Karl Kuzmány an Leo Thun
Neusohl, 15. Oktober 1860
|

Regest

Der Pressburger Superintendent Karl Kuzmány berichtet Leo Thun, dass in der Wiener Zeitung "Die Presse" ein Aussage FZM Ludwig Benedeks zitiert werde, wonach dieser das von Kuzmány herbeigeführte Schisma missbillige und seine von Teilen der evangelischen Kirche geforderte Abberufung als Superintendent unterstütze. Kuzmány zweifelt zwar am Wahrheitsgehalt des Zeitungsberichts, dennoch ersucht er Thun, dass das Ministerium dieser Aussage öffentlich widerspreche bzw. um Instruktionen, wie er gegen die Anschuldigungen vorgehen solle. Er betont, dass es notwendig sei, den Aussagen zu widersprechen, da ansonsten sowohl seine Autorität schwinden würde als auch die Gemeinden, die sich bisher dem Patent vom 1. September 1859 unterworfen haben, von diesem abfallen könnten.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Euere Excellenz!

Das Wiener Tagesblatt "Die Presse" enthält in dem Abendblatte vom 12. Oct. Nr. 259 auf der Kehrseite unter der Linie wörtlich die folgende Stelle: "Wie uns selber aus Pest geschrieben wird, hat Seine Excellenz der Feldzeugmeister Benedek sich gegen mehrere Mitglieder des dort tagenden Generalconventes dahin ausgesprochen, dass er persönlich das durch Kuzmany veranlaßte Schisma entschieden mißbillige und denjenigen Theil der Adresse an Seine Majestät, welche die Auflassung der coordinirten Pressburger Superintendenz anstrebt, in Wien befürworten werde."
Weil ich es nicht dulden kann, dass mich jemand, und sei dies wer immer, der Veranlassung eines Schisma bezichtige; es aber auch im höchsten Interesse des hohen Cultusministeriums liegen muß, dass hochdieselbe solche verdeckte Bezichtigung seiner selbst als des Veranlassers eines Schisma von sich weise, so bitte ich unterthänigst um eine Instruction von Seite der evangelischen Abtheilung bei dem hohen Cultusministerium in Betreff meines Vorgehens gegenüber dieser Beschuldigung; denn wenn auch diese Nachricht der „Presse“ eine rein erdichtete sein sollte – wie ich es wohl glaube –, so ist sie doch gar sehr geeignet, wenn ihr von betreffendem Orte nicht widersprochen wird, die Gemüther der an dem Patente fest haltenden Gemeinden der Pressburger Superintendenz aufs Höchste zu beunruhigen, weil sie den Namen einer so hohen Autorität mißbraucht; sie muß mir alles Zutrauen dieser Gemeinden äußerst gefährden, meinen Einfluß lähmen und einen Hass meiner Glaubensgenossen im Vaterlande gegen mich entzünden, vor dessen Ausbrüchen mich kaum jemand zu beschützen im Stande sein dürfte, um so weniger, als einige Comitatsvorstände selbst, wenigstens in Privatgesprächen die Meinung verbreiten, die Regierung wolle es selbst, dass die Gemeinden je eher desorganisirt werden. Wie gegenüber solchen Kundgebungen die aufmunternden Worte Seiner Majestät, welche allerhöchst dieselben an die Deputation des Brieser Conventes gesprochen haben, wie die Betheuerungen des hohen Ministeriums des den coordinirten Gemeinden versprochenen Schutzes, Glauben, Vertrauen und Achtung behalten sollen, ist schlechterdings nicht abzusehen. Irgendwie muß denselben daher entgegen getreten werden. Da aber der Angriff nur perfider Weise auf mich allein gerichtet ist, denn ich habe doch weder das allerhöchste Patent vom 1. noch die Verordnung vom 2. Sept. [1]859 herausgegeben, noch mich selbst zum Superintendenten aufgeworfen, sondern bin zum solchen der Pressburger Superintendenz ordnungsmäßig gewählt und durch Seine Majestät allergnädigst bestättigt, so will ich nicht ohne eine höhere Weisung allein in dieser Sache vorgehen und erbitte mir demnach hierüber eine Information, wie ich mich in dieser Hinsicht zu verhalten habe.
Mich der hohen Gnade Euerer Excellenz in tiefster Ehrerbietung unterthänigst empfehlend verharre mit aufrichtigster Hochachtung

Euerer Excellenz
gehorsamster Diener
Karl Kuzmány
Superintendent

Neusohl, am 15. Oct. 1860