Anton Jaksch an Leo Thun
Prag, 18. April 1856
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Regest

Der Mediziner Anton Jaksch äußert sich zur Reform des Prager Allgemeinen Krankenhauses und zu einigen Personalfragen, in denen er Thun um Hilfe gebeten hatte. Zunächst dankt Jaksch Thun aber für dessen Hilfe bei der Umstrukturierung des Prager Krankenhauses. Dies betrifft besonders die Beibehaltung der Hörsäle und Wohnungen einiger Ärzte in der Klinik. Anschließend äußert sich Jaksch zum Arzt Josef Finger, über den sich Thun einige Informationen erbeten hatte. Jaksch spricht sich insgesamt lobend über dessen Fähigkeiten als Arzt aus, weil er allgemeine Bildung und vielseitiges medizinisches Wissen in seiner Person vereine. Außerdem spreche er gut Italienisch, so dass er auch in dieser Hinsicht für eine Lehrkanzel in Innsbruck vollkommen geeignet wäre. Hinsichtlich der Nachfolge für den verstorbenen Joseph Rechinger verweist Jaksch auf die Eingabe der Fakultät beim Ministerium. Er weist allerdings besonders auf die Bitte hin, den Lehrstuhl bei einer Neubesetzung zu teilen, da sich durch den Fortschritt der Wissenschaft sowohl die Pathologie als auch die Pharmakologie zu eigenständigen und umfangreichen Fächern entwickelt haben. Für die beiden Lehrkanzeln, die dann entstehen würden, schlägt er zwei Kandidaten vor.

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Edierter Text

Euer Excellenz!

Tausend Dank für die trostreichen Zeilen, deren mich Euer Excellenz würdigten. Ich hatte bereits an einem guten Ausgange zu verzweifeln angefangen, da alle Versuche, selbst die Seiner Excellenz des Herrn Statthalters, wenigstens für einige den Unterricht betreffende Punkte von Seite des Ordens Concessionen zu erlangen, fruchtlos geblieben waren. Wahrscheinlich war dieß auf Einrathen des Herrn Ministerialrathes W[eiß] von St[arkenfels], dem Fürst Franz Lobkowitz unsere Eingabe an Seine Excellenz dem Herrn Statthalter mitgetheilt haben soll, geschehen, und Euerer Excellenz weiser Maßregeln allein muß es zugeschrieben werden, daß nun mit einem Male eine glückliche Wendung eingetreten ist, und folgende für den Unterricht wichtigen Zugeständnisse gemacht wurden.
1. Die klinischen Hörsäle werden nicht getrennt, sondern bleiben wie bisher neben einander. 2. Die Wohnungen der Assistenten in der nächsten Nähe der Klinik werden belassen. 3. Die 1. Sekundarärzte sollen gleichfalls ihre Wohnzimmer im Hauptgebäude behalten. Über 2 und 3 ist uns bisher ämtlich noch keine Mittheilung gemacht worden, was ich darüber weiß, erfuhr ich mündlich durch den Landesmed[izinal]rath Nadherny. Über den Fortbestand der Internpräparanden, wie bisher, ist mir nichts bekannt geworden. Ich werde es für meine Pflicht halten und sicher nicht unterlassen, Euerer Excellenz Nachricht zu geben, sobald eine oder die andere dieser Concessionen ämtlich gesichert und verwirklicht seyn wird. Indeß bin ich überaus froh und glücklich über den Erfolg, den das edle Streben Euerer Excellenz bis jetzt schon herbeigeführt hat; der Himmel wird noch weiterhin die Bemühungen Euerer Excellenz segnen. Ich ertheile nun die Auskünfte, die Euere Excellenz wünschen:
Dr. Finger diente mehrere Jahre auf meiner Abtheilung als 1. Sekundararzt, ich kenne ihn somit sehr genau. Er besitzt allgemeine Bildung, die gerade bei dem ärztlichen Stande so nothwendig ist, und eine gründliche und vielseitige medicinisch praktische Bildung, hat Liebe zur Wissenschaft und wird sich deshalb fortbilden; er hat allzeit einen biedern Charakter und ächte Humanität an den Tag gelegt. Da ich selbst der italienischen Sprache mächtig bin, so war es mir leicht, mich von seinen Kenntnissen in dieser Sprache zu überzeugen: er ist im Stande, einen Kranken italienisch zu examiniren und versteht so viel von der Sprache, daß es gewiß nur eine kurze Zeit bedarf, um ihrer vollkommen mächtig zu seyn. Ich meinestheils möchte Dr. Finger für vollkommen befähigt und geeignet für die klinische Professur in Innsbruck halten.
Was die Professur nach dem Ableben des Prof. Rechinger anbelangt, so bitte ich Euere Excellenz, die dießfällige Eingabe des Lehrkörpers an Ein hohes Ministerium einer Durchsicht zu würdigen. Es sind in dieser Eingabe meine Ansichten über die künftige Gestaltung dieser Professur, wie ich sie schon seit Jahren hege, enthalten. Es muß dieselbe in 2 Fächer zerlegt werden, deren Bewältigung bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft und den Riesenfortschritten grade in dieser Richtung Einem Manne zur Unmöglichkeit geworden ist. Die Arzneimittellehre und was alles dazu heut zu Tage gehört, beschäftigt einen Kopf und einen Lehrer mehr als hinreichend; die allgemeine Pathologie und Therapie in Verbindung mit der ihr angehörenden klinischen Propädeutik fordert für sich einen Mann, an den ganz andere Ansprüche als an den Pharmakologen gemacht werden. Die klinische Propädeutik könnte nur zum größten Nachtheile der Schüler und der medizinisch praktischen Wissenschaft ferner bei der Klinik belassen werden, da 4 Semester des klinischen Unterrichtes bei der großen Reichhaltigkeit des Materials kaum hinreichen, selbst bei der gewissenhaftesten Benützung der Zeit den Schüler für die Praxis gründlich und allseitig vorzubereiten. Die klinische Propädeutik bildet mit der allgemeinen Pathologie und Therapie ein Ganzes, das sich gar nicht trennen läßt, und als einer der wichtigsten Zweige des medizinischen Unterrichtes einen eigenen Vertreter dringend fordert. Was die Persönlichkeiten für diese 2 Professuren anbelangt, so hatte ich bezüglich der Pharmakologie den Dr. Zobel, der allgemeinen Pathologie und Propädeutik den Prof. Duchek als die würdigsten Vertreter dieser Fächer unter den mir bekannten Candidaten herausgefunden; seitdem jedoch der Abgang des Prof. Duchek nach Heidelberg als feststehend anzusehen ist, habe ich über einen Ersatzmann für ihn mit mir noch nicht ins Reine kommen können. Ich werde jedoch nicht unterlassen, sowohl als Mitglied des Lehrkörpers als privatim, Euerer Excellenz den Mann zu bezeichnen, den ich etwa als den Geeignetesten unter den Bewerbern herausfinden werde.
Mit nochmaligem, innig gefühltem Danke für die erfolgreichen Bemühungen und der größten Verehrung zeichnet sich

Euerer Excellenz unterthänigster
Jaksch

Prag, den 18. April 1856