Der Arzt und Professor Anton Jaksch informiert Thun über die Situation am
Prager Spital. Zunächst zeigt er sich sehr erfreut darüber, dass den
Barmherzigen Schwestern die Pflege im Prager Spital übertragen werden
solle. Denn aus seiner Sicht benötigen gerade Kranke geistige und
religiöse Erbauung. Er war allerdings sehr überrascht, als er die
Begründung des Innenministeriums für diesen Schritt las. Diese lautete
nämlich dahingehend, dass die bisherige Pflege im Spital sehr zu
wünschen übrig lasse und dass von der Leitung des Spitals keine
Besserung in dieser Hinsicht zu erwarten sei. Diese Behauptung empfindet
Jaksch jedoch geradezu als Beleidigung. Denn die Aufsicht der Pflege
unterstehe den Ärzten und im Umkehrschluss hieße das, dass die Ärzte
ihren Pflichten nicht nachkämen. Diese Anschuldigung will sich Jaksch
aber nicht bieten lassen und nennt stattdessen eine Reihe von Erfolgen
und Leistungen der örtlichen Ärzte. Jaksch kritisiert aber nicht nur die
Begründung der Anstellung der Barmherzigen Schwestern, sondern auch die
Art und Weise, wie diese letztlich erfolgt war. Denn dabei wurden weder
die Ärzte noch Direktoren zu Rate gezogen. Die Einführung wird zudem
dadurch erschwert, dass die Ordensregeln der Schwestern teils
abweichende Bestimmungen zu jenen des Spitals enthalten. Jaksch hofft,
dass Thun in dieser Angelegenheit vermitteln kann und erkundigt sich
zugleich, ob der Minister eine Eingabe oder Vorsprache beim Kaiser für
zielführend hält.
In der ersten Beilage protestieren die Ärzte des
Prager Krankenhauses gegen einige neu erlassene Vorschriften der
Statthalterei, insbesondere gegen die nunmehr vorgeschriebene Trennung
von weiblichen und männlichen Kranken auf den Stationen. Diese
vorgeschriebene Trennung war eine Folge der Übertragung der Pflege an
die Barmherzigen Schwestern. Durch diese Trennung wird aus der Sicht der
Ärzte jedoch der Betrieb des Krankenhauses erschwert und außerdem
entstünden dadurch zahlreiche medizinische Probleme. Außerdem
kritisieren die Ärzte die Reduktion der Internpräparanden, was zu einer
weiteren Verschlechterung der Versorgung führen werde.
In der
zweiten Beilage antwortet der Statthalter Karl Mecsery von Tsoor auf die
Kritik der Ärzte. Hinsichtlich der Trennung der Geschlechter verweist er
auf die Ordensregeln der Barmherzigen Schwestern, die eine solche
Trennung vorschreiben. Er will sich aber mit der Ordensvorsteherin
beraten, wie die Vorschläge der Ärzte umgesetzt werden können. Im
Hinblick auf die übrigen Punkte erklärt er sich zu Nachverhandlungen
bereit.
Dem Brief sind beigelegt:
Abschrift eines Schreibens des Direktors des k.k. allgemeinen Krankenhauses in
Prag, Christian Friedrich Biermann, und der Primarärzte an die k.k.
Statthalterei. Prag, 20. Februar 1856.
Abschrift eines
Schreibens des k.k. Statthaltereipräsidiums an
k.k. Krankenhausdirektion. Prag, 2. März 1856.
Außerdem sind unter derselben Signatur drei weitere Briefe von Jaksch an
Thun abgelegt:1
Anton Jaksch an Leo Thun. Prag, 11. April 1856.
Anton Jaksch an Leo Thun. Prag, 18. April 1856.
Anton Jaksch an Leo Thun. Prag, 6. Mai 1856.
Euer Excellenz!
Im Vertrauen auf die hochherzigen und edlen Gesinnungen Euerer Excellenz wage ich
es, mich mit einer Angelegenheit zu nahen, die für das Wohl der Menschheit und
Wissenschaft zu wichtig ist, als daß ich nicht selbst das Äußerste darin
versuchen sollte. Bei dem letzten Aufenthalte Euerer Excellenz in
Prag erwähnte ich, wie wünschenswerth es sey, daß die
Krankenwartung und Pflege gebildeten und von Religion und Menschenliebe
erfüllten Individuen anvertraut werde, ja ich hob dasselbe ausdrücklich in einer
Eingabe an die hohe Statthalterei im Oktober vorigen Jahres hervor, weil ich in
einer vieljährigen Spitalspraxis nur zu oft die Erfahrung machte, daß
zahlreichen Kranken religiöse Begriffe und Moralität in dem Grade abgehen, daß
Belehrung, Ermahnung, kurz eine geistige Erziehung in der Krankenanstalt eine
wahre Wohlthat für sie wäre. Ich war deshalb über die Nachricht, daß die
Barmherzigen Schwestern die Krankenanstalt übernehmen werden, innig erfreut um
so mehr, als ich das wohlthätige Wirken derselben in so zahlreichen Spitälern
Frankreichs, Belgiens, Piemonts und hie und
da selbst Deutschlands aus eigener
Anschauung kennen gelernt hatte. Ich war deshalb nicht wenig überrascht, als ich
in dem Erlasse des hohen Ministeriums des
Innern statt des Motives, das mir vorgeschwebt hatte, als Grund
der Einführung der barmherzigen Schwestern in die k.k. Krankenanstalt angeführt
fand: daß sich der wichtige Zweig des Krankenwartdienstes in
Prag in einem sehr unbefriedigenden Zustande befinde,
daß sich aller auf entsprechende Verbesserungen von Seite der Direction
gerichteten Bemühungen ungeachtet, eine gründliche Abhilfe bei dem Bestande der
gegenwärtigen Einrichtung nicht erwarten lasse. Ohne Zweifel stützt sich dieser
Ausspruch des hohen Ministeriums auf Angaben, die unwahr sind und einer
Verläumdung gleichkommen, und die bei den anderweitigen Äußerungen, die der
Abgeordnete des hohen Ministeriums des
Innern, Herr Ministerialrath von Weiß hier gethan, auch nicht weiter
befremden konnten. Bei den bisherigen Verhältnissen war die Controlle der
Krankenpflege ganz allein den Ärzten anheimgegeben, und die Wärterinnen könnten
nur in dem Falle ihre Pflichten vernachlässigt haben, wenn die Ärzte selbst
pflichtvergessen und fahrlässig gewesen wären. Diesen Vorwurf muß ich jedoch
nicht blos von mir und den mir untergebenen Ärzten, sondern auch von meinen
Collegen in der k.k. Krankenanstalt, deren Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit
ich kenne, geradezu abweisen. Den besten Beweis hiefür dürfte wohl der Ruf und
das Vertrauen geben, dessen sich unsere Krankenanstalt in
Prag und im ganzen Lande erfreut, sodann die Erfolge
der Krankenbehandlung und endlich unter vielen Thatsachen beispielshalber nur
die eine: daß seit 5 Monaten der tägliche Stand der mit ansteckendem Typhus
behafteten Kranken besonders in letzterer Zeit bis auf 140 und 160 gestiegen
sey, und daß trotz der vielen schweren und vernachlässigten Fälle fast nie ein
brandiges Aufliegen (Decubitus) vorkomme, eine Complikation, deren Fernhaltung
fast einzig und allein von einer gehörigen Krankenwartung abhängt. Wohl aber
haben sich bereits mehr als die Hälfte der subalternen Ärzte und Wärterinnen am
Typhus angesteckt, und sind bereits mehrere ihrer Pflichttreue als Opfer
gefallen. Mit gutem Gewissen kann ich ohne den Vorwurf der Selbstüberschätzung
Euerer Excellenz den Ausspruch thun, daß ich von meinen Reisen, auf denen ich so
viele Spitäler Englands, Frankreichs, Italiens und Deutschlands
kennen lernte, immer mit der Beruhigung heimkehrte, eine größere
Gewissenhaftigkeit, als hier bei uns, nicht leicht anderswo gefunden zu haben.
Der unverdiente Vorwurf, der somit in dem Erlasse des hohen Ministeriums des
Innern vorigen Jahres Z. 11542 enthalten war, mußte uns tief verletzen, um so
mehr, als wir sowohl bei der vorjährigen Cholera – als heurigen Typhusepidemie
mit der größten Anstrengung und Aufopferung unseren Pflichten nachzukommen
bemüht waren.
Konnte ich schon das Motiv des hohen Ministeriums des Innern bei
Einführung des Ordens der barmherzigen Schwestern in die k.k. Krankenanstalt
nicht billigen, so muß ich mich noch mehr gegen die Modalitäten aussprechen,
unter denen diese Einführung erfolgte, wobei alle von den Ärzten und dem
Direktor der Anstalt nicht aus Oppositionssucht, sondern aus Sachkenntnis
hervorgegangenen Bedenken bei Seite geschoben wurden. Diese Modalitäten
erschweren die Krankenbeobachtung, die Kontrolle der Pflege und Wartung der
Kranken, verletzen die Humanität, indem sie die Kranken in der Anstalt
Lebensgefahren aussetzen, erniedrigen den ärztlichen Stand, benehmen uns die
Aussicht, für die Zukunft bessere subalterne Ärzte für die Anstalt zu gewinnen,
verhindern die allseitige Ausbildung einer größeren Zahl tüchtiger praktischer
Ärzte und beheben endlich die Möglichkeit eines gründlichen klinischen
Unterrichtes und des Fortschrittes in der Wissenschaft. Da die Nothwendigkeit
dieser Modalitäten in den Ordensregeln der barmherzigen Schwestern vom heiligen
Carolus Borromeus begründet ist, so wird selbst bei dem besten Willen von beiden
Seiten nicht leicht eine Abhilfe zu finden seyn, und es ist nur sehr zu
bedauern, daß vor der Einführung dieses Ordens nicht sachkundige und erfahrene
Männer, die die Bedürfnisse einer Kranken- und Bildungsanstalt, wie es in
Prag ist, einerseits und die Ordensregeln anderseits
genau kennen, zu Rathe gezogen wurden. So vortrefflich dieser Orden auch sonst
seyn mag, so kann und wird er sich jedoch niemals für eine größere
Krankenanstalt eignen, die zugleich Bildungsschüler für die medicinische Jugend
ist, und es wäre in dieser Hinsicht der Orden der grauen Schwestern, der in
ähnlichen Anstalten Frankreichs besteht und
sich in diesen so sehr erprobt hat, unbedingt vorzuziehen gewesen.
Der
medicinische Lehrkörper hat bereits vor einiger Zeit seine unterthänigsten
Vorstellungen gegen einige dieser Modalitäten Euerer Excellenz unterbreitet, und
ich wage hier noch eine weitere Eingabe der Primarärzte und des
Krankenhausdirektors an die hohe Statthalterei und den dießfälligen Bescheid zur
hohen Einsicht vorzulegen. Vielleicht gelingt es Euerer Excellenz, wenigstens
für die Kliniken zu retten, was Noth thut.
Sollten Euere Excellenz der
Ansicht seyn, daß eine Audienz bei Seiner Apostolischen Majestät in der Sache
etwas nützen könne, so würde ich dem hohen Zwecke, den ich vor Augen habe, gern
das Opfer bringen und hiezu eigens nach Wien
kommen.
Schließlich bitte ich Euere Excellenz, mir die Freimüthigkeit, mit
der ich schreibe, zu Gute zu halten, das Bewußtseyn treu erfüllter Pflicht und
des Strebens, das Wohl der Menschheit und Wissenschaft zu fördern, gab mir den
Muth hiezu.
In tiefster Verehrung verharret
Euerer Excellenz
unterthänigster
Jaksch
Prag den 23. März 1856
Euere Excellenz!
Mit dem hohen Statthaltereipräsidialerlasse vom 7./11. Februar letzten Jahres
Z. 1471 präs. wurde die Theilung der Gänge im Klinikengebäude im allgemeinen
Krankenhause zur Erzielung der vollkommenen Trennung der Geschlechter, die
Absperrung dieser Gänge gegen die Stiegen, die Aufstellung von Öfen in den
Korridoren dieses Gebäudes, die Vorrichtung von Einzelnzimmern im Stockwerke
des Hoftraktes des Krankenhausgebäudes zu Wohnzimmern für Assistenten und
Subalternärzte, die Entlassung von vier Internpräparanden und als Ersatz die
Benützung von Externpräparanden zur Beihilfe bei dem ärztlichen
Krankendienst angeordnet. Diese Anordnungen werden zwar soeben durchgeführt;
allein, indem dieß geschieht, dringen sich gegen dieselben Bedenken auf,
welche bei ihrer Wichtigkeit in Bezug auf den Krankendienst und in weiterer
Folge auf das Wohl der Kranken und auf eine bessere Ausbildung junger Ärzte
die ehrfurchtsvoll Gefertigten sich für verpflichtet halten, Euerer
Excellenz zur hohen Erwägung und gnädigen weitern Berücksichtigung zu
unterbreiten.
1. In die beiden schmalen und langen Korridore beider
Stockwerke des Klinikengebäudes münden die klinischen Krankensäle mit ihren
Verschlägen für die Nothdurftgeschirre, dann die Aborte. Eine öftere
ausgiebige Lüftung derselben ist eben deßhalb aus Sanitätsrücksichten
unzurückweislich und um so nothwendiger, als sie von zahlreichen Schülern
betreten werden und faule Gerüche aus den Leichen- und Sektionslokalitäten
dahin dringen. Durch die Abschließung der Gänge wird die Lüftung in hohem
Grade erschwert; wird jedoch die letztere zur Genüge fortgesetzt, so hebt
sie alle Wirkung der Beheizung auf, und das hiezu verwendete Materiale ist
fruchtlos versplittert. Werden aber die Korridore nicht beheizt, so können
zu operirende oder bereits operirte chirurgische oder Augenkranke ohne
Gefährdung ihrer Herstellung, ja ihres Lebens durch dieselben in die
Operationssäle und aus diesen in die Krankenzimmer nicht übertragen oder
überführt werden, während doch eine solche Übertragung durch die projektirte
Verlegung je eines klinischen Sales in eine besondere Abschließung der
vollständigen Trennung der Geschlechter wegen nothwendig wird.
2. In
Folge der angeordneten vollkommenen Absonderung der Geschlechter wird
namentlich bei den Kliniken der sanitätswidrige Übelstand eintreten, den die
ehrfurchtsvoll Gefertigten bereits in ihrer Eingabe an die k.k.
Statthaltereikommission zur Durchführung der Übergabe der Krankenhausregie
an die barmherzigen Schwestern vom 31. Dezember 1855 zur Geltung zu bringen
versuchten. Um Männer in die Nachbarschaft von Männern, Weiber in die
Nachbarschaft von diesen zu bringen, werden hier innerlich Kranke, daher
häufig genug mit ansteckenden Leiden Cholera, Typhus, Blattern, Scharlach
und anderen akuten Ausschlagsformen Behaftete, den chirurgischen und
Augenkranken genähert, letztere sonach den Gefahren der Ansteckung aus dem
Grunde preisgegeben, weil dem Grundsatze einer bis ins Zwecklose getriebenen
Scheidung der Geschlechter die Aufrechthaltung der in einem Spitale
wichtigsten Absonderung der Kranken nach den Krankheitsgattungen zum Opfer
gebracht werden will. Diesem Übelstande läßt sich durch die etwaige
Vereinigung der Hörsäle der Chirurgie und Ophthalmologie in ein einziges
Stockwerk nicht begegnen, weil die betreffenden Operationssäle in
verschiedenen Stockwerken bestehen und ihren passenden Ort nirgends
anderwärts finden können, weil ferner die Vorlesestunden collidiren, und
auch eine Versetzung dieser nicht thunlich ist, da auch in anderen Theilen
des Krankenhausgebäudes, wenn die vollkommene Absonderung der Geschlechter
maßgebend durchgreifen wird, eine strenge Trennung nach den
Krankheitsgattungen nicht überall wird beobachtet werden können. So erklären
die Gefertigten noch einmal jene Unterordnung des Sanitätsprinzips unter die
Regel des der Krankenpflege sich widmenden Ordens als eine Verletzung der
Humanität, in Bezug auf deren nachtheilige Folgen sie jede Verantwortung von
sich ablehnen.
3. Die Einzelnzimmer, deren Vorrichtung im Stockwerke des
Kleingebäudes angeordnet ist, und welche den Assistenten und Sekundärärzten
I Kategorie als Wohnlokale angewiesen werden sollen, werden enge und
größtentheils finstere Räume sein und somit weder bequeme, noch anständige
Wohnungen für die Ärzte sein, deren auf Intelligenz basirtes Wirken für den
eigentlichen Zweck der Heilanstalt ihnen doch den ersten Rang unter den
Organen derselben anweiset.
4. In diesen Wohnungen werden die
Assistenten und Subalternärzte, obgleich in einem mit dem Krankenhause in
Verbindung stehenden Nachbargebäude, dennoch in einer für den Dienst, den
Unterricht, die Ausbildung junger Ärzte und das Wohl der Kranken keineswegs
gleichgiltigen Entfernung von den letzeren sein. Daß und warum die
Verweisung der Ärzte mit ihren Wohnungen aus dem unmittelbaren Verkehre mit
den Kranken durch die zugestandenen drei Inspektionszimmer durchaus nicht
ausgeglichen und gut gemacht werden könne, wurde bereits in der bezogenen
Eingabe an die k.k. Statthaltereikommission genügend erörtert, worauf sich
die in Ehrerbietung Gefertigten mit dem Bemerken zu beziehen erlauben, daß,
um die dießfalls sicher zu gewärtigenden Nachtheile fern zu halten, alle
Assistenten und alle geübteren Sekundärärzte Tag für Tag Inspektion halten,
das ist jede Nacht wachen oder nur einer halben Ruhe genießen müßten, was
wohl ohne Weiteres als eine unmögliche Forderung erkannt werden
dürfte.
5. Die Inspektionen auf den in jedem Stockwerke des
Krankenhausgebäudes herzurichtenden Inspektionszimmern, womit der dem
ärztlichen Dienste durch die Verlegung der ärztlichen Wohnungen außerhalb
des Hauptgebäudes zugefügte Abbruch gut gemacht werden will, werden jedoch
auch das, was sie allenfalls noch leisten könnten, aus dem Grunde nur sehr
unvollständig bewirken, weil die Zahl der Subalternärzte durch die
Entlassung von vier Internpräparanden vermindert werden soll. Da die
Assistenten und der klinische Internpräparand ihrer eigentlichen Bestimmung
für den klinischen Unterricht wie bisher auch künftighin nicht entzogen
werden dürfen, so wird die ganze Last des Journaldienstes und der
Abtheilungsinspektionen auf eilf Subalternenärzten liegen, welche dieselbe
unmöglich tragen können, ohne sich entweder Vernachlässigungen zu Schulden
kommen zu lassen oder durch den nahezu immerwährenden Verkehr mit Kranken
und eine überspannte Anstrengung Gesundheit und Leben einzubüßen. Bei
Epidemien werden diese Mißstände und Gefahren um so praller hervortreten; so
sind an dem jetzt herrschenden Typhus binnen 3 Monaten von den 31 bestellten
Subalternärzten bis nun eilf Subalternärzte erkrankt. Die Aushülfe, welche
in dieser Beziehung sowie nach anderen Richtungen des subalternärztlichen
Dienstes von den Externpräparanden erwartet wird, ist und wird stets
unverläßlich und unergiebig bleiben, denn von Präparanden, die durch keine
stabile Wohnung innerhalb des Spitals an dasselbe gebunden sind, und denen
für ihre Mühewaltung nichts Anderes geboten wird, als die Aussicht, dereinst
in den definitiven Spitalsdienst treten zu dürfen, kann nicht verlangt
werden, daß sie sich mit Aufopferung von Mühe und Zeit diesem Dienste
hingeben. Auch wird bald ein Mangel an Bewerbern um dieselben, besonders an
fähigen und brauchbaren eintreten, weil die Anzahl der Mediziner gegenwärtig
überhaupt nicht groß, die Mehrzahl zumal am Ende ihrer Laufbahn von
Subsistenzmitteln entblößt und daher nur selten in der Lage ist, die
Fixirung ihrer Existenz hinauszuschieben und sich mit einer temporären
Dienstleistung zu befassen, deren Antritt ihnen so bedeutend erschwert wird.
6. Die Entbehrlichkeit der zu entlassenden vier Internpräparanden wird
vorzüglich durch das Entfallen mancher Aufzeichnungen begründet, die nach
dem Übergange der Regie an die barmherzigen Schwestern allerdings von den
Subalternärzten nicht weiter zu besorgen sein werden. Allein diese in
Ausfall kommenden Aufzeichnungen sind, gegen die jedenfalls verbleibenden
gehalten, von minderer Bedeutung und reduziren sich auf die Ausfüllung der
Diättabellen und Erforderniszettel, während die Führung der Krankenjournale
auf den Abtheilungen, die Verfassung der Rapporte, Medikamentenextrakte,
Krankengeschichten, Zeugnisse und Berichte nach wie vor die Aufmerksamkeit
und Zeit der Subalternärzte in Anspruch nehmen werden.
7. Der wichtigste
Dienst des Subalternarztes besteht aber nicht im Schreiben, sondern in den
Vorbereitungen für das Handeln des Primärarztes und in der dem letzteren zu
leistenden Aushilfe, in den bloß den Händen der Ärzte anzuvertrauenden
Hülfsleistungen, der mikroskopischen und chemischen Untersuchungen usw. Die
Krankenaufnahme, die Sammlung anamnestischer Notizen der Ereignisse des
Krankheitsverlaufes, die Verbände, die Applikation mancher Heilmittel
namentlich der Elektrizität, die gegenwärtig häufig anzustellenden
physicalischen und chemischen Untersuchungen können bei einem
Abtheilungskrankenstande von durchschnittlich 110, auf der Externabtheilung
von durchschnittlich 130, der dritten Internabtheilung von 230 Kranken von 2
bis 3 Ärzten nicht in angemessener Weise bewältigt werden.
Die Erfahrung
hat gezeigt, daß schon nach der vor Kurzem durchgeführten Herabsetzung der
Zahl der Internpräparanden von 8 auf 6 besonders bei einem starken
Krankenandrange Stockungen und Störungen in dem geregelten Gange der
subalternärztlichen Verrichtungen eintraten, und dieß würde bei einer
weiteren Reduktion in um so höherem Grade der Fall sein, zumal als in
Erkrankungsfällen der Ärzte, welche bei herrschenden Epidemien so gewöhnlich
sind, genügende und verläßliche Substituten abgingen, welche wie bereits
berührt wurde, in den Externpräparanden nicht gefunden werden.
8. Wie
keine Internabtheilung kann jedoch insbesondere die dritte Internabtheilung
einen Internpräparanden nicht entbehren, was sich aus der so eben angegebenen
hohen Ziffer ihres Krankenstandes und aus der Nothwendigkeit vieler äußerer
Hilfeleistungen bei Syfilitischen und Hautkranken, Eingriffen mit
chirurgischen Instrumenten, Ätzungen usw., die bloß von Ärzten verrichtet
werden können, von selbst ergibt.
9. Wie bekannt, ist das Prager
allgemeine Krankenhaus nicht bloß Heil- und Unterrichtsanstalt, sondern auch
eine Schule zur gründlichen und mehrseitigen praktischen Ausbildung junger
Ärzte. Je mehr jungen Ärzten die Aufnahme in den Spitalsdienst, und zwar
nicht in den bloß exkursorischen, sondern in jenen, der sie innerhalb der
Anstalt selbst festhält, ermöglicht wird, desto fruchtbringender wird diese
Wirksamkeit des Instituts sein, desto zahlreicher durch Erfahrung und Übung
gebildete Ärzte, die dasselbe dem Lande schenkt; durch die Verminderung der
Anzahl der Interpräparanden wird aber vielen jungen Ärzten die schicklichste
Gelegenheit zur Vervollkommnung ihrer Bildung entzogen.
Geruhen Euere
Excellenz huldvollst zu verfügen, daß durch die vorgezeichnete Reduction der
Internpräparanden die soeben berührte nützliche Wirksamkeit der allgemeinen
Krankenanstalt nicht verkümmern, die betreffende Anordnung behoben, die
Internpräparanden wenigstens in der jetzt bestehenden Anzahl von sechs auch
fernerhin in der Anstalt beibehalten werden, daß aber auch zur Wahrung der
übrigen in diesem ehrfurchtsvollen Gesuche mehrmals berührten Interessen,
wenigstens die Wohnungen der Assistenten und ersten Secundärärzte innerhalb
des Hauptgebäudes mit Auflassung der dann überflüssigen Inspektionszimmer in
den Stockwerken weiterhin verbleiben, und wenigstens auf den klinischen
Sälen die vollkommene Scheidung der Geschlechter durch die einfache
Abschließung der Kommunikationsthüren zwischen je einem Männer- und
Weibersaal ohne alle weitere Verschallungen der Stiegen und Korridore
bewerkstelligt werde.
Übrigens dürfte in diesem Gesuche selbst der
Beweis liegen, daß die ehrfurchtsvoll Unterzeichneten bei Überreichung
desselben bloß von dem Streben geleitet wurden, nachtheilige Folgen zu
verhüten und weit davon entfernt sind, eine etwa außerhalb des Interesses
der Anstalt und der Humanität gelegene Einstreuung gegen die Übernahme der
Krankenpflege von Seite der ehrwürdigen barmherzigen Schwestern und die
Konsequenzen derselben zu versuchen, während sie im Gegentheil immer bereit
sein werden, die heilbringende Thätigkeit dieser Ordensgemeinde in der
Krankenanstalt mit willigem Eifer zu unterstützen.
Dir. Biermann
Prof. Pitha
Prof. Jaksch
Prof. Halla
Prof. Arlt
Prof. Waller
Prof. Ceyka
Prag, am 20. Februar 1856
K.k. Krankenhausdirektion!
Ich muß bedauern, dem neuerlichen Ansuchen vom 20.
vorigen Monats wegen Modifizirung des bei der Übergabe der
Wartpflege und Bewirthschaftung des allgemeinen Krankenhauses an die
Kongregazion der barmherzigen Schwestern durchzuführenden Princips der
Trennung der Kranken nach dem Geschlechte, dann wegen Belassung der
Wohnungen einiger Ärzte im Hauptgebäude der Anstalt nicht selbst Folge
geben, auch nicht einmal dasselbe hohen Ortes beantworten zu
können.
Nach der ausdrücklichen Erklärung der Frau Generaloberin jener Kongregation sollen
die wiederholt beantragten Modifkationen mit den Institutionen ihres Ordens
durchaus nicht vereinbarlich sein, und nach dem hohen Ministerialerlasse vom
18. vorigen Monats Z. 1910 MI wird die genaue Durchführung der bezüglich
jener Übergabe vorgezeichneten, der k.k. Krankenhausdirekzion am 16. Jänner
und 7. Februar dieses Jahres Z. 611 und 1471 präs. bekannt gegebenen
Modalitäten verlässlich gewärtigt.
Jenes Ansuchen ist überdieß nur als
eine Erneuerung und umständlichere Begründung der am 30. Dezember vorigen
Jahres eingebrachten Vorstellung anzusehen, welche ohne einer besonderen
Beachtung mit dem hohen Ministerialerlasse vom 14. Jänner dieses Jahres Z.
143 MI als durch diesen erledigt anher zurückgestellt wurde.
Nicht
unbemerkt kann ich es aber lassen, daß demohngeachtet mir die Frau Generaloberin für den Fall, als sich im
Verlaufe der Zeit bei der Besorgung des allgemeinen Krankenhauses der
leitenden Hausoberen die Möglichkeit erweisen sollte, den Wünschen der
Krankenhausdirekzion oder der leitenden H. H. Primärärzte entgegen zu
kommen, ohne die Ordensstatuten zu verletzen, sich dieselbe es gewiß zur
angelegentlichsten Pflicht machen werde, so geartete Anordnungen in Antrag
zu bringen.
Sache der k.k. Krankenhausdirekzion wird es jedoch
jedenfalls schon jetzt sein, im Einvernehmen mit der Frau Generaloberin
thunlichst mit Umsicht solche Vorkehrungen zu treffen, welche, ohne das
Absonderungsprinzip der Geschlechter aufzugeben, den angeregten
Sanitätsbedenken angemessen entgegen zu treten, vermögend sein werden, was
wohl kaum ganz außerhalb des Kreises der Möglichkeit gelegen sein
dürfte.
Bezüglich der für die Ärzte im Nebengebäude neu herzustellenden
Wohnungen wird vorausgesetzt, daß dieselben eine möglichst angemessene
Unterkunft bieten werden. Auch dürfte jede Verlegenheit dießfalls sowie
bezüglich der Unterbringung aller bisher bestandenen Internpräparanden in
diesem Gebäude gänzlich entfallen, wenn die zwei kleineren vorläufig zur
Wohnung des Hausgeistlichen bestimmten Zimmer des bisherigen
Verwaltersquartiers zu diesem Behufe nicht nöthig und anderweitig verwendbar
sein sollten.
Um übrigens bezüglich des Fortbestandes der bisherigen
Präparandenzahl das Geeignete verfügen zu können, erscheint die Nachweisung
nothwendig, wie sich die Zahl der jeder Abtheilung des Krankenhauses
zugewiesenen subalternen Ärzte der verschiedenen Kategorien mit Rücksicht
auf den durchschnittlichen Krankenstand zu der dießfalls im Wiener
allgemeinen Krankenhause normirten Zahl der verschiedenen
Krankenabtheilungen verhalte.
Sollten für die unerläßlich nöthige Zahl
der subalternen Ärzte die erforderlichen Wohnungen weder im
Krankenhausneben- noch im nachbarlichen Gebäude zu ermitteln und zu sichern
sein, so werde ich wenigstens dafür sorgen, daß die an die Stelle der
Internpräparanden aufzunehmenden Externpräparanden der den ersteren
zugewiesenen monatlichen Remunerazion für die Folge theilhaftig
werden.
Hiernach hat die k.k. Krankenhausdirekzion das Nöthige zu
veranlassen und die ferneren Ergebnisse mir bis zum 20. kommenden Monats
anzuzeigen.
Der Statthalter
Meszeri