Schulrat Anton Waldert erklärt neuerlich, warum er auf den ihm angebotenen Posten als Lehrer am Gymnasium in Eger verzichten will. Der wesentliche Grund hierfür sei, dass er für das Fach Klassische Philologie vorgesehen war. Er dankt Thun für sein Vertrauen und hofft, dass Thun sich dennoch auch zukünftig seiner erinnern werde. Außerdem empfiehlt er dem Minister nochmals den Priester Weber, der gerade eine Arbeit über die „Christianisierung der Wissenschaft“ schreibe.
Euer Excellenz,
hochgeborener, gnädigster Herr Graf!
Den wohlwollenden Absichten Euer Excellenz gemäß wurde mir von der k.k.
Landesschulbehörde für Böhmen eine Anstellung am
Gymnasium zu Eger zugedacht. Da mir aber dort zu meiner
nicht geringen Überraschung Philologie übertragen werden
wollte, so fand ich mich veranlaßt und verpflichtet, auf das
mir verliehene Lehramt zu verzichten. Nichtsdestoweniger fühle ich mich
gedrungen Euer Excellenz für all die unverdienten Gnaden meinen tief gefühlten
Dank hiemit ehrfurchtsvoll auszusprechen. Ist’s mir in meiner untergeordneten
Lebensstellung auch nicht vergönnt, meinen Dankesgefühlen greifbare Geltung zu
verschaffen, so könnten Hochdieselben doch versichert seyn, daß ich am Altare
des "Herrn" Hochihrer nie vergessen werde. Übrigens bin ich überzeugt, daß auch
Euer Excellenz meiner nicht vergessen werden, wenn sich’s einmal fügen sollte,
daß da oder dort ein Priester zu verwenden wäre. Ja, ich würde wohl selbst eine
ehrenhafte Stellung in einem adelichen Hause nicht
ausschlagen. Nun, Euer Excellenz werden mit der Zeit und in huldvoller Fürsorge
für meine Wenigkeit schon etwas aufzufinden wissen!
Auf das Schreiben von
Tetschen, was an mich ergangen, hat sofort einer der
Priester, deren ich in einem früheren Schreiben Hochdieselben gedacht, – Pater
Weber – sein Bittgesuch gehörigen Orts
vorgelegt. Dem Zweiten, Pater Michl aus der
Leitmeritzer Diözese, wurde jedoch
von seinem Bischofe die Weisung gegeben, vorläufig noch zu warten mit der
Einsendung eines solchen Gesuches, „da augenblicklicher Priestermangel Vorsorge
für die Seelsorge [?]“.
Pater
Weber
und Pater
Michl
– zwei seltene junge Priester, reich an Talent,
ausgerüstet mit vielseitigen Kenntnissen, mit einem entschiedenem christlich
loyalen Charakter; Männer, Priester, "die Geist und Leben sich bewahrt und in
die Ansprüche der Zeit mit ihrer Person bezahlen".
Und rüstige, gewandte
Geister braucht die Wissenschaft, nicht flache, verschlissene Leute. Namentlich
möchte Pater Weber durch sein geniales Talent,
ausgezeichnet reiches Wissen in jedem Kreise Tüchtiges schaffen. Haben Euer
Excellenz die Gnaden in dem "Jahrbuch 39[?]" vom Schulrathe Maresch einen flüchtig geschriebenen Artikel
zu lesen, der Weber zum Verfasser hat. Derselbe
macht jetzt ausgebreitete Studien und hat "Beiträge zur Christianisirung der Wissenschaft" unter der Feder. Das wird eine
geistvolle, anregende Arbeit werden! Solche Bestrebungen erscheinen freilich den
"Juden" als ein Ärgernis und den "Heiden" als eine Thorheit;
indes wird doch nur auf diesem Wege dem
Staate von der Wissenschaft Heil widerfahren. "Mit starkem Arme muß die Thüre zu
Fausts Studirkammer ins Schloß geworfen werden." Wer nur einigermaßen die
öffentliche Wirksamkeit Euer Excellenz verfolgt hat, der mußte freudig erkennen
und bekennen, daß Hochdieselben ursprünglich schon bemüht gewesen seyen alle
Theile der Wissenschaft auf (alle) christliche Grundlage zurückzuführen. Die
total heidnische Wissenschaft ärgert sich darüber, ein Beweis, daß wir im Großen
und Ganzen auf gutem Wege sind. "Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich." Wie
das Leben, so muß die Wissenschaft der modernen Welt aus den Niederungen des Naturlebens herausgerissen werden und der
Erstgeborene unter den vielen Brüdern muß auch in der Wissenschaft seine
Auferstehung feiern; und Euer Excellenz haben das weltgeschichtliche Verdienst,
die „Morgenröthe“ dieses Ostertages heraufgeführt zu haben. Der Herr, der
Hochdenselben diese rühmliche Aufgabe zubeschieden hat, wird dereinst Hochihr
Lohn seyn und der Helfer zum großen Werke mehr erwecken. Was mögen in diesem
lichten Bewußtseyn Euer Excellenz wohl bei der Wirthschaft, wie sie allein in
den deutschen Ländern getrieben wird, denken und urtheilen?! Und die
Karlsruhigen – nun die wollen die Kirche knebeln, in Fesseln schlagen, "doch der
Herr wird schon noch einmal reden, aber nicht durch seinen Sohn" – könnten auf
Oesterreichs erleuchtete Staatsmänner
schauen und in reifliche Erwägung ziehen, daß nichts die Absichten einer
vernünftigen Politik kräftiger befördere als die katholische Religion, wenn sie
nicht politisch behandelt wird, und daß dieselbe für die
Politik unnütz werde, wenn sie politisch behandelt wird. Deus
providebit!
Genehmigen schließlich den Ausdruck meiner aufrichtigsten
Hochachtung und Liebe, mit der ich mich zeichne,
Euer Excellenz
ergebenster Diener
Pater Anton Waldert
Kaplan zu Görkau
Görkau, am Heiligen Weihnachtsfeste 1853