Leo Thun fasst die Note von Justizminister Franz Nádasdy vom 5. November 1859 sowie jene von Innenminister Agenor Goluchowski in Stichworten kurz zusammen.
Zur Sprachenfrage 1859
J.M. 5.11. Siebenbürgen:
Partheien Eingaben beliebig 3 Landessprachen
mündliche Verfahren mit
Advokaten deutsch
schriftliche deutsch 1. Instanz deutsche Urtheile:
Bescheide als Urtext [?] Übersetzung in Sprache der Parthei
[?] Ministerium
des Innern bei Waisencommissionen
Wojwodschaft [?]
Kroazien und Slawonien [?]
J.M. 5.11. im Allgemeinen
a. innere Sprache der Gerichte deutsch - nur in Dalmazien, Venezien, Südtyrol ganz, dann in
Istrien großentheils italienisch
im
äußeren Dienste in Böhmen auch böhmisch
Steiermark auf Verlangen windische Übersetzung
nur illyrisch in Dalmazien und slowenisch
in Kärnthen und Krain unmöglich
b. in östlichen Kronländern
α Galizien und Krakau
β Bukowina durchaus deutsch - ohne Beschwerde
J.M. 5.11. Ungarn
Korrespondenz in andere Kronländer deutsch
dtto. [?] Behörde bei der
deutschen Geschäftssprache
- Berichte an Justizministerium und Obersten
Gerichtshof
unter sich und mit Waisencommissionen nocht nicht allgemein
deutsch in Pesther, Ödenburger und Großwardeiner Distrikt, eben so nicht der innere
Dienst, aber Präsidialcorrespondenz
in Großwardein: Aktenauszüge der
Gerichtshöfe und Agenden der Staatsanwaltschaft
in Ödenburg: bei einigen Gerichten der
innere Dienst
Pesth:
nur in Pesth
Ofen
Eperies: nach Thunlichkeit im
inneren Dienst; auf die meisten gemischten Stuhlrichterämter
Preßburg: ausnahmslos
äußerer Dienst größtentheils ungarisch,
ausnahmsweise deutsch
Großwardein: nur deutsche Eingaben deutsch zu
erledigen; und strafgerichtlich ist deutsche Parthei deutsch
Ödenburg: ungarisch Regel;
nur für einige Gerichte deutsch Regel; und ungarisch - Ausnahme nur für Ungarn
Pesth: ähnliche
[?]
Eperies: dtto.; für Slowaken,
Ruthenen und Romanen womöglich nicht ungarisch, sondern deutsch;
aber auch
ungarisch zulässig, wenn Parthei der deutschen nicht mächtig
auf deutsch
nur zu bestehen, wenn deutsche Parthei oder nicht-ungarisch des Deutschen
mächtig.
Protokolle mit Ruthenen und Romanen niemals ruthenisch oder
romanisch ohne Dollmetsch, sondern gleich deutsch
bei Schlußverfahren
Anträge des Staatsanwalts deutsch mit Verdollmetschung
Urtheil und
Erkenntnis deutsch
Protokolle bei Übertretung - als zum inneren Dienst
deutsch
Preßburg:
Regel deutsch; aber mündlicher Akt in Sprache der Parthei, wenn sie nicht
deutsch kann
Advokaten - Preßburg und Eperies aber nicht
Parthei, sondern deutsch mit Schonung
deutsche Erkenntnisse auf Vorlage
Übersetzung beizufügen und auf [?], aber Ungarn ungarisch
Oberlandesgerichte in Preßburg und
Eperies durchgehends
Pesth, Ödenburg,
Großwardein größtentheils deutsch,
aber Übersetzung beizufügen.
Minister des Innern 21.12. Anträge
a. innerer Dienst: wird, wo die deutsche Sprache gar nicht in der Bevölkerung
[?], nicht möglich sein. Daher haben jetzt, wo in diesen auch Landessprache
besteht, die deutsche nicht einzudringen. Wenn die ganze Masse der Geschäfte in
anderen Sprache gemacht wird, auch nicht zweckmäßig.
b. äußerer Dienst:
ad 1. Partheien ja; Vertreter berechtigt in Sprache der Parthei
2. ja
3. ja nach Thunlichkeit ([?], romanisch, Dalmazien, wenn [?] nicht kann, sich zu befassen.)
4. ja
5. ja dtto. d. i. Übersetzung beigeben
6. dtto
7. wo möglich in
Sprache der Parthei, wenn nicht deutsch, aber 1. Instanz hat ruthenische
Übersetzung beizugeben.
8. ja als Regel; Ausnahme romanisch, ruthenisch,
windisch, illyrisch in Dalmazien = daß es
vorläufig nicht verlangt werden kann.
Bei Feststellung der Landessprachen
es entspricht nicht dem "praktischen Zweck", daß bei Pesther Wechselrecht oder bei [?] Stuhlgericht [?] oder [?]
ungarisch verhandeln, sondern das Letztere ist Nationalitätenpolitik.
Besser wäre es daher, "Amtssprache" festzustellen, bei den oberen Instanzen
deutsch, [?] alle der [?]behörde zuläßig, bei den unteren noch Volksprache und
vorherrschende Geschäfts[sprache]; auf zwei deutsch und slawisch und andere
zuläßit für Partheien, die der Amtssprache minder mächtig sind.