Constantin Höfler an Leo Thun
Bamberg, 7. Dezember 1851
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Regest

Der Historiker Constantin Höfler berichtet Leo Thun von den Verhandlungen mit der bayerischen Regierung wegen seiner Entlassung aus dem bayerischen Staatsdienst. Zu diesem Zweck begab er sich vor kurzem nach München. Dort erfuhr er allerdings, dass der Ministerpräsident sowie der Kultusminister dem Kabinett seine Beförderung vorgeschlagen haben. Höfler hatte daraufhin jedoch in München klargestellt, dass er nicht nach München zurückkehren wolle, weil er bereits in österreichische Dienste übergetreten und seine Ernennung in Österreich schon amtlich bekanntgegeben worden sei. Die Gespräche verliefen daraufhin allerdings ergebnislos. Er will daher vorerst in Bamberg bleiben, bis eine hartnäckige Erkältung abgeklungen ist, die ihn bisher an einer Rückkehr gehindert hatte, und bis seine Verhandlungen mit der bayerischen Regierung zu einem Ende gekommen sein werden.

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Schlagworte

Edierter Text

Hochgeborener Herr Graf!
Hochgebietender Herr Staatsminister!

Nachdem ich meine Entlassung aus dem königlich bairischen Staatsverbande zu betreiben mich persönlich nach München verfügt, halte ich es, von da zurückgekehrt, für meine Pflicht, Euer Excellenz umständlich von den daselbst stattgehabten Dingen in Kenntnis zu setzen. Schon früher war ich auf das Dringendste aufgefordert worden, ostensible Briefe zu schreiben, aus welchen die Bereitwilligkeit hervorginge, mich in Unterhandlungen mit der königlich bairischen Regierung einzulassen. Nachdem diesen Zumuthungen gerade durch das Entgegengesetzte begegnet worden, wurde mir bei meiner Ankunft in München (26. November) auf das Bestimmteste eröffnet, Seine Majestät wollten mich nicht ziehen lassen und begehrten meiner Dienste für Baiern. Dasselbe, was mir confidentiell eine in unmittelbarster Nähe des Königs befindliche Person eröffnete, wurde mir noch an demselben Tage im speciellen Auftrage des Königs durch den Herrn Cultusminister mündlich zu wissen gethan und als Willensmeinung des Königs mir Anträge gestellt, welche sich theils auf eine diplomatische Verwendung bei dem Preßcongresse in Frankfurt, theils auf eine ordentliche Professur der Geschichte bezogen. Zugleich erfuhr ich, daß bereits seit dem Monate Mai von Seiten des Herrn Ministerpräsidenten im Einverständnisse mit dem Herrn Staatsminister des Cultus und des Innern Anträge zu einer Beförderung bei dem Staatsarchive und der Universität zu München an das Cabinet ergangen waren, ohne daß jedoch irgend ein allerhöchster Entscheid zu erzielen gewesen. Obwohl somit in Rang, Titel und Gehalt eine Beförderung gegen den früheren Stand als ordentlicher Professor in Aussicht gestellt und mir im Weigerungsfalle nicht undeutlich zu verstehen gegeben worden, daß die allerhöchste Ungnade zu befürchten sei, so glaubte ich doch keine andere Antwort geben zu dürfen, als daß ich weder Anträge stellen noch Anträge annehmen dürfe, sondern allein zur Disposition Seiner Majestät des Kaisers und allerhöchstdessen hohem Staatsministerium des Cultus stehe. Und als man nun auf eine schriftliche Erklärung drang, zögerte ich auch nicht, dem Herrn Cultusminister (respectiv Seiner Majestät) allerunterthänigst zu schreiben, daß, nachdem Seine Kaiserliche Majestät mich auf eine äußerst ehrvolle Weise meinem Lebensberufe durch allerhöchstes Decret vom 9. October zurückgegeben und mir selbst mit einer Art von unbedingtem Vertrauen die Heranbildung von Lehramtscandidaten zugewiesen, ich mich umso weniger noch in der Lage befände, mich dieser allergnädigsten Ernennung entziehen zu dürfen, als dieselbe bereits in den kaiserlichen Staaten amtlich bekannt geworden sei. Ich habe nun von allen diesen Dingen, mit Ausnahme des Details, welches ich nur Euer Excellenz melden zu müssen für angemessen erachtete, der k.k. Gesandtschaft in München stete Mittheilung gemacht; endlich da die Gerüchte von weiteren Anträgen – die mir jedoch ebenso wenig gemacht wurden, als meine Entlassung bisher erfolgt wäre – sich häuften, München mit der dem Herrn Grafen von Esterházy gemachten Erklärung verlassen, daß, wenn Seine Königliche Majestät darauf bestünden mich nicht zu entlassen, dieses gar nicht mehr von mir, sondern von der kaiserlichen Regierung abhänge; die Pflicht der Ehre wie der Dankbarkeit mich aber nur dazu vermögen könnte, mich unbedingt zur Disposition Seiner Majestät des Kaisers und Eurer Excellenz zu stellen; eben deshalb ich nach Prag und Wien abreisen würde. Nachdem ich zu diesem Endzwecke mir bereits einen – freilich bairischen – Paß erholte, wurde ich auf der Herausreise (am 4. dieses Monates) von einem Brustkatarrh befallen, und statt nun die Reise fortsetzen zu können, sehe ich mich genöthigt, hier noch länger zu verweilen, Euer Excellenz meinen unterthänigsten Bericht schriftlich abzustatten, und, da Herr Graf von Esterházy sich bisher vergeblich um meine Entlassung bemüht, diese ebenso abzuwarten als meine vollkommene Herstellung.
Euer Excellenz werden nun aus diesem gnädigst zu ermessen geruhen, ob von meiner Seite noch ein weiterer Schritt geschehen soll, geschehen kann, ob ich anders handeln durfte, als ich handelte. Leider ist das Semester bereits verloren. Ich habe einen Theil meiner Meubels verkauft, meine Familie zum Abschied von ihren Verwandten nach München gelassen, wünschte dringend die königliche Bibliothek daselbst theils zur Herausgabe des III. Bandes der Weltgeschichte, theils zur Einsichtnahme der neuesten englischen und französischen Literatur, welcher ich in Bamberg ebenso wie der italienischen entfremdet wurde, zu benützen; kann es aber, solange ich Anträge zu bestehen habe, nicht über mich gewinnen, diesen Wunsch zu erfüllen und dadurch auch nur zu dem Scheine einer Unterhandlung Anlaß zu geben. Nur das eine tröstet mich, daß ich glaube, meiner Pflicht gegen die hohe kaiserliche Regierung auf das Wärmste nachgekommen zu sein und den Boden des Kaiserreiches so betreten zu können, daß gegen mein Vaterland alle und jede Pflicht erfüllt worden und zugleich ich mich, ausschlagend was mir an Rang und Titel etc. geboten worden ist, des Vertrauens nicht ganz unwürdig bewiesen, welches mir Euer Excellenz hohe Gnade in so reichem Maße zu gewähren geruhte.
In tiefster Ehrfurcht verharrt

Euer Excellenz

unterthänigst gehorsamster
Dr. C. Höfler

Bamberg, 7. December 1851