Heinrich Förster an Leo Thun
Breslau, 5. April 1858
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Regest

Fürstbischof Heinrich Förster informiert Leo Thun über einige Schwierigkeiten bei der Assistenz von katholischen Geistlichen bei Trauungen gemischtkonfessioneller Paare. Für diese Fälle wurden erst kürzlich neue Anordnungen erlassen, deren Umsetzung der Bischof nun in die Wege leiten wird. Förster schreibt außerdem, dass er den neuen Lehrplan für Gymnasien demnächst mit seinem Kollegen aus Olmütz besprechen wird. Außerdem informiert er den Minister darüber, dass er für Schulschwestern ein Kloster in Johannesberg errichten lässt, damit diese dort den Mädchenunterricht übernehmen.

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Schlagworte

Edierter Text

Hochgebietender Herr Minister,
Hochgeborener Herr Graf!

Mit gerührtem Herzen beeile ich mich, Eurer Excellenz meinen wärmsten Dank für das mir überaus schätzbare Wohlwollen auszusprechen, mit welchem Hochdieselben von Neuem meiner gehorsamsten Bitte für einen Mann entgegen gekommen sind, der seines katholischen Glaubens wegen Amt und Brod geopfert und in bittere Verlassenheit gerathen ist. Ich habe den gewesenen Pastor und Schulrektor Geisler von Euer Excellenz gnädigen Absichten in Kenntnis gesetzt und zugleich beauftragt, die weiteren Verhandlungen dieserhalb selbst fortzuführen.
Was Euer Excellenz Schlußbemerkung über die passive Assistenz der Geistlichen in gemischten Ehen anlangt, so werde ich diese Angelegenheit auf dem amtlichen Wege, auf welchem sie in Anregung gebracht ist, auch erledigen. Hier wollen mir Euer Excellenz nur zu bemerken gestatten, daß die passive Assistenz von dem heiligen Stuhle nur sehr ungern und darum zugelassen ist, damit die Mischehen, bei welchen die kirchlichen Bedingungen nicht eingegangen werden, wenn sie auch keine erlaubte, doch giltige Ehen – etsi non licita, tamen valida – seien. Da aber ein besonderes Breve Benedikt des 14. für Holland die matrimonia mixta, wenn sie auch nicht licita sind, doch auch dann in jener Provinz für valida erklärt, wenn sie nicht coram parocho propria abgeschlossen sind, und jenes Breve später auch auf die Rheinprovinz und ganz Schlesien ausgedehnt worden ist, so hat die Assistentia passiva in den Herzogthümern Troppau, Jägerndorf und Teschen ihre Bedeutung verloren, und habe ich dieselbe um so mehr erschwert, als die Geistlichen bitter darüber klagten, daß nach abgeleisteter Assistentia passiva die Trauungen in den protestantischen Kreisen in der Regel zum Ärger der guten Katholiken mit einer augenfällig pomphaften Ostentative abgehalten würden. Im Übrigen fühle ich zu sehr, wie es die Aufgabe und Pflicht der Bischöfe ist, vermeidliche Verlegenheiten und Unannehmlichkeiten von Euer Excellenz fern zu halten, da der unvermeidlichen immer noch genug bleiben, als daß ich nicht mit Bereitwilligkeit Hochdero Wünschen in Allem entgegen kommen sollte, wo es mir möglich und gestattet ist. Ich werde daher demnächst die Assistentia passiva anordnen und Eurer Excellenz Kenntnis davon geben.
Auch ist mir heute der neue Studienplan zugegangen, und werde ich mich darüber baldigst mit dem Herrn Fürsterzbischof von Olmütz benehmen.
Nachdem ich die lästige Staatsanleihungsangelegenheit, die mich gleich bei meinem Bisthumsantritte traf, glücklich abgewickelt, habe ich schon im vorigen Jahre angefangen, zu Johannesberg ein Kloster für arme Schulschwestern zu bauen, welche hier in Breslau mit ungemeinem Segen wirken, und denen ich darum auch dort den Unterricht der weiblichen Jugend übergeben möchte. Da ich rechtzeitig der kaiserlichen Regierung davon Kenntnis gegeben und das Kloster auf meine Kosten baue und dotire, so hoffe ich, daß ich Seitens des Staates keine Schwierigkeiten erfahren werde. Sollte ich noch einige Jahre leben, so liegt es in meinem Wünschen, ein ähnliches Kloster, aber für Waisen und Kranke in dem ärmsten Theile meiner ostreichischen Diöcese, in Zuckmantel oder in der Nähe zu bauen und zu dotiren, und es barmherzigen Schwestern zu übergeben. Ich mache davon Erwähnung, damit Euer Excellenz daraus ersehen, daß es nicht meine Absicht ist, meine ostreichischen Bezüge anders als zu Gunsten des ostreichischen Diöcesanantheils zu verwenden.
Genehmigen Hochdieselben den Ausdruck der besonderen Verehrung, mit der ich verharre

Euer Excellenz gehorsamer Diener
Heinrich Förster Bischof

Breslau, den 5. April 1858