János Simor an Leo Thun
Rom, 14. November 1854
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Regest

Der Kirchenrechtler János Simor informiert den Minister über einige Begebenheiten während seines Aufenthaltes in Rom. Zunächst berichtet er dem Minister, dass die Frage, ob der Domherr Johann Nepomuk Danielik nach Rom kommen solle, um dem Fürstprimas zu Dienst zu sein, noch nicht endgültig geklärt wurde. Anschließend geht er auf einen Priester namens Djunkovszky ein, der durch sein Verhalten Aufsehen erregt hatte. Die Konkordatsverhandlungen sind bisher nicht weiter fortgeschritten. Der Fürstprimas von Ungarn hatte große Feierlichkeiten anlässlich seiner Erhebung zum Kardinal veranstaltet, bei denen zahlreiche geistliche und weltliche Würdenträger anwesend waren. Simor berichtet außerdem, dass Ján Scitovský mit zahlreichen Anliegen nach Rom gekommen sei: Er wolle die Seligsprechungen einiger Ungarn vorantreiben, das Collegium Germanicum et Hungaricum neu ordnen und die Stiftungen und damit verbundenen Rechte der Ungarn im Kollegium Santa Maria dell'Anima klären.

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Edierter Text

Euere Excellenz!

Besorgen, daß die Schwierigkeiten hinsichtlich der Reise des Domherrn Danielik durch Djunkovszky in Rom bekannt werden und böses Blut machen dürften. Das M. und C. Gouvernement für Ungarn hat der Sache eine solche Wendung gegeben, daß der Kardinal Fürstprimas in Bezug auf diese Angelegenheit vollkommen zufriedengestellt wurde. Das Gouvernement hat ihn nemlich mittelst eines nach Rom gelangten Schreibens ersucht, sich darüber [?] zu äußern, ob er den Domherrn Danielik hier in Rom um sich haben wünsche, für diesen Fall würde man dem besagten Domherrn den Paß unverweilt ausfolgen, welcher bekanntlich Redacteur der Zeitschrift Religio und Director des St. Stefansvereins ist, folglich eine längere Reise ohne besondere Bewilligung nicht antreten darf. Der Primas hat mir hievon die Mittheilung gemacht und beigefügt „Ecce non est verum, quod Danielikio [?] [?] elargiri.“ Der Primas schrieb dem Danielik und sprach den Wunsch aus, daß er nach Rom kommen möchte, zugleich trug er ihm auf, diesen Brief beim Gouvernement vorzuzeigen und dann, wenn er noch Lust hätte Rom zu sehen, den Paß zu verlangen, welcher ihm ohne Anstand ertheilt werden würde. Was den Priester Djunkovszky anbelangt, so hat er schon in Wien gegen unsere Einrichtungen viel geschimpft, und der Kardinal pronuncirte selbst, auf dessen Kosten er in Wien sich aufhielt, hat mich ersucht, den besagten Priester, wenn er zu mir käme, zurechtzuweisen. Er kam zu mir an einem der letzten Tage vor meiner Abreise nach Ungarn und verlangte von mir mit der größten Dreistigkeit Aktenstücke aus dem Ministerialarchive betreffend unsere Einrichtungen und den Bestand der katholischen Kirche in der Monarchie angeblich für einen in Rom sich befindlichen Verein, dessen Aufgabe wäre, eine Statistik der katholischen Kirche zu verfassen. Ich erklärte ihm, daß ich seinem Verlangen nicht entsprechen könne und dürfe. Worauf er auf das liberale Ministerium in Frankreich hinwies, wo ihm die Archive offen standen und drohte meine Weigerung und Lieblosigkeit in einer französischen Zeitung bekannt machen zu wollen. Ich antwortete ihm: vor seiner Schreiberei habe ich keine Furcht, nur solle er als ehrlicher Mann die Wahrheit schreiben. Ich habe überhaupt auch in Ungarn über diesen Menschen viele Klagen gehört, er soll sehr impertinent aufgetreten sein. Hie und da wurde er auch freilich gefeiert, namentlich in Weszprim [Veszprém]. Ich habe hier in Rom über diesen Menschen mich erkundigt, allein bis jetzt kennt ihn hier niemand, leider ist es nirgends leichter ein Empfehlungsschreiben zu Sammlungen zu bekommen als eben in Rom, auch Djunkovszky erhielt ein solches, und nun gebährdet er sich als einen Abgesandten des Heiligen Stuhls. Seine Schreibereien sind durchaus nicht zu fürchten.
Als ich vorgestern meine Notata über die ungarischen Verhältnisse dem Herrn Erzbischofe von Wien übergab, sagte er mir, daß er mit dem Kardinal Antonelli eine längere Conferenz hatte, von diesem jedoch zum Kardinal Santucci hingewiesen wurde, etwas anderes ist bisher in der Concordatsangelegenheit nicht geschehen. Der Herr Erzbischof hat daher Gelegenheit, sich in der Geduld zu üben.
Gestern fingen an die großen Empfangsfeierlichkeiten beim Kardinal Scitovszky und werden durch 9 Tage fortgesetzt. Es haben sich bei ihm eingefunden, um ihm zur Kardinalswürde zu gratulieren, die Kardinäle mit Ausnahme des Decano del Sacro Collegio, die hier anwesenden Erz- und Bischöfe, die Gesandtschaften fremder Mächte, die Ordensgeneräle, das französische und päpstliche Officierkorps, die römischen Duchi und Principi mit ihren Damen, usw. usw. Die Hausfrau machte die Fürstin Odeschalchi, deren Mann im ungarischen Costum erschien. Der Hof und die Gemächer des Palazzo Quirinale waren auf das prachtvollste beleuchtet. Am 16. morgens wird ihm der Huth übergeben, und nachmittags fährt er auf die feierlichste Weise zu S. Peter in Vaticano. Dann folgt die feierliche Besitznahme der von dem Papste ihm überwiesenen Kirche, von welcher er den Titel führen wird.
Der Kardinal hat viele Anliegen in Rom, er will einen Erzbischof von Gran, den Lucas Bánfy, dann einen Domherrn von Gran [Esztergom], Martinus Crisinuo [?] (oder Körösyi), und 2 Jesuiten, welche des Glaubens wegen von den Calvinern im 17. Jahrhunderte gerädert worden waren, selig oder heilig sprechen lassen; er will das Seminarium hungarico-germanicum geregelt wissen; dann will er auch erfahren, wo die Stiftungen des Heiligen Stefan, Königs von Ungarn, hingekommen sind, wegen der letzeren Stiftungen erließ er ein Schreiben an den Professor Flier in der Meinung, die gedachten Stiftungen seien mit den deutschen bei der „Anima“ vereinigt. Prof. Flier zeigte mir das Schreiben mit der Frage, was zu antworten sei, in dem Archive sei von einer Vereinigung der gedachten Stiftung keine Spur zu finden. Die Antwort wird hienach ausfallen.
Er conferirt auch sehr fleißig mit den Ordensgenerälen. Endlich will er diese Nationalwürde neu befestigen und zur Anerkennung bringen. Er bekommt in dieser Beziehung schöne Worte und glaubt daran. Ich bin überzeugt, daß er nichts erwirken wird.
Der hohen Huld und Gnade Euerer Excellenz empfohlen zeichne ich mich mit tiefster Verehrung

Rom, den 14. November 1854

Euerer Excellenz unterthänigster Diener
J. Simor