Johann Rohanyi, evangelischer Priester in Gložan in der Serbischen Woiwodschaft, wendet sich im Namen von mehreren Geistlichen an Thun, um die Reorganisation der evangelischen Kirche in Ungarn, speziell im Bereich der Serbischen Woiwodschaft, anzuregen. Die Rechtsunsicherheit, die in Fragen der Kirchenorganisation derzeit herrsche, ist aus seiner Sicht ein arges Übel, das endlich beseitig werden soll. Leopold II. hatte zwar eine Regelung angestrebt, aber diese Regelung wurde nie sanktioniert. Zwar würden die evangelischen Kirchen heute nicht mehr unterdrückt und verfolgt, dennoch fühle sich diese ohnmächtig gegenüber den staatlichen Einrichtungen. Außerdem fehle ihnen, so der Pfarrer, eine anerkannte Vertretung, die für ihre Belange sprechen könne. Der Pfarrer hofft daher auf das Ministerium für Kultus und Unterricht und auf Leo Thun. Diese Hoffnung werde zudem bestärkt durch die Tatsache, dass bereits erste Schritte zu einer Neuordnung getan wurden und eine endgültige rechtliche Fassung in Aussicht gestellt worden sei. Rohanyi bietet sich schließlich als Verhandlungspartner an und legt ein Schreiben bei, mit welchem er von einer Reihe von Pfarrern aus der Serbischen Woiwodschaft dazu ermächtigt wird, als ihr Unterhändler aufzutreten.
Euer Excellenz!
Gemäß der hohen Weisung, welche an den unterthänigst Gefertigten den 14.
September laufenden Jahres bei Gelegenheit der unterthänigsten Unterbreitung
seiner von einem Theile der Bács Syrmier
evangelischen Geistlichkeit ausgestellten Creditive in Angelegenheit der
bevorstehenden Coordination der evangelischen Kirche in
Ungarn, und der Serbischen Woiwodschaft von Eurer Excellenz erging, er habe im
Namen seiner Committenten die auf diesen Gegenstand sich beziehenden Aussichten
und Wünsche, nebst Beischluß seiner Vollmachtsurkunde schriftlich zu
unterbreiten, und glaubte er seiner Aufgabe durch folgendes am geeignetsten
nachzukommen.
Die im Bereiche der evangelischen Kirchengemeinschaft
Augsburger Confession in Ungarn, einer langen Vergangenheit
nicht zu gedenken, seit mehr denn einem halben Jahrhundert durch eine
unbefangene Beobachtung erworben, auf zahllose Vorfälle begründete Erfahrung
stellte aus dem Mangelhaftem ihrer Einrichtung, dem Ungeregelten ihrer
Verwaltung, endlich dem Schwankenden ihrer Stellung in den Beziehungen nach
Außen, ihre Unhaltbarkeit eben so, wie die Nothwendigkeit ihrer gänzlichen
Umgestaltung dermaßen heraus, daß hiefür nicht nur die achtbarsten Männer ihre
Stimmen erhoben, sondern ein allgemein reges Verlangen sich darnach wiederholt
offenbarte. Es lag zwar das Synodal-Werk vom Jahr 1791, welches auf Befehl
Seiner Majestät des höchstseligen Kaisers Leopold des
II. verfasst, eine Regelung der evangelischen Kirche beider
Confessionen zur Aufgabe hatte, der königlichen Sanction gewärtig, eine lange
Zeit hindurch da, ohne jedoch in’s Leben gerufen zu werden. Der Geist, in
welchem es durchgeführt, der Einfluß, welcher es geleitet, waren sämtlich für
die Aufgabe nicht eben förderliche Elemente, da sie weder die wahrhaften
Interessen der Kirche, noch die Forderungen seiner Zeit glücklich aufzufassen
schienen, und sonach kein gemeinnütziges, der Zeit und Kirche genügendes Werk
hervorgerufen, und somit den anerkannten Bedürfnissen gesteuert haben. Weil sich
aber seitdem die Zeiten wesentlich geändert, selbst die Bedürfnisse der Kirche
anders gestellt, die Staatsinteressen nicht minder andere Maasregeln
hervorgerufen, ist das Werk, als mit der Gegenwart unvereinbar, und unbrauchbar
erwiesen. Mittlerweile war diese Zeitperiode, welche die evangelischen
Kirchengenossen schwer drückte, für dieselben eine harte Prüfungszeit, der sich
die evangelische Kirche aller gemachten Versuche, und Anstrengungen zum Trotz
nicht entwinden, und nie eine glücklichere Richtung einschlagen konnte, wobei
ihr aus diesem Zeitabschnitte kein anderes Ergebnis geworden, als das Bewußtseyn
der Ohnmacht, aus eigener Kraft sich gehörig gestalten, und sich eine
erfreuliche Zukunft sichern zu können.
Daher fiel die wichtige Aufgabe
dieser Umgestaltung, wie so manche großartige Unternehmung der thätigen
Jetztzeit, und die Lösung dieser Aufgabe gleichfalls der Allerhöchsten Gnade S.
Majestät, dem regierenden Kaiser, unserm
Herrn anheim. Wir betrachten somit das hohe Decret vom 10. Februar 1850 als den
Verkünder eines neuen Stadiums für die evangelische Kirche in
Ungarn, da es eine neue Regelung derselben im gereinigten
Kircheninteresse in nahe Aussicht stellt, eben so wie den hohen Erlaß Eures
hohen kaiserlichen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 11. Juli laufenden
Jahres, laut dessen die beiden evangelischen Confessionen über die Coordination
ihrer Kirche „noch im laufenden Jahre gehört werden sollen“ als eine Bürgschaft
für die besten Erwartungen. Es ist sonach an der Zeit, die Meinungen in der
schwebenden Aufgabe Eurem hohen Ministerium zu
unterbreiten.
Wir sind indessen nicht geneigt zu glauben, daß die zum selben
Zweck an denselben hohen Ort abgegebenen Meinungen und Wünsche sich identisch
gestalten, und zu einem und demselben Wunsch verschmelzen werden.
Wer1
Ein hohes kaiserliches Ministerium möchte eine aus 5 bis 6 sämmtlich nach guten
Ansichten bewährten Geistlichen der evangelischen Kirche bestehende Commission
mit einer die Umgestaltung der Kirche einleitenden Vorarbeit hochgnädigst
betrauen, welche mit Benützung der bestehenden Canones Statuten und sonstigen
Hilfsquellen einen ausführlichen Entwurf der Coordinaton zu verfassen, und
binnen festgesetzter Zeitfrist zur Prüfung vorzulegen hätte.
Schließlich
möge Euer hohes
kaiserliches Ministerium hochgnädig in Erwägung ziehen, wie dieser
Theil der evangelischen Geistlichkeit, in deren Namen, und laut deren Vollmacht
ich unterthänigst aufzutreten die Ehre habe, und noch viele andere durch die
ungarischen Superintendenzen zerstreuten Brüder von gleicher Gesinnung weder
Organe, noch das erforderliche Terrain haben, auf dem sie sich gleich ihren
Gegnern frei bewegen und ihre Ansichten kräftig vertreten und fördern könnten,
da sie weder Chefs, die sie versammeln, leiten, noch aber Convente und andere
Versammlungen, in denen sie das Gemeinwohl und das zu unternehmende Berathen,
und das, worin sie übereingekommen, geltend machen könnten, haben, da diese
Vortheile bloß und ausschließlich ihren Gegnern zu Gebothe stehen, und dies in
dem Grade, daß sich selbst die betreffenden Chefs entweder ganz im alten
Zustande bequemen, einige sogar für denselben mit der protestantischen Partei
mitwirken.
Um so mehr hoffte diese Anzahl von Geistlichen, welche ich zu
vertreten die Ehre habe, ihre Ansichten, ihre unterthänigsten Bitten, werden
Allerhöchsten Orts gnädigstes Gehör, und Würdigung finden, da es bei der
zweckmäßig zu ordnenden Kirche ganz gewiß nicht auf die Mehr- oder Minderzahl
der Stimmenden, oder abgegebenen Meinungen, sondern lediglich auf die Kraft und
die Brauchbarkeit hiebei aufgestellten Grundsätze ankomme.
In der tiefsten
Verehrung verharre
Euer Excellenz
unterthänigster Diener
Johann Rohanyi mp
Evangelischer Seelsorger zu
Glozhán [Gložan]
In der Serbischen Woiwodschaft
Glozhán den 14. Oktober 1854
Wir ergebenst Gefertigte bevollmächtigen damit Seine Hochwürden Herrn Pfarrer Johann Rohanyi, daß derselbe in unserem und mehrerer unserer Amtsbrüder Namen unsere Ansichten und gehorsamste Bitte, in Betracht der bevorstehenden Coordination unserer evangelischen Kirche Augsburger Confession, Eurem Hohen k.k. Ministerium unterbreiten möge.
N. Schova [Nove Šove], in der serbischen Woiwodschaft, Bezirk Neusatz [Novi Sad], den 21ten August 1854.
Hutter Friedrich,
Pfarrer zu
Alt Werbaß [Stari Vrbas]
Samuel Borofsky[?]
mp
Consenior
Carl Langhoffer mp
Cooperator
zu Glozsan [Gložan]
Georg Jehzenhzky
mp
Evangelischer Pfarrer zu Risran[?]
Emerich von
Jeszenszky
Pfarrer zu Neusatz [Novi
Sad]
Daniel Kolenyi mp
Pfarrer zu
Kulpin
Johann Korossy
Pfarrer zu Jarek
[Bački Jarak]
Stefan Abraham mp
Evangelischer
Pfarer zu Neu Sove [Nove Šove]
Samuel Pabilon[?]
Pfarrer zu
Schilbesch[?]
Josef Spannagel
Pfarrer zu
Bulkesz [Bački Maglić]