Der Diplomat Bernhard Rechberg bittet Leo Thun um eine persönliche Aussprache in einer nicht näher genannten Angelegenheit. Er ist überzeugt, mit Thun rasch eine Einigung erzielen zu können.
Verona, den 11. July 1857
Verehrtester College!
Sie haben in Ihrem freundlichen Schreiben einen Gegenstand berührt, der so wichtig ist, daß es schwer ist, ihn auf dem schriftlichen Wege zu erschöpfen. Ich habe bedauert, ihn vor meiner Abreise, gedrängt und gehetzt wie ich es war, nicht mit Ihnen über denselben besprechen zu können, da wir durchaus über die leitenden Grundsätze uns verständigen müssen, um gemeinsam und einheitlich der bisherigen bedauerlichen Zerfahrenheit ein Ziel zu setzen. Ich lege Werth darauf, mich vor allem mit Ihnen zu verständigen, weil ich überzeugt bin, daß wir beyde uns leicht vereinen werden und dann, wenn wir die Grundlage gewonnen haben, das weitere wird eingeleitet werden können. Ich bedauere es daher auch aus diesem Grunde, solange hier zurückgehalten zu seyn. Die Wichtigkeit der hier zu erledigenden Geschäfte erlaubt es aber nicht mich zu entfernen. Morgen oder übermorgen dürften wir klarer sehen und dann hoffe ich zurück kehren und mich mit Ihnen besprechen zu können. Meine besten Grüße Ihrem Bruder Fritz und der Gräfin. Lassen Sie sich durch Gerüchte über [?] nicht irre führen. Ich habe ihn in der That gesprochen, weil ich wünsche alle Partheyen zu hören, um den wirklichen Zustand beurtheilen zu können und es Pflicht der Regierungsbehörden ist, sich keinen Täuschungen hinzugeben; vor allem müssen wir uns über die Partheyen stellen und ihnen keinen Einfluß auf uns gestatten.
Theilen Sie diese eiligen Zeilen niemanden mit.
Ihr treu ergebenster
Rechberg