Leo Thun nimmt zum Vorwurf Stellung, er betreibe eine Politik der Germanisierung und weist diesen scharf zurück. Thun glaubt sogar, dass bisher keiner mehr als er selbst für die Förderung der kroatischen Nation unternommen habe. Er betont dabei, dass Illyrisch als Unterrichtssprache eingeführt sei, es derzeit aber sowohl an illyrischen Schulbüchern als auch an guten Gymnasiallehrern mangele. Da der Unterricht aber nicht unter dieser Tatsache leiden dürfe, müsse er vorerst auf Deutsch erfolgen. In der Zwischenzeit sollen Kroaten zu tüchtigen Lehrern ausgebildet werden. Erste Schritte dazu wurden bereits unternommen. Thun will außerdem in Kroatien neue, deutsche Gymnasien errichten, an denen die einheimischen Sprachen intensiv gelehrt werden, so dass langsam, aber sicher das Illyrische als Unterrichtssprache ausgeweitet werden könne. Thun bittet den Ban um Unterstützung für seinen Plan, denn Thun ist sich sicher, dass die kroatische Bevölkerung auf Jelačič hören werde.
Abschrift des Schreibens vom 24. April 1852 an den Herrn FZM Freiherrn von Jelacich.
Indem ich soeben die ämtliche Zuschrift an Sie in der Frage der
Unterrichtssprache in Ordnung gebracht habe, kann ich nicht umhin ihr auch
einige Zeilen in der vertraulichen Form eines Briefes beizufügen. Daß Sie bei
mir germanisirende Tendenzen besorgen sollten, halte ich für unmöglich. Sie
haben für die Nationalität Ihres Volkes gefochten. Ich habe nie das Schwert
geführt, aber für Nationalität habe ich auch gefochten und werde auch dafür
fechten, so lange mir Gott das Leben schenkt. Ja, ich getraue mich zu behaupten,
selbst für Kräftigung der kroatischen Nationalität habe ich in meinem Bereiche
mehr gethan, als bisher je dafür geschehen ist.
Mißtrauen kann daher
zwischen uns in der Beziehung nicht bestehen; es kann sich nur um Berathung der
zweckmäßigsten Mittel und klügsten Vorgänge handeln. Eine Forderung der
Gewissenhaftigkeit wie der Klugheit ist es, das rechte Maß zu halten. Die
illirische Unterrichtssprache ist eingeführt. Soll sie sich erhalten, so dürfen
wir uns nicht dem gegründeten Vorwurfe aussetzen, daß darunter die Bildung der
Schüler, das Gedeihen des Unterrichtes leiden. Oder soll es ewig dabei bleiben,
daß Schüler, die in Agram die 6. Classe mit guten
Zeugnissen absolvirt haben, in Laibach oder
Marburg zu schwach befunden werden, um in die 4.
eintreten zu dürfen? Kann die Nazionalliteratur einen kräftigen Aufschwung
nehmen, wenn es bei diesem Zustande bleibt? Ich habe in meiner offiziellen
Zuschrift von didaktischen Gründen im Allgemeinen und von dem Mangel an
illirischen Schulbüchern gesprochen; erlauben Sie mir noch eines Umstandes zu
erwähnen: des Mangels an kroatischen Lehrern. Sie haben es mir etwas übel
genommen, daß ich Ihnen Jarć und Premru nach Agram
geschickt habe. Ich kann mich der Hoffnung nicht entschlagen, daß Sie inzwischen
sich überzeugt haben, es sei dem Lande damit eine Wohlthat erwiesen worden. Ich
thue was in meiner Macht steht, um Landeseingeborne zu tüchtigen Lehrern
heranbilden zu lassen, und hoffe, daß Weber und Mesić gute
Dienste leisten werden. Das alles reicht aber nur aus, um das Agramer Gymnasium vorwärts zu bringen. Dabei kann es
aber doch nicht bleiben. Ich habe in Preßburg, in Ofen und in
Leutschau [Levoča] drei Gymnasien ins Leben gerufen,
wie bisher in Agram noch keines bestand; das wird selbst
von den Ungarn anerkannt. Es sind deutsche Gymnasien, man erkennt sie aber als
eine Wohlthat für das Land an, und sie ziehen schon die andern nach sich. Das
war aber freilich nur dadurch möglich, daß ich Lehrer aus den Ländern diesseits
der Leytha auswählte und hinüberschickte. Sehr gerne möchte ich auch in
Warasdin [Varaždin] und Essek
[Osijek] ordentliche achtklassige Gymnasien zustande bringen. Die Franziskaner
können aber da nicht zum Ziele helfen. Es ginge nicht anders als in ähnlicher
Weise wie in Preßburg und
Ofen. Soll aber auch in Essek
und Warasdin ausschließlich illirischer Unterricht sein,
so ist es gar nicht möglich an die Regulirung zu gehen. Ich bin überzeugt, die
Ortsbewohner hätten gar nichts dagegen, daß deutsche Gymnasien errichtet würden,
an welchen nur die Nationalsprache gründlich durch alle Klassen gelehrt, der
Unterricht in der Religion illirisch ertheilt und in den unteren Klassen
illirisch in dem Maße unterrichtet würde, als es die Sprachkenntnisse der
Schüler erfordern. Und ist es nicht wahr, daß damit dem Lande ungleich mehr
genützt wäre, als wenn es Gott weiß wie lange dauert, bis etwas Ordentliches
dort zustande kommt, blos weil sich die Banatregierung vor dem Gespenste der
Germanisirung fürchtet?
Verehrtester Ban! Die ganze Welt weiß, daß Sie ein
Held sind, der sich vor nichts fürchtet; sagen Sie es auch Ihren Landsleuten,
daß jetzt nichts die Nationalsache mehr diskreditiren kann, als wenn sie den
Muth nicht haben zu dem, was als das Zweckmäßige anerkannt werden muß. Denn wer
sich stark fühlt, dem fällt es nicht ein darin eine Gefahr zu sehen oder eine
Ehrensache aus etwas zu machen, bei dem es sich nur um die Frage der
Zweckmäßigkeit handeln kann. Ich weiß sehr wol, ich – oder sonst ein Nichtkroate
– darf das Ihren Landsleuten nicht sagen, und es wäre auch sehr unrecht dem
Volke, dessen lebendiges Nationalgefühl uns so große Dienste gleistet hat, nur
gleichsam den Text lesen zu wollen. Aber Sie können es ihnen sagen, und von
Ihnen wird es sich auch hierin führen lassen, weil es weiß, daß Sie es nur
dorthin führen, wohin zu gehen zu seiner Ehre gereicht. Darum bitte ich um Ihre
Hülfe. Ich habe die Entscheidung über diese Fragen nach Ihrem Wunsche der
Landesschulbehörde in die Hände gelegt in dem Vertrauen, daß Sie sich die
Entscheidung derselben persönlich vorbehalten werden.
Mit wahrer Verehrung