Bernhard Rechberg an Leo Thun
Verona,18. Juli 1854
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Regest

Bernhard Rechberg, Ziviladlatus des Generalgouverneurs in Lombardo-Venetien, informiert Leo Thun über seine Verhandlungen mit dem Bischof von Brescia über die geplante Versammlung der Bischöfe des Königreichs Lombardo-Venetien. Der Bischof hatte sich erfreut über das Entgegenkommen und den guten Willen des Ministeriums gezeigt. Die Bischöfe des Königreiches würden es jedoch vorziehen, lediglich einige Vertreter zu der Versammlung nach Verona zu entsenden. Im zweiten Teil des Briefes bittet Rechberg den Minister um Unterstützung für das Gesuch seines Sohnes, die Maturaprüfung bereits in diesem Jahr ablegen zu dürfen.

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Schlagworte

Edierter Text

Verona, den 18. July 1854

Verehrtester Graf!

Ich habe gestern Ihr sehr freundliches Schreiben erhalten und muß bitten, bei Beurtheilung der Erwiederung des Generalgouvernement in der Angelegenheit des Zusammentrittes der lombardisch-venetianischen Bischöfe die besonders schwierige Lage, in der ich mich hier befinde und die mir von Tag zu Tag unhaltbarer gemacht wird, berücksichtigen zu wollen. Seyen Sie übrigens überzeugt, daß auch in dieser Sache das Generalgouvernement gehorchen und den Weisungen des Ministeriums nachkommen wird und sehen Sie ihm den Formfehler nach. Ich habe mich in dieser Angelegenheit, deren Betreibung durch die Anlehens [?] Sache, welche alle Kräfte dieses Gouvernements sowohl wie der Statthaltereyen in Anspruch nimmt, verzögert wird, mit dem Bischof von Brescia verständigt. Er sprach sich dahin aus, daß das von der Regierung in dieser Sache den Bischöfen bewiesene Vertrauen sehr guten Eindruck mache, daß er es aber für wünschenswerth halte, daß die Bischöfe, nachdem sie sich unter sich verständigt, von jedem der beyden Königreiche, von der Lombardie und dem venetianischen, je ein paar von ihnen wählten und mit dem Auftrage nach Verona schickten im Namen der übrigen ihre Vertretung bei der Zusammenkunft zu übernehmen. Er motivirte seine Ansicht vorzüglich dadurch, daß es unter den bestehenden Verhältnissen manchem der Bischöfe sehr schwer fallen dürfte, seine Diöcese zu verlassen, ohne daß ein wesentlicher Nachtheil hieraus entstehe. Ich frage mich demnach vertraulich an, ob von Seite des Generalgouvernements hierauf eingegangen oder ob auf eine Zusammenkunft sämtlicher Bischöfe in Verona, so wie es die schriftlichen Erlasse des Ministeriums vorschreiben, bestanden werden soll. Im letzteren Fall würde es genügen, mir nur im Privatwege zwey Worte zukommen zu lassen. Im 1. Fall, wenn auf den vom Bischof von Brescia geäußerten Wunsch eingegangen werden soll, würde ich bitten, dem Generalgouvernement hiezu officiell die Ermächtigung ertheilen zu wollen. Ich glaube, daß es gut wäre, den Bischöfen in dieser Hinsicht volle Freiheit zu lassen, ihnen aber, wenn sie es vorziehen, nur einige von ihnen mit der Vollmacht, die übrigen zu vertreten, nach Verona zur gedachten Zusammenkunft zu schicken, kein Hinderniß in den Weg zu legen. Ich danke Ihnen bestens für die Güte, mit welcher Sie sich meines Sohnes annehmen. Großen Werth würde ich darauf legen, wenn er im Herbste die Maturitaetsprüfung bestehen könnte, weil es einen nachtheiligen moralischen Eindruck auf ihn machen würde, wenn er nicht zur Prüfung zugelassen werden könnte, und weil er nun schon das 19. Jahr zurückgelegt hat, seine Universitaetsstudien sich aber in der gesetzlich bestimmten Frist nicht werden beenden lassen, da er, um das diplomatische Examen bestehen zu können, nothwendigerweise noch ein Jahr im Frankreich zu seiner Ausbildung in der franzoesischen Sprache wird zubringen müssen. Ich hatte schon mit dem Director des Institutes in Traenkberg über die Lücken in dem Unterricht in der Geschichte gesprochen. Er war der Ansicht, daß wenn die jungen Leute nur den einen Theil der Geschichte gründlich kennten und hiedurch die Lust an dem Studium der Geschichte geweckt würde, die Lücken durch Selbststudium sich von selbst ergänzen würden. Ganz irrig scheint mir diese Ansicht nicht zu seyn, wenn ich auf meine eigene Erfahrung während meiner Studienzeit zurückgehe. Sie würden mir daher einen neuen Beweis Ihrer freundlichen Gesinnungen geben, wenn Sie so gütig seyn wollten, ihm die so nöthigen Erleichterungen für die Maturitaetsprüfung zu gewähren.
Der Frau Gräfin bitte ich mich zu Füßen zu legen.

Ganz der Ihre
Rechberg