Das bischöfliche Ordinariat von Königgrätz versichert dem Dekan von Neustadt, Johann Rojek, dass es in der Auseinandersetzung mit dem Bezirkshauptmann auf seiner Seite stehe und ihn gegenüber den öffentlichen Stellen unterstützen werde. Zwischen dem Dekan und dem Bezirkshauptmann von Neustadt war es nämlich zu einem Streit über die feierliche Umrahmung einer Ordensverleihung an den Neustädter Bürgermeister gekommen. Gleichzeitig spricht das Ordinariat seine Überzeugung aus, dass der Dekan die festliche Umrahmung des Festaktes nicht verweigern werde. Der Bischof hat sich in der Sache zudem an den Statthalter von Prag gewandt und die Sachlage geschildert.
Abschrift.
Beilage: Abschrift eines Briefs von Karl Borromäus Hanl an Karl Mecséry von Tsoor. Königgrätz, 1. Oktober 1854.
Copia
Z. 6069
Seiner Hochwürden
Dem Herrn [?] Johann
Rojek, bischöflicher Vikariats-Sekretär und Dechant
in
Neustadt [Nové Město nad
Metují]
Aus dem im Anschluße in Abschrift zuliegenden Schreiben unseres Hochwürdigsten
Herrn Bischofs an das hohe
Statthalterei Präsidium werden Euer Hochwürden entnehmen, in welcher Weise Seine
Bischöfliche Excellenz die zwischen Ihnen und dem Herrn Bezirkshauptmann in Betreff der
bei der Übergabe des silbernen Verdienstkreuzes an den dortigen Bürgermeister
Hartmann zu veranstaltenden
kirchlichen Feier obschwebende Differenz aufgefasst haben.
Indem die
diesfällige Verfügung Seiner Excellenz des Herrn Statthalters, um welche
Hochderselbe in dem beiliegenden Schreiben angegangen wird, abgewartet werden
muß, heget das Hochwürdigste bischöfliche Ordinariat zu Euer Hochwürden das
beruhigende Vertrauen, daß Euer Hochwürden die bei solchen feierlichen Anlässen
allgemein übliche kirchliche Solennität mit Freuden dazu benützen werden, um auf
Belebung und Kräftigung der Gefühle der dem Monarchen schuldigen Verehrung und
Liebe mit allem Nachdruck hinzuwirken.
Konsistorium zu Königgraz am 1. Oktober 1854
Vinz.[enz] Prasky m/p
Präses
Jos.[ef] Hais Konsistorial
Rath m/p
An Seine Excellenz den Herrn Statthalter in Prag
Aus Anlaß des hohen Präsidialschreibens vom 26. August laufenden Jahres Z.
9156, das mir, weil ich eben auf einige Tage verreist war, erst am 12.
September zugekommen, und wodurch Euere Excellenz mich von der Weigerung des
Neustädter Dechants Johann Rojek über Ansuchen des
dortigen Herrn Bezirkshauptmanns Lhota die Übergabe des silbernen Verdienstkreuzes an den
Neustädter Bürgermeister Anton Hartmann durch ein
solennes Hochamt, Te Deum, und eine diese Feier berührende Predigt kirchlich
zu verherrlichen, in die Kenntnis zu setzen die Güte hatten, – habe ich es
desto mehr für nothwendig gefunden, den genannten Stadtdechant über den eigentlichen
Sachverhalt einzuvernehmen, je mehr mich bei dem mir sonst bekannten ebenso
loyalen als kirchlichen Sinne des Dechants Rojek eine unbedingte Verweigerung der angesuchten
kirchlichen Feier befremden musste.
Dechant Rojek theilte mir in seiner diesbezüglichen Äußerung vom 24.
September laufenden Jahres Z. 345. dec. nicht bloß die Zuschrift des
Herrn Bezirkshauptmannes
vom 6. August laufenden Jahres Z. 215.pr. worin er um die Vornahme der
kirchlichen Feier ersucht wurde, und seine unter dem 9. August darauf
ertheilte Antwort mit, sondern legte mir auch die Absagung der ganzen Feier
vor, welche der Herr
Bezirkshauptmann in Folge der von dem Dechant erhaltenen
Antwort an alle bereits geladenen Behörden und Körperschaften des Neustädter
Verwaltungsbezirkes unter dem 10. August laufenden Jahres Z. 221.pr. ergehen
ließ. Alle drei Zuschriften beehre ich mich Euer Excellenz im Anschluße zur
hochgeneigten Würdigung abschriftlich zu unterbreiten, und erlaube mir
darüber Nachstehendes zu bemerken.
So wie in der Antwort des Dechants vom 9. August nichts vorkommt,
was als Verweigerung jeder kirchlichen Andacht bei dem erwähnten Anlasse mit
Grund gedeutet werden könnte, so daß die von dem Herrn Bezirkshauptmann in seinem
Absagungs-Erlasse vom 10. August ausgesprochene Beschuldigung „der Dechant
weigere sich, die kirchliche Andachtsfeier aus Anlaß der der Neustädter
Bürgerschaft durch die allergnädigste Verleihung des silbernen
Verdienstkreuzes an den Herrn Bürgermeister
Hartmann zu Theil gewordene allerhöchste Gnade Seiner k.k. apostolischen Majestät,
unseres allergnädigsten Kaisers und Herrn abzuhalten,“ – als ungegründet und
die Neustädter Bürgerschaft gegen ihren Seelsorger zu entrüsten geeignet,
bezeichnet werden muß: so wird es auch der hohen Einsicht Euerer Excellenz nicht entgehen,
daß der Herr Bezirkshauptmann bei der bezüglich der kirchlichen Feier
getroffenen Verfügung den Rechten des Seelsorgers keineswegs in der Weise Rechnung getragen habe,
wie es wünschenswerth und zur Vermeidung unliebsamer Collisionen nothwendig
gewesen wäre. Denn abgesehen davon, daß der Herr Bezirkshauptmann die
Bestimmung, in welcher Weise die kirchliche Feier zu veranstalten wäre, dem
Dechant, als dem rector
ecclesiae, mit Beruhigung hätte überlassen können, so war derselbe
jedenfalls nicht befugt, ohne vorher mit dem Dechant Rücksprache genommen zu
haben, für die feierliche Übergabe der Dekoration eine Stunde festzusetzen,
die mit dem öffentlichen Gottesdienst kollidiert, so daß, da der sonntägige
große Gottesdienst in Neustadt um 10 Uhr beginnt, die Übergabe der
Dekoration aber nach der Bestimmung des Herrn Bezirkshauptmannes um die 10.
Stunde Vormittags statt finden sollte, die übliche Gottesdienstordnung in
Folge dessen gestört, und mit dem Beginne der Predigt bis 1/2 11 wo nicht
bis 11 Uhr hätte gewartet werden müssen.
Bei diesem Sachverhalte finde
ich mich genöthigt, Euere Excellenz zu ersuchen, den Neustädter Herrn Bezirkshauptmann anweisen zu
wollen, damit er für die Übergabe des Verdienstkreuzes an den betreffenden
Bürgermeister einen geeigneten
Tag bestimme, über die Stunde der kirchlichen Feier aber sich mit dem
Stadt-Dechant ins Einvernehmen
setze, an welchen unter Einem die Ordinariats-Weisung ergeht, durch
Veranlassung einer kirchlichen, die mehr erwähnte Dekorierung begleitenden,
Andacht diese Feier für die Belebung und Kräftigung patriotischer Gefühle so
viel als möglich fruchtbar zu machen.
Empfangen Euere Excellenz die
Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung, womit ich die Ehre habe zu
sein
Euerer Excellenz
Königgraz am 1. Oktober 1854