Entwurf für das Protestantenpatent für das Königreich Ungarn vom 1. September 1859. Das Patent regelt die Organisation, Verwaltung und Rechte der Protestanten in Ungarn, dem Temescher Banat sowie in der Serbischen Wojwodschaft. Es umfasst dabei sowohl die Protestanten Augsburgischen als auch Helvetischen Bekenntnisses.
Konzept mit eigenhändigen Korrekturen von Leo Thun.
Der Entwurf wird
in der vorgefundenen Reihenfolge wiedergegeben.
Schönbach
Der Antrag ist
sogleich nur zu meinem Gebrauch abzuschreiben, halbbrüchig, so wie es von mir
mit Bleistift korrigiert ist, ohne die Bleistiftbemerkungen, die hie und da auf
der linken Seite stehen.
Thun.2
Wir usw.. Nachdem die von den
Evangelischen beider Bekenntnisse in Unserem Königreiche
Ungarn aus ihrem zu Pesth und Ofen im September und October
1791 gehaltenen beiden Generalsynoden Unserem ... dem Kaiser Leopold II. zur Allerhöchsten Schlußfassung unterlegten
kirchlichen Gesetzvorschläge betreffend die kirchliche Vertretung und Verwaltung
in der stufenweisen Gliederung der Ortsgemeinden, der Seniorate, der einzelnen
Superintendenzen und die betreffende Gesammtheit sämtlicher Superintendenzen des
einen oder des anderen Bekenntnisses, betreffend die Organisation der zum Zwecke
der kirchlichen Gesetzgebung einzusetzenden beiden
Generalsynoden,
betreffend die Einrichtung und Leitung des
Unterrichtswesens, betreffend endlich die Feststellung sowohl des Eherechtes als
auch des vor den berufenen kirchlichen Ehegerichten einzuhaltenden Verfahrens in
Ehestreitigkeiten _
seit der Zeit Gegenstand wiederholter Verhandlung
gewesen sind, nachdem ein die Erledigung der vorerwähnten 1791er
Synodalvorschläge bezweckender und vorbereitender Gesetzentwurf von Unserem
Minister für Cultus und Unterricht unter dem 21. August 1856 den
Districtualconventen beider Confessionen zur unbedingt freien Meinungsäußerung
mitgetheilt worden ist, nachdem sowohl die Äußerungen der acht Superintendenzen
über diesen Entwurf, als auch die nachherigen bezüglichen Erklärungen und
Eingaben der Evangelischen beider Bekenntnisse aus Ungarn,
der Wojwodschaft Serbien nebst dem
Temescher Banate Unserer
Schlußfassung unterzogen worden sind: so finden Wir nach Anhörung Unserer
Minister und Vernehmung Unseres Reichsrathes, indem Wir Uns hinsichtlich des
Unterrichtswesens auch Unsere für das ganze Reich verbindliche Entschließung vom
27. Juni 1850 (Reichsgesetzblatt vom Jahr 1850 Nr. 309) und Unser Handschreiben
vom 9. Dezember 1854 (Reichsgesetzblatt vom Jahr 1854 Nr. 315) beziehen und die
dem Grundsatze der in dem ganzen Reiche einheitlichen Organisation der Gymnasien
und des höheren Unterrichtswesens, jedoch mit Ausnahme des theologischen
Studienwesens, unabänderlich festhalten, Unsere mittelst Entschließung vom 21.
Juni 1854 (Landes- und Regierungsblatt für das Königreich Ungarn. Jahr 1854.
Zweite Abtheilung XIV. Stück Nr. 20) zugesagte definitive Entscheidung über die
1791er Synodaloperate innerhalb der zufolge des § 4 des 26. Artikels vom Jahr
1791 Uns zustehenden Rechte und nach Maaßgabe dieses Gesetzes obliegenden
Pflichten lediglich auf die Organisation der Gemeinden in ihrer stufenweisen
Gliederung, auf die Organisation der beiden Generalsynoden, endlich auf die
Bestimmungen der Ehegerichte zu beschränken. Indem Wir sowohl den weiteren
Ausbau der freien Selbstbestimmung und Thätigkeit der Gemeinden und der gemäß
dieser Unserer Allerhöchsten definitiven Entscheidung zusammenzusetzenden,
beiden Generalsynoden überlassen und zuweisen, finden Wir folgende Grundsätze
definitiv festzustellen und auszusprechen.
§ 1
3Die Vertretung und Verwaltung der evangelischen
Kirche, sowohl Augsburgischer als Helvetischer Confession gliedert sich nach
folgenden drei Abstufungen:
a) der Pfarrgemeinde
b) der Bezirksgemeinde
(Seniorate) und
c) den Superintendenzialgemeinden (Superintendenzen)
§ II
4Die Organe des Kirchenregimentes sind:
1. für die
Pfarrgemeinde:
a. das Presbyterium
b. die größere
Gemeindevertretung
2. für die Bezirksgemeinde:
a. das
Senioralconsistorium
b. der Senioralconvent
3. für die
Superintendentialgemeinde:
a. das Superintendentialconsistorium
b. der
Superintendentialconvent.
4. für die Gesammtheit der
Superintendenzen:
die betreffende Generalversammlung sämtlicher
Superintendenzen der einen, oder der anderen Confession.
§ III
5Der Staatsregierung steht das Recht der Oberaufsicht
zu.
§ IV
6Als oberste Kirchenbehörde wird für jede Confession
ein besonderer k.k. Oberkirchenrath, dessen sämtliche Mitglieder ohne Ausnahme
der betreffenden Confession angehören müssen, eingesetzt.
Derselbe hat in
Wien seinen Sitz. Der Präsident ist beiden Collegien
gemeinschaftlich.
§ V
Die kirchliche Gerichtsbarkeit wird in folgendem Instanzenzuge:
1.
durch das Senioralconsistorium
2. durch das
Superintendenzialconsistorium
3. durch die betreffende Generalconferenz
sämmtlicher Superintendenzen der einen oder der anderen Confession
endlich
4. in oberster und letzter Instanz durch den k.k. Oberkirchenrath in
Wien ausgeübt.
§ VI
7<Sobald diese kirchlichen Gerichtsbehörden
ins Leben treten, wird>8 die Ehegerichtsbarkeit
Unserer landesfürstlichen Gerichte in Unserem Königreich
Ungarn, der Wojwodschaft Serbien nebst dem Temescher Banate über die Evangelischen beider Bekenntnisse
<aufgehoben werden und dieselbe wird sofort auszuüben sein>9
a. in erster Instanz durch das
Senioral-Consistorium,
b. in zweiter Instanz durch das
Superintendential-Consistorium
c. in dritter und letzter Instanz durch den
Oberkirchenrath.
§ VII
10Bis im Synodalwege ein Gesetz über das Eherecht
der Evangelischen zu Stande kommt, bleiben die bisherigen Gesetze (Patent vom
29. November 1852 Reichsgesetzblatt Nr. 246) in Wirksamkeit und sind die in § VI
des gegenwärtigen Patentes aufgezählten Ehegerichte bei ihren Erkenntnissen an
die Bestimmungen der bisherigen Gesetzgebung gebunden
Die Entscheidung über
die bürgerliche Wirkungen der Ehe bleibt auch für die Zukunft den Civilgerichten
vorbehalten.11
<11>12
13
Das den Evangelischen beider Confessionen
gesetzlich zustehende Recht, Volksschulen, Realschulen, Gymnasien und
Volkschullehrerseminarien (Präparandien) überall, wo eine Kirchengemeinde
(Pfarrgemeinde, Seniorat, Superintendenz) der betreffenden Confession deren
Bestand für nothwendig erachtet, zu errichten, wird auch für die Zukunft
aufrecht erhalten, unter folgenden näheren Bestimmungen:
a. jede Realschule,
jedes Gymnasium, jede Präparandie muß einen Vorstand haben, welcher die
unmittelbare Leitung der Anstalt besorgt und den Regierungsbehörden gegenüber
die Verantwortlichkeit für den Zustand derselben trägt,
b. der Vorstand und
die Lehrer an einer Realschule, an einem Gymnasium oder an einer Präparandie
müssen in moralischer und politischer Beziehung unbescholten <und in der
Regel österreichische Staatsbürger>14 sein und in wissenschaftlicher Hinsicht durch eine
Lehramtsprüfung diejenige Befähigung nachweisen, welche von einem Lehrer an
einer gleichnamigen Staatsschule gefordert wird. <Ausnahmsweise können auch
Ausländer>15 mit Genehmigung der Regierung als Schulvorstände und Lehrer
auch aus den deutschen Bundesstaaten16 berufen werden.
c. die Anstellung
des Vorstandes und der Lehrer steht dem betreffenden Schulpatronate zu; die
Enthebung vom Lehramt jedoch kann durch das Schulpatronat nicht willkürlich
verfügt werden, sondern nur in Folge eines ordentlichen Prozesses nach
vorausgegangenem rechtlichen Gehör im Wege des kirchengesetzlich
vorgeschriebenen Instanzenzuges statthaben.
d. sowohl der Vorstand, als auch
die Lehrer unterliegen der Bestätigung des Ministeriums für Cultus und
Unterricht, mit Ausnahme der Religionslehrer, welche der Oberkirchenrath zu
bestätigen hat.
e. an keiner der genannten Schulen darf ein Lehrbuch
gebraucht werden, welches vor seiner Einführung die Genehmigung des Ministeriums
für Unterricht nicht bereits erhalten hat.
f. das Recht die Lehrbücher zur
Genehmigung vorzuschlagen, steht dem Schulpatronate zu, welches jedoch in jedem
einzelnen Falle das Gutachten des gesammten Lehrkörpers früher einholen und
seinem Einschreiten beischließen muß.
g. die Religionsbücher unterliegen der
Bestätigung des Oberkirchenrathes, welcher jedoch vorher das Gutachten des
Superintendentialconsistoriums einzuholen hat.
g.[sic!] der Gebrauch
geschriebener Hefte anstatt gedruckter Lehrbücher ist an den genannten Schulen,
unbedingt verboten. Die Schüler müssen gedruckte Lehrbücher haben.
h. die
<in dem Staatsoberaufsichtsrechte begründete Inspekzion evangelischer Schulen
wird nur durch Männer des Augsburger oder Helvetischen Bekenntnisses geübt
werden>17
i. verweigert eine Schule der Regierung die in Anspruch
genommene Einsicht, so kann sie geschlossen werden; dasselbe hat zu jeder Zeit
zu geschehen, wenn sie eine in moralischer oder politischer Beziehung
schädlichen Charakter annimmt, in beiden Fällen wird eine Untersuchung durch den
zuständigen evangelischen Schulrath und einen vom Oberkirchenrathe zu
bestimmenden Commissair vollzogen und werden die Schuldtragenden Mitglieder des
Schulpatronates mit dem Verluste der Wählbarkeit zu kirchlichen Ämtern
bestraft.
k. Keine Stiftung oder sonstige Leistung zu Schulzwecken darf
Clauseln enthalten, welche mit dem gesetzlich bestehenden Unterrichtssystem im
Widerspruch stehen. Widrigenfalls ist eine solche Clausel null und nichtig, die
Stiftung <und Leistung>18 selbst aber wird aufrecht erhalten und zu Schulzwecken
verwendet werden.
l. Jede Schule, welche den vorausgeschickten Bedingungen
vollkommen entspricht, <hat gesetzlichen Anspruch auf alle Rechte einer
öffentlichen Schule.>19
<12>20
Die
Gesetze über die Organisation des Volkschulwesens finden auch auf die
Volkschulen der Evangelischen beider Bekenntnisse, bei vollständiger Wahrung ihres Charakters in confessioneller Erziehung
ihre Anwendung.
Alle Lehrer der, für die Evangelischen der einen oder der
anderen Confession bestimmten Volksschulen unterstehen der kirchlichen Aufsicht
derselben Organe, welche die Volksschulen in kirchlicher Beziehung überhaupt zu
überwachen haben.
<13>21
<Wenn>22 vom Staate für die evangelische Jugend der einen oder der
anderen Confession Schulen <auf Staatskosten errichtet werden, so können an
denselben nur solche Männer angestellt werden, welche einer dieser Confessionen
angehören.>23
<14>24<Jeder
Superintendenz steht es frei, in solange in dieser Beziehung nicht im Wege der
synodalen Gesetzgebung allgemeingültige Bestimmungen getroffen werden,
diejenigen Anordnungen zu erlassen, die sie für erforderlich erachtet, um den
Bildungsgang jener aus den Gymnasien austretenden Schülern zu regeln und zu
überwachen, welche sich dem Dienste der Kirche und Schule zu widmen, und zu dem
Ende ausländische Universitäten zu besuchen oder an inländische theologische
Anstalten überzugehen wünschen. Zu diesem Ende können die
Superintendenzen>25 über das
von der Regierung geforderte Bildungsmaß hinaus weitere Anforderungen zu stellen
und jene Fächer zu bestimmen, deren mit Erfolg beendigtes Studium für die
Schüler der erwähnten Kategorie die Berechtigung zum Besuche einer Universität
oder zum Eintritt in das theologische Studium begründet.
<Sie können sich
sofort die Bestätigung der Maturitäts-Zeugnisse solcher Schüler vorbehalten, und
von>26 sämtlichen
Kandidaten, welche von einer Universität oder an einer außerhalb der
Superintendenz, der sie angehören, befindlichen theologischen Lehranstalt
studieren, <genaue periodische Nachweise über ihre Studien
verlangen.
Candidaten, welche den dießfälligen Anordnungen nicht nachkommen,
sollen nicht angestellt werden dürfen.>27
Ohne vorherige
Genehmigung des Superintendential-Consistoriums darf an einer, der in seinem
Sprengel befindlichen Realschule, Gymnasium und Volksschullehrer-Seminarien
(Präparandien) Niemand als Lehrer angestellt werden. Das
Superintendenzial-Consistorium kann die Genehmigung jedoch nur wegen sittlicher
Gebrechen oder wegen notorischer Unkirchlichkeit28 verweigern. Gegen die
Entscheidung des Superintendential-Consistoriums findet Recurs nur an den
Oberkirchenrath, als letzte Instanz, statt. Ausländer legitimieren sich über
ihre kirchliche Qualifikation durch ein Zeugnis jener Kirchenbehörde, unter der
dieselben früher gestanden.
§ <8>29
Die
bloß weltlichen Rechtssachen der Geistlichen, wie Verträge über das
Eigenthumsrecht, Schulden, Erbschaften untersucht und entscheidet das weltliche
Gericht.
§ <9>30
Geistliche werden wegen Verbrechen oder anderen Vergehungen,
wider welche die Strafgesetze des Kaiserthums gerichtet sind, vor das weltliche
Gericht gestellt; doch liegt es diesem ob, hiervon die betreffende
Superintendenz ohne Verzug in Kenntnis zu setzen. Bei Verhaftung und Festhaltung
der Schuldigen wird man jene Rücksichten beobachten, welche die den Geistlichen
gebührende Achtung erheischt. Wenn das Urtheil auf Kerker lautet, so wird man in
jedem Falle die Gerichtsverhandlungen von Amtswegen der Superintendenz
mittheilen.
§ <10>31
Wer
a. einem Geistlichen, oder
b. einem Lehrer an einer
evangelischen Schulanstalt, oder dieselbe durch das zuständige, weltliche oder
kirchliche Gericht zum Verluste des Amtes und des damit verbundenen Einkommens
verurtheilt worden sind,
aus einem Kirchen-, Schul- oder Stiftungsfond den
Gehalt auch nach der Verurtheilung auszahlen läßt oder auszahlt, begeht das
Verbrechen der Veruntreuung eines öffentlichen Gutes und unterliegt dem
staatsgerichtlichen Verfahren.
§ XV
Die theologischen Lehranstalten, welche für die eine oder die andere der
beiden Confessionen nach der bisherigen Einrichtung abgesondert bestehen, werden
in ihrem Bestande erhalten. Doch hat die erste Generalsynode, welche seiner Zeit
zusammentritt, ein Gesetz über die Einrichtung und Regelung des theologischen
Studienfaches für die Confession, deren Organ die betreffende Generalsynode ist,
in Antrag zu bringen und im Wege des Oberkirchenrathes Unserer Allhöchsten
Genehmigung zu unterlegen.
§ XVI
Die Kirchengemeinden (Pfarrgemeinde, Seniorat, Superintendenz) sind
berechtigt, Eigenthum auf jede gesetzliche Weise zu erwerben.
§ XVII
Schul- und Kirchenstiftungen dürfen nur zu Zwecken der Schule und
Kirche der betreffenden Confession verwendet werden.
In allen strittigen
Fällen welche sich über und aus Schul- und Kirchenstiftungen und solchen Fonden
ergeben, entscheidet der Oberkirchenrath in letzter Instanz.
§ XVIII
Die Verwaltung des Kirchen- und Schulvermögens, der Kirchen- und
Schulfonde bleibt in den Händen jener Gemeinden, welche dasselbe auch bisher
verwaltet haben. Die Staatsoberaufsicht über die Gebahrung mit dem Schul- und
Kirchenvermögen führt der Oberkirchenrath mit dem Rechte, in die Rechnungen
Einsicht zu nehmen und erforderlichen Falles die Sicherstellung und
Schadloshaltung der betreffenden Fonde in kirchengesetzlichem Wege zu
veranlassen.
§ XIX
In Stiftungen und anderen Urkunden, durch welche bewegliches oder
unbewegliches Eigenthum erworben wird, zu Kirchenzwecken solche Clauseln, welche
gegen die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes laufen, aufzunehmen, ist
untersagt und jede derartige Clausel wirkungslos, unbeschadet jedoch der der
Kirche aus der Stiftung oder einer anderen Urkunde erwachsenden Begünstigung,
welche aufrecht erhalten wird.
§ XX
Die Gebiete der Seniorate sind unter thunlicher Berücksichtigung der
politischen Verwaltungsbezirke, die Gebiete der Superintendenzen dagegen in
Übereinstimmung mit den politischen Verwaltungsgebieten neu einzutheilen. 32
§ XXII
<Demnach werden künftig folgende>33Superintendenzen<zu bestehen
haben>34
A.
für die Evangelischen Augsburgischer Confession:
1. in dem
Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von
Ofen die Pesther.
2. in dem Verwaltungsgebiete
der k.k. Statthalterei-Abtheilung von Preßburg die Preßburger,
3. in dem Verwaltungsbiete der
k.k. Statthalterei-Abtheilung von Ödenburg [Sopron] die Ödenburger,
4. in dem
Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von
Kaschau [Košice] die Eperieser [Prešov],
5. in
dem Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von
Großwardein [Oradea] die Szarvaser,
6. in der
serbischen Wojwodschaft mit
dem Temeser Banate die Neu-Verbasser
[Vrbas].
B. Für die Evangelischen Helvetischer Confession:
1. in dem
Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von
Ofen die Pesther,
2. in dem Verwaltungsbiete der
k.k. Statthalterei-Abtheilung von Preßburg die Comorner [Komárom/Komárno],
3. in dem
Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von
Ödenburg [Sopron] die Papaer,
4. in dem
Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von
Kaschau [Košice] die Sarospataker,
5. in dem
Verwaltungsgebiete der k.k. Statthalterei-Abtheilung von Großwardein [Oradea] die Debreziner,
6.
in der Serbischen Wojwodschaft und
dem Temeser Banate die Neu-Szivaczer
[Novi Sivac].35
§ XXIII
Die Bildung neuer Superintendenzen innerhalb der politischen
Verwaltungsgebiete kann von der Synode in Antrag gebracht werden und solche
Anträge sind im Wege des Oberkirchenrathes Unserer Schlußfassung zu
unterziehen.
§ XXIV
Jede Generalkonferenz hat nach Anhörung der Betheiligten einen
abgesonderten Vorschlag über die Durchführung der von den ausscheidenden
Senioraten und Gemeinden etwa verlangten Theilung der dem
<bisherigen>36
Superintendentialdistrikte, als Distrikte, gehörigen gemeinschaftlichen Fond und
Stiftungen zu machen und dem Oberkirchenrathe zur definitiven Entscheidung zu
unterlegen.
Bis zur Entscheidung bleibt die Verwaltung des
Distriktualvermögens in den Händen derer, welchen sie zur Zeit anvertraut
ist.
§ XXV
Nach Durchführung usw. ganz die § XXI auf Bogen 128,
Seite 2.
usw. auf Bogen 129, 130, 131 und 132
§ XXI
Nach Durchführung der Eintheilung der Superintendenzen beider
Confessionen hat jeder Superintendentialconvent einen Vorschlag zu einer neuen
Eintheilung der Seniorate zu machen und dabei Rücksicht zu nehmen, a. auf die
thunlichste Übereinstimmung mit den politischen Verwaltungsbezirken b. auf die
Anzahl der Gemeinden, c. auf die Seelenanzahl, d. auf den den ausscheidenden
Gemeinden aus dem bisherigen gemeinschaftlichen Fonde zuzuweisenden Antheil. Der
Vorschlag ist dem Oberkirchenrathe zur Entscheidung zu unterlegen.
§ XXII
Die Superintendenturen erhalten bleibende Amtssitze.
§ XXIII
Zur Bildung einer neuen selbstständigen Pfarre (Pfarrgemeinde) ist
die Genehmigung des betreffenden Oberkirchenrathes erforderlich. Sie kann nur
mit dem Einverständnisse des Senioral- und Superintendenzial-Consistoriums
geschehen und wenn die neu zu bildende Gemeinde aus einer schon bestehenden
ausgeschieden werden soll, nur mit Vorwissen und Zustimmung der
Muttergemeinde.
§ XXIV38
Die neu
zu bildende Gemeinde hat, wenn dieselbe aus einer bereits bestehenden
ausgeschieden wird, keinen Anspruch auf das bisher gemeinschaftlich benützte
Schul- und Kirchenvermögen, welches, der Fall einer freiwilligen Übereinkunft
ausgenommen, ungetheilt beisammen zu erhalten ist.
§ <XXV>39
40
Jede Gemeinde ist
berechtigt, ihre besonderen Angelegenheiten durch die Beschlüße ihrer in
gesetzmäßiger Weise versammelten Vertretung zu regeln, in so ferne dadurch nicht
den allgemeinen Vorschriften, oder den gesetzmäßigen Anordnungen der ihr
vorgesetzten Kirchenbehörde entgegen gehandelt wird.
§ <XXXVI>41
42
Jede kirchliche
Gemeinde hat das Recht, ihren Pfarrer und die Pfarrgehilfen und Schullehrer ohne
Ausnahme zu wählen.
§ <XXVII>43
44
Jede
Pfarrgemeinde wird in ihren kirchlichen Gemeindeangelegenheiten durch ein
Presbyterium vertreten, welches mit dem Pfarrer oder den Pfarrern aus Aeltesten,
Kirchenmeistern und Diakonen (Armenpflegern) besteht.45
§XXVII46
Jede evangelische Gemeinde, welche über fünfhundert Seelen
zählt, erhält außer dem Presbyterium eine größere Gemeindevertretung, welche in
den durch das Gesetz bestimmten Fällen, immer gemeinschaftlich und in Einem
Körper mit dem Presbyterium vereinigt, beräth und beschließt. Für sich allein
und getrennt darf sich die große Gemeindevertretung niemals versammeln.
§ <XXIX>47
48
Den Vorsitz im
Presbyterium führt der Pfarrer. Wo mehrere Pfarrer mit gleichen Rechten stehen,
führt das Präsidium der im Dienste älteste. Das Dienstalter zählt vom Tage der
Ordination zum Seelsorgeramte.
§ <XXX>49
50
In jeder
Gemeinde ist aus den Gliedern des Presbyteriums ein Gemeindecurator durch die
größere Gemeindevertretung aus den Gliedern des Presbyteriums zu wählen. Doch
kann hierzu kein Mitglied des Presbyteriums gewählt werden, welches ein
Staatsamt bekleidet und dadurch gehindert wird, den Angelegenheiten der
Kirchengemeinde die erforderliche Zeit zu widmen.
Der Gemeindecurator hat im
Presbyterium den Vorsitz zu führen:
a. wenn der ordentliche Vorsitzer
verhindert ist.
b. wenn die Stelle desselben erledigt ist.
Es steht
jeder Kirchengemeinde frei den ordentlichen Vorsitz in der größeren
Gemeindevertretung an den Gemeindecurator zu übertragen.51
§ XXXI.
In Städten, so wie in Gemeinden von mehr als 5000 Seelen ist der
Gemeindecurator durch den Oberkirchenrath zu bestättigen.
Der Einfluss auf
Schule pp. erheischt irgendeine Vorsorge.
§ <XXXII>52
Die
Bezirksgemeinde (Seniorat) wird in ihrer Gesammtheit durch die
Bezirksversammlung (Senioralconvent) vertreten.
§ XXXIII
Den Vorsitz im Senioralconvent hat53 in der Regel der Senioralcurator, im Senioralconsistorium der
Senior zu führen.
§ XXXIV
Der Senior hat in Begleitung des Senioralcurators im Verlaufe von
zwei Jahren alle Pfarrgemeinden, Filialen und Volksschulen seines Sprengels zu
visitieren, den Zustand zu Protokoll zu nehmen und dieses dem
Superintendentialconsistorium vor dem Ablauf des zweiten Jahres zu
unterlegen.
§ XXXV54
Die
Superintendenz wird in ihrer Gesammtheit durch die Superintendenzialversammlung
(Superintendentialconvent) vertreten.55
§ XXXVI56
Die
Superintendenzial-Versammlung wird immer im Amts- und Wohnorte des
Superintendenten gehalten, wo auch das Archiv aufzubewahren ist.
§ XXXVII57
Als
Amts- und Wohnort der Superintendenten werden bestimmt:
A. für die
Evangelischen Augsburgischen Bekenntnisses:
1. in der Pesther Superintendenz
die Stadt Pesth.
2. in der Preßburger
Superintendenz die Stadt Preßburg
3.
in der Ödenburger Superintendenz die Stadt Ödenburg [Sopron]
4. in der Eperieser Superintendenz die
Stadt Eperies [Prešov]
5. in der Szarvascher
Superintendenz die Stadt Szarvas,
6. in der
Neu-Verbaßer Superintendenz der Ort Neu-Verbaß
[Vrbas].
§ XXXVIII
Für die Evangelischen Helvetischen Bekenntnisses weden als Amts-
und Wohnorte der Superintendenten bestimmt:
1. in der Pesther Superintendenz
die Stadt Pesth.
2. in der Comorner
Superintendenz die Stadt Comorn [Komárom/Komárno]
3.
In der Papaer Superintendenz die Stadt Papa
[Pápa],
4. in der Sarospataker Superintendenz die Stadt
Sarospatak [Sárospatak]
5. in der Debrecziner
Superintendenz die Stadt Debreczin
[Debrecen].
6. in der Neu-Szivaczer Superintendenz der Ort
Neu-Szivacz [Novi Sivac].
§ <XXXIX>58
59
Den
Vorsitz im Superintendentialconvente hat in der Regel der frei zu wählende, dem
Laienstand angehörige Curator der Superintendenz zu führen. Den Vorsitz im
Superintendentialconsistorium führt der Superintendent und in dessen
Verhinderung der Superintendentialvicar.
§XL
Der Superintendent hat im Verlaufe von vier Jahren alle Pfarrgemeinden
und Volksschulen seines Sprengels zu visitieren, den Befund nebst seinen
etwaigen Bemerkungen und Verfügungen zu Protokoll zu nehmen und dieses im Wege
des Superintendentialconsistoriums dem Oberkirchenrathe zur unterlegen.
§ <XLI>60
61
Die
Superintendenzen werden in ihrer Gesammtheit vertreten durch die
Generalconferenz
a. der Evangelischen Augsburgischer Confession
b. der
Evangelischen Helvetischer Confession.
§ <XLII>62
63
Jede Conferenz
hat ihre Sitzungen abgesondert zu halten.
§ <XLIII>64
65
Jede Conferenz
versammelt sich jährlich einmal am ersten Sonntag nach Trinitatis jeden Jahres
in Pesth.
§ <XLIV>66
67
Den Vorsitz in
den Generalconferenzen führt der betreffende dienstälteste Superintendent und im
Falle seiner Verhinderung der nächstfolgende. Das Dienstalter zählt vom Tage
Meiner (§XXXVI) dem Superintendenten ertheilten Allerhöchsten Bestätigung.
§ <XLV>68
69
Jede der beiden
Confessionen kann abgesondert alle sechs Jahre eine Generalsynode
halten.
Die von der Synode zu entwerfenden Gesetze bedürfen der
landesfürstlichen Bestätigung. Die Verfassung der Kirche kann nur über Antrag
der Synode abgeändert werden.
§ <XLVI>70
71
Die
Generalsynoden werden mit Abänderung der gegentheiligen Bestimmungen im § 4 des
26. Artikels vom Jahr 1791 ohne Gegenwart landesfürstlicher Commissäre
abgehalten.
§ <XLVII>72
73
Das
Einberufungsschreiben an die Superintendenzen zu der Generalsynode hat der
Oberkirchenrath zu erlassen.
§ <XLVIII>74
75
Die
Sitzungen sämmtlicher in § II des gegenwärtigen Patentes erwähnten
kirchenregimentlichen Organe sind in der Regel nicht öffentlich.
Doch können
zu den Sitzungen der Superintendentialconvente die Mitglieder der
Senioralconsistorien, die Pfarrgehilfen, Pfarrer, die Lehrer an den Gymnasien
und höheren Schulen als stumme Zuhörer zugelassen werden.
§ <XLIX>76
77
Die
Protokolle der in § II dieses Patentes erwähnten kirchenregimentlichen Organe
sind mit einer solchen Vollständigkeit abzufassen, daß sie der nach den näheren
Bestimmungen des Gesetzes zur vorherigen Prüfung und Genehmigung berufenen
kirchlichen Autorität die vollständigste Einsicht sowohl in den
Berathungsgegenstand, als auch in die Gründe der gefassten Beschlüsse
gewähren.
Die Protokolle der Superintendenzialconvente und der
Generalconferenzen unterliegen vor ihrer Bekanntmachung und Zusendung an die
Gemeinden der Einsicht und Genehmigung des Oberkirchenrathes, welcher die
Bestätigung nur aus dem Grunde eines stattgefundenen Competenzübergriffes
verweigern kann.
§ <L>78
Die Senioren
werden durch die Presbyterien sämmtlicher Gemeinden ihres Sprengels mit
absoluter Stimmenmehrheit aus der Zahl der selbstständigen Pfarrer frei
gewählt.
§ <LI>79
Die erledigte
Stelle des Superintendenten und der Superintendentialvicare kann nur durch freie
Wahl der Presbyterien sämmtlicher Pfarrgemeinden des Superintendenzialsprengels
besetzt werden. Es ist absolute Majorität erforderlich.
Die Wähler sind bei
Abgabe ihrer Stimmen weder auf die Superintendenz, noch auf das Kronland
beschränkt.
§ <LII>80
Sämmtliche
Pfarrer, Senioren, Gemeindecuratoren nach § XXXI, Senioral-Curatoren,
Superintendenzial-Vicare und Superintendenzial-Curatoren müssen vor der
Einführung in ihr Amt durch den Oberkirchenrath bestättigt werden.
§ <LIII>81
Die
Erwählung der Superintendenten unterliegt der landesfürstlichen Bestätigung,
welche im Wege des Oberkirchenrathes anzusuchen ist. Nach erfolgter Bestättigung
ist der neue Superintendent in allen Kirchen seines Sprengels als solcher zu
publicieren und in sein Amt einzuführen.
§ <LIV>82
Allen
Eidesformeln der Lehrer, Diener und Beamten der Kirche ohne Unterschied ist die
Verpflichtung einzuschalten, Uns und Unserem Hause unverbrüchliche Treue zu
wahren, in dem ihnen übertragenen Amte Unseres Gesammtreiches Ehre und Wohl nach
allen ihren Kräften zu befördern, jeden Nachtheil und Schaden davon abzuwenden
und stets die genaueste Befolgung und Aufrechterhaltung der Gesetze vor Augen zu
haben.83
84
§ <LVI>85
Zum Vollzug
der in gesetzlicher Weise von evangelischen Gemeinden und kirchlichen Behörden
getroffenen Verfügungen und nach ordnungsmäßigem Vorgang gefällten
Erkenntnissen, so wie zur Eintreibung der den Dienern und Beamten der Kirche und
Schule gebührenden Einkünfte und solcher Umlagen, welche zur Erhaltung
evangelischer Cultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitsanstalten mit Genehmigung
des Oberkirchenrathes auferlegt werden, kann der Schutz und Beistand der
weltlichen Behörden in Anspruch genommen werden. Die weltlichen Behörden haben
im Falle der Verweigerung dieses Beistandes ihre Gründe in gehöriger
Vollständigkeit dem Requirenten ohne Verzug schriftlich zuzustellen, wogegen
demselben das Recht der Beschwerdeführung bei der höheren politischen Behörde im
Wege des Senioral- und Superintendential-Consistoriums und des Oberkirchenrathes
zusteht.
<LV>86
Die
Superintendenzen beider Bekenntnisse erhalten jährliche Unterstützungspauschale
aus dem Staatsschatze. Diese Pauschale werden stets am zweiten Jänner jeden
Jahres ohne den mindesten Abzug in die Superintendentialcasse
abgeführt.
Diese Unterstützungspauschale sind zu verwenden:
a. zur
Verabfolgung einer jährlichen Functionszulage an die Superintendenten,
b.
zur Verabfolgung einer jährlichen Functionszulage an jeden einzelnen
Senior.
c. zur Unterstützung armer Pfarreien und Volksschulen über Verfügung
des Oberkirchenrathes,
d. zur Unterstützung von Candidaten für den höheren
Kirchen- und Schuldienst während ihrer Studienzeit an irgend einer
philosophischen oder theologischen Facultät mit einem jährlichen Stipendium für
jede Superintendenz über Verleihung des Oberkirchenrathes.
Eine besondere
Verwendung wird die nähere Modalität der Ausführung festsetzen.
§ <LVII>87
In Ausführung
der voranstehenden definitiven Bestimmungen befehlen wir hiermit, daß das
beiliegende Gesetz über die Vertretung und Verwaltung der Kirchenangelegenheiten
der Evangelischen beider Bekenntnisse in Unserem Königreiche
Ungarn, in der Wojwodschaft Serbien nebst dem Temeser Banate und in der Militärgränze nach seinem ganzen Inhalte
provisorisch in Wirksamkeit gesetzt werde. Mit der Wirksamkeit dieses Gesetzes
erlischt die mit Unserer Beschließung vom 21. Juni 1854 genehmigte Verordnung
Unseres Ministers für Cultus und Unterricht (Landes-Regierungsblatt für das
Königreich Ungarn, Jahrgang 1854. Zweite Abtheilung XIV Stück, Nr. 20).
Eine
besondere Verordnung wird den Zeitpunkt, mit welchem dieses Gesetz in
Wirksamkeit tritt, bekannt machen.
Unser Minister für Cultus und Unterricht
ist mit der Vollziehung dieser Unserer Allerhöchsten definitiven Entscheidung
(im Einvernehmen mit den Minister der Finanzen, des Innern und der Justiz)
beauftragt.
Gegeben usw.