Leo Thun fasst die Noten von Justizminister Franz Nádasdy sowie jene von Innenminister Agenor Goluchowski kurz zusammen. In diesem Schriftverkehr war es um die Sprachenverwendung im Gerichtswesen der unterschiedlichen Kronländer gegangen. Thun vermerkt die jeweiligen Besonderheiten der einzelnen Kronländer bzw. Gebiete und die von den beiden Ministerkollegen geäußerten Vorschläge.
Eigenhändige Notizen von Leo Thun.
Das Schreiben ist im Nachlass gemeinsam mit sieben weiteren Dokumenten
unter der Rubrik "Zur Sprachenfrage 1859" unter der Signatur A3 XXI D525
abgelegt:
Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski. o. O., 5. November
1859.
Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski. o. O., 5. November
1859.
Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski. Wien, 5. November
1859.
Note von Agenor Goluchowski an Franz Nádasdy. o. O., 21. Dezember
1859.
Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski. o. O., 5. Januar
1860.
Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski. o. O., 5. Januar
1860.
Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski. o. O., 6. Januar
1860.
Zur Sprachenfrage 1859
J.M. 5.11.
Siebenbürgen
:
Partheien Eingaben beliebig 3 Landessprachen
mündliche Verfahren mit
Advokaten deutsch
schriftliche Verfahren mit Advokaten deutsch 1. Instanz
deutsche Urtheile: Bescheide als [?] Übersetzung in Sprache der Parthei
[?]
Ministerium des Innern bei Waisencommissionen
Wojwodschaft
[?]
Kroazien und
Slawonien
[?]
J.M. 5.11. im Allgemeinen
a. innere Sprache der Gerichte deutsch – nur in Dalmazien, Venezien, Südtyrol ganz, dann in
Istrien großentheils italienisch
im
äußeren Dienste in Böhmen auch böhmisch
Steiermark auf Verlangen windische Übersetzung
nur illyrisch in Dalmazien und slowenisch
in Kärnthen und Krain unmöglich
b. in östlichen Kronländern
α Galizien und Krakau
β Bukowina durchaus deutsch - ohne Beschwerde
J.M. 5.11.
Ungarn
Korrespondenz in andere Kronländer deutsch
dtto. [?] Behörde bei der
deutschen Geschäftssprache
– Berichte an Justizministerium und Obersten
Gerichtshof
unter sich und mit Waisencommissionen nocht nicht allgemein
deutsch in Pesther, Ödenburger und Großwardeiner Distrikt, eben so nicht der innere
Dienst, aber Präsidialcorrespondenz
in Großwardein
: Aktenauszüge der
Gerichtshöfe und Agenden der Staatsanwaltschaft
in Ödenburg
: bei einigen Gerichten der
innere Dienst
Pesth
:
nur in Pesth
Ofen
Eperies
: nach Thunlichkeit im
inneren Dienst; auf die meisten gemischten Stuhlrichterämter
Preßburg
: ausnahmslos
äußerer Dienst größtentheils ungarisch,
ausnahmsweise deutsch
Großwardein
: nur deutsche Eingaben deutsch zu
erledigen; und strafgerichtlich ist deutsche Parthei deutsch
Ödenburg
: ungarisch Regel;
nur für einige Gerichte deutsch Regel; und ungarisch – Ausnahme nur für Ungarn
Pesth
: ähnliche
Kasuistik
Eperies
: dtto.; für
Slowaken, Ruthenen und Romanen womöglich nicht ungarisch, sondern
deutsch;
aber auch ungarisch zulässig, wenn Parthei der deutschen nicht
mächtig
auf deutsch nur zu bestehen, wenn deutsche Parthei oder
nicht-ungarische des Deutschen mächtig.
Protokolle mit Ruthenen und Romanen
niemals ruthenisch oder romanisch ohne Dollmetsch, sondern gleich
deutsch
bei Schlußverfahren Anträge des Staatsanwalts deutsch mit
Verdollmetschung
Urtheil und Erkenntnis deutsch
Protokolle bei
Übertretung – als zum inneren Dienst deutsch
Preßburg
: Regel deutsch; aber
mündlicher Akt in Sprache der Parthei, wenn sie nicht deutsch kann
Advokaten – Preßburg und
Eperies
aber nicht Parthei, sondern deutsch
mit Schonung
deutsche Erkenntnisse auf Vorlage Übersetzung beizufügen und
auf [?], aber Ungarn ungarisch
Oberlandesgerichte in Preßburg und Eperies
durchgehends
Pesth, Ödenburg, Großwardein größtentheils deutsch, aber Übersetzung beizufügen.
Minister des Innern 21.12. Anträge
a. innerer Dienst: wird, wo die deutsche Sprache gar nicht in der Bevölkerung
lebt, nicht möglich sein. Daher habe jetzt, wo in diesen auch Landessprache
besteht, die deutsche nicht einzudringen. Wenn die ganze Masse der Geschäfte in
anderer Sprache gemacht wird, auch nicht zweckmäßig.
b. äußerer Dienst:
ad 1. Partheien ja; Vertreter berechtigt in Sprache der Parthei
2. ja
3. ja nach Thunlichkeit ([?], romanisch, Dalmazien, wenn der Beamte nicht kann, sich zu befassen.)
4.
ja
5. ja dtto. d. i. Übersetzung beigeben
6. dtto
7. wo möglich in
Sprache der Parthei, wenn nicht deutsch, aber 1. Instanz hat ruthenische
Übersetzung beizugeben.
8. ja als Regel; Ausnahme romanisch, ruthenisch,
windisch, illyrisch in Dalmazien = daß es
vorläufig nicht verlangt werden kann.
Bei Feststellung der Landessprachen
es entspricht nicht dem "praktischen Zweck", daß bei Pesther Wechselgericht oder bei Wieselburger Stuhlgericht [?]
oder Zichy ungarisch verhandeln, sondern das Letztere ist Nationalitätenpolitik.
Besser wäre es daher, "Amtssprache" festzustellen, bei den oberen Instanzen
deutsch, [?] alle der [?]behörde zuläßig, bei den unteren nach Volksprache und
vorherrschende Geschäfts[sprache]; auf zwei deutsch und slawisch und andere
zuläßig für Partheien, die der Amtssprache minder mächtig sind.
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