Der Historiker Constantin Höfler informiert den Minister über die Leistungen von einigen Lehramtskandidaten, die kürzlich von der Prüfungskommission in Prag geprüft worden sind. Unter den Geprüften ragen besonders Anton Zeithammer und Dionys Grün hervor. Höfler ist überzeugt, dass beide hervorragende Lehrer abgeben würden, allerdings bittet er Leo Thun, den beiden genannten Kandidaten ein Reisestipendium nach Berlin zu gewähren. Dort könnten die Studenten nämlich bei Carl Ritter studieren und dessen Methoden vor Ort kennenlernen und diese dann nach Österreich importieren. Zuletzt spricht sich Höfler lobend über die Lehramtsprüfungen aus und bezeichnet sie als eine gute Möglichkeit, dass sich junge Männer auszeichnen können.
Euer Excellenz!
Hochgeborener Herr Graf!
Hochgebietender Herr
Staatsminister!
Der besonders glückliche Ausgang der letzten Prüfung der Lehramtscandidaten für
Geschichte ermächtigt mich in dem Interesse der Wissenschaft mich an Euer
Excellenz gnädigste Fürsorge zu wenden und, soweit ich es wagen darf,
Hochdenselben das Geschick des einen oder anderen zu gnädigster Berücksichtigung
zu empfehlen.
Es befinden sich unter den Candidaten, welche Prof. Tomek und ich examinirten,
Dionys Grün, dem wir in jener vollen
Übereinstimmung, welche überhaupt unter uns herrscht, die Note der Auszeichnung,
und Anton Zeithammer, Sohn des
k.k. Schulrathes, dem wir für
sein frisches wissenschaftliches Streben besondere Anerkennung zukommen ließen.
Ersterer, von welchem Prof.
Tomek urtheilte, er würde jedem Gymnasium zur Zierde gereichen
und dessen mündlicher Vortrag so ausgezeichnet war, daß Tomek und Zimmermann ihm öffentlich erklärten, sie
bedauerten, daß die gesetzliche Frist nicht gestatte, ihm länger zuzuhören,
befindet sich in sehr mißlichen Verhältnissen, während es doch in hohem Grade
wünschenswerth wäre, daß ihm Gelegenheit gegeben würde, sich in der Geschichte
noch weiter auszubilden. Ich weiß nun nicht, ob ich unter Berufung auf die
erwähnten Zeugnisse, denen ich das gleiche des Herrn Generalgroßmeisters
beigesellen kann, Euer Excellenz bitten darf, dem Lehramtscandidaten Dionys Grün bis zur Erlangung einer Anstellung
eine Unterstützung zu seiner weiteren Ausbildung gnädigst gewähren zu
wollen.
Da es aber in der Natur der Bitten liegt, nicht allein, sondern in
Gesellschaft zu erscheinen, erlaube ich mir Euer Excellenz in Betreff des
Anton Zeithammer mit einer
anderen unterthänigen Bitte zu belästigen. Der berühmte Geograph Ritter liest im nächsten Semester über
Geographie von Europa. Euer Excellenz wissen nun am Besten zu würdigen, daß eine
gute Methode das Vortrefflichste ist, was ein Schüler von seinem Lehrer lernen
kann; daß diese sich nur aus dem mündlichen Vortrage nicht aus den Schriften
lernen läßt, für die österreichischen Schulen aber wohl in hohem Grade zu
wünschen wäre, daß die Rittersche Methode durch Schüler des Meisters selbst in
die Schulen hinüber geleitet werden möchte. Euer Excellenz ersehen, wohin die
Spitze meines unmaßgeblichen Gesuches geht. Anton Zeithammer ist sehr frisch und strebsam, eifrig und
fleißig, von seinem Talente, von seinem Fleiße wie von seinen Gesinnungen das
Schönste zu hoffen; ein Reisestipendium, welches ihm die Gnade Euer Excellenz
verschaffen würde, würde für die Unterrichtsanstalten, an welchen Zeithammer einst zu wirken hätte,
überreiche Zinsen tragen.
Mögen mir Euer Excellenz nicht zürnen, daß ich es
wagte, Euer Excellenz mit diesen Bitten zu behelligen! Allein mir sind die
Candidaten, welche sich durch besonderen Fleiß und besondere Kenntnisse
bemerkbar machen, so in das Herz gewachsen, daß ich sie wie meine eigenen Kinder
betrachte; nichts anderes als dieses Gefühl und die gewonnene wissenschaftliche
Überzeugung von der Brauchbarkeit und Tüchtigkeit der unmaßgeblich Empfohlenen
haben mir den Muth gegeben, mich geradezu an die Gnade Euer Excellenz zu wenden.
Das schwierige Examen der Lehramtscandidaten bringt bei besten Talenten und
edleren Naturen einen eigenen geistigen Durchbruch zustande; sie müssen ihr
Wissen concentriren, um gehörig davon Rechenschaft geben zu können; sie lernen
die Lücken kennen und die Begierde sie auszufüllen steigert sich mit dieser
Erkenntniß. Ihnen in diesem moralisch und scientifisch entscheidenden
Lebensmomente Gelegenheit zu verschaffen sich weiter auszubilden, halte ich für
ungemeinen Gewinn. Die Professoren der Physik, Astronomie etc. haben Adjuncten,
wodurch es tüchtigen jungen Leuten möglich wird sich in diesen Fächern noch
weiter auszubilden. In der Geschichte und Geographie ist Vorbereitung, ehe man
zum Lehren kommt, gewiß ebenso nothwendig wie bei den erwähnten Fächern; ja das
Quellenstudium erfordert vielleicht eine noch größere. Wir haben in Prag kein historisches Seminar; umso
entschuldbarer dürfte daher ein Gesuch sein, das nach dem wissenschaftlichen
Standpunkte und den Bedürfnissen zweier junger Männer eingerichtet ist, von
denen Euer Excellenz gewiß Dank und Freude erleben werden.
Ich habe die Ehre
zu verharren in unterthänigster Ehrerbietung
Euer Excellenz
unterhänigst gehorsamster Diener
Constantin Höfler
Prag, 18. Februar 1854