János Simor berichtet Minister Leo Thun von seinem Aufenthalt in Rom. Zunächst kündigt er jedoch seine baldige Rückkehr an. Anschließend geht er auf die Verhandlungen zum Konkordat ein. Diese waren durch eine Krankheit von Kardinal Santucci für einige Tage unterbrochen. Mittlerweile wurden sie fortgesetzt. Der Wiener Erzbischof Rauscher wird jedoch persönlich an den Kaiser über den Fortgang der Verhandlungen berichten. Kardinal Ján Scitovský will demnächst nach Ungarn zurückkehren. Simor betont, dass Scitovský durch sein Auftreten und seine Äußerungen mehrfach Anlass zu Scherzen gegeben und sein Ruf in der Stadt einigermaßen gelitten habe. Er nennt in der Folge die Männer, die Scitovský in Rom für Titel vorgeschlagen habe. Simor berichtet dann, dass die zuletzt mehrfach kolportierte Ausweisung der Jesuiten aus dem Königreich Neapel nicht mehr zu befürchten sei. Zuletzt verweist Simor noch einmal auf die außerordentliche Wirkung einer Predigt des Erzbischofs Rauscher in der Kirche Santa Maria dell'Anima, sowie auf die Angelegenheit dieser Kirche im Allgemeinen. Abschließend wünscht Simor dem Minister ein frohes neues Jahr und viel Ausdauer für die bevorstehenden Aufgaben.
Unter der Signatur A3 XXI D296 sind weitere sieben Briefe und
Berichte Simors abgelegt:
János Simor an Leo Thun. Rom, 11. November 1854.
János Simor an Leo Thun. Rom, 14. November 1854.
János Simor an Leo Thun. Rom, 17. November 1854.
János Simor an Leo Thun. Rom, 1. Dezember 1854.
János Simor an Leo Thun. Rom, 7. Dezember 1854.
János Simor an Leo Thun. Rom, 12. Dezember 1854.
János Simor an Leo Thun. Rom, 15. Dezember 1854.
Euere Excellenz!
Ich habe die Ehre Euerer Excellenz gehorsamst anzuzeigen, daß ich die Rückreise
am 27. dieses anzutreten gedenke. Wenn ich auch in dieser Jahreszeit nicht über
dem Meere reisen werde, da ich mich jedoch am Wege nirgends länger aufhalten
will, als wegen Visirung des Passes unumgänglich nothwendig sein wird, so hoffe
ich am 4. oder 5. Jänner in Wien einzutreffen.
Seit
meinem letzten Schreiben ist hier nichts von Wichtigkeit vorgefallen, nur wurde
die Verhandlung des Herrn Erzbischofs von
Wien mit dem Kardinal
Santucci durch die Krankheit des letzteren auf 12 Tage
unterbrochen, welche jedoch bereits wieder in ihrem wiewohl langsamen Gange
begriffen ist. Über den Stand der Concordatsangelegenheit berichtet eben jetzt
der Herr Erzbischof unmittelbar an
Seine Majestät den Kaiser. Der
Bischof von Mainz,
welcher hier als Abgesandter des Erzbischofs von
Freiburg und des oberrheinischen Episcopates verweilt, hat immer
noch nicht den Mann gefunden, mit welchem er verhandeln könnte. Bei dem
Umstande, daß hier der Grundsatz herrscht „festina lente“, läßt sich das Ende
der Verhandlungen über unsere Angelegenheit nicht voraussehen, und somit kann
auch die Zeit nicht bestimmt werden, wann der Herr Erzbischof wird abreisen können. Der Kardinal von
Gran [Esztergom] reist ab am 29. dieses und will über
Ancona gehen. Wie die Urtheile der einsichtsvolleren
römischen Prälaten über ihn dermalen lauten, wollen Euere Excellenz aus der
Äußerung des Kardinals Santucci
entnehmen „primas Hungariae est bonus
sed simplex homo“ sagte dieser Kardinal zum Herrn Erzbischofe von Wien. Manche küchenlateinische Äußerungen
desselben werden unter den Prälaten herumgetragen und herzlich belacht sogar vom
Heiligen Vater, welcher über Alles
unterrichtet wird. Ich habe vorausgesehen und vorausgesagt, daß der Kardinal in Rom sich
in der öffentlichen Meinung zu Grunde richten wird. Übrigens ist er mit seinem
hierortigen Aufenthalte satt und reist sehr gerne zurück. So viel mir bekannt
ist, wurden von ihm folgende Männer für römische Titeln vorgeschlagen, und zwar
pro Episcopis solio Pontificio Assistentibus: Sterka Sulucz, Fábry, Roskoványi, Szaniszlo, Osegovich, Krautmann
– pro Praelatis Domesticis: Nehiba,
Schirgl, Forgàch, Danielik; pro Cubiculariis: Hollok (Rosenauer Domherr), Senerteczky[?]
(Preßburger Domherr), Szabó
(Kanzleidirektor in Gran), Szabó et Zalka
(Professoren an der Universität zu
Pesth), dann sind Szàntòfy, Palássty,
Bubla (Sekretär zu Pirnau
[Pornóapáti]), Schumichrast (Gerichtsnotar zu Gran)
unter den Vorgeschlagenen. Für den Neffen des Bischofs Palugyai wurde um einen päpstlichen Orden
eingeschritten. Ich konnte mich von dem Vorschlage nur mit der kathegorischen
Erklärung befreien, werde ich ernannt, so werde ich dagegen protestiren, d. h.
den mir verliehenen Titel durch aus nicht annehmen.
Nachdem die Jesuiten in
Neapel auf‘s Verlangen des Ministers, welcher sie
eines Abends mit seinem Besuche überraschte, schriftlich erklärt haben, daß sie
die absolute monarchische Regierungsform für die beste und haltbarste
anerkennen, und daß sie sich hiernach benehmen werden, wurde das bereits fertige
Ausweisungsdekret zurückgenommen. Djunkovsky, welcher hier auf das Cultusministerium,
vorzüglich aber auf mich tüchtig geschimpft hat, erhielt eine Sendung nach
Scandinavien und Grönland und ist bereits auf dem Wege.
Die am 3. Sonntage
des Advents gehaltene Rede des Herrn Erzbischofs
von Wien hat sehr gefallen und wird im Drucke erscheinen; am 6.
Jänner wird er abermals predigen. Das zu der deutschen Stiftung dell’Anima gehörige Haus ist bereits
auserkoren, welches die deutschen Bischöfe in Pacht zu nehmen und als
Absteigequartier zu benutzen gedenken. Die dogmatische Bulle über die
„Immaculata“ ist noch immer nicht erschienen, wohl aber die am 9. dieses
gehaltene „Allocution“. Erlauben Euere Excellenz, daß ich diesen meinen letzten
Brief von Rom mit dem aufrichtigen und tief in dem
innersten meiner Seele gefühlten Wunsche beschließe, Gott, der Herr möge Euere
Excellenz auch im künftigen Jahre, ja durch eine unabsehbare Reihe kommender
Jahre zum Wohle der Kirche und des Staates in dem besten Wohlsein erhalten: es
möge Euerer Excellenz die Kraft von oben nie fehlen zur Ausdauer und zur
Vollbringung Hochdero heilsamster und edelster Absichten. Ich bin dessen sicher,
daß mir die bisherige Huld und Gnade Euerer Excellenz auch im neuen Jahre nicht
entgehen werde, hätte ich nur auch die Kraft, um dieselbe zu
verdienen.
Genehmigen Euere Excellenz den Ausdruck meiner tiefsten
Verehrung, mit welcher ich die Ehre habe zu verharren
Rom, den 23. Dezember 1854
Euerer Exzellenz unterthänigst gehorsamster Diener
Simor