Unterstaatssekretär Joseph Alexander Helfert berichtet Leo Thun von einem Konflikt mit der Redaktion der Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien. Diese hatte eine negative Rezension der tschechischen Ausgabe von Václav Tomeks Schulbuch veröffentlicht. Das Schulbuch sollte jedoch als offizielles Lehrbuch empfohlen werden. Helfert versichert Thun nun, die Beteiligten ausfindig zu machen und eine Gegenbesprechung ausarbeiten zu lassen. Diese soll dann ebenfalls in der Gymnasialzeitschrift erscheinen. Helfert hofft, dass Thun mit diesem Vorschlag einverstanden ist. Helfert teilt dem Minister außerdem mit, dass er eine offizielle Berichtigung eines Artikels der Medizinzeitschrift in die Wege geleitet habe. Abschließend weist er Thun noch auf einige andere Zeitungsartikel hin.
Verweis auf A3 XXI D232.
Verweis auf A3 XXI D235.
Verweis auf A3 XXI D237.
Euer Excellenz!
Ich hatte mir gerade das Heft der Gymnasialzeitschrift und das Concept des
Erlasses, welchen ich diesfalls an die Redaction um deren Rechtfertigung wegen Außerachtlassung der ihr mit
Erlaß Eurer Exzellenz vom (?) Februar 1850 auferlegten Verbindlichkeit ergehen
ließ, zur geneigten Kenntnisnahme zurecht gelegt, als das verehrte Schreiben
samt Zulage für Mozart
ankam.
Für die Vorbereitung einer Gegenbesprechung ist bereits Sorge
getragen und ich habe der Redaction zugleich
aufgetragen, für die Aufnahme derselben in das nächste Heft Sorge zu tragen, da
es mir unumgänglich erscheint, vor demselben Publicum, vor
welchem die Blamage geschehen, die Scharte auswetzen zu lassen. Abgesehen davon,
daß dies wie gesagt bereits seit mehr als acht Tagen eingeleitet ist, würde ich
mir aber jedenfalls gegen die von Eurer Exzellenz aufgezählten Namen
unmaßgebliche Einwendungen erlauben, da F.[Feil?], wie mir glaubwürdig hinterbracht wurde, an der Abfassung
der Kritik selbst mitgearbeitet hat und K.
[Kink?] gewiß mit ihr, wie ich aus andern Prämissen gegründet schließen
muß, vollkommen übereinstimmt, und auch Jäger und Wolf gegen die in der
Kritik verfochtene Richtung – denn eine solche ist es, aus
welcher dieser Aufsatz, die Anmerkungen zu Höflers Besprechung, die
Chmelschen Ausfälle gegen meine Schrift und wiederholte Aufsätze im Montagsblatt
insgesamt entsprungen sind – nicht offen werden auftreten wollen. Meine
bescheidene Meinung geht daher dahin, daß die Gegenbesprechung, zu welcher Tomek selbst die
begründenden Motive hergibt, unter Jirečeks Namen in der Gymnasialzeitschrift erscheine.1 Und damit die Redaction nicht direct blosgestellt werde, habe ich mir
die Form ausgesonnen, daß diese zweite Besprechung an die inzwischen erst
erschienene deutsche Ausgabe des Tomekschen Buches 2 geknüpft
werde, wobei gleichsam nur gelegenheitlich und anmerkungsweise die in der
Besprechung der böhmischen Ausgabe 3 begangenen Schnitzer reparirt werden. So
mir Eure Exzellenz keine andere Weisung zukommen lassen, werde ich in der
angedeuteten Art vorgehen.
Ich habe in der Zwischenzeit auch gegen eine in
der Medicinzeitschrift zuerst erschienene und von dieser in andere Blätter
(Ostdeutsche Post) übergangene sehr boshaft gefaßte Entstellung eines
ministeriellen Erlasses in Betreff einiger Wiener Chirurgen Amt
handeln und die offizielle Berichtigung einleiten müssen.
Hofrath Lewicki war heute bei mir in Angelegenheit
seines Bruders des Lehramtscandidaten und ich habe die Gelegenheit benützt, auf
die Augsburger Postamtszeitung zu sprechen zu kommen. Da er mir sagte, daß die
leiseste Anregung von unserer Seite von der O.P.Z. [Oberpostamtszeitung] sehr
bereitwillig aufgegriffen werden würde, so habe ich sogleich die Einleitung
getroffen, daß ein entsprechender Erlaß abgefaßt und an die O.P.Z. gerichtet
werde.
Beiliegend folgen4 – da ich wahrnehme, daß
Euer Exzellenz ohnedies mit allem sich beschäftigen, was hierorts in der
öffentlichen Welt vorgeht – die als selbstständige Broschüre erschienenen
Lloydartikel und – als Abkühlungsmittel dagegen – die Nummern des Zuschauers,
worin diese Artikel bekämpft werden. Als Einleitung dazu lege ich Nr. 62
derselben Zeitschrift bei, die einen wohl nicht dagewesenen Grad von
Unverschämtheit bekundet, indem sie eigentlich besagt: Wir,
i.e. Ebersberg et Comp.,
können die öffentliche Meinung bearbeiten, wir können
schreiben und sprechen, um sie gegen Euch zu stimmen; aber Ihr dürft das nicht
thun; und ein solches „Treiben“ muß zurückgewiesen
werden.
Genehmigen Eure Exzellenz den Ausdruck meiner ergebensten Verehrung
und Hochachtung, womit ich zu zeichnen mir erlaube
Eurer Exzellenz
gehorsamster Diener
Helfert
Wien, am 17. September 1853