezüglich der Abendschule müßten die Verordnungen, welche das Alter der zu Fabriksarbeiten zulässigen Kinder bestimmen und diesen Schulbesuch regeln, befolgt und dafür die Fabriksinhaber verantwortlich gemacht werden.
Die Wiederholungsschulen müssen nachmittags, nicht wie bisher vormittags, zu welcher Zeit der Lehrjunge oft vom Lehrherrn nicht entbehrt werden kann, abgehalten und nicht bloß in jeder Schule in einem Lehrzimmer der Unterricht vorgenommen und letzterer so wie auch die Priesterlehre auch für die böhmischen Lehrjungen zugänglich und nützlich gemacht – überhaupt sämtliche Schulen unter strengere Aufsicht und Kontrolle gestellt werden. Was die Persönlichkeit der diesbezirklichen Lehrer betrifft, so ist gegen dieselben nichts Widriges vorgekommen oder erhoben worden, ebenso wurde bezüglich der Fähigkeit der Lehrer und Gehilfen im Schulfache keine widrige Wahrnehmung gemacht.
Schließlich muß noch der Privatlehranstalt des Franz Dobisch [Tobisch] in Reindorf Nr. 69 erwähnt werden, welchem erst im Jahre 1849 die Errichtung einer Bürgerschule für den Pfarrbezirk Reindorf bewilligt wurde und der erst im 2. Jahre des Bestehens seiner Schule (3. und 4. Klasse) bereits 120 Zöglinge, darunter von Hütteldorf, Baumgarten, Hetzendorf hat, ein Beweis des Bedürfnisses einer guten Schule und der Bereitwilligkeit der Eltern hievon Gebrauch zu machen; freilich befaßt sich auch Dobisch selbst mit dem Unterrichte seiner Zöglinge und zahlt seinem 2. Hilfslehrer bei 40 fr CM monatlich, kann daher von diesem auch hinlängliche Brauchbarkeit in wissenschaftlicher Beziehung und fleißige Verwendung fordern.

k.k. stadthauptmannschaft. Bez. Kommissariat Sechshaus
am 17. März 1851
Heinz

Unter den mehreren Momenten polizeilichen Belanges war es auch Kirche und Schule hierbezirklich, worauf der Gefertigte Aufmerksamkeit wendete und davon durch Auskünfte und eigene Wahrnehmung sich die Überzeugung zu verschaffen bemüht war, wienach das Wesen und Bestreben dieser Institution verfaßt und ihr Ziel festgestellt sei.
Im Allgemeinen läßt sich wie anderwärts auch hier die Bemerkung machen, daß das Verderbnis des Familienlebens durch die Gottesdiener und Lehrer nicht nur nicht eingehalten, sondern vielmehr in der Ausbreitung geradehin gefördert wird.
Einen genauen Nachweis hierüber muß man sich wegen Unzulänglichkeit der bisher gemachten Wahrnehmungen für später vorbehalten und man kann vorläufig nur Einzelnes darüber anführen.
Am ungünstigsten steht die Sache in Neulerchenfeld und der ehrerbietig Gefertigte kann die Versicherung aussprechen, daß hier eine Abhilfe dringend nothwendig erscheint. Der Neulerchenfelder Pfarrer ist schon als Priester überhaupt unduldsam und zur Deficienz allein geeignet und es muß daher befremden, wie noch das Konsistorium ungeachtet der von der Gemeinde bereits gemachten Vorstellung mit der Amovirung dieses Herrn noch immer zaudert.
Würde man auch gar nicht gehört haben, daß dieser Priester in Folge anstrengender Studien der chaldeischen und anderer todten Sprachen sich an eine ganz abstrakte Anschauung gewöhnt hat und in den Vorträgen stets barock und lächerlich wird, daß er ferner durch übermäßiges Trinken sehr häufig seinen Beruf prostituirt und außer einem vortretenden Cinismus nur wenige Tugenden seines Standes übet, so wäre das Anhören einer einzigen Christenlehre, wie der Gefertigte sie gehört, zur Überzeugung hinlänglich, daß die Vorträge dieses Mannes die ohnehin vorwaltende Frivolität der Jugend bis zur Entartung steigern und jeden Funken religiösen Sinnes erlöschen müsse, weil die strengste Frömmigkeit an diesem verworrenen Gerede Anstoß nimmt, der leichtfertige Sinn aber daran den schicklichen Anlaß zum Gespötte und Verunglimpfung der religiösen Übung findet.
Darum ist es auch begreiflich, daß die Jugend während der Christenlehre in der grobsten Art ausartet und die Gemeindevorstehung sich sogar bemüßiget sah zur Aufsicht, wiewohl ohne Erfolg, 2 Glieder der Vorstehung in die Kirche zu bestellen.
Wenn der Gefertigte auch nur immer fragte, immer erhielt er die Auskunft, daß dieser Pfarrer für die Gemeinde ein übles Geschick sei und eine Änderung dringend nothwendig erscheinet. In politischer Beziehung steht er übrigens außer dem Kreise jeder Zurechnungsfähigkeit.
Die Schule unter Leitung eines tüchtigen und strebsamen Oberlehrers wäre gut bestellet, doch kann sie bei einer Verfassung der Kirche wie die erwähnte, wie leicht begreiflich, zu keinem besonderen Gedeihen gelangen.
Die Lehrer sind ebenfalls verwendbar und insbesondere wären auch die beiden Kooperatoren in der Katechetik mit Gunst in Verwendung, wenn nicht das leidige Verhältnis zu ihrem Pfarrer, mit welchem sie, nebenbei bemerkt, selten in Berührung kommen, daher auch im Wirthshause [?], ihren Eifer verkümmern müßte.
In Ottakring ist der Pfarrherr ebenso gesinnungstüchtig, wie er in seinem Amte zum Wohle der ihm anvertrauten Gemeinde wirkt. Leider ist der größte Theil der Bewohnerschaft jener verkümmerten Gewerbsklasse angehörig, welche für Religion und Gesittung gleichgiltig ist. Alle Bestrebung bliebe da erfolglos. Nur die alte Gemeinde obliegt noch fleißiger dem Kirchenbesuche.
Der Schullehrer, ein alter Mann, ist äußerst nachlässig, vielleicht die Folge davon, daß ein verhältnismäßig ganz geringer Theil der schulpflichtigen Kinder die Schule besuchet und von diesen wieder nur wenige, von den übrigen gar keine das Schulgeld bezahlen wollen. Man will dem Manne in dieser Beziehung beihilflich sein.
Der Hernalser Pfarrer wird durch den Ruf als sehr grob gegen Arme bezeichnet und viele Leute wollen wissen, daß er große Neigung zum Frauengeschlechte nicht zu unterdrücken wisse.
Der Gottesdienst in Hernals wird andächtig geübt und wird von Seite der Gemeindevorstehung daran viel und rege Theilnahme gezeigt. Die Schule ist gut bestellt.
Übrigens haben die Priester und Lehrer in politischer Beziehung noch nie zu einer bedenklichen Wahrnehmung Anlaß gegeben, nur der Pfarrer soll im Jahre [1]848 bei der Reichstagsdeputirtenwahl in Klosterneuburg ebenfalls im freigeisterischen Sinne kandidirt haben, daher er wohl auch bei der letzten Gemeindewahl, wo die Konservativen die Oberhand erhielten, ungeachtet der Aspirirung völlig übergangen wurde.
In Dornbach ist eine größtentheils ländliche Bevölkerung und daher der Pfarrer, welcher eine besondere Vorliebe für die Landwirthschaft hat, in das natürliche Verhältnis gesetzt in der Gemeinde ohne Vorwurf der Nachlässigkeit seiner Neigung obzuliegen.
In religiöser Beziehung beschränkt er sich auf den Vollzug der nothwendigen kirchlichen Akte. In politischer Beziehung zählt er zu den „Schwarzgelben“.
Der Schullehrer ist jung und intelligent – Strebsamkeit würde dieser Bewohnerschaft kaum dankeswerth erscheinen.
So viel im Allgemeinen und vorläufig und man kann nicht umhin, nochmals auf den Neulerchenfelder Pfarrer zurückzukommen mit der Erinnerung, daß die Amovirung desselben dringend nothwendig erscheine, wobei man nur noch bemerken zu müssen glaubt, daß dieser Pfarrer selbst versetzt zu werden wünscht, auch schon diesfalls Schritte gemacht hat, aber so wie die Gemeinde ungehört blieb.

Hernals, am 16. März [1]851
Prucha

Stadthauptmannschaftliches Bezirkscommissariat
Gaudenzdorf, Wien, am 15. März 1851

Löbliche k.k. Stadthauptmannschaft!

In Folge erhaltenen hohen Auftrages des Herrn k.k. Ministerialrathes und Stadthauptmannes Weiß von Starkenfels wird folgendes gehorsamst berichtet.
In diesem Bezirke befinden sich 2 Schulen: die Pfarrschule in Untermeidling Nr. 75 und eine öffentliche Schule in Gaudenzdorf Nr. 47. Die erstere steht unter Leitung des Schullehrers Jacob Bartsch aus Zwölfaxing geb. 59 Jahre, k[ath.] eh[elicher], Vater von 6 Kindern, von denen der älteste Sohn Schulgehilfe ist und so wie sein Vater die allgemeine Achtung genießt, dieselbe auch nach den bisher gemachten Erfahrungen vollkommen verdient.
Der Vorsteher der Schule in Gaudenzdorf Nr. 47 ist der Lehrer Jacob Schnabel, von Untermarkersdorf, in Nöst.[Niederösterreich] geb. 48 Jahre, k[ath.] eh[elicher], Vater von 4 Kindern im Alter von 5–12 Jahren, ein Mann, der zwar das Mechanische des Schuldienstes vollkommen inne hat, dessen Geist aber durch eingewurzelten Hang zur Trunkenheit stumpf geworden ist, daher mit dem gegenwärtigen Bedürfnisse der Zeit nicht fortschreitet, auch gegenüber der Schuljugend sein Ansehen nicht zu bewahren weiß. Eine nachtheilige Folge seines Hanges zum Trunke, dem er sich täglich abends im Übermaße in Gasthäusern überläßt, ist, daß der vernünftigere Theil der Bevölkerung zu ihm kein Zutrauen hat, seine Kinder aus der Schule zurückhält und entweder anderwärts unterrichten läßt oder ganz ohne Unterricht aufwachsen läßt, daher sich auch die Frequenz in seiner Schule bedeutend vermindert und nur die Kinder armer und sorgloser Eltern dieselbe besuchen.

Rickert