Kardinal Friedrich Schwarzenberg berichtet, dass der Bischof von Budweis, Jan Valerián Jirsík, in den letzten Monaten sämtliche Ordensschulen der Piaristen als Ko-Visitator besucht habe. Dabei konnte sich der Bischof davon überzeugen, dass die Reformen der Gymnasien gut angenommen und umgesetzt worden seien. Schwarzenberg hofft daher, dass die Piaristen und ihre Schulen wieder ihren guten Ruf zurückgewinnen können. Allerdings erscheint es Schwarzenberg als notwendig, dass die Schulen finanziell gefördert werden. Schwarzenberg verweist deshalb noch einmal auf seinen dahinlautenden Antrag. Er wiederholt außerdem die Bitte des Bischofs von Budweis, das Stadtkonvikt der Piaristen in Wien wiederherzustellen.
Hochgeborner Graf!
Der hochwürdigste Herr Bischof von
Budweis hat als Convisitator des Ordens der frommen Schulen im
Laufe der ersten Hälfte dieses Sommers sämmtliche Kollegien der österreichischen
Ordensprovinz der kanonischen Visitation unterzogen und, wie ich aus seinem
Berichte entnehme, ziemlich befriedigende Resultate gefunden; namentlich hat
sich ihm die beruhigende Überzeugung begründet, daß die bisher getroffenen
Maßregeln der Reform willig aufgenommen und größtentheils in Übung gesetzt
seien, sodaß auch in Rücksicht des noch nicht zur Gänze Durchgeführten die beste
Hoffnung gegeben werde. Es ist mir sehr angenehm, diesen theilweisen Erfolg der
apostolischen Visitation in Bezug auf einen Orden, dessen Gedeihen die
Interessen des Unterrichtes so nahe berührt, Euerer Excellenz, mittheilen zu
können und ich gebe mich der Hoffnung hin, es werde bei fortgesetzter Wegräumung
aller Hindernisse der Orden der Piaristen zu seiner früheren Blüthe zurück
geführt werden.
Unter diesen Hindernissen hat sich bei der Visitation
abermals als eines der hauptsächlichsten heraus gestellt, daß dem einzelnen
Ordensgliede selten die vollständige ausreichende Versorgung von Seiten des
Kollegiums verbürgt werden konnte, ohne welche Bürgschaft eine volle Regelung
des Gelübdes der Armuth, eine Hintanhaltung mancher Mißbräuche in der täglichen
Hausordnung und dergleichen schwer und fast unmöglich wurde. Da eine
Aufbesserung der Dotation, welche unter andern besonders zu
Krems, dann an dem Josefstädter Collegium geboten
erscheint, dermalen nur durch die öffentlichen Fonde statt finden kann, muß ich
dringend wünschen, daß das hohe k.k. Ministerium auf
meine dießfällige Eingabe vom 27. Jänner dieses Jahres Nr. 401 eine günstige
Entschließung zu fassen geruhen wolle, welche umso heilsamer wirken dürfte, je
früher die Glieder des Piaristenordens aus einer peinlichen Ungewißheit und
theilweise kummervollen Lage befreit werden.
Eine fernere große
Unzukömmlichkeit, welche sich bei den hohen Preisen der Lokale und Victualien in
Wien ohne Dazwischenkunft der k.k. Behörden auf
anderem Wege nicht beheben läßt, betrifft das getrennte Einzelleben jener
Piaristen, welche an dem akademischen Gymnasium daselbst angestellt sind. Ich
erlaube mir an Euere Excellenz gemäß dem Vorschlage des hochwürdigsten Herrn
Bischofes von Budweis die
angelegentliche Bitte zu richten, daß diesen Priestern das statutengemäße
Zusammenleben ermöglicht werde, indem entweder das k.k. Stadtconvict wieder
hergestellt und der Leitung der Piaristen übergeben oder wenigstens den
akademischen Lehrern des Piaristenordens die von ihnen früher innegehabten
Wohnungen, die sie erst vor kurzer Zeit verlassen mußten, zurück gestellt
werden.
Ich habe die Ehre, mit vorzüglicher Hochachtung zu
verharren
Euerer Excellenz gehorsamster Diener
Friedrich mp
Kardinal und Erzbischof
Prag, den 30. August 1854