Fürstbischof Heinrich Förster spricht seinen Dank dafür aus, dass Leo Thun ihm immer mit Wohlwollen bei seinen verschiedensten Anliegen begegnete, auch wenn die Vermittlungen hin und wieder zu Enttäuschungen führten, wie es im Fall eines nicht näher bezeichneten Rektors Schneider der Fall gewesen war. Der Fürstbischof äußert sich abschließend über die schwierige gegenwärtige politische Lage Österreichs und hofft, dass sich die Situation nach dem Krieg in Italien, bei dem das bisherige Recht zu Grabe getragen worden sei, wieder verbessern werde.
Hochgebietender Herr Minister,
Ho[ch]geborener Herr Graf.
Der in dem sehr geehrten Schreiben Eurer Excellenz vom 1. dieses Monats
ausgesprochene Wunsch der Gemahlin des portugiesischen Gesandten wird mir
Veranlassung sein, mich über ein Vorhaben in Kenntnis zu setzen, das mir bisher
unbekannt war, um für die Erfüllung dieses Wunsches um so thätiger zu sein, als
dadurch einem längst gefühlten Bedürfnisse Abhilfe geschehen werde. Die mir
gütigst zugesandten Papiere haben lediglich auf eine Begräbniskapelle Bezug, die
in weiter Entfernung von Freiwaldau auf hohem Berge ein
nicht eben glücklich gewähltes Monument für den verstorbenen Priesnitz aber zur Abhaltung des
heiligen Meßopfers in keiner Weise geeignet ist. Am besten wäre es, wenn die
Betreibung dieser Angelegenheit bis zu meiner Ankunft in
Johannesberg ausgesetzt bleiben könnte. Da ich bei
meiner fortdauernden Krankheit verurtheilt bin, das Laubad in
Triest zu gebrauchen, so werde ich im Laufe künftiger
Woche nach Wien kommen und dort einen Tag verweilen,
lediglich, um dem Herrn Nuntius und
Eurer Excellenz meine Aufwartung zu machen. Ich werde dann die Ehre haben, mich
mündlich des Weiteren über diese Sache auszusprechen.
Das amtliche Schreiben
bezüglich des Rektors Schneider ist gar
nicht gegen meine Wünsche. Es wäre meinerseits der größte Undank, wollte ich
auch nur einen Augenblick verkennen, mit welcher gütigen Rücksicht und mit welch
großem Wohlwollen Euer Excellenz meinen diesfältigen Anträgen stets entgegen
gekommen sind. Leider ist Euer Excellenz und mein Vertrauen dabei oft getäuscht
worden. Hochdieselben wissen aber aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sich
dergleichen Vermittelungen immer zu entziehen. Meine Empfehlung für den
Schneider war übrigens eine sehr matte
und karge. Was Euer Excellenz über die Verhältnisse im Großen und Ganzen sagen,
theile ich vollkommen. Es hat wohl nie eine Zeit gegeben, wo man der Wahrheit
und Gerechtigkeit so rückhaltslos ins Angesicht geschlagen als die unsere; wo
mindestens von den Fürsten selber die Revolution in solcher Weise gefördert, und
bald durch das, was sie thun, bald durch das, was sie nicht thun, die sichere
Grundlage ihrer Threue so erschüttert und untergraben worden als jetzt. Alles
alte Recht soll aufhören, nur eine einzige Macht hat dahin mannhaft sich erhoben
und gekämpft. Zu Solferino hat man diesem Recht sein Grab
gegraben und in Villafranka ihm den
Leichenstein gesetzt. Ich fürchte, der Weg zurück in das gelobte Land der
Ordnung und des Friedens wird durch das rothe Meer und durch lange Bußfahrt in
der Wüste führen; ich hoffe aber auch, daß nach den schwersten und bittersten
Erfahrungen es Östreich vor allem sein
wird, das groß und kräftig sich erhebt. Gott geht wie mit den einzelnen Menschen
so mit Völkern und Staaten seine eigenen Wege – per aspera ad astra. Geht ja dem
leuchtenden Ostermorgen und seinem freudigen Halleluja auch die Trauer der
Charwoche voran.
Daß mein armes unbedeutendes Büchlein1 über
meinen Vorgänger im schweren Amte sich auch den Beifall Hochdero verehrten
Gemahlin errungen, hat
mich innig gefreut. Ich bitte Ihrer Excellenz meine Verehrung zu bezeugen.
Habent sua fata libelli – von diesem kleinen Schriftchen, das noch dazu im
Drange der Umstände sehr flüchtig gefertigt werden mußte, habe ich mir die Gunst
nicht versprechen können, mit der es aufgenommen worden ist, und die ich zumeist
wohl dem behandelten Gegenstande zu danken habe.
Indem ich Gott bitte, daß
Er Hochdieselben in seinem heiligen Schutze erhalte und bewahre, ist es der
Ausdruck der treuesten und herzlichsten Verehrung, mit welcher ich verharre
Euer Excellenz
ergebenster Diener
Heinrich
Breslau, den 5. Juni 1860