Der Historiker Julius Ficker bedankt sich für die kürzlich erhaltene
Mitteilung seiner definitiven Anstellung an der Universität Innsbruck
und die damit verbundene Gehaltserhöhung. Für Ficker sind damit alle
Unannehmlichkeiten, die der Fortgang aus seiner Heimat mit sich brachte,
vergessen. Der Ruf an die Universität Bonn, den er erhalten hatte, sei
damit auch erledigt. Julius Ficker äußert sich zudem erfreut darüber,
dass der Minister ihm die Unterstützung bei seinen weiteren Forschungen
zugesagt habe. Ficker hofft zugleich, dass das Unterrichtsministerium
sein Gesuch um Förderung einiger talentierter Studenten bewilligen
werde.
Schließlich trägt Ficker noch ein privates Anliegen vor: Sein
Vetter August Krahé, der Thun vom Bischof von Münster empfohlen worden
war, wurde kürzlich zum Militärdienst eingezogen, was die Ausführung
seines Plans, die Organisierung einer päpstlichen Armee, unmöglich
machen würde. Für den Fall, dass Thun oder die kaiserlicher Regierung in
dem Fall intervenieren könne, teilt Ficker dem Minister mit, welchem
Regiment sein Vetter zugeteilt worden ist.
Im Nachlass von Julius Ficker im Archiv des IÖG ist das Konzept zu dem
Brief erhalten.
Dem Brief liegt ein Schreiben von Julius Jung an
einen unbekannten Adressaten. Weinberge, 21. August 1906 bei. Darin
bedankt sich Jung für die gewährte Einsichtnahme in den Nachlass von Leo
Thun im Zuge seiner Forschungen zur Biografie von Julius Ficker.2
Euer Excellenz,
erlaube ich mir, den Empfang des gnädigen, für mich so erfreulichen Schreiben
vom 9. vorigen Monats, in dem mich Euer Excellenz von der meine definitive
Anstellung und gleichzeitige Gehaltserhöhung betreffenden Allerhöchsten
Entschließung in Kenntnis setzen, gehorsamst anzuzeigen. Es bedarf wohl kaum
der ausdrücklichen Versicherung, wie sehr das frohe Bewußtsein der in jener
gnädigen Bewilligung ausgedrückten, und von Euer Excellenz noch insbesondere
hervorgehobenen Allerhöchsten Anerkennung des von mir eingehaltenen
Verfahrens dazu beitragen muß, mich alle Unannehmlichkeiten, die der
gethaene Schritt für mich mit sich bringen mußte, vollends vergessen und es
mich noch weniger bereuen zu lassen, daß ich, so manchen Traditionen meiner
Heimath folgend, den kaiserlichen Dienst jedem anderen vorzog und demgemäß
auch erneuerte Anträge zur Übernahme der Professur zu Bonn, die mir kürzlich in Folge eines
Mißverstehens meines Ablehnungsschreibens unter der Hand gemacht wurden,
ablehnte. Es bedarf weiter wohl kaum der Versicherung, wie sehr jene
Allerhöchste Anerkennung mir ein Antrieb sein muß, mich derselben, so weit
es meine Kräfte gestatten, immer würdiger zu zeigen.
Zugleich fühle ich
mich gedrungen, Euer Excellenz meinen wärmsten und aufrichtigsten Dank
abzustatten einerseits für die gütige Vermittlung, die jene Allerhöchste
Entschließung herbeiführte, andrerseits für die gnädige Versicherung,
etwaige Gesuche um Förderung meiner hiesigen Lehrthätigkeit oder
anderweitiger wissenschaftlicher Forschungen möglichst berücksichtigen zu
wollen. Ich glaube daher auch hoffen zu dürfen, daß ein von mir am 5. August
dieses Jahres an das hohe Ministerium abgesandtes Gesuch um Unterstützung
der an meinen historischen Übungen theilnehmenden armen Studirenden, nicht
ohne Berücksichtigung bleiben werde, falls die Umstände eine solche
überhaupt gestatten sollten.
Euer Excellenz werden verzeihen, wenn ich
es wage, noch einige Worte über eine Privatangelegenheit hinzuzufügen. Ein
naher Verwandter von mir begab sich im September dieses Jahres mit einem
bischöflichen Empfehlungsschreiben nach Wien und
hatte dort, wenn ich ihn verstehe, die Ehre einer Audienz bei Euer
Excellenz. Aus einem Schreiben des hochwürdigen Bischofs von Münster werden Euer
Excellenz inzwischen ersehen haben, daß dieser mein Vetter, August Krahé, zum Militairdienst
eingezogen ist und damit die Aussicht auf Vollführung seines Plans wohl
gänzlich vereitelt wurde. Obwohl er selbst einsieht, wie gering die Aussicht
sei, daß hier eine Verwendung der k.k. Regierung eintreten könne, so bittet
er mich doch, Euer Excellenz mitzutheilen, daß der hochwürdige Bischof vergessen habe zu
bemerken, daß er der 3. Kompagnie des 15. königlich preußischen
Infanterieregiments zugetheilt sei, eine Angabe, die im Falle der Verwendung
vielleicht eine Beschleunigung ermöglichen würde. Überzeugt, daß, wenn in
dieser Sache überhaupt etwas geschehen kann, die Fürsprache des Hochwürdigen Bischofs bei Euer
Excellenz jede andere überflüssig macht, würde es mir kaum anstehen, noch
ein Wort der Empfehlung für meinen Vetter hinzuzufügen.
Mit größter Hochachtung und Ergebenheit Euer Excellenz ganz
gehorsamster
Dr. Ficker, k.k. Professor