Professor Constantin Höfler empfiehlt dem Minister Professor Lorenz Stein aus Kiel. Höfler bürgt persönlich für dessen politische Unbedenklichkeit. Stein will sich außerdem für die Sache Österreichs stark machen. Der Kieler Professor ist auch dem Erzherzog Ferdinand Maximilian persönlich bekannt. Anschließend berichtet Höfler von den Fortschritten seiner Kollegien an der Prager Universität. Die Universität ist aus seiner Sicht ein Hort des Friedens in einer feindlichen Umwelt. Seine Studenten schildert er als fleißig. In diesem Semester liest er über Universalgeschichte und hält ein Kollegium über Literaturgeschichte, in dem er besonders die Entwicklung der deutschen Wissenschaft unter Rudolf von Habsburg untersucht. Dazu hat er eine Reihe bisher unbekannter Manuskripte in Bibliotheken bearbeitet. Höfler berichtet außerdem, dass er an einer großen Realenzyklopädie mitarbeitet, die bei Manz erscheinen soll. Er hat dafür einige Redakteure gewinnen können und dabei versucht, alle Schattierungen katholischer Gelehrsamkeit abzudecken. Außerdem konnte er einige slawische Autoren gewinnen und hofft, somit auch einen Teil zur Versöhnung von Deutschen und Slawen beigetragen zu haben. Er selbst wird nur wenige Beiträge schreiben, weil er mit der Ausarbeitung seiner Kollegien sehr beschäftigt ist.
Euer Excellenz!
Hochgeborner Herr Graf!
Hochgebietender gnädiger
Herr!
Ich bitte Euer Excellenz es nicht für Dreistigkeit anzusehen, wenn ich Herrn
Professor Dr. Stein aus Kiel dieses Schreiben an Euer Excellenz
seinem Wunsche gemäß mitgebe und in einer gewißen Beziehung eine Bürgschaft
seiner Persönlichkeit übernehme. Stein
hielt sich über eine Woche hier auf und weckte
den Eindruck eines für Österreich ungemein
eingenommenen, ruhigen, besonnenen, wissenschaftlich äußerst tüchtigen Mannes,
von nicht gewöhnlicher Lehrgabe und ausgebreiteten Kenntnissen. Er ist Seiner
k.k. Hoheit dem Erzherzoge Ferdinand Max durch seine Kenntnisse im Schiffbau bekannt und
hat von Seiner k.k. Hoheit den Auftrag erhalten sich Hochdemselben in
Wien zu präsentiren. Er besitzt auch eine große
publicistische Gewandtheit, welche Österreich gleichfalls zu Gute kommen wird. Alles dieses dürfte
auch entschuldigen, wenn ich es wage, Euer Excellenz, welcher er als
Schriftsteller rühmlichst bekannt sein wird, mit diesen Zeilen zu belästigen,
die ihm, dem in Wien unbekannten, seiner Meinung nach den
Zutritt eröffnen sollen.
Die Collegien sind hier im besten Zuge. Während die
Außenwelt sich immer mehr verfinstert, leben wir an der philosophischen Facultät
im tiefsten Frieden und, glaube ich, auch die übrigen Facultäten, deren Treiben
mir unbekannt ist. Ich lese neben den universalhistorischen ein Collegium über
deutsche Literaturgeschichte und zwar über die schwierigste Epoche, über welche
alle Literarhistoriker rasch hinübergleiten. Es ist die Entwicklung der
deutschen Wissenschaft, wie sich dieselbe von den Tagen Rudolfs von Habsburg an allmählich gestaltete, an
den Universitäten ein Centrum erhielt und nun der verschiedenartigsten Gebiete
bemächtigt. Ich habe mich zu dem Ende in den Besitz vieler unbekannter
Handschriften gesetzt, die domcapitelsche Manuscriptensammlung durchgegangen und
kann meinen höchst fleißigen Zuhörern somit Aufschlüsse geben, welche sie nicht
überall gewinnen dürften.
Ich weiß nicht, ob Euer Excellenz bekannt ist, daß
in der Manzischen Verlagshandlung zu Regensburg eine
große Realencyklopädie mit großem Kostenaufwande vorbereitet wird. Der
Hauptredacteur, Dr. Kelle in München,
hat sich auch an mich gewendet und ich habe nun Alles aufgeboten eine
versöhnende Richtung zwischen den verschiedenen Schattierungen katholischer
Gelehrter durchzuführen, sowie die hiesigen slavischen Gelehrten zu bewegen, die
slavischen Verhältnisse berührenden Artikel selbst zu übernehmen, um dadurch
eine wissenschaftliche Annäherung zwischen Slaven und Deutschen einzuleiten. Ich
glaube, daß beides soviel als erreicht ist. Erben, Wocel,
Zap, Wenzig werden sich ebenso daran betheiligen, als [?], Schulte, Löwe, Ehrlich, Veith, die Münchener, Würzburger
Schule. Je mehr sich die einzelnen Parteien auf dem wissenschaftlichen Gebiete
kennen lernen, desto mehr wird die persönliche Polemik schwinden und das
Interesse der Wahrheit obsiegen. Ich selbst kann mich bei dem Unternehmen soviel
wie gar nicht betheiligen. Ich habe bis jetzt, solange ich in kaiserlichen
Diensten bin, jedes Semester 3 neue Collegien gelesen und erst diesen Winter
lese ich neben zwei neuen Geschichte des Mittelalters zum zweiten Male. Da
bleibt nur sehr wenige Zeit übrig.
Indem ich Euer Excellenz bitte mir Ihre
gnädigen Gesinnungen auch fernerhin nicht zu versagen, habe ich die Ehre zu
zeichnen in tiefster Ehrerbietung
Euer Excellenz gehorsamster Diener
C. Höfler
Prag 18. November 1854