Der Pressburger Superintendent Karl Kuzmány berichtet, dass es zwischen
ihm und der Komitatsbehörde von Hont zu Meinungsverschiedenheiten über
seine Kompetenzen gekommen sei. Er sendet daher den zugehörigen
Schriftverkehr zwischen ihm und FZM Ludwig Benedek, Generalgouverneur
von Ungarn, damit sich Thun ein Bild von der Situation verschaffen
könne. Kuzmány spricht weiter seine Hoffnung aus, dass es bald zu einer
Entscheidung über das Verhältnis zwischen den koordinierten und
nichtkoordinierten Gemeinden komme und äußert nochmals die Bitte, dass
sich Thun für einen Weiterbestand der Preßburger Superintendenz
einsetze. Er ist überzeugt davon, dass die Aufrechterhaltung der
Preßburger Superintendenz positiven Einfluss auf die kirchliche und
politische Entwicklung in Ungarn haben werde.
In der ersten Beilage
teilt Ludwig Benedek dem Superintendenten die Bedenken der
Komitatsbehörde von Hont hinsichtlich der von Kuzmány vorgenommenen
Ernennungen von Senioren mit. Benedek teilt diese Bedenken, da das
Patent vom 1. September 1859 die Bestellung der Senioren durch die freie
Wahl der Gemeinden vorsehe. Benedek ersucht Kuzmány daher, bis zur
endgültigen allerhöchsten Bestimmung über die evangelischen
Kirchenangelegenheiten auf weitere Ernennungen zu verzichten, um das
angespannte Verhältnis nicht noch weiter zu verschlechtern.
Karl
Kuzmány widerspricht in seiner Antwort an den Generalgouverneur den
Aussagen der Komitatsbehörde von Hont hinsichtlich der Zahl der
koordinierten und nichtkoordinierten Gemeinden. Er sieht darin einen
neuerlichen Täuschungsversuch der Gegner des Patents. Ferner
rechtfertigt er die Bestellung des Seniors für Hont: Diese widerspreche
nicht dem allerhöchsten Patent vom 1. September 1859, da die Ernennung
nur provisorisch sei und der von ihm ernannte Senior nur bis zur
gesetzmäßigen Wahl eines Seniors die Geschäfte führe. Er weist auch
darauf hin, dass die Komitatsbehörde von Hont den kaiserlichen Befehl,
die koordinierten Gemeinden gegen die Agitationen der Autonomisten zu
schützen, nicht befolge.
Die dritte Beilage ist eine übersetzte
Abschrift des Ernennungsschreibens für den Senior von Hont, Karl
Martinek. Dort gibt er dem Senior Anweisungen für seine Tätigkeit.
Drei Beilagen:
Abschrift eines Briefs von
Ludwig Benedek an Karl Kuzmány. Ofen, 6. September
1860.
Abschrift des
Antwortschreibens von Karl Kuzmány an Ludwig Benedek. Neusohl, 13.
September 1860.
Abschrift des
übersetzten Ernennungsschreibens für den Senior von Hont, Karl
Martinek, von Karl Kuzmány. Neusohl, 15. August 1860.
Euer Excellenz!
Nachdem ich mein erstes Pastoralschreiben theils zugleich mit der Ankündigung
meines Amtsantrittes, theils um einige Tage nach dieser letzteren auch an die
Senioren in Honth und Neograd versendet, von dem ersteren aber
unmittelbar, von dem letzteren – der mittlerweile abdankte – durch den
Senioralinspector zurück mit der Erklärung erhielt, dass sie als zu der
Montansuperintendenz gehörend von mir keine amtlichen Zuschriften empfangen
können; ich jedoch die theils noch vollständig bei der Coordination
verharrenden, theils von derselben nach schriftlicher Erklärung, die sie dem
betreffenden nicht coordinirten Seniorate abgegeben hatten: „nicht aus
Überzeugung, sondern nur um von der Gegenpartei Ruhe zu gewinnen, einstweilen
von der Coordination abstehen“, nur um Zeit und Ruhe zu gewinnen auf einige Zeit
hin von der Coordination nach dem allerhöchsten Patente und der
Ministerialverordnung abließen nicht ganz und gar preisgeben, ja auch den nur
durch Terrorismus abgefallenen Gemeinden noch ein Mittel an die Hand geben
wollte, sich frei auszusprechen und zurückzukehren: so habe ich nach dem, dem
Superintendentialamte inhärirenden Rechte in Honth den Pfarrer Martinek, in Neograd aber den Pfarrer Daniel
Maróthy zu Senioren dieser Sohler Gemeinden ernannt und sie beinahe mit gleichlautenden
Instructionen versehen. Die uns, wie es scheint, seit jeher nicht besonders
wohlwollende Honthér Comitatsbehörde
zu Ipoly-Ságh hat gewisse Bedenken dagegen bei Seiner
Excellenz dem Herrn FZM Ritter von
Benedek in Ofen erhoben, worauf ich von
demselben die unter I. beiliegende Zuschrift erhielt. 1Ich konnte nicht
umhin, da mir der Gegenstand sehr dringend erscheint, augenblicklich die unter
II. beifolgende Vorstellung an Seine Excellenz
den Herrn FZM zu richten 2, welcher
ich zu meiner größeren Legitimation auch noch die hier unter III. beigebogene
Ernennung sammt der summarischen Instruction des Pfarrers Martinek zum surrogirten Senior in einer
Übersetzung beilegte.3
Ich halte es für meine Pflicht diese selben
Schriftstücke in einer Abschrift auch Euerer Excellenz mit der unterthänigsten
Bitte mitzutheilen: geruhen Euere Excellenz von denselben Einsicht zu nehmen und
den Gebrauch zu machen, welchen es Euerer Excellenz gut dünken wird.
Die
Angelegenheit der Entscheidung über das Verhältnis der coordinirten Gemeinden,
Seniorate und Superintendenzen zu den nichtcoordinirten sollte nach einer
früheren Euerer Excellenz schon mitgetheilten Zuschrift Seiner Excellenz des Herrn FZM bei den
Ofner Centralbehörden entschieden werden;
aus dieser hier unter I. beiliegenden Zuschrift hochderselben aber erhellt es,
dass diese Frage allerhöchsten Ortes entschieden werden solle. Ich brauche wohl
kaum Euere Excellenz zu bitten, bitte aber dennoch inbrünstigst nach aller
Thunlichkeit dahin zu wirken, dass sie zu unseren Gunsten erledigt werde: dass
das kaiserliche Wort zur Geltung gebracht und die Pressburger Superintendenz, so wie sie in dem allerhöchsten
Patente vom 1. Sept. vorigen Jahres abgegränzt erscheint und wie deren
Nichtbeirrung in dem allerhöchsten Handbillete vom 15. Mai dieses Jahres
anbefohlen worden, aufrecht erhalten werde. Geschieht das, so gewinnt Ungarn
nicht nur in den protestantisch kirchlichen, sondern auch in den politischen
Zuständen binnen einem oder zweier Monate eine ganz andere Gestalt.
Euerer Excellenz
unterthänigster Diener
Karl Kuzmány
Superintendent des Pressb. Evang.
Superint. Bezirkes
Neusohl, den 13. Sept. 1860
Mit der Zuschrift vom 23. August dieses Jahres Z. 724 haben Euere Hochwürden
an die Comitatsbehörde für Honth
in Ipolyságh die Ernennung des Pfarrers Karl Martinek in
Csánk zum surrogirten Senior für das Honther Seniorat mitgetheilt und die
politische Assistenz für denselben in Anspruch genommen.
Nachdem das
allerhöchste Patent vom 1. Sept. 1859 die Bestellung der Senioren von der
freien Wahl der betreffenden Gemeinden abhängig macht, sonach vorauszusetzen
ist, dass von den sämtlich nichtcoordinirten Gemeinden im Honther Comitate Pfarrer Martinek als Senior nicht anerkannt
werden wird, hat die genannte Comitatsbehörde zur Vermeidung unangenehmer
Conflicte und Gehässigkeiten das Ansuchen gestellt, Euere Hochwürden bei
Bestellung des fraglichen Seniors vor allem zur Einhaltung des im Patente
vorgezeichneten Weges anzuweisen.
Ich finde auch, dass bis zur
bevorstehenden allerhöchsten Bestimmung über das Verhältnis der coordinirten
und nichtcoordinirten Gemeinden, Seniorate und Superintendenzen zu einander,
die schon bestehenden Zerwürfnisse und Schwierigkeiten durch solche Vorgänge
nur noch gesteigert werden müssen, und finde daher Euere Hochwürden im
Interesse der Sache dringend zu ersuchen von der Ernennung „surrogirter
Senioren“ für nichtcoordinirte Seniorate bis zur Begleichung der
evangelischen Kirchenangelegenheit abzustehen.
Ofen, am 6. Sept. 1860
Benedek
Euer Excellenz!
Hinsichtlich der mir gestern den 12. Sept. zugekommenen Zuschrift Euer
Excellenz vom 6. Sept. Z. 3215 finde ich mich nothgedrungen in aller
Ehrfurcht Folgendes einer gnädigen Erwägung zu unterbreiten:
1. Was die
Meinung der löblichen k.k. Comitatsbehörde von Honth anbelangt, dass die A.C. Gemeinden in Honth „sämmtlich“ nichtcoordinirt seien,
so muß ich bemerken, dass eben die Gemeinde zu Csánk,
wo Karl Martinek Pfarrer ist, nur
in seiner Abwesenheit, während er bei Seiner
Majestät dem Kaiser als Deputirter des Brieser Superintendentialconventes gewesen war, durch
unberufene, ganz und gar illegaler Weise sich die Autorität von
Senioralbehörden anmaßende Eindringlinge beunruhigt, durch Vorspiegelungen
und Terrorismus zum Schwanken in der angenommenen Coordination, ja sogar
einige der Pfarrmitglieder zu gewissen Unterschriften, deren Vorlagen man
schon formulirt und fertig hingebracht hatte, als zu Erklärungen des
Localconventes verleitet worden sind. War dieses Vorgehen an sich schon
kirchlich und politisch strafwürdig, so wird doch die Geltung einer solchen
Desorganisationserklärung niemand als zu Recht bestehend ansehen und ihr
eine rechtliche Bedeutung zuerkennen vermögen. Eben so aber, wie die
Csanker sind viele, vielleicht die
meisten Gemeinden A.C. in Honth
nicht frei, nicht freiwillig, nicht in rechtlicher Weise zusammenberufenen
Localconvente durch Beschlußfassung, sondern – man kann es doch nicht anders
nennen – durch kirchlich-revolutionäre Vorgänge als von dem allerhöchsten
Patente für abgefallen erklärt worden; es ist mir schlechterdings unmöglich
zu glauben, dass irgend welche kirchliche oder kaiserliche Behörde auf die
bloße Erklärung hin der so usurpatorischer Weise vorgehenden Männer diese
Gemeinden als rechtlichgiltig für desorganisirt und von dem allerhöchsten
Patente für rechtsgiltig zurückgetreten ansehen könne; vielmehr muss ich der
Zuversicht leben, dass die Comitatsbehörden einer freien, unbeeinflußten
Meinungsäußerung den in rechtlicher Ordnung zusammentretenden Local- und
Senioralconventen nicht nur keine Hindernisse in den Weg legen, sondern sie
in diesem allerhöchst sanctionirten Rechtsgebrauch nach ihrer Pflicht
schützen werden.
2. Meine Bestellung des Pfarrers Martinek ist nicht für die
nichtcoordinirt gebliebenen und nicht für die durch keinen Terrorismus
beirrten, sondern frei und ungezwungen von dem allerhöchsten Patente
zurückgetretenen, vielmehr für die evangelischen A.C. Gemeinden von
Honth zum surrogirten Senior
geschehen, welche entweder trotz aller Agitationen der Gegenpartei
coordinirt geblieben oder auf eine Art „beirrt“ worden sind (Beilage: die
Surrogation des Herrn Martinek),
die jedes von den sei es nun kirchlichen oder politischen
Revolutionsgelüsten nicht mit ergriffenes, christlich evangelisches
Menschenherz empören muss. Hat die löbliche k.k. Comitatsbehörde von
Honth jenem widerrechtlichen
Treiben theilnahmslos zugesehen und den von ihr verlangten Beistand den so
bedrängten Gemeinden geradezu verweigert, so hat sie sich auf eine Weise
benommen, die unter keinen Umständen kaum zu entschuldigen ist: mir jetzt
zuzumuthen, dass ich die Vorgänge gut heiße, als zu Recht geschehen
anerkenne und die so gegen den kaiserlichen „Befehl“ in dem Handschreiben
vom 15. Mai letzten Jahres „beirrten“ Gemeinden der usurpatorischen Gewalt
illegaler Kirchenobern preisgebe, das, Euer Excellenz, glaube ich übersteigt
alle Berechtigung einer Comitatsbehörde. Pfarrer Martinek aber hat mit
eigenen Ohren zugleich mit der gesammten Deputation des Brieser evangelischen A.C.
Superintendentialconventes aus dem Munde Seiner
Majestät des Kaisers die aufmunterndsten Worte bei dem
allerhöchsten Patente zu bleiben und treu auszuharren vernommen und ebenso
die Zusage des allerhöchsten Schutzes. Ich und Martinek müssen es daher zuversichtlich annehmen, dass das
kaiserliche Wort und Gesetz auch durch die Honther Comitatsbehörde in Geltung erhalten werde.
3.
Dass die Bestellung zum surrogirten Senior durch mich dem allerhöchsten
Patente widerstreite, indem durch dasselbe die Bestellung der Senioren der
freien Wahl der Gemeinden anheimgestellt ist, kann ich durchaus nicht gelten
lassen. Ich habe Martinek nicht zum
Senior bestellt, sondern surrogirt, also für eine Person bezeichnet, welche
bis zur gesetzmäßigen Wahl eines Seniors die Geschäfte desselben führt,
meine Zuschriften den Pfarrämtern mittheilt und sobald die Umstände es
ermöglichen, eben die gesetzmäßige Wahl des Seniors einleitet. Hat die
Gegenpartei allen legalen Organismus des Honther Seniorates A.C. auf eine unverantwortliche Weise
zerstört, wollen die usurpatorischer Weise aufgestellten Senioralvorstände
in Honth meine Zuschriften nicht
annehmen: so muss ich nach meiner Amtspflicht wohl zusehen, wie ich nach dem
seit der Existenz der evangelischen Kirche in der Welt und in unserem
Vaterlande geltendem Kirchenrechte mir provisorische Organe für die
Seniorate schaffe, an die sich die coordinirten und die nur gezwungener
Weise wegen Terrorismus in ihrer Schutzlosigkeit auf die Coordination
einstweilen verzichtet haben oder ganz und gar fälschlich als von dem
allerhöchsten Patente für abgefallen erklärt wurden halten und in
gesetzmäßiger Weise sich selbst constituiren könnten. Dieses Recht, Euer
Excellenz, ist dem Superintendentialamte ein immanentes und kann demselben
durch Niemand entzogen werden. Ist das, was in Honth nach dem 15. Mai letzten Jahres durch die Gegenpartei
geschehen, sind die Invasionen aller Gemeinden, die Absetzung des Seniors,
die Fanatisirung des Volkes durch die schändlichsten Insinuationen gegen die
Geistlichkeit und gegen die Regierung rechtlich giltig und muss dieser
Zustand von mir schlechthin anerkannt, müssen die trotz des allerhöchsten
„Befehles“, trotz jedes kirchlichen und politischen Gesetzes terrorisirten
Gemeinden der Willkühr preisgegeben bleiben, darf ich den Gemeinden, welche
gegenüber den übermächtigen Anfechtungen von der Honther Comitatsbehörde schutzlos
gelassen worden waren, keine Möglichkeit bieten durch rechtlich bestellte
Organe sich frei auszusprechen: so hat der politische Umsturz in der
evangelischen Kirche jenes Senioralsprengels schon triumphirt, das Wort
Seiner Majestät vom 15. Mai:
„Ich befehle“ ist in den Wind geschlagen und die Freiheit zum Gesetz ist
durch die Willkühr gegen das Gesetz völlig geknechtet. Darf ich der Willkühr
gegenüber auf rechtlichem Wege der freien Willenserklärung der Gemeinden
über ihren Rechtsgebrauch nach dem allerhöchsten Patente vom 1. Sept. kein
Mittel bieten, so wird sich der einen Willkühr eine andere entgegenstellen
und die Verwirrung wird immer größer. Schon bereiten sich gerade in
Honth solche Vorgänge vor, und
ich habe bereits schriftliche Beweise in Händen, dass man dort an der
Trennung sowohl von der Pressburger
als auch von der Pesther Superintendenz
arbeitet. Die weitere Folge könnte kaum eine andere werden, als die
Zertrümmerung jedes festen Gemeindeverbandes bis zum völligen
Independentismus.
Im Gegensatz zu der Eingabe der löblich k.k.
Honther Comitatsbehörde bitte
ich daher Euer Excellenz derselben die Weisung zu ertheilen, dass sie
Martinek in seiner Function
nicht beirre, sondern die Gemeinden und Pfarrer, welche sich wahrhaft frei
über ihr Verbleiben bei der Coordination oder über ihr wahrhaft freies
Zurückkehren zu derselben aussprechen, gegen alle Unbilden zu schützen
gehalten sei.
Für nichtcoordinirte und frei und rechtskräftig von der
Coordination abgefallene Gemeinden habe ich nirgends Seniore surrogirt und
werde es auch nicht thun.
Was die Hörigkeit der nichtcoordinirten
Gemeinden und Seniorate in dem Pressburger Superintendentialbezirke, wie er in dem
allerhöchsten Patente vom 1. Sept. vorigen Jahres abgegränzt ist, anbelangt:
so erlaube ich mir nur darauf aufmerksam zu machen, dass durch die hohe
Regierung wiederholt erklärt wurde, das allerhöchste Patent sei durch das
Handbillet vom 15. Mai dieses Jahres nicht aufgehoben: rechtlich existirt
daher weder eine Montan- noch eine Superintendenz diesseits der Donau A.C.
Dass zu rechtlich nicht existirenden Complexen etwas rechtlich zugeschlagen
werden könnte, kann ich unmöglich glauben, um so weniger, als der
Superintendentialconvent zu Bries am 27. und 28. Juni
letzten Jahres den vollkommen rechtlichen Bestand der Pressburger evangelischen A.C.
Superintendenz nach ihrer Abgränzung in dem allerhöchsten Patente
protocollarisch erklärt hat und dieses Protocoll mir vom hohen k.k. Ministerium für
Cultus und Unterricht ohne Bemerkung zum weiteren Gebrauch bei
dem nächsten Superintendentialconvente zugekommen ist.
Schließlich noch
die Bemerkung veranlassend, da in strittigen Fällen über den Sinn eines
Gesetzes nur dem Gesetzgeber selbst der endliche Urtheilsspruch zukommen
könne, ich bis dahin, bis durch Seine
Majestät die Abgränzung der Superintendenzen nicht anders
bestimmt werden wird, als wie sie in dem allerhöchsten Patente vom 1. Sept.
vorigen Jahres geschehen ist, mich jedenfalls an dieses zu halten für
verpflichtet halten müsse: erkläre ich zugleich mit demselben Freimuth eines
mehr an der Treue als am Vaterland, mehr an dem Evangelium als an der
Corporation einer Kirchengemeinde, mehr am Gesetz und Recht als an allen
Vortheilen der Popularität haltenden Mannes, dass ich der hohen Weisheit und
Gerechtigkeitsliebe Euerer Excellenz vollkommen vertrauend, nie anders als
mit der höchsten Hochachtung die Anordnungen Euerer Excellenz entgegen zu
nehmen und das hochherzig edle Bestreben Euerer Excellenz unser theures
Vaterland vor einem neuen schrecklichen Unglücke zu bewahren, nie aufhören
werde mit inbrünstigen Gebeten und aller Bereitwilligkeit, die mir das
Evangelium und die Treue gebietet, zu unterstützen.
Euerer Excellenz
unterthänigster Diener
Karl Kuzmány
Superintendenz des Pressburger
evang. A.C. Superint. Bezirkes
Neusohl, den 13. Sept. 1860
Abschrift in treuer Übersetzung
Hochehrwürdiger Herr!
Sowohl Ihre persönliche Erklärung als eines Deputirtenmitgliedes von
Sohl der Superintendenz von
Seiner Majestät dem Kaiser,
unserem allergnädigsten Herrn, als auch Ihr letzter Brief an mich, in
welchem Sie die Erklärung, Ihre Gemeinde sei von der Coordination abgefallen
als unwahr behaupten, ferner Ihr Eifer für das Haus Gottes und Ihre Fähigung
wie auch Ihre Geschicklichkeit zur Leitung der kirchlichen Angelegenheiten,
endlich aber die unumgängliche Nothwendigkeit meiner Fürsorge für unsere
heilige Angelegenheit haben mich dazu bewogen, Sie zum zeitweiligen Senior
aller jener Gemeinden in Honth zu
bestellen, welche so wie Ihre Gemeinde nur aus einer verkehrten Absicht,
aber nicht als nach der Wahrheit für abgefallen erklärt worden wären von der
gesetzmäßigen Coordination, deren Seelsorger und das fromme Volk vielmehr
dagegen einen entschiedenen Willen hätten an göttlichem und menschlichem
Gesetz fest zu halten, obwohl es durch die List und Lüge derer verwirrt, die
in der Kirche und durch die Kirche unkirchliche Dinge suchen, jetzt schon
kaum wissen mag, woran es sich halten soll.
Es sei daher Ihrer Sorge
anvertraut das, was zerstreut ist zu sammeln, was da schwankt zu festigen,
Unwissende zu belehren, die zum Guten Geneigten zu stärken, einen guten
Muth, Hoffnung und sichere Zuversicht der Seelsorger und des frommen Volkes
zu kräftigen. Gott ist nicht Gott der Unordnung, sondern der Gerechtigkeit.
Suchen Sie daher die aufgewiegelten Leidenschaften der Gehässigkeiten,
Verdächtigungen und der Mißhelligkeiten zu dämpfen und zu mäßigen und die
Seelsorger dazu zu verhalten, dass sie freundlich und aufrichtig mit dem
Volke umgehen, aber auch sie selbst folgsam dem Bewußtsein ihrer Pflichten
und nicht willfahrend menschlichen muthwilligen Beredungen oder Drohungen
dasjenige thun und sich also halten, wie ihnen das Gott selbst gebietet
durch sein Wort.
Ich vertraue Ihnen in Betreff der Art, wie Sie sich an
die Gemeinden und ihre Vorsteher wenden, auch in Betreff Ihres Umganges mit
den Seelsorgern, indem ich meine Zuversicht zu Ihrer Umsicht und Weisheit
ausspreche. Falls Sie etwas zu befürchten hätten, dass Sie jemand in Ihren
Bestrebungen beunruhigen sollte, so wollen Sie mir das, wenn es wirklich zu
befürchten wäre, anzeigen, damit ich bei Zeiten die politische Assistenz von
der Comitatsbehörde für Sie erbitten könnte, die Ihnen zur Seite
stünde.
Versenden Sie alles, was ich Ihnen jetzt zuschicke und künftig
zuschicken werde, allen treuen Seelsorgern, die in ihrem Herzen und Gewissen
der schon angenommenen Ordnung zugethan sind und darin die Gemeinden zur
Zeit beirrt sind. Gegen ihr Gewissen darf ihnen Niemand etwas Böses thun
oder sie zu etwas zwingen. Sie sollen in einer Verbindung mit Ihnen bleiben
und von den Zerstörern des Rechtes und der Gerechtigkeit, der Ordnung und
des Friedens in unserer Kirche keine Befehle annehmen.
Gott und seiner
Vorsehung Sie empfehlend verharre ich
Euer Hochwürden
bereitwilliger Diener
Karl Kuzmány
Supit.
Neusohl, den 15. August 1860