Der Statistiker Friedrich Wilhelm Reden übersendet Leo Thun – wie von
diesem gewünscht – eine Zusammenstellung der Budgets und der
Finanzierungsquellen einiger deutscher Universitäten. Reden sagt, dass
die Kompilation der Daten anhand der vorhandenen statistischen
Sammlungen grundsätzlich kein großes Problem darstellte. Allerdings
hatte Thun eine Darstellung der Finanzierung analog zu Österreich
verlangt, was vielfach eine Neuberechnung erforderlich machte. Reden
betont daher, dass er zwar ernstlich versucht habe, eine möglichst
genaue Anpassung vorzunehmen, er weist jedoch darauf hin, dass eine
absolute Vergleichbarkeit nicht in allen Punkten möglich sei bzw. Tücken
berge. Reden betont außerdem, dass die Ausgaben für die Universitäten in
den letzten beiden Jahrzehnten in allen deutschen Ländern stark
angestiegen seien, um dem Fortschritt der Wissenschaft gerecht zu
werden. Er gibt daher zu Bedenken, dass ein Zögern in diesem
wissenschaftlichen Wettkampf einen enormen Rückstand Österreichs zur
Folge hätte.
Es folgt dann eine Zusammenstellung der Finanzierung
der Universitäten in den Königreichen Preußen, Bayern, Württemberg und
Hannover. Dabei geht er sowohl auf die Gesamtausgaben der jeweiligen
Staaten für die Universitäten als auch auf die Ausgaben für die
einzelnen Universitäten ein. Hierbei unterscheidet er zwischen
öffentlichen und eigenen Mitteln der Universitäten. Teilweise weist er
auch die Verwendung der Mittel an den Universitäten aus.
Euer Excellenz
haben eine Zusammenstellung der Dotationen deutscher
Universitäten, aus meinen statistisch-volkswirthschaftlichen Sammlungen
bearbeitet, verlangt.
Die Aufgabe war an und für sich keineswegs schwierig,
weil in meiner Bibliothek und den zugehörigen Mappen alles überhaupt darüber
vorhandene Material sich findet. Allein ein unübersteigliches Hindernis genauer Vollführung des Auftrages bildete die Vorschrift:
daß dabei die Ausgabeneintheilung der österreichischen Universitäten zum Grunde
gelegt werden solle. Um dieses zu bewerkstelligen, mußten die Rechnungen jeder
deutschen Universität gänzlich umgearbeitet werden, denn
jetzt ist, hinsichtlich vieler Einzelheiten, gar keine statistische
Vergleichbarkeit vorhanden. Auch die betreffenden fremden Regierungen oder
selbst die Universitätsverwaltungen würden (ohne ganz neue Bearbeitung der
Rechnungen) die Ausweise nicht in der Form des
österreichischen Etats liefern können.
Unter diesen
Umständen und da der Zweck meiner Arbeit mir nicht bekannt ist – blieb nichts Anderes übrig, als: die Darstellung
bei jeder einzelnen Universität nach dem vorhandenen Stoffe einzurichten. Über
einzelne Hülfsanstalten lassen sich allerdings noch mehr Einzelangaben machen,
z.B. über die Bibliotheken; hinsichtlich welcher Herr
Sektionsrath Ritter von
Häufler (auf geäußerten Wunsch) eine besondere Zusammenstellung
empfing. Auch in Beziehung auf die Personalausgaben (jedoch
nicht nach Fakultäten geschieden), auf den Honorarbetrag usw.
Beispielsweise die Honorareinnahme betrug (im Durchschnitt der letzten Jahre)
für einen Studenten in einem Halbjahre,
in:
Berlin 33 ½ fl. rhein.
Bonn 31 " "
Göttingen 29 ½ " "
Breslau 26 ½ " "
Halle 22 " "
Marburg 21 ½ " "
Tübingen 17 ½ "
"
Würzburg 16 ½ " "
München 12 ½ " "
Wer aus eigener Anschauung die
einzelnen Universitäten kennt, dem können auch die Ursachen (zum Theil
Mißbräuche) dieser großen Abweichungen nicht verborgen bleiben.
Ein anderes
Hindernis der Vergleichbarkeit ist die Unvollständigkeit sogar der Gesamtsummen. Wenn ich annehmen dürfte, daß in den österreichischen Ausweisen alle Ausgaben jeder Art
für Universitätszwecke – (ohne Rücksicht auf die eigenthümliche Quelle, aus
welcher die Einnahme fließt und ohne Rücksicht auf den formellen Zusammenhang
des Gegenstandes der Ausgabe) – enthalten sind, so mußte ich ehrerbietigst
anheim geben bei den anzustellenden Vergleichungen mit großer Vorsicht zu
verfahren. Denn, wie aus den nachfolgenden Angaben bei den einzelnen
Universitäten erhellt, die Endsumme stellt gewöhnlich die vollständige Verwendung für Universitätszwecke nicht dar. Entweder die Honorare gehen nicht durch die Rechnung oder
die besonderen Einnahmen (beziehungsweise Ausgaben) einzelner Zweige fehlen oder
einzelne Hülfsanstalten werden aus ganz fremdartigen Fonds erhalten usw. Hieraus
ergiebt sich leider, daß die Universitätsstatistik von dem wünschenswerthen
Ziele, des der Vergleichbarkeit, noch weit entfernt ist.
Noch eine
allgemeine Bemerkung; die Ausgaben für alle deutschen Universitäten sind, in den
beiden letzten Jahrzehnten vorzüglich, bedeutend angewachsen und noch im
fortwährendem Steigen begriffen. Die nothwendigen Ursachen daran liegen in der
Entwicklung und Erweiterung fast aller Zweige des Wissens. Daraus entsprang die
Nothwendigkeit neuer und besserer Hülfsanstalten, vermehrter und besser
bezahlter Lehrkräfte.
Wer in diesem wissenschaftlichen Wettkampf zögert oder
gar zurück bleibt, dem würde es schwer werden nachzukommen, wenn der Schaden
sichtbar geworden ist.
I. Königreich Preußen
Nach dem Etat der Unterrichtsverwaltung für 1857 beträgt der Staatszuschuß der preußischen Universitäten und der
katholisch-theologischen Akademie in
Münster, 476249 Thaler Konv. Außer dem Staatszuschuße beziehen die
Lehranstalten aus eigenem Erwerbe, aus dem Ertrage ihres Vermögens und aus
andern Fonds die Summe von 270405 Thlr. Die eigene Einnahme und der
Staatszuschuß vertheilen sich auf die verschiedenen
Universitäten in folgender Weise:
Staatszuschuß Eigene Einnahme
Berlin ___ 153.965 ___ 7.278
Bonn ___ 104.400 ___ 4.700
Breslau ___ 79.968 ___ 10.632
Halle ___ 55.445 ___ 34.613
Königsberg ___ 79.721 ___ 3.949
Greifswald ___ 1.200 ___ 67.360
Akademie Münster ___ 1.250 ___
13.872
Zusammen ___ 475.949 ___ 142.404
Hierzu:
Aussterbegehalt 300
Eigene Einnahmen der
der [sic!] Institute, Sammlungen,
Stiftungen
128.001
Gesamtsumme 476.249 ___ 270.405
(Budgetbericht II Kammer N. 3.
Drucksachen 152 S. 12). Nach Absatz jener 128001 Thlr., deren Angehörigkeit für
die einzelnen Universitäten und Institute leider nicht spezifizirt ist,
vertheilen die noch bleibenden 618353 Thlr. auf die Spezialetats der Ausgaben
sich wie folgt:
Bezeichnung der Universitäten | Kosten der akademischen Disziplin und Verwaltung | Besoldung der Professoren und Lehrer laut Anlage | Für Institute, Sammlungen und für den Universitätsgottesdienst | Für Konviktorien, Prämien, Unterstützungen und Stiftungen für Studirende | Baukosten, Abgaben und Lasten | Zugewiesene Besoldungen und Gehaltszulagen innerhalb der [?] und Unterstützungen | Summe |
1. Berlin | 9.681 | 81.300 *400 | 56.598 | 350 | 2.000 | 19.914 | 161.243 |
2. Bonn | 7.614 | 61.500 | 28.823 | 3.300 | 4.589 | 3.274 | 109.100 |
3. Breslau | 7.364 | 44.639 | 25.137 | 4.426 | 3.500 | 5.534 | 90.600 |
4. Halle | 6.870 | 42.999 | 22.952 | 8.006 | 3.460 | 5.771 | 90.058 |
5. Königsberg | 5.648 | 34.885 | 25.784 | 8.434 | 2.600 | 6.319 | 83.670 |
6. Greifsfeld [sic! richtig Greifswald] | 4.140 *1457 | 34.335 | 19.734 | 3.726 | „ | 5.168 | 68.560 |
7. Münster (theologische und philosophische Fakultät) | 310 | 9.750 | 4.117 | 500 | „ | 445 | 15.122 |
Zusammen | 43.084 | 309.808 | 183.145 | 28.742 | 16.149 | 37.425 | 618.353 |
Die nichtvertheilbaren 128.001 Thlr. dürften den Ausgabekapiteln 3 und 4
zufallen.
Zahl und Besoldungen der Professoren und Lehrer sind in einer
Unteranlage jenes Budgetsberichts nachgewiesen.
Über die Einnahmen und
Ausgaben der einzelnen Institute, Hülfsanstalten usw.,
scheinen in neuester Zeit gar keine Aufstellungen gemacht oder veröffentlicht zu
sein, weil sonst ohne Zweifel von Rönne in seiner vortrefflichen Darstellung der höheren Schulen und
Universitäten des preußischen Staats (Berlin 1855) 2 davon Mittheilung gemacht haben würde. Auch dürften in meinen
Sammlungen die entsprechenden Nachweise sich finden, wenn sie überhaupt
vorhanden wären. Ältere Nachrichten aus den Rechnungen
solcher Institute finden sich allerdings, z.B. in: Dieterici, Geschichtliche und statistische
Nachrichten über die Universitäten im preußischen Staate (Berlin 1836)3 und in: Koch, Die preußischen Universitäten (Berlin
1839)4. Daraus könnte
ich zwar die entsprechenden Mittheilungen machen, bemerke jedoch, daß sie jetzt
nur noch geschichtlichen Werth haben, weil namentlich die Einnahmen und Ausgaben
jener Institute eine bedeutende Erhöhung erfuhren.
Sonstige noch etwa
erforderliche Einzelheiten finden sich in meiner Finanzstatistik des preußischen
Staats (Berlin 1856 Seite 478 ff.)5. Das Staatshandbuch für 1857
(welches ich auf Erfordern vorlegen kann) enthält Einzelheiten über das Personal der Gegenwart.
II. Königreich Bayern
Bei dem gänzlichen Mangel neuer selbstständiger Schriften über die Universitäten
oder auch nur über das Unterrichtswesen in Bayern bilden die Budgetverhandlungen
die einzige zuverlässige Quelle für die finanziellen Verhältnisse der
Universitäten. Obgleich man nun glauben sollte, daß schon in den sehr langen
(6jährigen) Budgetperioden eine dringende Aufforderung liege, sowohl bei der
Aufstellung als bei den Untersuchungen der Voranschläge, auf alle wichtige Einzelheiten einzugehen, ist dieses doch keineswegs der Fall.
Die ministeriellen Vorlagen sind sehr summarisch gehalten und auch die Berichte
der Budgetkommission gehen auf Einzelheiten nur dann ein,
wenn eine Erhöhung der Etatsumme beantragt wird. Allein selbst in solchen Fällen
werden rechtfertigende Spezialnachweisungen den Kammern weder vorgelegt noch
auch von denselben verlangt, wie solches auch leider hinsichtlich der
Universitäten nicht geschehen ist, als im Jahre 1855 deren Zuschüsse um jährlich
40.000 fl. erhöht wurden.
Der Zuschuß der Staatskasse an
die Landesuniversitäten war für 1. Jahr der VI. Finanzperiode von 1851/5 auf
112760 fl. beantragt (meine Finanzstatistik von Bayern von S. 75); er wurde aber
später auf 132760 fl. erhöht.
Nach dem Etat der VII (die Jahre 1855–61
umfassenden) Finanzperiode stellen die Staatszuschüsse sich wie folgt (in fl.
rhein.):
Fundationsmäßige [?] Besondere budgetmäßige Zuschüsse
1. München – 57.400
2. Erlangen 44.466 36.000
3. Würzburg 8.000 32.000
Zusammen 52.466
125.400
177.866
Ungeachtet dieser Erhöhungen und obgleich schon im Jahre
1851 auch die Übernahme von Pensionen und Alimentationen im Betrage von jährlich
23.043 fl auf die allgemeine Pensionsamortisationskasse beschlossen wurde,
entsprechen doch die Einnahmen der bayerischen Universitäten deren jetzigem
Ausgabebedarfe noch keineswegs.
Sonstige Ziffern liegen nicht vor und auch von den sonstigen kurzen Erörterungen ist nur noch
hervorzuheben, daß (außer bei München) wenig eigenes fruchttragendes Vermögen
vorhanden seyn soll. Das Personal ergiebt sich aus dem
Staatshandbuche.
III. Königreich Württemberg
Über die Verhältnisse der württembergischen Landesuniversität Tübingen fehlt es nicht an vielseitigen und guten
Nachrichten. (Beispielsweise sind zu nennen: Klüpfel, Geschichte und
Beschreibung der Universität Tübingen 18496 und Mohl, Die pekuniären Bedürfnisse der Universität Tübingen
18337). Die
nachfolgende Mittheilung dürfte deshalb das Wesentlichste von dem enthalten, was
zu wissen verlangt wird, wenn auch nicht in der für die österreichischen
Universitäten angewendeten Form.
Als Grundlage der jetzigen Einrichtungen
ist das Gesetz von 3. April 1828 über die Fundirung der Landesuniversität zu
betrachten. An dasselbe schließen sich die Normaletats und die betreffenden
Abschnitte in den Budgetverhandlungen. Die Einkünfte der
Universität fließen zunächst aus eigenem Vermögen (Grundeigenthum, Gefälle,
Kapitalien), welches von der Finanzverwaltung lange Zeit hindurch in Pacht
genommen ist. Wenn dieses nicht ausreicht (was von Anfang an der Fall war) muß
die Staatskasse das Fehlende zuschießen. Allein außer diesen
Summen, welche ich weiter unten mittheile, bestreitet der Staat: die
Erfordernisse der beiden theologischen Seminare, den Unterhalt der
Universitätsgebäude, so wie die Pensionen der Lehrer und Beamten, aus anderen
Titeln des Budgets. Ferner ist getrennt vom Vermögen der Universität das
(ansehnliche) Privatvermögen der einzelnen Fakultäten und Institute. Endlich
verbleibt das in einer Etatsperiode nicht Verwendete, der Universität zu
außerordentlichen Verbesserungen der wissenschaftlichen Sammlungen. Hieraus
ergiebt sich, daß die auf dem Universitätsetat des Budgets erscheinende Summe
nur einen Theil der wirklichen Verwendungen für diese Anstalt
bildet, welche im Allgemeinen sehr ungünstig gestellt ist. Die Zahlung des
Staats (theils als Pachtzins, theils als Zuschuß) betrug bis zum Jahre 1848
92.000 fl rhein.; im Jahresdurchschnitt der Finanzperiode 1855/8 hingegen ist
sie 103.000 fl. Mit Einschluß der (ebenberührten) sonstigen Staatsbeiträge und
der durch eigenthümliche Einnahmen einzelner Anstalten gedeckten Ausgaben
scheint das Gesamterfordernis der Universität etwa 164.000 fl.
Die Vertheilung dieser Summe auf einzelne Ausgabszweige ist nicht
gedruckt. Das Personal ergiebt sich aus dem Staatshandbuch
und den Bekanntmachungen der Vorlesungen usw. im Regierungsblatt.
IV. Königreich Hannover
Göttingen ist vertragsmäßig zugleich
Landesuniversität für Braunschweig und Nassau; jedoch empfängt die Universitätskasse aus diesen Staaten keine
Zuschüsse, obgleich einzelne Lehrer dergleichen sich erfreuen. Die Universität
ist ferner mit keinem Ertrag gebenden Vermögen von irgend einer Bedeutung
ausgestattet, denn sie bezieht nur einen Pachtzins von jährlich 60 Thlr. für den
Universitätsweinkeller, wozu für Freitischstellen usw. 1.531 Thlr. kommen,
endlich noch Gerichtssporteln etwa 1.200 Thaler. Ihre Einnahmen kommen daher
fast sämmtlich aus der General- und aus der Haupt-Klosterkasse; aus jener mit
40.699 Thaler, aus dieser mit 105.963 Thaler.
Die ordentlichen Gesamtausgaben beliefen sich im Jahre 1814 auf 77.000 Thlr.; 1830 auf
99.008 Thaler; 1840 auf 106.888 Thlr.; 1850 auf 125.156 Thlr.; 1856 auf 146.584
Thaler.
Diese bedeutende und rasche Kostensteigerung findet in der
nothwendigen Schaffung neuer und Erweiterung der älteren Hülfsanstalten, sowie
in der Verwahrung und besseren Belohnung der Lehrkräfte hinreichende
Rechtfertigung, weil die wohlbegründeten Ansprüche der Gegenwart nicht
unbefriedigt bleiben dürften. Außerdem sind und werden außerordentlich
ansehnliche Verwendungen gemacht, z.B. für eine Aula über 60.000 Thlr., für das
Ernst-August-Hospital gegen 100.000 Thlr.
Einzelne Ausgabentitel sind: Personalkosten mit Einschluß der
Pensionen und Wartegelder 86.350 Thlr. (wozu die auf etwa 24.000 Thlr. zu
berechnenden Kollegiengelder kommen, welche nicht durch die
Universitätskasse gehen); Freitische 7.200 Thlr.; Sozietät der Wissenschaften
1.886 Thlr.; Bibliothek 12.471 Thlr., wovon 8.200 Thlr. auf Bücherankäufe (eine
sehr nachahmenswerthe Dotation); Baukosten 3.000 Thlr.; Polizei 150 Thlr.;
akademische Preise 400 Thlr.; medizinische und chirurgische Anstalten 15.000
Thlr.; Gärten und Herbarium 3.500 Thlr.; Theologisches Repetentenkollegium und
Seminare 1050 Thlr.; chemisches Laboratorium 1.500 Thlr.; Sternwarte usw. 3.500
Thlr.; Thierheilanstalt 450 (Zuschuß) usw.
Aus dem Staatshandbuche ergiebt
sich der Personalstand.