Entwurf für eine allerhöchste Entschließung, mit der die Verwaltung des Kirchen- und Pfründenvermögens geregelt werden soll. Die zu erlassenden Weisungen für die Diözesen sollen von den einzelnen Bischöfen der Regierung vorgelegt werden. Dabei sollen aber die aufgrund des Konkordats zustehenden Rechte und Befugnisse gewahrt bleiben. Es werden die Rechte des Kirchenpatrons, der selbst oder durch einen Stellvertreter an den Beratungen der Kirchenvermögensverwaltung teilnehmen kann, erläutert, sowie die Vorgehensweise, wenn er an den Beratungen derselben nicht teilnehmen will. Außerdem werden die Befugnisse der Regierung dargelegt. Für die Verwaltung des Kirchenvermögens in Lombardo-Venetien im Einvernehmen mit dem Hl. Stuhl wird ein eigener Entwurf vorgelegt, der hier beigelegt ist.
Mit eigenhändigen Anmerkungen Leo Thuns.
ad 67/CUM ex 1858
Entwurf der Allerhöchsten Entschließung
Die Ausführung <der in der bischöflichen Versammlung vom Jahre 1856
vereinbarten in der vorliegenden Eingabe jener Versammlung vom 16. Juni 1856 in
den §§ 1–21 enthaltenen Bestimmungen, so weit sie sich auf die Verwaltung des
Vermögens einzelner Kirchen und Pfründen, dann der bei denselben bestehenden
Stiftungen beziehen, soll> 1 in der
Voraussetzung, daß sie im Wege der Provincialconcilien kirchengesetzliche Kraft
erlangen, unter der Bedingung kein Hindernis finden, daß
1. die zu diesem
Ende von den einzelnen Bischöfen für ihre Diözesen zu erlassenden Weisungen
vorerst Meiner Regierung vorgelegt werden und daß
2. dabei sowohl die
derselben auf Grund des Art. 30 und 31 des Konkordates zustehenden Rechte, als
auch die Befugnisse gewahrt bleiben, welche den Kirchenpatronen in Ansehung der
ihnen durch das bürgerliche Gesetz im kirchlichen Interesse auferlegten
Verpflichtungen eingeräumt sind und unbeschadet der Kirchengesetze geübt werden
können.
<Insoferne es sich nicht um die Verwaltung des vorhandenen
Vermögens, sondern um die Frage handelt, von wem und in welchem Maße bei
Unzulänglichkeit des vorhandenen Vermögens zur Bestreitung kirchlicher
Bedürfnisse beizutragen sei und inwiefern solche Leistungen nöthigenfalls durch
äußere Zwangsmittel bewirkt werden können, bleiben die bestehenden Vorschriften
noch in Kraft und behalte Ich es Mir vor, dieselben demnächst unter
Berücksichtigung der bezüglichen Kirchengesuche und den Zeitverhältnissen
entsprechend neu zu regeln.>2 <Bezüglich der Vermögensverwaltung wird den voranstehenden
Grundsätzen gemäß>3Nachstehendes zu beachten sein:
Bei Bezeichnung der
Grenzen, innerhalb deren die Kirchenpatrone sich an der Bestellung der Glieder
der Kirchenvermögensverwaltung und an der Verwaltung selbst betheiligen, ist
nebst den bei den bei der Errichtung der kirchlichen Anstalt etwa gemachten
Vorbehalten die bisherige langjährige Übung, insofern sie dem Kirchengesetze
nicht widerstreitet, aufrecht zu erhalten. <Unter dieser Voraussetzung>4 bleibt es dem
Kirchenpatrone unbenommen, an der Kirchenvermögensverwaltung selbst oder durch
einen Stellvertreter Theil zu nehmen und bei allen Berathungen derselben,
insbesondere bei der Aufnahme der Kirchenrechnung, zu erscheinen, wodurch ihm,
so oft es sein Interesse angeht, die Gelegenheit sich auszusprechen gesichert
ist und seine Ansicht in allen Fällen, wo ohne eingeholte bischöfliche
Zustimmung nicht vorgegangen werden darf, zur Kenntnis des Bischofes kömmt.
Desgleichen ist der bei den Berathungen der Kirchenvermögensverwaltung anwesende
Kirchenpatron, wenn er mit Ausgaben und Maßnahmen, zu denen diese Verwaltung auf
eigene Verantwortung schreiten kann, nicht einverstanden ist, berechtiget zu
fordern, daß die Sache dem Bischofe vorgelegt werde. Dieser wird auch keinen
Anstand nehmen, auf Verlangen des Kirchenpatrones in dessen Gegenwart eine
Untersuchung <des Zustandes der Kirchengebäude und>5 der Kirchenkassa vornehmen zu lassen.
Will oder kann der Kirchenpatron oder sein Stellvertreter an der
Kirchenvermögensverwaltung nicht Theil nehmen, so ist von dieser bei allen
Ausgaben und Maßnahmen, zu denen sie nicht ohne Zustimmung des Bischofes
schreiten kann, und bei dem Vorhaben eines Rechtsstreites, endlich über die
dokumentirte Jahresrechnung, die schriftliche Äußerung des Patrones einzuholen
und dem Bischofe vorzulegen.
<Desgleichen ist der Patron befugt, dem
Pfründenbesitzer allfällige Vernachlässigungen seiner Pflichten in Betreff der
Gebäude und des Pfründenvermögens in Erinnerung zu bringen, auch hierüber die
Anzeige an das Ordinariat zu erstatten und zu verlangen, daß in seiner Gegenwart
eine Untersuchung des Zustandes der Pfründengebäude gepflogen werde.
Dem
Patron steht auch in der Regel die Vertretung der geistlichen Pfründe zu; doch
soll er vor dem Beginne eines Rechtsstreites die Beistimmung des Bischofs
einholen. Ist der Rechtsstreit gegen den Patron selbst zu führen,>6<so steht die
Einleitung der gerichtlichen Schritte dem Bischofe zu.>7
<Im Falle der Erledigung der Pfründe
ist zur Ausscheidung und allfälligen Ergänzung des Kirchen- und
Pfründenvermögens aus dem Nachlaße des verstorbenen oder aus dem Privatvermögen
des abtretenden Pfründners den bestehenden Vorschriften gemäß auch der Patron
beizuziehen.>8
Bei Pfründen und Gotteshäusern, welche einem auf dem Religions-
oder Studienfonde beruhenden Patronatsrechte unterstehen, übt Meine Regierung,
welche diese Fonde im Namen der Kirche verwaltet, ebenso wie bei den Kirchen und
Pfründen des landesfürstlichen Patronates die dem Kirchenpatrone zustehenden
Befugnisse.
<Wenn solche Kirchen und Pfründe in Rechtsstreitigkeiten
verwickelt werden, haben die kaiserlichen Finanzprokuraturen dieselben wie
bisher unentgeldlich zu vertreten oder falls die Aufstellung eigener Vertreter
stattfinden sollte, diese im Einvernehmen mit den kaiserlichen
Finanzprokuraturen zu handeln.>9 Bei anderen Kirchen und Pfründen ist von der
Vermögensverwaltung durch die jährliche Vorlage eines Rechnungsauszuges, dann
des Kirchen- und Pfründeninventars oder, in wie weit es zum Zwecke ausreicht,
des Nachweises des Zuwachses oder der Abnahme desselben der politischen
Landesstelle darzuthun, ob eine Vermehrung des Pfründen- und Gotteshausvermögens
stattgefunden habe oder ob Theile desselben veräußert oder durch Belastung in
ihrem Werthe vermindert worden sind. Auch von den Urkunden, welche über die
bischöfliche Annahme und Bestätigung der bei einzelnen Kirchen und Pfründen
angeordneten Stiftungen ausgefertigt worden sind, soll der politischen
Landesstelle ein ungestempeltes Exemplar zur Einsicht mitgetheilt werden.
Sollte aus Anlaß der Superrevision der Rechnungen oder zur Bestellung eines
Rechtsbeistandes für die Angelegenheiten der Vermögensverwaltung einer Diözese
das Vermögen der Kirchen derselben durch eine Umlage in Anspruch genommen
werden, so ist über eine solche allgemeine Belastung des Kirchenvermögens
vorerst das Einvernehmen mit Meiner Regierung zu pflegen.
Die bei der
Verwaltung des Vermögens von bischöflichen Kollegiat-, Kloster- und
Wallfahrtskirchen etwa erforderlichen Ausnahmen von den allgemein giltigen
Bestimmungen werden den Gegenstand besonderer Verhandlungen zu bilden haben.
Hinsichtlich des Betrages, dessen Sicherstellung erforderlich ist, um
gottesdienstliche Verrichtungen zu stiften, sowie hinsichtlich des Maßstabes der
Vertheilung des Erträgnisses solcher Stiftungen wird, insolange darüber nicht in
kirchengesetzlicher Weise neue Anordnungen getroffen sind, die <unter
Mitwirkung der Organe der Kirchengewalt zu Stande gekommene Gepflogenheit
zur>10Richtschnur zu dienen haben.
Von
jeder Erledigung einer Pfründe hat die geistliche Diözesanbehörde unter
Bekanntgebung des bestellten Temporalienverwalters der politischen Landesstelle
die Anzeige zu erstatten. Dasselbe gilt von der Wiederbesetzung der erledigten
Pfründe. Erscheint der Religionsfond betheiligt, so bleibt es Meiner Regierung
vorbehalten, in wichtigeren Fällen dem kirchlicherseits bestellten
Temporalienadministrator einen geeigneten Mitverwalter zur Seite zu geben. Ihre
Zustimmung ist, wie zu allen Maßnahmen, welche der Pfründner nicht unter seiner
eigenen Verantwortlichkeit treffen darf, so insbesondere zur Remunerirung des
Temporalienverwalters eines Bisthums oder einer weltgeistlichen Abtei
erforderlich. Der Verweser des geistlichen Amtes, dem die Verwaltung des
Vermögens einer erledigten Pfründe übertragen ist, bezieht, wo ihm nicht nach
der bestehenden Übung das ganze Erträgnis derselben zukömmt, <aus diesem
Erträgniße>11 den
durch Gesetz oder Herkommen festgestellten Administrationsgehalt. Hinsichtlich
des Gehaltes der Verweser erledigter Pfründen, deren Reinertrag in den
Religionsfond fließt, genehmige Ich, daß das durch Meine Entschließung vom 19.
Februar 1856 für drei Jahre gemachte Zugeständnis, zufolge dessen jener Gehalt
bei Pfründen, deren Jahreserträgnis 500 Gulden nicht erreicht, mit monatlichen
25 Gulden, bei Pfründen aber, die ein Jahreseinkommen von 500 Gulden oder
darüber entwerfen, mit monatlichen 30 fl zu bemessen ist, auch nach Ablauf des
Zeitraumes, für welchen es gewährt worden, fortzudauern habe; ferner sollen die
Provisoren erledigter Pfarren dem Wunsche der bischöflichen Versammlung gemäß
fortan nicht verpflichtet sein, die bei diesen Pfarren gestifteten Messen anders
als gegen das von dem Bischofe festgesetzte Stipendium zu entrichten, welche
Bestimmung mit ersten ... in Wirksamkeit zu treten hat.
Zur Ermittlung der
Antheile an den Einkünften des Interkalarjahres sind alle dabei Interessirten
beizuziehen und soll bei erledigten Bisthümern und weltgeistlichen Abteien
sowohl behufs der Früchtenabsonderung, als auch der Übergabe an den neuen
Pfründner der Religionsfond durch einen Abgeordneten Meiner Regierung vertreten
werden, welcher auch, wenn der Reinertrag der erledigten Pfründe in den
Religionsfond fließt, die Prüfung und Genehmigung der Interkalarrechnung nicht
vorenthalten werden kann.
Steht das Pfründengut unter dem landesfürstlichen
Lehenbande, so sind die Bestimmungen der Lehengesetze auch hinsichtlich der
Vermögensaufnahme und der Lehenverleihung wahrzunehmen.
Den Bischöfen ist es
anheim zu stellen, mit Berücksichtigung der voranstehenden Bestimmungen, die
geeigneten Instruktionen über die Durchführung dieser Angelegenheit auf
Grundlage der Beschlüsse der bischöflichen Versammlung vom Jahre 1856 auch noch
vor Abhaltung von Provincialconcilien zu verfassen und darin die noch
erforderlichen näheren Anordnungen, bei denen die besonderen Verhältnisse
einzelner Länder oder Diözesen Berücksichtigung erheischen, nach eigenem
Ermessen zu treffen. Diese Instruktionen haben die Bischöfe <vor ihrer
Einführung>12
Meinem Minister für Kultus und Unterricht vorzulegen, welchen Ich ermächtige,
wenn sie mit dieser Meiner Entschließung im Einklange stehen, in Willfahrung der
von der bischöflichen Versammlung gestellten Bitte <das Entsprechende
einzuleiten, damit diejenigen Meiner>13Behörden, welche bisher mit der Beaufsichtigung und
Controlle der kirchlichen Vermögensverwaltung beauftragt waren, die 14
fortan ihre Wirksamkeit in solchen Angelegenheiten auf die hiermit genehmigten
Grenzen sich beschränken und somit alle damit unvereinbaren bisher bestehenden
Gesetze und Verordnungen außer Kraft treten.
<Sollten in der Zukunft in
den erwähnten Instruktionen Änderungen erforderlich werden, so sind auch diese
vor ihrer Einführung Meinem Minister für Cultus und Unterricht vorzulegen.>15
Nachdem die
Durchführung dieser Angelegenheit16 zum großen Theile
von der Voraussetzung bedingt ist, daß vorerst das Kirchenvermögen von dem
Pfründenvermögen geschieden werde, so ist, <wo diese Sondirung noch nicht
stattgefunden hat>17
sofort hierauf zu dringen.
Bezüglich der Verwaltung des Vermögens erledigter
Pfründen in dem lombardisch-venetianischen
Königreiche ist das Einvernehmen mit dem heiligen Stuhle auf
Grundlage der Bestimmungen des Mir vorgelegten Entwurfes zu pflegen.
ad 67/CUM ex 1858
Entwurf der zwischen dem heiligen Vater und Seiner Majestät zu vereinbarenden Bestimmungen betreffend die Verwaltung der Güter des Bisthums sowie aller Pfründen zur Zeit der Erledigung im lombardisch-venetianischen Königreiche.
Das reine Erträgnis aller erledigten weltgeistlichen Pfründen, deren
Einkommen nicht für eine Gesammtheit von Geistlichen, die eine gemeinsame
Güterverwaltung haben, bestimmt ist, wird wie bisher für diese Pfründen
selbst bei dem Vermögen derselben in Empfang genommen, in Evidenz erhalten,
abgesondert nach der über das Kirchenvermögen bestehenden Bestimmung
verwaltet und nach dem Gutbefinden der Interkalarverwaltungskommission im
Sinne des Kirchengesetzes verwendet werden.
Eine Ausnahme machen die aus
dem venetianischen geistlichen Fonde unterstützten Pfründen, deren
Interkalarerträgnis in diesen Fond zu fließen hat, so lange nicht der von
den aufgehobenen Pfarrkapiteln herrührende Theil desselben zu bleibenden und
kirchlichen Ausstattungen verwendet wird.
Die Glieder der
Interkalarverwaltungskommission werden von dem Bischofe ernannt.
Der
Bischof oder derjenige, den er hierzu ermächtiget, präsidirt derselben; sede
vacante der Generalvikar.
Die Interkalarverwaltungskommission hat
darüber zu wachen, daß die Substanz der erledigten Pfründe erhalten, nach
den über die Gebahrung mit dem Pfründenvermögen bestehenden Vorschriften
verwaltet und der Reinertrag seiner Widmung zugeführt werde. Insbesondere
steht es dieser Kommission zu, dem bestellten Temporalienadministrator der
erledigten Pfründe einen geeigneten Mitverwalter zur Seite zu geben.
Ihre Zustimmung ist wie zu allen Maßnahmen, welche der Pfründner nicht
unter seiner eigenen Verantwortlichkeit treffen kann, so auch zur
Remunerirung des Temporalienverwalters eines Bisthums erforderlich.
Sie
hat bei der Übergabe der Temporalien des Bisthums sowohl an den
Temporalienadministrator, als an den neuen Bischof durch einen Abgeordneten
zu interveniren, dann die Interkalarrechnung zu prüfen und zu erledigen.
In Ansehung der bedeutenden Unterstützungen, welche Seine Majestät zu Bestreitung der
kirchlichen Bedürfnisse aus dem öffentlichen Schatze huldreich leistet, wird
dieser Kommission ein von der kaiserlichen Regierung ernannter Kommissär mit
der Berechtigung beigegeben werden, ein Veto einzulegen gegen Beschlüsse,
durch welche er die Substanz des erledigten Benefiziums gefährdet erachtet
oder in welchen er eine ordnungswidrige oder offenbar unzweckmäßige
Gebahrung mit den Einkünften desselben zu erkennen glaubt.