Der Jurist Johann Friedrich Schulte bedauert, dass er nicht schon vor
seinem Amtsantritt an der Universität Prag bei Minister Thun vorstellig
werden konnte. Er möchte dies in den Weihnachtsferien nachholen und den
Minister in Wien besuchen. Seine Antrittsvorlesung hat er bereits
gehalten, demnächst wird er sie dem Minister im Druck vorlegen können.
Das Thema des Vortrages war der positive Einfluss des Kirchenrechts auf
die Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens.
Schulte wünscht dem
Projekt zur Etablierung einer Waffenbruderschaft zum Schutz des Papstes
viel Erfolg. Er glaubt, dass dies für die Sicherheit Italiens von großem
Wert sein werde. Die Angelegenheit sollte aber vorerst besonders
gegenüber Preußen geheim gehalten werden. Dort sei man nämlich feindlich
gegenüber der katholischen Kirche gesinnt. Schulte bietet sich
schließlich noch an, Thun über die Vorgänge im preußischem
Kultusministerium zu informieren.
Hochgeborner Herr Graf!
Hochzuverehrender Herr Wirklicher Geheimrath und
Staatsminister!
Der Wunsch Euer Excellenz mich vor dem Antritte meiner Lehrthätigkeit
vorzustellen, um von Hochderselben noch etwaige gnädige Andeutungen zu
empfangen, konnte leider wegen Kürze der Zeit nicht erfüllt werden, weshalb Euer
Excellenz ich um gnädige Nachsicht und zugleich die Erlaubniß bitte,
Weihnachten, wo zu einer Reise nach Wien auf 2
bis 3 Tage Zeit sein wird, Hochderselben mich vorstellen zu dürfen.
Euer
Excellenz zeige ich ergebenst an, daß ich meine Antrittsvorlesung bereits
gehalten habe. Die Rede selbst, „Ueber die historische und juristische Bedeutung
der Wissenschaft des Kirchenrechtes“, zeigend, wie die Kirche nur durch ihr
Recht die sociale, staatliche, internationale und rein rechtliche Gestalt der
Welt neugeschaffen, welche hohe Bedeutung deren Recht auch jetzt noch habe,
hoffe ich im Laufe des Semesters ausarbeiten, da frei vorgetragen, auch Euer
Excellenz gedruckt vorlegen zu können.
Möge die von Euer Excellenz für das
Project der Waffenbruderschaft bereits gewährte und noch verheißene gnädige
Bemühung dies für die Sicherheit Italiens
vielleicht sehr fruchttragende Institut zur Entstehung bringen. Ich beanstande,
den Herrn Cardinal noch vor seiner Abreise von dem Schreiben des Herrn Bischofs von Münster zu unterrichten,
weil Seine Eminenz gewiß zu sehr beschäftigt ist. Verzeihen Euer Excellenz
gnädigst die Bemerkung, daß nach meinem Dafürhalten von der Sache in
Berlin nichts verlauten dürfe. Ich schließe dies
besonders daraus, daß man in Berlin jetzt gegen die
Katholiken ein neues Netz spinnt, dagegen omni modo die Protestanten zu
kräftigen sucht. Wenn Euer Excellenz wünschen und gnädigst erlauben, werde ich
Hochderselben hierüber Mittheilungen machen, die aus dem Cultusministerium
selbst kommen, deren Mittheilung an Hochdieselben mir aber freisteht. Auch
dürfte es vielleicht Euer Excellenz interessant sein, den näheren Modus zu
kennen, wie in Preussen jetzt die Patronats-
und Bestätigungsverhältnisse geordnet sind, welcher auch noch geheim
ist.
Verzeihen Euer Excellenz gnädigst meine Freiheit und genehmigen die
Versicherung unbegrenzter Hochachtung, Verehrung und Dankbarkeit, mit der
verharrt,
Hochgeborner Herr Graf!
Hochzuverehrender Herr Wirklicher Geheimer Rath und
Staatsminister!
Euer Excellenz gehorsamster Diener
Dr. J. F. Schulte
Prag, den 7. October 1854