Fürstbischof Heinrich Förster teilt Leo Thun einige Informationen mit,
die sich dieser erbeten hatte. Zunächst berichtet er über Prof. Ludwig
Gitzler: Dieser sei ein aufrechter Katholik und ein fleißiger Jurist,
jedoch mehr ein Sammler als ein Wissenschaftler. Außerdem besitze er
keinen fließenden Vortrag. Daher würde dieser zwar ein guter Professor
sein, aber herausragende Leistungen dürfe man von ihm nicht erwarten.
Anschließend äußert er sich zum Privatdozenten Johann Schirmer. Dieser
ist Protestant und stammt aus Greifswald. Er gilt als talentiert, doch
hat er in den vergangenen Jahren wenig geleistet. Kurz berichtet Förster
danach über die wissenschaftlichen Fähigkeiten von anderen Professoren,
er erwähnt dabei Alois Brinz, Ernst Adolf Pagenstecher und Robert Römer.
Von diesen kann er jedoch nicht sagen, ob sie Katholiken oder
Protestanten sind. An deutschen Universitäten gäbe es im Übrigen nur
sehr wenige katholische Professoren, da nur wenige Katholiken Aussicht
auf eine Karriere an einer Universität hätten. Professoren für Römisches
Recht gäbe es aus der Sicht von Förster zudem nur wenige, da durch die
Hegelsche Philosophie die historischen Rechtsstudien in den Hintergrund
gedrängt wurden.
Schließlich geht er noch auf die Angelegenheit der
Franziskaner aus Warendorf ein, die für einige Diskussionen in
Deutschland gesorgt hatten. Diese hatten sich nämlich über die laxe
Moral in ihrem Orden beschwert und in Rom eine strengere Regel für die
eigene Gemeinschaft erwirkt. Bei ihrer Rückkehr aus Rom kamen sie nach
Breslau, wo Bischof Melchior Diepenbrock, sie angesiedelt hatte. Jener
hatte dies allerdings schon bald bereut, da die Franziskaner im
Bewusstsein ihrer eigenen Strenge gegen die Weltgeistlichen hetzten.
Förster hatte sich daher zunächst in Rom beschwert und ihnen später die
Beichtjurisdiktion entzogen. Darauf reagierten die Mönche mit einigen
skandalösen Zeitungsartikeln. In der Zwischenzeit hatte sie jedoch der
Bischof von Olmütz in seiner Diözese aufgenommen.
Abschließend
berichtet Förster noch davon, dass er die Schulen in der Nähe seiner
Residenz besucht und in zahlreichen Dekanaten Kinder gefirmt habe.
Hochgebietender Herr Minister,
Hochgeborener Herr Graf!
Eine nothwendige Erkundigung über den Privatdocenten Schirmer, der mir nicht bekannt
genug war, hat bewirkt, daß ich erst jetzt imstande bin, Euer Excellenz geehrtes
Schreiben vom 11. August zu beantworten.
Professor Gitzler ist Katholik, nicht nur dem Namen,
sondern seinem Herzen und Leben nach; auch auf die Gefahr hin in dem
protestantischen Preußen mißfällig zu werden,
hat er sich stets mit weisem Eifer der Kirche angenommen. Dabei ist er ein
fleißiger Jurist, der seine Zeit nach dem Maße seiner Kraft wohl angewendet hat
und noch anwendet und sich schöne Kenntnisse erworben. Doch besteht seine
Wissenschaftlichkeit mehr in Ansammeln von dem Vorhandenen als in
selbstständiger Verarbeitung des in sich Aufgenommenen, auch ist sein Vortrag
weder fließend noch ansprechend, doch deutlich. Gitzler wird an jeder Universität ein wackerer Professor sein,
der seine Stelle wohl ausfüllt, aber hervorragendes wird er nicht leisten. Seine
Stellung in Breslau ist gut, denn obschon er nur 5 oder
600 Thaler Gehalt bezieht, bringen ihm die Collegien und der Privatunterricht
wohl 1000 Thaler.
Privatdocent Schirmer ist Protestant und eines Pastors Sohn aus
Greifswalde. Er soll etwas Tüchtiges gelernt haben,
bringt jedoch seit den 3 Jahren, da er bei der Breslauer Universität ist, selten ein
Collegium zustande, denn sein Vortrag ist sehr nachläßig und seine Leistungen
gehen nicht über das Gewöhnliche hinaus, daher verschwindet er in Breslau neben Professor Huschke.
Ob Professor
Extraordinarius Alois Brinz zu Erlangen, ob ferner Privatdocent
Pagenstecher in Heidelberg; ob endlich R. Römer, der früher in München habilitirt war und jetzt
wahrscheinlich in Tübingen ist,
ob diese Männer Katholiken sind, weiß ich nicht. Der erstere soll ein tüchtiger
Professor und im römischen Rechte ausgezeichnet sein. Es kann übrigens nicht
befremden, daß sich in Deutschland so wenige Katholiken dem
höheren Lehrfache widmen, da sie bisher so wenig Aussichten gehabt. Haben wir
doch in Deutschland nur Wien, wo die
Universität den katholischen Charakter bewahrt hat, während Berlin, Halle, Jena, Göttingen,
Greifswalde, Königsberg keinen Katholiken
zulassen. Es kann ebenso wenig befremden, wenn das römische Recht keine
hervorragenden Lehrer, auch unter Protestanten hat, seitdem so viele
Regierungen, die preußische an der Spitze, der Hegelschen Philosophie auch in
den Rechtswissenschaften allen Vorschub geleistet, wodurch natürlich die
historischen Rechtsstudien in den Hintergrund gedrängt wurden. Sicher hat
Ostreich die meiste Veranlassung sich
der römischen Rechtsstudien anzunehmen, da sein Gesetzbuch mehr als alle anderen
an das römische Recht sich anschließt.
Euer Excellenz interessiren sich in
dem geehrten Schreiben vom 11. dieses Monats auch für die Franziskaner
Angelegenheit, die allerdings anfängt in ganz Deutschland
Aufsehen zu machen, sie ist in Kürze dargestellt folgende: die in Rede stehenden
Franziskaner sind aus Warendorf in Westphalen, wo sie sich bereits angeblich wegen zu
großer Laxität im Orden wider ihre Oberen und selbst wider den Bischof
auflehnten und endlich ohne alle Erlaubniß nach Rom
gingen, um die strenge Regel des heiligen Peter von Alkantara unter sich einzuführen. Sie erreichten in
Rom, was sie suchten, gewannen durch ihre Erscheinung
den heiligen Vater und andere hochstehende Prälaten für sich und kamen so nach
Deutschland zurück. Ihr Weg führte sie
durch Breslau, wo sie mein Vorfahr sah, lieb gewann und in
Schlesien behielt. Nur zu bald zeigte sich, daß hinter der
äußeren leiblichen Strenge der Teufel des ungemeßensten Hochmuthes und zugleich
eine Überspannung sich barg, die zu den tollsten Extravaganzen führte. Diepenbrock hatte noch auf seinem
Sterbebette die Aufnahme dieser Mönche zu bereuen. Noch unerträglicher trat ihr
Übermuth hervor nach Diepenbrocks Tode. Sie verhetzten das Volk gegen die
Weltgeistlichen, die ihnen viele Wohlthtaten erwiesen hatten, legten sich auf
eine Mystik, in der sie Männer, wie den heiligen Franziskus, den heiligen
Bonaventura, aufnehmen wollen, ohne diese Männer zu begreifen und
wurden so zur Carrikatur; beunruhigten im Beichtstuhle die Seelen, verwirrten
die Gemüther, fingen an zu prophezeihen und dergleichen Dinge zu treiben – bis
die ärgsten Klagen bei mir eingingen. Meine Mahnungen blieben fruchtlos, wurden
wohl gar mit Grobheiten erwidert, da sich die Mönche auf Immunitäten beriefen,
die mir nie waren mitgetheilt worden, weder von Rom noch
durch sie selbst; und da endlich gar Erscheinungen hervortraten, die an eine Art
Muckerei erinnerten, war ich im Gewissen gebunden einzuschreiten. Ich berichtete
nach Rom und bat um Einschreiten gegen diese Mönche,
stattdessen mußte ich erfahren, daß sie ausgezeichnet und vier von ihnen zu
apostolischen Missionären ernannt wurden. Da übrigte mir nichts mehr als zu
thun, was Rom nicht gethan, ich nahm den Mönchen die
Beichtjurisdiktion in meiner Diöcese. Darauf erfolgte der bisher unerhörte
Zeitungsskandal, in dem diese Mönche in einem radikalen Blatte, der Oderzeitung,
zur Freude und dem Hohn der Protestanten gegen ihren Bischof mit lügenhaften
Artikeln auftraten und mir öffentlich mit dem Galgen des Mardochäus droheten. Während das alles sich
begeben – haben Seine Fürsterzbischöflichen Gnaden, der Herr Erzbischof von Olmütz,
diese Mönche in seiner Diöcese schadlos gehalten und zu Missionen berufen, was
mir umso auffallender sein mußte, da ich den Herrn Erzbischof bei meinem
letzten Zusammentreffen mit ihm in Wien mit der
Beschaffenheit dieser Mönche vertraulich und genau bekannt gemacht hatte. Auch
als ich vor kurzem nach Olmütz geschrieben und dem
Herrn Erzbischof
bedeutet, daß er durch ein solches Verfahren mir und meinem nothwendigen
Einschreiten gegen die Franziskaner geradehin entgegen trete und daß ich sehr
gern bereit sei, ihm diese Mönche ganz abzutreten – hat dies keine Folge gehabt.
Dafür haben der Herr
Erzbischof auch die Satisfaktion gehabt, daß bei der zweiten oder
dritten Mission ein Prediger, der Pater Caspar, zum Entsetzen der ganzen
versammelten Gemeinde von der Kanzel herab drei Teufel sah und durch sein
Geschrei die ganze Kirche in Verwirrung brachte, bis durch herbeigebrachtes
Weihwasser die Dämonen glücklich zum Weichen gebracht wurden. Gewiß ein
effektvolles Intermetzo bei einer solchen Missionsandacht. Ich will dem
Herrn Erzbischof von
Herzen wünschen, daß meine unseligen Franziskaner nicht nur alle Teufel in
seiner Diöcese sehen, sondern auch hinaustreiben, was aber mit Weihwasser allein
nicht wird erreicht werden können. Vergeben mir Euer Excellenz diese vielleicht
ungehörigen Expektorationen aber difficile est in hac re satyram non
scribere.
Seit ich in Johannesberg bin, habe ich mit
bemüht Kirchen und Schulen in meiner nächsten Umgebung genauer kennenzulernen
und schulde Euer Excellenz die Versicherung, daß ich in den Schulen doch vieles
besser gefunden habe, als ich erwartet. Besonders gilt das von der
Piaristenschule in Weissensee [Białe
Błoto]. Auch zu firmen denke ich noch in den Archipresbyteraten Weidenau [Vidnava], Freiwaldau [Jeseník] und Zuckmantel [Zlaté Hory], nachdem ich in Jauernick [Jaworów] bereits gefirmt
habe.
Indem ich Gott bitte, daß Er Ew. Excellenz in seinem Allerheiligsten
Schutze erhalte und bewahre, freue ich mich der Veranlassung, den Ausdruck meiner
größten Verehrung erneuern zu können, mit welcher ich die Ehre habe zu
verharren
Ew. Excellenz
gehorsamster Diener
Heinrich
Schloß Johannesberg, den 17. August 1854