Unterstaatssekretär Joseph Alexander Helfert bittet den Minister um Auskunft in einigen Angelegenheiten und informiert ihn über die Situation im Ministerium. Zunächst bittet er Thun, möglichst rasch zu entscheiden, wie in der Frage der Rezension von Vaclav Tomeks Buch vorzugehen sei. Er befürchtet nämlich, dass Thun seinen Vorschlag und die bisher getroffenen Vorkehrungen nicht gut heiße. Hinsichtlich der Vertretung für einen Prüfer in der Kommission für die Realschulen vertritt Helfert die Ansicht, dass ein solcher Posten nur von einem Fachmann bekleidet werden könne. Deshalb schlägt er die Professoren Albert Jäger und Joseph Aschbach vor. Überdies informiert Helfert Thun, dass der leitende Redakteur der Oberpostamtszeitung ihm versprochen habe, in Zukunft auf Kritik an den Reformen des Unterrichtswesens und die Maßnahmen des Ministeriums zu verzichten. Umgekehrt versicherte Helfert dem Redakteur, nicht gegen die Zeitung, wohl aber gegen deren Korrespondenten Georg Emanuel Haas mit rechtlichen Schritten vorgehen zu wollen.
Verweis auf A3 XXI D232.
Verweis auf A3 XXI D233.
Verweis auf A3 XXI D227.
Euer Exzellenz!
Ich möchte recht sehr bitten, mir in Sachen der Gymnasialzeitschrift die
verheißene Weisung möglichst bald zukommen zu lassen. Ich muß aus dem
Stillschweigen Eurer Exzellenz bald fürchten, daß ich keine Genehmigung der von
mir getroffenen Maßregeln hoffen darf, was mich bei dem Umstande, als ich, wie
ich glaube, mit allem Grunde wie mit aller Schonung (nämlich nach vorhergehabter
fruchtloser mündlicher Vorstellung und ohne die Sache in
die Acten zu nehmen) gegen die Redaction vorgegangen bin, für jeden künftigen Fall, wo ich die
Interessen des Ministeriums zu verfechten mich veranlaßt fände, sehr beirren und
einschüchtern müßte. Ich erlaube mir daher die Bitte, mich geneigtest aus diesem
Zweifel ehebaldigst reißen zu wollen, indem ich nur noch beifüge, daß das später
von mir eingesandte Concept einer Antikritik von Tomek selbst eine Bestimmung hatte,
die es jetzt in unveränderter Form nicht wird erfüllen
können, daher ich es mehr nur zur Beurtheilung des einzuhaltenden Gedankenganges
überhaupt geschickt habe.
Was Kinks
Lamento und Bitte pcto. Prüfungscommissärstelle für Realschulen betrifft, so
findet solches Feil, mit dem ich darüber
sprach, vollkommen begründet. Nach seiner Ansicht könne man füglich die gehörige
Verteilung dieses Postens nur von einem Professor verlangen,
dessen Pflicht und Beruf es ist mit der Literatur der Wissenschaft in ganzem
Umfange auf gleicher Höhe zu stehen; ein Specialist, was jeder andere, der nicht
Professor immer mehr oder weniger sei, könne nicht ausreichen und laufe Gefahr
und müsse fürchten, sich vor dem gewiß häufig mit der neuesten Literatur
vertrauten Candidaten eine unangenehme Blöße zu geben. Es wären daher, nach
Feils Ansicht, für diese Stelle nur
zwei Männer in Beachtung zu ziehen: nämlich – da Prof. Kaiser nicht in Anschlag zu bringen
und wegen seiner bei jeder Gelegenheit unverhohlen geäußerten antiministeriellen
Gesinnung nicht würdig ist – Prof. Jäger und Aschbach.
Da mir aber Jäger vielseitig
beschäftigt ist, Aschbach aber wohl
vorerst einer Orientirung in den hiesigen Verhältnissen bedürfen wird, so wäre
vielleicht, wie ich mir unvorgreiflich vorzuschlagen erlaube, ein derartiges
Arrangement zu treffen, daß Jäger
vorläufig durch den ersten Curs die Verpflichtung übernähme (er wird jetzt durch
Aschbachs Eintritt ohnedies in
etwas erleichtert), vom zweiten Semester an aber Aschbach definitiv als Prüfungscommissär eintrete.
In der
Bibel steht geschrieben: Es ist mehr Freude im Himmelreich über einen Sünder,
der Buße thut, denn über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.
Dieser Tage war Schönherr, Redacteur der
Oberpostamtszeitung (beiläufig gesagt, wegen des Unger betreffenden Artikels hat das Preßcomité bereits Schritte
gethan) bei mir, zerknirscht und gefügig; bei seiner Anwesenheit aus Anlaß des
Katholikenvereines habe er sich in vielem eines bessern belehrt, die Dinge aus
anderem Auge anzusehen gewöhnt; er sehe ein, sein Correspondent sei zu weit
gegangen; über Ungers Antiredaction sei
er erst hier besser aufgeklärt worden; er habe bereits nach
Augsburg geschrieben, daß in seiner Abwesenheit
nichts aufgenommen werde; er sei willens überhaupt jetzt bis zur Festsetzung des
Definitivums über österreichische Schul- und Studiensachen nichts mehr einrücken
zu lassen, dagegen gerne bereit, jede vom Ministerium ihm
zukommende Aufklärung und Notiz aufzunehmen usw. Gegen dieses Versprechen gab
ich ihm hinwiederum die Versicherung einstweilen jeden gegen die Zeitung (nicht gegen Dr. Haas) zu richtenden Schritt zu unterlassen, was ich umso
leichter thun konnte, als mir inzwischen Nachrichten von der bei der O.
Polizeibehörde diesfalls herrschenden Stimmung zugekommen waren.
Ich bitte
Eure Exzellenz um gütige Entschuldigung für das im Eingange meines Schreibens
Gesagte. Aber ich fange an kleinmüthig zu werden; seit mir erst heute wieder ein
aus nächster Nähe über mich gefälltes Urtheil zugetragen
wurde, wozu ich, des aufrichtigsten Wollens und Strebens mir bewußt, nicht den
entferntesten Anlaß gegeben habe und was ich, wenn Euer Exzellenz es wünschen
sollten, nicht ermangeln werde mündlich zur geneigten Kenntnis zu
bringen.
Genehmigen Eure Exzellenz den Ausdruck der ergebensten Hochachtung
und Verehrung
Ihres
gehorsamsten
Helfert
Wien, am 29. September 1853