Schulrat Johann Maresch wendet sich mit einigen Bemerkungen zur Situation der Schulräte an einen Sektionsrat im Ministerium für Kultus und Unterricht. Die Stellung der Schulräte habe sich nämlich mit der Reform der Landesbehörden verschlechtert, da die Schulreferenten nicht mehr dazu verpflichtet seien, die Schulräte in Entscheidungen einzubinden. Er erwähnt dazu den Fall von Franz Ferdinand Effenberger, der in verschiedenen Angelegenheiten von seinem Schulreferenten umgangen worden war und sich bei Maresch beschwert hatte. Ihm selbst sei es teilweise ähnlich ergangen. Außerdem seien die Arbeitsbedingungen in der Statthalterei schlecht, da es an der vielfach nötigen Fachliteratur fehle und oft nicht einmal Kerzen zur Verfügung stünden. Maresch ist überzeugt, dass sich für das Amt des Schulrates binnen kurzer Zeit daher keine Anwärter mehr fänden. Er rät daher dringend zu einer Reform. Zuletzt dankt er für die Anstellung eines Zeichenlehrers in Steinschönau. Der Prager Glasraffineur Hofmann habe zudem das Grundkapital zur Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung dieses Lehrers gespendet, so dass dieser wohl langfristig gehalten werden könne, zumal auch die Gemeinde ihren Teil dazu beitragen wolle.
Hochwürdiger Herr Sekzionsrath!
Ich kann nicht umhin in dem wichtigen Augenblicke der Entwerfung des
Geschäftsganges für die anzustellenden Schulräthe oder, wie aus dem hohen
Erlasse wegen der Redakzion der Zeitschrift Ǐkala a Žiwot hervorgeht, für die
bereits angestellten Schulräthe nochmals einige Bemerkungen über die
gegenwärtige Stellung der Schulinspektoren Euer Hochwürden zu
unterbreiten.
Seit Aufhebung der Landesschulbehörden durch das
Inslebentreten der Statthaltereien ist die Stellung und somit auch die
Wirksamkeit der einzelnen Schulinspektoren eine wesentlich andere geworden.
Während sie früher Räthe des Statthalters waren, ohne deren Zustimmung eine
Anstellung, eine Beförderung, Belohnung und gegentheils eine Bestrafung der
Lehrer nicht statt finden durfte und auch nicht statt fand, sind die Inspektoren
der Gymnasien wie die der Real- und Volksschulen zu Beiräthen des
Schulreferenten herabgesunken, welche derselbe hören kann, aber nicht muß,
zuweilen auch nicht hört und künftig gänzlich ignorieren wird. Heute beschwerte
sich Effenberger gegen
mich, daß wichtige Verordnungen an die Gymnasialdirekzionen ergehen, von denen
er erst aus den Konferenzprotokollen Kunde erhält, daß Schüler aus den Anstalten
ausgeschlossen werden, ohne daß der Referent um die Zustimmung des Inspektors
sich kümmert, weßhalb Effenberger allen Muth verliere. Ich kann das Gleiche berichten. Der
älteste Lehrer in Plan erhielt das silberne
Verdienstkreuz, ohne daß ich über seine Verdienste befragt ward, der Katechet
für die Czeslauer Hauptschule wurde auf diesen Posten angestellt, ohne daß ich
mein Votum abzugeben veranlaßt ward, Privatinstitute werden bewilligt, ohne daß
ich den Lehrplan zur Vorgutachtung erhalte, meine Reiseberichte erledigt, ohne
daß ich weiß, ob meine Anträge durchgehen und was auf dieselben erfolgt ist.
Kurz, wir sind nur noch der Schatten der früheren Schulräthe, und bald werden
wir unwissender in dem sein was im Departement vorgeht, als die Konzipisten und
Konzeptsadjunkten, welche bei uns arbeiten.
Wie man uns anderweitig achtet
geht daraus hervor, daß Zeithammer und ich ein gemeinsames Bureau haben, wodurch besonders bei
Besuchen einer den anderen stört, und die Parteien nicht wenig genirt sind,
welche mit uns zu sprechen haben. Keine Tafel besagt, wo ein Schulrath zu
finden, nur für die Statthaltereiräthe sind welche angebracht; ich kaufe mir
selbst die Kerzen, da ich deren bisher id est im gegenwärtigen Winter erst im
Monate Jänner trotz wiederholtem Ansuchen nur ein Pfund erhielt, und seitdem
Niemand frägt, ob ich deren bedarf. Man wollte, daß wir abends im Bureau
arbeiten; allein was nutzt auch das hinkommen, wenn Niemand da ist, der einem
eine Kerze aufsteckt. Wie schwer ist es zudem für uns, die wir bei unseren
Arbeiten häufig wissenschaftliche Behelfe, als Bücher etc. haben müssen, im
Bureau zu arbeiten. Allein das würdigt man nicht.
Ich bin weit davon, Seine
Excellenz damit beschuldigen zu wollen, als meine er es uns nicht gut oder wolle
nicht die Hebung des Schulwesens. Allein wie kann der Herr Statthalter von allen
diesen Dingen Kenntnis haben, wer wird ihn mündlich mit solchen Dingen
behelligen, ja wer wird wieder klagen, da eine Kollektiveingabe von uns Dreien
nicht an uns, sondern an den Statthaltereirath erlediget ward, welcher uns den
Bescheid mündlich mittheilte, daß wir nicht Kerzen bekommen können, außer wir
arbeiten im Bureau. Den weiteren Erfolg kennen Sie aus obigem.
Wird in dem
gegenwärtigen Augenblicke nicht geholfen, so geht das Institut der Schulräthe
dem moralischen Tode entgegen. Nehmen wir nicht bei Besetzungen von
Lehrerstellen als Referenten an den Sitzungen der Statthaltereiräthe Antheil,
können wir unsere Anträge in den Reiseberichten nicht selbst erledigen, oder
werden diese nicht einer Discussion mit dem Referenten vor der Erledigung
unterzogen, haben wir bei Remuneration, bei Krankheitsaushilfen, bei Belohnungen
und Bestrafungen keine berathende Stimme, dann sind wir binnen Jahresfrist
nichts anderes in der öffentlichen Meinung als die Handlanger des Studien- und
Schulreferenten und unsere Wirksamkeit wird eine spurlose werden. Das Ansehen
der früheren Studiendirektoren war ein ungleich größeres, ihre Stellung eine
ihrem Amte ungleich würdigere, als die unsrige zu werden droht.
Entschuldigen Euer Hochwürden diese meine freimüthigen Bemerkungen. Diese sind
nicht ein „Ćićero pro domo sua“, sind kein Ergebnis eines niederen Ehrgeizes,
sondern bloß ein Ergebnis meiner Anschauung der Unzulänglichkeit des Zustandes
und meines redlichen Willens die Summe des Guten hinieden möglichst zu mehren
und mit dem erforderlichen Einflusse und dem nöthigen Ansehen ausgestattet
beizutragen, daß eine intelligente, gottesfürchtige und mit Liebe und
Anhänglichkeit für das Allerhöchste Kaiserhaus und insbesondere für den
herrlichen Kaiser, dem Gott zum Heile Oesterreichs die Fülle Seiner Gaben
verliehen, erfüllte Jugend herangebildet werde.
Will der Staat Schulräthe,
so ermögliche man ihnen die erforderliche Wirksamkeit; die Personen wechseln und
vergehen, die Sache bleibt. Kann uns die erforderliche Wirksamkeit nicht
ermittelt werden, so will ich gern mit Ergebung in das Unzulängliche und mit
Hingebung für die gute Sache fortdienen und fortwirken, so lange mir Gott die
Gesundheit läßt und eine Wirksamkeit überhaupt möglich ist; dermalen aber habe
ich durch diese umfassende Mittheilung auch meine Pflicht erfüllt.
Nicht
unangenehm dürfte es Euer Hochwürden sein zu erfahren, daß ich soeben 25 Stück
Ornamente vom Kölner Dom aus jener Suite abgießen ließ, welche jüngst für die
Technik in Prag um 300 fr Silber erkauft wurden. Sämtliche 25 Stück kosten 15 fr
K. N. (ohne Kiste). Sie werden in den Unterrealschulen für Konturzeichnungen
gute Dienste leisten, an den Oberrealschulen aber zu Ausführungen in
verschiedener Manier benutzt werden.
Herzlichen Dank für die 500 fr zur
Anstellung eines Zeichnenlehrers in Steinschönau [Kamenický
Šenov]. Schon ist der Grund zu einem kleinen Fonde dadurch gelegt, daß Herr Hofmann, Glasraffineur und
Glashändler in Prag, den ich bei allen
Schritten für Steinschönau theils
berieth, theils von dem Geschehen verständigte, zu den bereits auf Zeichnungen
für Steinschönau jüngst gewidmeten Betrage von 100 fr einen weiteren Betrag von
400 fr widmete. Daß ich durch diese Gabe erfreut, bereits den Vikär und
Ortsseelsorger davon in Kenntnis setzte und aufforderte für Bildung des Fondes
in Steinschönau um so mehr
thätig zu sein, als selbst ein Prager Bürger solche Opfer bringt, versteht sich
von selbst. Sobald die Sammlung in Steinschönau vollendet ist, werde ich einen
Bericht darüber für den Schulboten einsenden. Bereits hat man in Steinschönau erklärt die 500 fr von Hoffmann ungeschmälert zu erhalten und die
bereits beigeschafften Zeichnungsvorlagen aus Gemeindemitteln zu bezahlen.
Wieder ein Samenkörnlein des Guten in unserem lieben Heimathslande.
Für
heute genug. Leben Sie wohl. Meine gute Mutter meldet ihren Handkuß. In aller
Liebe geharre Euer Hochwürden
Verehrer
Maresch
Prag, 15. Februar 1855