Johann Rohanyi an Leo Thun
Gložan, 14. Oktober 1854
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Regest

Johann Rohanyi, evangelischer Priester in Gložan in der Serbischen Woiwodschaft, wendet sich im Namen von mehreren Geistlichen an Thun, um die Reorganisation der evangelischen Kirche in Ungarn, speziell im Bereich der Serbischen Woiwodschaft, anzuregen. Die Rechtsunsicherheit, die in Fragen der Kirchenorganisation derzeit herrsche, ist aus seiner Sicht ein arges Übel, das endlich beseitig werden soll. Leopold II. hatte zwar eine Regelung angestrebt, aber diese Regelung wurde nie sanktioniert. Zwar würden die evangelischen Kirchen heute nicht mehr unterdrückt und verfolgt, dennoch fühle sich diese ohnmächtig gegenüber den staatlichen Einrichtungen. Außerdem fehle ihnen, so der Pfarrer, eine anerkannte Vertretung, die für ihre Belange sprechen könne. Der Pfarrer hofft daher auf das Ministerium für Kultus und Unterricht und auf Leo Thun. Diese Hoffnung werde zudem bestärkt durch die Tatsache, dass bereits erste Schritte zu einer Neuordnung getan wurden und eine endgültige rechtliche Fassung in Aussicht gestellt worden sei. Rohanyi bietet sich schließlich als Verhandlungspartner an und legt ein Schreiben bei, mit welchem er von einer Reihe von Pfarrern aus der Serbischen Woiwodschaft dazu ermächtigt wird, als ihr Unterhändler aufzutreten.

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Schlagworte

Edierter Text

Euer Excellenz!

Gemäß der hohen Weisung, welche an den unterthänigst Gefertigten den 14. September laufenden Jahres bei Gelegenheit der unterthänigsten Unterbreitung seiner von einem Theile der Bács Syrmier evangelischen Geistlichkeit ausgestellten Creditive in Angelegenheit der bevorstehenden Coordination der evangelischen Kirche in Ungarn, und der Serbischen Woiwodschaft von Eurer Excellenz erging, er habe im Namen seiner Committenten die auf diesen Gegenstand sich beziehenden Aussichten und Wünsche, nebst Beischluß seiner Vollmachtsurkunde schriftlich zu unterbreiten, und glaubte er seiner Aufgabe durch folgendes am geeignetsten nachzukommen.
Die im Bereiche der evangelischen Kirchengemeinschaft Augsburger Confession in Ungarn, einer langen Vergangenheit nicht zu gedenken, seit mehr denn einem halben Jahrhundert durch eine unbefangene Beobachtung erworben, auf zahllose Vorfälle begründete Erfahrung stellte aus dem Mangelhaftem ihrer Einrichtung, dem Ungeregelten ihrer Verwaltung, endlich dem Schwankenden ihrer Stellung in den Beziehungen nach Außen, ihre Unhaltbarkeit eben so, wie die Nothwendigkeit ihrer gänzlichen Umgestaltung dermaßen heraus, daß hiefür nicht nur die achtbarsten Männer ihre Stimmen erhoben, sondern ein allgemein reges Verlangen sich darnach wiederholt offenbarte. Es lag zwar das Synodal-Werk vom Jahr 1791, welches auf Befehl Seiner Majestät des höchstseligen Kaisers Leopold des II. verfasst, eine Regelung der evangelischen Kirche beider Confessionen zur Aufgabe hatte, der königlichen Sanction gewärtig, eine lange Zeit hindurch da, ohne jedoch in’s Leben gerufen zu werden. Der Geist, in welchem es durchgeführt, der Einfluß, welcher es geleitet, waren sämtlich für die Aufgabe nicht eben förderliche Elemente, da sie weder die wahrhaften Interessen der Kirche, noch die Forderungen seiner Zeit glücklich aufzufassen schienen, und sonach kein gemeinnütziges, der Zeit und Kirche genügendes Werk hervorgerufen, und somit den anerkannten Bedürfnissen gesteuert haben. Weil sich aber seitdem die Zeiten wesentlich geändert, selbst die Bedürfnisse der Kirche anders gestellt, die Staatsinteressen nicht minder andere Maasregeln hervorgerufen, ist das Werk, als mit der Gegenwart unvereinbar, und unbrauchbar erwiesen. Mittlerweile war diese Zeitperiode, welche die evangelischen Kirchengenossen schwer drückte, für dieselben eine harte Prüfungszeit, der sich die evangelische Kirche aller gemachten Versuche, und Anstrengungen zum Trotz nicht entwinden, und nie eine glücklichere Richtung einschlagen konnte, wobei ihr aus diesem Zeitabschnitte kein anderes Ergebnis geworden, als das Bewußtseyn der Ohnmacht, aus eigener Kraft sich gehörig gestalten, und sich eine erfreuliche Zukunft sichern zu können.
Daher fiel die wichtige Aufgabe dieser Umgestaltung, wie so manche großartige Unternehmung der thätigen Jetztzeit, und die Lösung dieser Aufgabe gleichfalls der Allerhöchsten Gnade S. Majestät, dem regierenden Kaiser, unserm Herrn anheim. Wir betrachten somit das hohe Decret vom 10. Februar 1850 als den Verkünder eines neuen Stadiums für die evangelische Kirche in Ungarn, da es eine neue Regelung derselben im gereinigten Kircheninteresse in nahe Aussicht stellt, eben so wie den hohen Erlaß Eures hohen kaiserlichen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 11. Juli laufenden Jahres, laut dessen die beiden evangelischen Confessionen über die Coordination ihrer Kirche „noch im laufenden Jahre gehört werden sollen“ als eine Bürgschaft für die besten Erwartungen. Es ist sonach an der Zeit, die Meinungen in der schwebenden Aufgabe Eurem hohen Ministerium zu unterbreiten.
Wir sind indessen nicht geneigt zu glauben, daß die zum selben Zweck an denselben hohen Ort abgegebenen Meinungen und Wünsche sich identisch gestalten, und zu einem und demselben Wunsch verschmelzen werden.
Wer1

Ein hohes kaiserliches Ministerium möchte eine aus 5 bis 6 sämmtlich nach guten Ansichten bewährten Geistlichen der evangelischen Kirche bestehende Commission mit einer die Umgestaltung der Kirche einleitenden Vorarbeit hochgnädigst betrauen, welche mit Benützung der bestehenden Canones Statuten und sonstigen Hilfsquellen einen ausführlichen Entwurf der Coordinaton zu verfassen, und binnen festgesetzter Zeitfrist zur Prüfung vorzulegen hätte.
Schließlich möge Euer hohes kaiserliches Ministerium hochgnädig in Erwägung ziehen, wie dieser Theil der evangelischen Geistlichkeit, in deren Namen, und laut deren Vollmacht ich unterthänigst aufzutreten die Ehre habe, und noch viele andere durch die ungarischen Superintendenzen zerstreuten Brüder von gleicher Gesinnung weder Organe, noch das erforderliche Terrain haben, auf dem sie sich gleich ihren Gegnern frei bewegen und ihre Ansichten kräftig vertreten und fördern könnten, da sie weder Chefs, die sie versammeln, leiten, noch aber Convente und andere Versammlungen, in denen sie das Gemeinwohl und das zu unternehmende Berathen, und das, worin sie übereingekommen, geltend machen könnten, haben, da diese Vortheile bloß und ausschließlich ihren Gegnern zu Gebothe stehen, und dies in dem Grade, daß sich selbst die betreffenden Chefs entweder ganz im alten Zustande bequemen, einige sogar für denselben mit der protestantischen Partei mitwirken.
Um so mehr hoffte diese Anzahl von Geistlichen, welche ich zu vertreten die Ehre habe, ihre Ansichten, ihre unterthänigsten Bitten, werden Allerhöchsten Orts gnädigstes Gehör, und Würdigung finden, da es bei der zweckmäßig zu ordnenden Kirche ganz gewiß nicht auf die Mehr- oder Minderzahl der Stimmenden, oder abgegebenen Meinungen, sondern lediglich auf die Kraft und die Brauchbarkeit hiebei aufgestellten Grundsätze ankomme.
In der tiefsten Verehrung verharre

Euer Excellenz

unterthänigster Diener
Johann Rohanyi mp
Evangelischer Seelsorger zu Glozhán [Gložan]
In der Serbischen Woiwodschaft

Glozhán den 14. Oktober 1854

Wir ergebenst Gefertigte bevollmächtigen damit Seine Hochwürden Herrn Pfarrer Johann Rohanyi, daß derselbe in unserem und mehrerer unserer Amtsbrüder Namen unsere Ansichten und gehorsamste Bitte, in Betracht der bevorstehenden Coordination unserer evangelischen Kirche Augsburger Confession, Eurem Hohen k.k. Ministerium unterbreiten möge.

N. Schova [Nove Šove], in der serbischen Woiwodschaft, Bezirk Neusatz [Novi Sad], den 21ten August 1854.

Hutter Friedrich,
Pfarrer zu Alt Werbaß [Stari Vrbas]

Samuel Borofsky[?] mp
Consenior

Carl Langhoffer mp
Cooperator zu Glozsan [Gložan]

Georg Jehzenhzky mp
Evangelischer Pfarrer zu Risran[?]

Emerich von Jeszenszky
Pfarrer zu Neusatz [Novi Sad]

Daniel Kolenyi mp
Pfarrer zu Kulpin

Johann Korossy
Pfarrer zu Jarek [Bački Jarak]

Stefan Abraham mp
Evangelischer Pfarer zu Neu Sove [Nove Šove]

Samuel Pabilon[?]
Pfarrer zu Schilbesch[?]

Josef Spannagel
Pfarrer zu Bulkesz [Bački Maglić]