Zwei Gutachten von Anton Krombholz zu § 53 der Anträge der Erzbischöfe und Bischöfe des Kaiserreichs zur Umsetzung des Konkordats
Wien, 31. August 1856
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Regest

Die Bischofsversammlung äußert sich in § 53 zum Schulpatronat. Sie äußert die Überzeugung, dass dieses nicht mit dem Kirchenrecht vereinbar sei, sondern ein reines Staatsgesetz darstelle. Daher möchten die Bischöfe die Verbindung von Schul- und Kirchenpatronat lösen und schlagen vor, dem Kirchenpatron die Verpflichtung abzunehmen, zugleich als Schulpatron fungieren zu müssen.
Anton Krombholz sieht indes keinen Grund, eine Trennung von Schul- und Kirchenpatronat herbeizuführen. Er glaubt vielmehr, dass bei der engen Verbindung der Volksschule mit der Kirche eine Trennung nachteilig wäre. Außerdem bestehe, so führt Krombholz weiter aus, die Verbindung bereits seit Maria Theresia und habe sich seither bewährt. Dennoch räumt Krombholz ein, dass eine neue gesetzliche Regelung für die Schulpatronate erforderlich sei – die Gründe hierfür seien aber andere als jene, die die Bischofsversammlung angeführt habe.

Anmerkungen zum Dokument

Die Gutachten sind mit weiteren 18 Gutachten unter der Signatur A3 XXI D383 abgelegt.1

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DBE2-F

Schlagworte

Edierter Text

LIII.

Das Schulpatronat ist dem Kirchengesetze völlig fremd; es ist, wo es besteht, eine Einrichtung, welche einzig und allein dem Staatsgesetze angehört, wiewohl man dabei die Formen des Kirchenpatronates zum Vorbilde genommen hat. Die Verpflichtung zu den mit dem Schulpatronate verbundenen Leistungen gründet sich daher einzig und allein auf das Staatsgesetz und kann nur insoweit, als sie dem Grundherrn zu Gunsten seiner Unterthanen auferlegt wurde, auf einen Grund der Billigkeit zurückgeführt werden; für eine diesfällige Verpflichtung, welche dem Kirchenpatron als solchem auferlegt wurde, wüssten die versammelten Bischöfe durchaus keinen Anhaltspunkt zu finden.

LIII.
Schulpatronat

Das Schulpatronat hat bisher zur Errichtung, Erhaltung und Erweiterung zahlreicher katholischer Volksschulen wohlthätig gewirkt.
Wenn man das enge Verhältnis der Kirche zur Schule, der kirchlichen Anstalten zu den Volksschulanstalten in Betracht zieht, so scheint nichts natürlicher zu sein, als daß der Pfarrpatron zugleich der Schulpatron ist.
Das beweist auch der geschichtliche Hergang. Ein Zurückgehen auf die Verhältnisse, wie sie in der Zeit vor der Theresianischen Schulgesetzgebung sich an vielen Orten, in ganzen Ländern gestaltet haben, liefert den geschichtlichen Beweis, daß das Schulpatronat in seiner Wesenheit, und zwar in Verbindung mit dem Pfarrpatronate bestand, bevor noch politische Schulgesetze gegeben wurden.
Die Stifter der Pfarrkirchen, die ihre Patrone wurden, waren auch die Stifter der Schulen, nämlich der Pfarrschulen. Zahlreiche Pfarrerrichtungsurkunden weisen nach, daß mit der Errichtung der Pfarreien auch der Grund zu den Schulen gelegt wurde, daß beide Institute gleichzeitig ihre Dotationen erhielten, und daß die Stifter sich häufig auch die Bestellung des Ludimagister oder Kantors oder Organisten oder Meßners vorbehielten, in einzelnen Fällen auch an andere übertrugen.
Die katholische Volksschule ist ein nothwendiges Zugehör der katholischen Pfarre, bestimmt für den Unterricht der katholischen Jugend, welche in der Kirche d.i. in dem katholischen Gotteshause, nicht in zureichender Weise unterrichtet werden kann.
Die Staatsverwaltung, welche insbesondere seit den Zeiten der Regierung der hochseligen Kaiserin, Maria Theresia, das Volksschulwesen in seinen manigfaltigen Verhältnissen zu ordnen begann, und die Verpflichtung zum Besuche der bestehenden Schulen festsetzte, hat es auch für nothwendig gefunden, mehrere Bestimmungen zur Regelung des Schulpatronats zu treffen, ohne daß jedoch darum gesagt werden kann, die staatliche Gesetzgebung habe das Schulpatronat, oder die naturgemäße und in der historischen Entwicklung herausgebildete Verbindungen desselben mit dem Pfarrpatronate erst geschaffen.
Es soll übrigens nicht geläugnet werden, daß die dermalen in Kraft bestehenden Gesetzesbestimmungen hinsichtlich des Schulpatronates einer Verbesserung fähig und bedürftig seien, im Gegentheile hat die Staatsverwaltung selbst die Nothwendigkeit einer theilweisen Modifizierung gefühlt, und wenn noch keine definitive Neuregelung erfolgt ist, so liegt die Ursache darin, daß solche mit der Feststellung anderer Verhältnisse zusammenhängt, welcher in der nächsten Zukunft entgegengesehen werden darf.

LIII.
Schulpatronat

Von allem drängt sich die Frage auf, was die versammelten Bischöfe veranlassen konnte, das Schulpatronat anzugreifen und gleichsam als verwerflich darzustellen. Es wird doch Niemand das Schulpatronat, das bisher zur Errichtung, Erhaltung und Erweiterung zahlreicher katholischer Volksschulen so wohlthätig wirkte, als eine nachtheilige oder gemeinschädliche oder den Interessen der Kirche abträgliche Einrichtung ansehen wollen. Ist dasselbe aber eine wohlthätige, dem wichtigen Institute der Volksschule förderliche Einrichtung, so verdient es geschätzt und erhalten zu werden, sein Ursprung und bisheriger Bestand mag auf das Kirchen- oder Staatsgesetz sich gründen. Man wird es doch nicht etwa darum als schlecht und verwerflich bezeichnen wollen, wenn wirklich nachgewiesen werden sollte, daß es dem Staatsgesetze, wie die versammelten Bischöfe meinen, angehöre.
Wenn der Gefertigte das enge Verhältnis der Kirche zur Schule oder der kirchlichen Anstalten zu den Volkschulanstalten in Betracht zieht, so scheint ihm nichts natürlicher zu sein, als daß der Pfarrpatron zugleich der Schulpatron ist, und es müßte wirklich gar sonderbar zugegangen sein, wenn die Kirche, die immer das Rechte und Naturgemäße zu finden wußte dem Kirchen- und Pfarrpatron nicht auch die katholische Volksschule anvertraut haben sollte; – und wenn sie dieses – was nicht glaubwürdig ist, zu thun unterlassen hätte, so würde der Staat allen Dank verdienen, wenn er das enge Verhältnis der katholischen Volksschule zu den kirchlichen Instituten aufgefaßt, und dem Kirchen- und Pfarrpatron das Schulpatronat übertragen hätte.
Ist, – wie doch gerade von Seite der kirchlichen Organe behauptet wird, die katholische Volksschule eine Tochter der Kirche, warum sollte sie nicht mit der Mutter unter demselben Schutzpatron stehen. Warum nicht einige Vortheile mit der Mutter gemein haben? Könnte es auch nur gerechtfertigt werden, wenn die Mutter sich allein alle Vortheile, die das Patronat gewährt, aneignen und die Schule als eine verlassene, der bisher genossenen Begünstigungen beraubte Waise dem öffentlichen Erbarmen Preis geben wollte?
Nach der Ansicht des Gefertigten bestand das Schulpatronat in seiner Wesenheit und zwar in Verbindung mit dem Pfarrpatronate bevor politische Schulgesetze gegeben wurden. Das Schulpatronat war in dem Pfarrpatronate enthalten.
Die Stifter der Pfarrkirchen, die ihre Patrone wurden, waren auch die Stifter der Schulen, nämlich der Pfarrschulen. Zahlreiche Pfarrerrichtungsurkunden weisen nach, daß mit der Errichtung der Pfarreien auch der Grund zu den Schulen gelegt wurde, daß beide Institute gleichzeitig ihre Dotationen erhielten und daß die Stifter sich häufig auch die Bestellung des Ludimagisters oder Kantors oder Organisten und Meßners vorbehielten, in einzelnen Fällen auch an andere übertrugen.
Die katholische Volksschule ist ein nothwendiges Nebeninstitut der katholischen Pfarre, bestimmt für den Unterricht der katholischen Jugend, welche in der Kirche, d.i. in dem katholischen Gotteshause nicht in zureichender Weise unterrichtet werden kann.
Die Staatsverwaltung, welche insbesondere seit den Zeiten der Regierung der hochseligen Kaiserin Maria Theresia das Volksschulwesen in seinen mannichfaltigen Verhältnissen zu ordnen begann, und die Verpflichtung zum Besuche der bestehenden Schulen festsetzte, hat es auch für nothwendig gefunden, mehrere Bestimmungen zur Regelung des Schulpatronats zu treffen, (was auch bezüglich des Pfarrpatronats geschah) woraus jedoch sicher nicht folgt, daß dasselbe mit dem Pfarrpatronate nicht in Verbindung stehe oder daß es mit demselben nicht vereinbar sei; auch nicht, daß es lediglich dem Staatsgesetz angehöre oder daß es als verwerflich angesehen werden müsse.
Und sollte es nicht dem obersten Schutzherrn der katholischen Kirche in Österreich, Seiner Majestät dem Kaiser zustehen, das seither zum großen Nutzen des wichtigen Instituts der Volksschule mit dem Pfarrpatronate verbundene Schulpatronat in dieser Verbindung aufrecht zu erhalten?
Die mit der Zeit in eingepfarrten Ortschaften entstandenen Filialkirchen sind bloß Theile der Pfarrschulen, weshalb sie auch dort, wo sie als nothwendig erkannt wurden, unter das Patronat der Pfarrschule, wenn nicht eigene Verträge etwas anderes bestimmten, gestellt wurden.
Ob die Verpflichtung zu den mit dem Schulpatronate verbundenen Leistungen sich einzig und allein auf das Staatsgesetz – und nicht zugleich auch auf die enge Verbindung der katholischen Volksschule mit den Instituten der Kirche gründen, bedarf einer weiteren Erörterung. Man muß doch annehmen, daß bei Abfassung der Staatgesetze mit der aufmerksamsten Umsicht vorgegangen, und die Natur der zu regelnden Gegenstände sowohl als auch alles das, was bereits im Leben vorhanden war, in die sorgfältigste Erwägung gezogen wurde. Und warum sollte der Kirchen- und Pfarrpatron, nicht aus eigenem freien Entschlusse für die Schule, die er als eine nothwendige Ergänzung seiner Stiftung ansah, einige Leistungen haben übernehmen wollen. Übrigens war es gewiß für das Institut der katholischen Volksschule nur sehr vortheilhaft, daß der Staat durch gesetzliche Anordnungen dem menschlichen Willen nachhalf, wodurch zugleich dem Interesse der Kirche gedient wurde, die einer wohleingerichteten Volksschule ohne Nachtheil nicht entbehren kann.
Ob die gegenwärtig bestehenden gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Rechte und Verpflichtungen des Schulpatrons unverändert beizubehalten oder ob und in welcher Weise dieselben zu modifizieren seien, ist eine Frage, welche außer den Gränzen des zu besprechenden Gegenstandes gelegen ist.
Das Schulpatronat wäre aufrecht zu erhalten.
In der Regel wie bisher mit dem Kirchen- und Pfarrpatronate zu verbinden.
Die Bestimmungen über die Rechte und Verbindlichkeiten des Schulpatrones wären mit Hinsicht auf die veränderten Umstände zu modifizieren.
(politische Schulverfassung § 370 folg.)
Wien, den 31. August 1856.

Krombholz