Der Professor für Bergrecht an der Universität Wien, Otto Hingenau, übersendet dem Minister zwei Veröffentlichungen zur Ansicht. Eine davon behandelt die Geschichte der Geologischen Reichsanstalt, die andere beinhaltet die Arbeiten des Laboratoriums der Anstalt. Hingenau regt außerdem an, die Geologische Reichsanstalt als Ausbildungsstätte für den Bergbau zu gestalten. Damit könnte man die Verteilung auf die bisherigen Bergakademien zentralisieren und bei der angespannten Finanzsituation der Monarchie einiges an Geld sparen. Außerdem verweist Hingenau darauf, dass auch in anderen Ländern ähnlich vorgegangen werde.
Euere Excellenz!
Ich erlaube mir 2 Separathefte zu übersenden, deren eines, „Ansprache etc.“ betitelt, die Gesammtübersicht der Entstehung,
Einrichtung und der Leistungen der geologischen Reichsanstalt gibt, worin ich zur Erleichterung für
Euerer Excellenz Durchsicht einige Merkzeichen und Röthelstriche zu machen mir
erlaubte, – das zweite, „Chemische Analysen“ überschrieben,
die Arbeiten des Laboratoriums der Anstalt enthält.
Zugleich kann ich nicht umhin zu bemerken,
daß wenn man schon sparen will, die Benützung der geologischen Reichsanstalt als
Vorbereitungsschule für den Bergbau – als eine Art Bergakademie jetzt nahe läge;
man könnte in Schemnitz und
Pribram und Leoben allenfalls
einen praktischen Curs als Schluß der Ausbildung lassen;
jeder der Hauptmitglieder der Reichsanstalt Hauer (beide, der Bergrath und der Chemiker), Fötterle,
Stur u. a. sind vollkommen zu
Vorträgen befähigt (Stur nebenbei sehr
guter Botaniker, wäre überhaupt ein guter Professor zumal er auch slavisch vortragen kann, wo es nöthig wäre) – die mechanischen und
mathematischen Fächer am Polytechnikum, Bergrecht und Nationalökonomie durch mich versehen, hätte man die 3 ersten Jahre der
bergmännischen Ausbildung in Wien, für die geologischen
Aufnamen etwa July, August und September jährlich und gar nicht einmal die
Hälfte der Kosten, welche jetzt die Vorbereitung und jene Fächer an der
Bergakademie kosten, welche nicht nothwendig am Bergwerk studirt oder geübt zu
werden pflegen. In
Berlin
macht man
etwas Ähnliches, in London
hat man es länger schon gethan; in
Paris
ist die geologische Aufname mit der École
centrale des Mines vereinigt!
Es wäre nur von Anregung, um der
Unausführbarkeit einer administrativen Function der Academie vielleicht
zuvorzukommen und ein Fiasco zu vermeiden.
Euer Excellenz
treu ergebenster
Otto Hingenau
11. Mai [1]860