Ludwig Heufler an Leo Thun
[Hermannstadt, Ende August/Anfang September 1850]
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Regest

Ludwig Heufler berichtet Leo Thun vom Abschluss der Beratungen über das Unterrichtswesen in Siebenbürgen. Die abschließenden Konferenzen mit den Delegierten und Schulinspektoren waren sehr fruchtbar und mit einer Ausnahme auch sehr harmonisch und frei von nationalen Bestrebungen. Heufler wird demnächst nach Wien zurückkehren und Thun mündlich berichten. Die Beratungen in Wien sind aus seiner Sicht unbedingt erforderlich, weil die Lage in Siebenbürgen sehr vielschichtig ist. Während seines Aufenthaltes in Siebenbürgen hat Heufler auch das Unterrichts- und Kultusdepartement übernommen, das er nach seiner Abreise dem Bezirkskommissär Gabriel Dorgo übergeben wird.
Im beiliegenden Hirtenbrief fordert der griechisch-katholische Generalvikar Constantin Alutan zur Einberufung der Eperchial- und Diözesansynoden auf, um die Bischofwahl vornehmen zu können.

Anmerkungen zum Dokument

Beilage:
Gedruckter Hirtenbrief von dem griechisch-katholischen Generalvikar , [Blaj], .
Abschrift dieses Hirtenbriefs in deutscher Übersetzung.1Hier ist nur diese Übersetzung transkribiert.

Verweis auf A3 XXI D61.

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DBBB-C

Schlagworte

Edierter Text

Euere Excellenz!

Die Hoffnung, die ich am Anfange dieses Monates mir auszusprechen erlaubte, nämlich am Ende desselben mit dem Operate über die Einrichtung des Unterrichtswesens fertig zu werden, ist im Wesentlichen in Erfüllung gegangen. Die berathenden Sitzungen über dasselbe haben nämlich gestern ihr Ende erreicht. Ich kann das Benehmen der einberufenen Vertrauensmänner nicht genug loben. Leider muß ich aber davon den als Individuum so ausgezeichneten Conrecktor Teutsch ausnehmen, der in dem kollegialischen Verhältnisse Eigenschaften gezeigt hat, die ihn bei allen seinen übrigen vortrefflichen Eigenschaften zur Stelle eines Schulrathes untauglich machen. Er ist nämlich in so ausschließlich sächsisch-nationaler Richtung befangen, daß es nicht möglich wäre, bei seiner Anwesenheit den Frieden zu erhalten.
Meine noch übrigen Geschäfte bestehen darin, meinen zu den Berathungen gebrachten Entwurf nach dem Resultate derselben zu redigiren und den Bericht dazu zu machen. Das Copiren werde ich aufs äußerste beschleunigen, so daß ich am Ende dieser Woche die Reise nach Wien werde antreten können. Am 11. oder 12. September hoffe ich demnach meine Arbeit in die Hände Euerer Exzellenz niederlegen zu können.
Für den amtlichen Auftrag, in Person nach Wien zu reisen, bin ich Euerer Exzellenz äußerst dankbar; die Rücksichten, die in Siebenbürgen zu nehmen sind, sind so vielfach und die Collisionen derselben sind so unvermeidlich, daß ich in hohem Grade das Bedürfnis fühle, mich auch mündlich aussprechen zu können. Nur das Vertrauen, das Euere Exzellenz mir so gnädig geschenkt haben, war im Stande meinen Muth hier aufrecht zu halten, und ich will auch noch in den letzten Augenblicken mich bestreben, es zu verdienen. Ich habe immer den Wahlspruch der nie genug zu liebenden Maria Theresia vor Augen: Justitia et Clementia. Das ist mein Ziel und all mein Streben. Wie weit dahinter die That bleibt, fühle ich selbst am allerbesten, und nur mit Zagen werde ich deshalb meine Anträge überreichen.
Schon seit Anfang Julius hatte der Gouverneur mir das Departement über Unterrichtswesen übergeben; Mitte August mußte ich auch das Cultusdepartement übernehmen, weil es sich zeigte, daß Beides in einer Hand sein müsse. Ich benütze diese Zeit, um den Bezirkskommissär Gabriel Dorgo, dessen Charackteristick ich schon gegeben habe, in das Geschäft einzuführen. Er wird nach meiner Abreise Referent werden; das Präsidium in den Sitzungen der provisorischen Schulbehörde wird jedoch bis zur Rückkunft Bach’s Herr Regierungsrath von Weiß führen. Unter diesen Voraussetzungen verlasse ich Hermannstadt mit Beruhigung. Einen neuen Hirtenbrief bin ich so frei beizulegen und geharre mit dem Ausdrucke der größten Verehrung

Euerer Exzellenz

ergebenster Diener

Heufler

Geehrter Bruder in Christo!

Unser allergnädigster apostolischer König und rechtgläubiger Kaiser hat, von Eifer für unseren römischen Glauben erfüllt, und weil er besorgte, wenn unsere rechtgläubigen, mit der römischen Kirche im Glauben vereinigten Romanen noch länger ohne einen geistlichen Oberhirten und Führer blieben, so würden sie von Verführern und lügnerischen Propheten betrogen, zu ihrem großen Verderben von dem wahren Glauben ihrer Vorfahren abfallen, aus Erbarmen sein mildes und christliches Herz unsrer trauernden Diöcese, welche durch die Abdankung unsres gütigen Vaters eine Witwe geworden, zugewandt und uns mittels des allerhöchsten, am 11. Juni laufenden Jahres Z. 3834 erlassenen, dem Kapitel aber von Seiner Excellenz dem Herrn Gouverneur am 16. Julius mitgetheilten Decretes zur Z. 610.614 und 15360, die Bewilligung unseren Bischof, nach dem alten, dieser Diöcese zustehenden und mittels Diplomes vom Jahre 1701 bestätigten Rechte und nach der bisher bei der Wahl des Bischofs beobachteten Art und Weise zu wählen unter der strengen Verpflichtung ertheilt, daß wir uns aus Rücksicht auf den gegenwärtigen Belagerungszustand des Landes bei Gelegenheit der Wahl unter strenger Verantwortlichkeit in die Verhandlung keiner andern Gegenstände einlassen, und es als unsere strenge Pflicht ansehen, sowohl die Eparchialsynoden als auch die Diöcesansynode, welche zur Wahl des Bischofs berufen werden, in jener großen Ruhe, welche sich für unseren Stand geziemt, zu feiern.
In Folge des verehrten Decretes habe ich dir, geliebter Bruder, nach gepflogenem Einvernehmen mit Seiner Excellenz dem Herrn Gouverneur aufzutragen,
1., daß du auf den 16. September neuen (nicht alten Styles) die deiner Aufsicht anvertrauten Priester zusammenrufest, und daß Ihr darauf, nachdem Ihr zuvor dem allmächtigen Gott ein unblutiges Opfer gebracht und den Beistand des heiligen Geistes zu dieser so bedeutungsvollen Handlung angefleht, nach altem Gebrauche durch geheime Abstimmung einen Bischof wählet.
2., daß Ihr auf dieselbe Weise einen Abgeordneten der Eparchie wählet, welcher die Stimmen der Eparchie der Diöcesansynode überbringe, und sowie du selbst, volle Freiheit habe, ohne sich dabei nach dem Gehalte des kaiserlichen Decretes in andre Gegenstände zu mischen, auch andere Aufträge, womit Euch der k.k. Commissär oder Untercommissär bei dieser Gelegenheit betrauen wird, genau zu erfüllen.
3., daß du dich auf den 30. September neuen (18. September alten) Styls, zugleich mit deinem Amtsgehülfen und dem aus den dir unterstehenden Priestern gewählten Abgeordneten der Eparchie in Blasendorf einfindest, wo wir darauf nach erhaltener Vorschrift über alle zu verhandelnden Gegenstände und nach Anrufung des heiligen Geistes unter der Leitung des von allerhöchsten Orten zu diesem Geschäfte ausgesandten kaiserlichen Bevollmächtigten den erhabenen Act der Bischofswahl vollziehen werden.
Damit aber dieser zur Verherrlichung und zum Preise Gottes, zum Wohle der griechisch katholischen Kirche und zum Frommen der romanischen Nation ausfalle, wollen wir mit gebeugtem und dehmüthigem Herzen zum Vater des Lichtes beten, daß er seine Gabe von oben aussende und unsern Verstand erleuchte, auf daß wir den Mann unserer Sehnsucht ausfindig machen können. Der ich mit brüderlicher Liebe verbleibe
Dein wohlwollender Bruder in Christo
Constantin Alutan
Generalvicar des Kapitels

Blasendorf, 30. Julius 1850