Der Historiker Constantin Höfler berichtet Leo Thun von den Verhandlungen mit der bayerischen Regierung wegen seiner Entlassung aus dem bayerischen Staatsdienst. Zu diesem Zweck begab er sich vor kurzem nach München. Dort erfuhr er allerdings, dass der Ministerpräsident sowie der Kultusminister dem Kabinett seine Beförderung vorgeschlagen haben. Höfler hatte daraufhin jedoch in München klargestellt, dass er nicht nach München zurückkehren wolle, weil er bereits in österreichische Dienste übergetreten und seine Ernennung in Österreich schon amtlich bekanntgegeben worden sei. Die Gespräche verliefen daraufhin allerdings ergebnislos. Er will daher vorerst in Bamberg bleiben, bis eine hartnäckige Erkältung abgeklungen ist, die ihn bisher an einer Rückkehr gehindert hatte, und bis seine Verhandlungen mit der bayerischen Regierung zu einem Ende gekommen sein werden.
Hochgeborener Herr Graf!
Hochgebietender Herr Staatsminister!
Nachdem ich meine Entlassung aus dem königlich bairischen Staatsverbande zu
betreiben mich persönlich nach München
verfügt, halte ich es, von da zurückgekehrt, für meine Pflicht, Euer Excellenz
umständlich von den daselbst stattgehabten Dingen in Kenntnis zu setzen. Schon
früher war ich auf das Dringendste aufgefordert worden, ostensible Briefe zu
schreiben, aus welchen die Bereitwilligkeit hervorginge, mich in Unterhandlungen
mit der königlich bairischen Regierung einzulassen. Nachdem diesen Zumuthungen
gerade durch das Entgegengesetzte begegnet worden, wurde mir bei meiner Ankunft
in München (26. November) auf das
Bestimmteste eröffnet, Seine
Majestät wollten mich nicht ziehen lassen und begehrten meiner
Dienste für Baiern. Dasselbe, was mir
confidentiell eine in unmittelbarster Nähe des Königs befindliche Person
eröffnete, wurde mir noch an demselben Tage im speciellen Auftrage des Königs durch den Herrn Cultusminister mündlich zu wissen
gethan und als Willensmeinung des Königs mir Anträge gestellt, welche sich theils auf eine
diplomatische Verwendung bei dem Preßcongresse in
Frankfurt, theils auf eine ordentliche Professur der
Geschichte bezogen. Zugleich erfuhr ich, daß bereits seit dem Monate Mai von
Seiten des Herrn
Ministerpräsidenten im Einverständnisse mit dem Herrn Staatsminister des Cultus und des
Innern Anträge zu einer Beförderung bei dem Staatsarchive und der
Universität zu München an das
Cabinet ergangen waren, ohne daß jedoch irgend ein allerhöchster Entscheid zu
erzielen gewesen. Obwohl somit in Rang, Titel und Gehalt eine Beförderung gegen
den früheren Stand als ordentlicher Professor in Aussicht gestellt und mir im
Weigerungsfalle nicht undeutlich zu verstehen gegeben worden, daß die
allerhöchste Ungnade zu befürchten sei, so glaubte ich doch keine andere Antwort
geben zu dürfen, als daß ich weder Anträge stellen noch Anträge annehmen dürfe,
sondern allein zur Disposition Seiner
Majestät des Kaisers und allerhöchstdessen hohem
Staatsministerium des Cultus stehe. Und als man nun auf eine schriftliche
Erklärung drang, zögerte ich auch nicht, dem Herrn Cultusminister (respectiv
Seiner Majestät)
allerunterthänigst zu schreiben, daß, nachdem Seine Kaiserliche Majestät mich
auf eine äußerst ehrvolle Weise meinem Lebensberufe durch allerhöchstes Decret
vom 9. October zurückgegeben und mir selbst mit einer Art von unbedingtem
Vertrauen die Heranbildung von Lehramtscandidaten zugewiesen, ich mich umso
weniger noch in der Lage befände, mich dieser allergnädigsten Ernennung
entziehen zu dürfen, als dieselbe bereits in den kaiserlichen Staaten amtlich
bekannt geworden sei. Ich habe nun von allen diesen Dingen, mit Ausnahme des
Details, welches ich nur Euer Excellenz melden zu müssen für angemessen
erachtete, der k.k. Gesandtschaft in München stete Mittheilung gemacht; endlich da die Gerüchte von
weiteren Anträgen – die mir jedoch ebenso wenig gemacht wurden, als meine
Entlassung bisher erfolgt wäre – sich häuften, München mit der dem Herrn Grafen von Esterházy gemachten Erklärung verlassen, daß, wenn
Seine Königliche
Majestät darauf bestünden mich nicht zu entlassen, dieses gar
nicht mehr von mir, sondern von der kaiserlichen Regierung abhänge; die Pflicht
der Ehre wie der Dankbarkeit mich aber nur dazu vermögen könnte, mich unbedingt
zur Disposition Seiner Majestät des
Kaisers und Eurer Excellenz zu stellen; eben deshalb ich nach
Prag und Wien abreisen würde.
Nachdem ich zu diesem Endzwecke mir bereits einen – freilich bairischen – Paß
erholte, wurde ich auf der Herausreise (am 4. dieses Monates) von einem
Brustkatarrh befallen, und statt nun die Reise fortsetzen zu können, sehe ich
mich genöthigt, hier noch länger zu verweilen, Euer Excellenz meinen
unterthänigsten Bericht schriftlich abzustatten, und, da Herr Graf von Esterházy sich bisher
vergeblich um meine Entlassung bemüht, diese ebenso abzuwarten als meine
vollkommene Herstellung.
Euer Excellenz werden nun aus diesem gnädigst zu
ermessen geruhen, ob von meiner Seite noch ein weiterer Schritt geschehen soll,
geschehen kann, ob ich anders handeln durfte, als ich handelte. Leider ist das
Semester bereits verloren. Ich habe einen Theil meiner Meubels verkauft, meine
Familie zum Abschied von ihren Verwandten nach München gelassen, wünschte dringend die königliche Bibliothek
daselbst theils zur Herausgabe des III. Bandes der Weltgeschichte, theils zur
Einsichtnahme der neuesten englischen und französischen Literatur, welcher ich
in Bamberg ebenso wie der italienischen entfremdet wurde,
zu benützen; kann es aber, solange ich Anträge zu bestehen habe, nicht über mich
gewinnen, diesen Wunsch zu erfüllen und dadurch auch nur zu dem Scheine einer
Unterhandlung Anlaß zu geben. Nur das eine tröstet mich, daß ich glaube, meiner
Pflicht gegen die hohe kaiserliche Regierung auf das Wärmste nachgekommen zu
sein und den Boden des Kaiserreiches so betreten zu können, daß gegen mein
Vaterland alle und jede Pflicht erfüllt worden und zugleich ich mich,
ausschlagend was mir an Rang und Titel etc. geboten worden ist, des Vertrauens
nicht ganz unwürdig bewiesen, welches mir Euer Excellenz hohe Gnade in so
reichem Maße zu gewähren geruhte.
In tiefster Ehrfurcht verharrt
Euer Excellenz
unterthänigst gehorsamster
Dr. C. Höfler
Bamberg, 7. December 1851