Karl Kuzmány an Leo Thun
Neusohl, 7. September 1860
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Regest

Der Pressburger Superintendent Karl Kuzmány informiert Leo Thun über die Haltung und die Arbeit einiger Senioren seiner Superintendenz. Kuzmány äußert sich dabei positiv über die von ihm bestellten Pfarrer für die Seniorate Hont und Neograd. Besonders zufrieden sei er mit dem Senior im Neograder Seniorat, der treu zu ihm stehe. Negativ fällt sein Urteil über den Senior im Neutraer Seniorat, Samuel Teszák, aus, der mit fanatischen und lügenhaften Pamphleten gegen Kuzmány und dessen Superintendenz agitiere. Kuzmány hofft, dass sich die Regierung in einer Erklärung zum Weiterbestand der Preßburger Superintendenz bekenne, zumal die Partei, die das Patent vom 1. September 1859 unterstütze, immer mehr Anhänger finde. Kuzmány zeigt sich auch zuversichtlich, dass durch eine offizielle Bestätigung des Fortbestandes der Superintendenz auch die Agitationen aufhören werden.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Euer Excellenz!

Ich halte es für nothwendig Euer Excellenz über Folgendes kurz zu berichten:
1. Dass der von mir zum surrogirten Senior in Hont bestellte Pfarrer in Csánk, Herr Karl Martinek, mit gutem Erfolg die Sache führt. Er hat mein Pastoralschreiben 17 Pfarrern amtlich mitgetheilt, von welchen bereits mehrere eine Zusammenkunft gehalten und sich an mich zu halten beschlossen haben. Demnächst will Herr Martinek ein Senioralkonsistorium zusammenrufen und ist gesonnen bald auch einen Convent zur Wahl des Abgeordneten zu meiner Installation und zu dem St. Martoner [St. Martin] Superintendentialconvent einberufen. Der wird, wie ich hoffe, nicht ohne Erfolg bleiben.
2. Im Neograder Seniorate habe ich den Pfarrer zu Nagy-Libercs, Herrn Daniel Marothy, zum Senior surrogirt, weil dort einige Gemeinden dennoch bei der Coordination geblieben, andere aber den Senioralconvent von Bries von 27. Juni geradezu die Erklärung abgegeben hatten: „dass sie keineswegs aus Überzeugung, sondern nur um den Beunruhigungen von Seite der anderen Partei zu entgehen, einstweilen von der Coordination abstehen.“
3. Dass der Thuroczer Senior Herr Belohorsky, welcher für die nichtcoordinirten Gemeinden fungirt, treu zu mir hält, mich anerkennt und von einer Separation nichts wissen will. Er wendet sich in Allem an mich.
4. Dass ich infolge fanatischer Umlaufschreiben des usurpatorischer Weise eingesetzten Seniors Sam[uel] Teszák, Pfarrer in Szenicz, im Neutraer Seniorate, auf die Aufforderung vom Senior und Consenior gezwungen war, aber durch den Senior J[ohann] Trokan von aller weiteren Function zu inhibiren und eine Bitte an das Comitat zu stellen, dass es seinerseits ihm alle kirchenregimentliche Function durch den Stuhlrichter (der dies auch verlangt) untersage; weil Teszák 1. die Ungiltigkeitserklärung der Pressburger Conventualbeschlüsse vom 12. Juli, wie sie durch Seine Excellenz Ritter von Benedek mittelst Freiherrn von Friedenfels geschehen, völlig ignorirt, vielmehr die Umlaufschreiben des dort zum Superintendentialinspector bestellten Herrn Mart[in] von Szentivany mit eindringlichen Worten begleitet; 2. weil er meine Bestättigung zum Superintendenten nicht undeutlich verhöhnt, indem er mich „kaiserlich-königlich Superintendenten“ nennt, mir dadurch alle kirchliche Bedeutung abspricht; 3. einen kirchlich-separatistischen Fanatismus anzuzetteln sich bemüht, indem er mein Pastoralschreiben für ein Umhergehen des brüllenden Löwen zur Verführung erklärt; 4. das Volk durch lügenhafte Berichte zu berücken sich bestrebt, und 5. meine Umlaufschreiben zurückzuweisen anordnet und Ungehorsam gegen die gesetzliche kirchlich-regimentliche Vorsteherschaft predigt.
Nicht unbemerkt kann ich es lassen, dass dieser Teszák wie im Jahr 1848 auch jetzt der fanatischeste Mann sei. Damals war er Beisitzer eines Blutgerichts, welches mehrere treue Männer zum Tod verdammte und auf dem Galgen sterben ließ, so auch jetzt am brutalsten von allen sich benimmt. In seiner eigenen Muttergemeinde hat er selbst eine sehr starke Partei gegen sich, welche von der Coordination nicht zurücktreten wollte und seine größte Filiale Čae sich völlig von ihm und der Muttergemeinde trennen will. Sie und viele Presbyter der Szeniczer Gemeinde haben eine eigene Anschrift an mich gerichtet. Auch predigt er offen direct antievangelische Lehren, wofür er später zur Rechenschaft gefordert werden wird.
Ich habe die Überzeugung erlangt, dass wenn nur von Seite der hohen Regierung – nach meiner Eingabe an die Statthalterei – erklärt wird, dass diese Superintendenz nicht gesprengt werden dürfe, in der kürzesten Zeit sich alles wird ordnen lassen; wo nicht, so wird der internationale und zwischenkirchliche Kampf – weiß Gott wie lange fortdauern und zu welchem Ende führen.
Selbst die Führer der Opposition, namentlich in der Gemeinde zu Bries – die Hauptgemeinde in Sohl, welche nebst Neusohl den Impuls gibt – haben es mir erklärt, dass, wenn nur eine Erklärung von der Regierung kommt, sie ganz offen (und freudig, weil sie meine persönlichen Freunde sind) sich für die Pressburger Superintendenz erklären. Jetzt fühlen sie sich genirt durch die Solidarität der Opposition. Übrigens ist besonders in Bries auch so unsere Partei in bedeutendem Zunehmen. Sollte Seine Excellenz Herr FZM nicht geneigt sein meinem Wunsch zu willfahren, so soll die Sache lieber einstweilen unerledigt bleiben.

Euer Excellenz

unterthänigster Diener
Karl Kuzmány
Superintendent

Neusohl, den 7. Sept. 1860