Propst Anton Szántófy schildert seine Version von den Vorgängen um das
Eheverlöbnis des Offiziers Julius Iankovics mit Emma Ioczkovics. Er
erneuert damit seine Aussage, die er bereits vor dem Esztergomer Bischof
abgelegt hat.
Szántófy schreibt, dass die beiden Brautleute
unangemeldet bei ihm erschienen seien und ihn darum gebeten hätten, ihr
Eheverlöbnis zu bezeugen. Er kam diesem Wunsch nach und segnete ihre
Ringe. Er hatte die Sache bereits abgetan, als die Frau zu einem
späteren Zeitpunkt erneut zu ihm kam, nun mit der Bitte, er möge ihren
Verlobten an sein Versprechen erinnern. Zugleich gestand sie ihm, dass
ihr Verlobter Offizier sei. Als der Verlobte Szántófys zweifachen Bitten
nicht nachkam, bat die Verlobte schließlich um Dispensation von dem
Versprechen, was er jedoch nicht erfüllen konnte. Dies erzürnte die
Verlobte heftig. Szántófy glaubte nun mehr und mehr, dass die Frau eine
Intrige spinne und ging daher nicht mehr auf deren Wünsche ein. Zur
Untermauerung dieser Ansicht führt er den aus seiner Sicht zweifelhaften
Lebenswandel der Frau an, die offenbar nur darauf aus sei, den jungen
Mann zu verführen und sich einen materiellen Vorteil zu verschaffen.
Im Monate May 1854, als ich noch Pfarrer in der Leopoldstadt war, überraschten
mich eines Abends nach 8 Uhr beim Nachtessen zwei Brautleute, die ich nie früher
gesehen, und von welchen ich auch nie etwas gehört habe in Begleitung zweier
Herren deren einer der damalige Irsaer katholische Pfarrer Herr Joseph Fektor, der andere ein gewißer
Voseley[?] privat Erzieher war, ersterer rief mich aus
dem Speisezimmer heraus und trug mir das Anliegen der Brautleute vor, sagend:
daß nachdem die Braut in gesegneten Umständen ist, der Bräutigam sich aber auf
eine längere Reise entfernen muß, es zur nicht geringen Beruhigung der Braut
dienen würde, wenn beide das Eheverlöbnis in meiner Gegenwart machen könnten,
behufs dessen zeigten sie mir auch eine Schrift in welcher sie sich bis zur
erfolgenden Trauung Liebe, Treue und Anhänglichkeit feierlichst zugesichert haben.
Ich trug kein Bedenken diesen Humanitätsdienst zu erweisen und dies um so
weniger da die Braut der griechischen Kirche angehörend auch den Übertritt zur
katholischen Religion versprach. Ich las Ihnen also den Eheverlöbnisvertrag vor,
der dann sowohl von den Brautleuten als auch durch die besagten zwei Zeugen
unterfertigt wurde; hierauf bathen sie mich ihre Brautringe zu weihen, was ich
auch ein gewöhnliches deutsches Gebetbuch in die Hand nehmend und die Ringe
darauf legend vor meinem Bethschemel ohne aller sonstigen Ceremonie that, es
geschah dieses also auf keinem Hausaltar wie behauptet wird, und dass Kerzen
brannten, war die Dunkelheit welche die Abendzeit (8 Uhr) mit sich brachte die
Ursache.
Nach einigen Tagen kam die Braut Emma Ioczkovics zu mir und fragte mich in wie fern ihr Bräutigam
Julius Iankovics durch das
gemachte Versprechen gebunden sei? Ich erwiderte, daß er ohne hinlänglichen
Grund nicht zurücktreten und mit einer Anderen eine Ehe eingehen könne, bei
dieser Gelegenheit gestand sie mir auch, daß der in Zivilkleidern bei mir
gewesene Julius Iankovics ein
kaiserlicher Officier sei, für den sie aber sehr bald die Quittierung mit Character
erwirken werde, behufs dessen auch Herr Pfarrer Fektor den bei mir zurückgelassenen Eheverlöbnisvertrag zu sich
nahm um selben einem Rechtsanwalt zu übergeben; ich wußte also davon daß
Iankovics ein kaiserlicher
Officier sei, früher nichts. Von dieser Zeit an sah ich die Brautleute wie auch
die Zeugen nicht mehr und hörte überhaupt von der ganzen Sache nichts die ich
nur als einen Act der Humanität als für eine Amtshandlung betrachtete.
Gegen
Ende des Jahres 1856 kaum mehr eingedenk dessen was 1854 geschah, erschien bei
mir Emma Ioczkovics mit der Bitte,
daß nachdem Julius Iankovics nun dem
Civil-Stand angehört ich selben zur Erfüllung seines Versprechens anhalten möge,
allein Iankovics erschien auf mein
zweimaliges Vorladen nicht, was ich der Obbenannten mit Bedauern eröffnete,
hierauf bath sie mich unterdessen wenigstens um Dispensation von der dermaligen
Verkündigung einzuschreiten, was ich verweigerte in solange zu thun bis nicht
Julius Iankovics persönlich
erscheinen und sein derartiges Ansuchen stellen wird, ich that dies um so mehr
weil ich in dem ganzen Fürgehen dieser Frauensperson eine Machination witterte.
Nach einigen Tagen erschien sie wieder und drang in mich die Trauung noch vor
Ende Dezember 1856 zu vollziehen, da mit Anfang des Jahres 1857 für ihren noch
minorennen Bräutigam auch die väterliche Einwilligung nothwendig sein wird, die
sie aber nicht zu erwirken hoffet; als ich ihr dies zu thun verweigerte, und von
der ganzen Sache die mir zu mißfallen anfing nichts mehr wissen zu wollen
erklärte und sie etwas strenger von mir wies, entfernte sie sich tobend mit den
Worten: "Sie werde sich schon zu rächen wissen." Ich muß hier noch beifügen,
daß mir in der ganzen Angelegenheit weder von der Braut noch dem Bräutigam aber
auch von den Zeugen und überhaupt von keiner Seite irgend ein Honorar angebothen
wurde, und ich mit gutem Gewissen sagen kann keinen Heller hiefür erhalten zu
haben.
Diese meine Aussage habe ich vor dem Graner [Esztergomer] heiligen Stuhl mit körperlichen
Eide bestättiget, dasselbe thaten auch die zwei oberwähnten Zeugen vor dem
Waitzner [Vác]
heiligen Stuhle mit dem Zusatze, daß die besagte Emma Ioczkovics beide Zeugen unter Versprechung größerer
Geldsummen solliciert habe zur Ausstellung eines falschen Zeugnisses darüber,
daß Sie im Jahre 1854 mit Julius
Iankovics in meinem Zimmer nach dem üblichen christkatholischen
Ritus getraut worden sei; dasselbe habe ich und die benannten zwei Zeugen auch
vor dem Zivilgerichte ausgesagt, ja noch ein dritter Zeuge und Mitwisser dieser
Sache Grundbesitzer von Tassy[?], wie auch der erwähnte
Rechtsanwalt, der den Eheverlöbnisvertrag verfaßt hat und das Protokoll in dem
dieser Vertrag von Wort zu Wort enthalten ist, dem Gerichte nebst der Aussage
übergab, die so viel Aufsehen erregenden 1.000 fl CM habe ihm Emma Ioczkovics durch Herrn Pfarrer
Fektor zur baldigsten Erwirkung
entweder einer Ehelizenz oder Quittierungsurkude mit Character
zugesichert.
Möge hieraus jeder unbefangene ersehen, daß nicht mehr geschehen
ist, als wozu ich als Mensch und Priester berechtiget war, da ich auch für den
Fall wenn Julius Iankovics bei mir in Militairkleidern
erschienen wäre, keine Bedenken getragen haben würde als einfacher Zeuge seinen
Eheverlöbnis Vertrag zu unterschreiben, und Ringe zu weihen bin ich als Priester
berechtigt ob diejenigen die mich darum ersuchen, meine Iurisdictionirten sind
oder nicht, überhaupt wenn man ersucht wird einen Gegenstand zu weihen sei es
ein Ring oder ein Krantz pflegt der Priester nie zu fragen, ob man im Bereiche
seiner Pfarre wohne oder nicht. Was immer also Emma Ioczkovics außer dem
Gesagten anführt, ist eine strafwürdige Verläumdung mit der sie ihre Sache an
den zu kühlen suchet, der ihr in der Kapperung eines reichen Jünglings die
helfende Hand nicht biethen wollte.
Wie wenig Glauben die ofterwähnte
schlimme Dame verdient, ist aus ihrem unsittlichen Lebenswandel zu ersehen. Sie
scheute sich nicht noch im Jahre 1853 dem 18 jährigen Jüngling Julius Iankovics zur Nachtzeit Besuche zu
machen, und ihn zur Unzucht zu verführen; sie schämte sich nicht gegen den
ausgesprochenen Willen seines Vaters Fiakers zu besteigen und darin Excursionen
zu machen, wo auf gleiche Weise fürgegangen wurde. In diesem Jahre gab sie an
von diesem jungen Manne in die Hoffnung gekommen zu sein, und bald darauf
gestand sie es ihm die Leibesfrucht in der Stadt Essek
[Eszék/Osijek] abgetrieben –
ihrer Mutter aber vorgespiegelt zu haben, daß sie abortirt hätte. Im Jahre 1854
setzte die um 10 Jahre ältere Person mit dem unerfahrenen Jünglinge ihr Unwesen
fort und bewog ihn unter Vorspiegelung dessen sie sei wieder in gesegneten
Umständen mit ihr das Eheverlöbnis einzugehen, welches im Monate May in meiner
Gegenwart geschlossen wurde, und scheute sich nicht diesem jungen Leutnant in
das Lager nach Siebenbürgen zu folgen, sich dort der Welt als seine angetraute
Gattin vorzustellen, und mehrere Wochen in einem Badeort mit denselben zu
verleben.
Pesth am 28/12 1857
Anton Szántófy
Probst Stadtpfarrer