Der Historiker Johann Baptist Weiß antwortet dem Minister auf dessen Schreiben in der Angelegenheit von Cornelius Bock. Zunächst schildert er kurz den Lebenslauf Bocks und nennt die maßgeblichen Personen, die diesen geprägt haben. Hier betont er besonders den Einfluss von Barthold Georg Niebuhr, August Wilhelm Schlegel und Johann Hug. Nachdem Bock als Katholik in Preußen keine Professur erlangen konnte, wirkte er kurz in Marburg, kehrte dann jedoch in seine Heimatstadt Aachen zurück. Er selbst lernte Bock in Freiburg kennen, wo dieser seit 1849 regelmäßig weilte. Die Katholiken an der dortigen Universität versuchten ihn in der Folge nach Freiburg zu berufen, allerdings scheiterte dies an den Intrigen einiger Liberaler. Bock hatte daraufhin ihm gegenüber mehrfach den Wunsch geäußert, in Österreich wirken zu können. Daher hatte Weiß Bock auch dem Minister empfohlen. Zudem hatte er Erzherzog Johann Cornelius Bock als Nachfolger für die verwaiste Stelle von Eduard Melly als archäologischer Konservator des Landes Steiermark vorgeschlagen. Bock erhielt schließlich diesen Posten und wurde durch seine Vermittlung glänzend in die Grazer Gesellschaft aufgenommen. Schon bald aber stellte Bock höhere Ansprüche, die der Historische Verein für Steiermark jedoch nicht annehmen wollte, so dass es zum Bruch mit Bock gekommen sei. Außerdem, so schreibt Weiß, wurde er persönlich von Bock enttäuscht, da dieser ihn bei einflussreichen Grazer Familien als Ultramontanen und wenig talentierten Gelehrten diffamiert hatte. Die Erkenntnis, sich in Bocks Charakter so sehr getäuscht zu haben, hatte ihn zunächst sehr niedergeschlagen, dann aber beschloss er, seinen Fehler, Bock zu empfehlen, rückgängig zu machen. Er schilderte die Situation daher einigen einflussreichen Personen in Graz. Dies wiederum wurde ihm allerdings als Intrige gegen Bock ausgelegt. Er wird seine Aussagen jedoch nicht zurücknehmen. Ob Bock sich auch in die Wahl des Dekans an der hiesigen Universität eingemischt hat, kann er nicht sagen. Weiß will bald mehr über die Angelegenheit berichten.
Der Brief ist im Nachlass von Thun gemeinsam mit weiteren Briefen, die
diese Thematik betreffen, abgelegt:
Franz Gustav Schreiner an Joseph Alexander Helfert. Graz, 29./30.
Juli 1855.
Leo Thun an Johann Baptist Weiß. Wien, 8. August
1855.
Johann Baptist Weiß an Leo Thun. Graz, 8. August
1855.
Johann Baptist Weiß an Leo Thun. Graz, 9. August
1855.
Ottokar Maria von Attems an Leo Thun. Graz, 10. August
1855.
<6/8 1855>1
Excellenz Herr Minister!
Hochgebietender Gnädiger Herr Graf!
Vor wenig Minuten kam mir das Schreiben zu Handen, durch welches Ihre Excellenz
von mir eine im strengsten Sinne vertrauliche Antwort über Fragen in Sachen des
Professors Dr. Bock aus
Brüssel zu verlangen geruht haben. Ich beantworte
dasselbe augenblicklich und werde mein Mögliches thun, damit die Antwort morgen
früh schon in Wien sey. Ich rede vor Ihro Excellenz, dem
Gegenstand meiner innigsten Verehrung und Ergebenheit, offen wie vor Gott und
stehe ein für jede meiner Behauptungen.
Professor Bock stammt aus einem
guten Hause in Achen [Aachen], hat früher in Bonn unter Niebuhr und Schlegel, später in Freiburg studirt, lebte darauf nur
archäologischen Studien hingegeben in Italien, mindestens
zwei Jahre. In Freiburg wohnte er im Hause Rottecks, will aber hier von Eckel vor dem
Treiben der Demagogen erfüllt worden seyn. Hug, der anfangs selber zu dieser Partei hielt, aber weil er
selber nach der Würde eines Erzbischofs von Freiburg strebte, mit ihr brach,
soll Bock bewogen haben in
Rom seine Bekanntschaft mit dem Gesandten einer
deutschen Macht gegen Wessenberg zu gebrauchen. Bock kam aus Italien zurück, nach
Berlin mit Empfehlungen von Niebuhr und Creuzer. Altenstein erklärte dem um eine Professur sich Bewerbenden, daß
er sich an katholische Regierungen als Katholik wenden müsse. Bock lebte darauf einige Zeit in
Berlin, in inniger Verbindung mit Radowitz, am politischen Wochenblatt
mitarbeitend. Von Radowitz
empfohlen erhielt er eine Professur in Hessen, legte sie aber
bald nieder, lebte dann historischen Studien in Achen
[Aachen], wo er mehrere seiner Schriften (über den
Baumeister Carl M, über die Gärten,
das Grab Karl des Großen)
veröffentlichte. B rühmt sich in
seiner Vaterstadt das Institut der barmherzigen Schwestern eingeführt zu haben.
Von Achen zog er nach Brüssel, wurde dort Mitglied der
Akademia, deren Jahrbücher geistvolle und gelehrte Aufsätze von ihm enthalten.
B. war zwei mal
verheirathet, beide Frauen starben im ersten Wochenbett.
Im Spätjahr 1849
oder Frühjahr 1850 kam Bock nach
Freiburg mit Empfehlungen des Erzbischofs von Cöln, fand Zutritt beim
Erzbischof von Freiburg. Ich wurde
durch Schreiner mit Bock
bekannt und erinnere mich noch mit Vergnügen der Abende, die ich mit ihm,
Gfrörer und Stolz zubrachte; diese drei sprudelten von Witz
und Gelehrsamkeit und ich, der Jüngere, konnte nur lernen von den Älteren.
Fortan brachte Bock jedes Jahr
einen Theil des Sommers in Freiburg und den Freiburg
nahen und lieblichen Badorten, Badenweiler und
Baden-Baden zu. Bock besitzt ein imponirendes Wissen, von der Zeit von
Augustus bis in das 10. Jahrhundert ist er in der
geistlichen und weltlichen Literatur zu Haus wie selten ein Gelehrter. Die
Katholiken an der Universität beschlossen Alles zu thun, um Bock für die Universität zu gewinnen,
zumal Bock erklärte, an der
Größe der Besoldung liege ihm nichts, er werde sie großen Theils an Studenten
als Stipendien verwenden, auch wolle er seine (wirklich prachtvolle) Bibliothek
der Universität testamentarisch vermachen. Die Stelle für Philologie und
Kunstgeschichte war frei, der geniale Feuerbach lag schon länger an unheilbarem Übel darnieder. Die
vorbereitenden Schritte geschahen für Bock. Die Liberalen waren gegen ihn, Sengler, früher Professor in Marburg, soll in geheimer Sitzung
behauptet haben, Bock sei in
einem Bordell arretirt und zur Resignation gezwungen worden. Ich habe dieß nicht
selber aus Senglers Mund, hörte aber
davon und weiß nur, daß Bock
erklärte, er habe durch einen verwegenen Schritt einen Fürsten (von
Hessen-Cassel?) vor einer großen Gefahr gerettet. Die Katholiken meinten theils,
ein Mann, der so solide Studien namentlich in den Kirchenvätern gemacht, habe
sich auch gereinigt von Jugendschlacken; theils glaubten sie den Empfehlungen
mehr als den Anklagen seiner und ihrer Gegner. Nur die Domcapitularen Schell und Staudenmaier waren stets gegen
Bock. Es kam zur Entscheidung, die Regierung erklärte sich für den Professoren
Bergk, einen sehr gelehrten aber
weniger geistvollen Philologen. Gfrörer hoffte auch nach dieser Berufung Bock noch an die Universität Freiburg
zu bringen. Im Reiche geht nämlich der Vorschlag zur Besetzung einer Professur
von der betreffenden Facultät aus. Die katholische Presse betrachtete fortan die
Nichtanstellung Bocks als einen Klagepunkt gegen die badische Regierung.
Mittlerweile fand der Unterzeichnete ein Asyl und eine ehrenhafte Stellung
durch die Gnade Ihro Excellenz in Oestreich. Bock, der
an mich ein Sendschreiben über die letzte Recension, die Boethius im Kerker an
seinen eignen Schriften geübt, erlassen hatte, schrieb mir oft, wie gern er in
Oestreich den Abend seines Lebens
beschlösse, sein langes angesammeltes Wissen zum Nutzen der Jugend verwendete,
wie Brüssel blos ein Ort für materielle Interessen, und
er dort durch Intriguen verfolgt sey. Bock ist ein sehr vermöglicher Mann, erneute brieflich das
Versprechen, der Anstalt an der er sterbe, seine Bibliothek zu vermachen;
Bock ist ein großer
Gelehrter, ein Katholik. Ich glaubte in ihm meinem neuen Vaterland einen Mann
von Vermögen, eine Bibliothek zu erwerben, eine Kraft, die mächtig eingriffe in
das große System, welches die höchste Blüthe der Wissenschaften herbeiführen und
zugleich im heranwachsenden Geschlecht den Sinn für die ewigen Wahrheiten des
Christenthums reyn erhalten will, das die alte und die neue Zeit zu versöhnen
und eine größere Zeit als beide herbeizuführen bestrebt ist.
Ich habe darum
Ihro Excellenz zweimal mündlich, zweimal in einem Schreiben2 diesen Mann empfohlen und auch Andere für ihn zu
interessiren gesucht. Ich bin in den Spätjahrferien 1853 und 1854 mit Bock zusammengetroffen, 1853 in
Karstadt und Brüssel, 1854 in
Baden-Baden; seine Sehnsucht nach einer Wirksamkeit
in Oestreich war gestiegen, desgleichen
seine Klagen über Brüssel; in seinen Briefen sprach sich
die größte Melancholie und Hoffnungslosigkeit aus, ich schrieb ihm, wie Ihro
Excellenz meinen Vortrag nicht ungnädig angehört und suchte einen Strahl der
Hoffnung in die Nacht seiner Verzweiflung zu bringen.
Letzten Winter war
eine Sitzung des Ausschußes des historischen Vereins für
Steyermark im Palais Seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Johann. Es handelte sich um die
Wiederbesetzung der durch Dr. Mellys Tod
erledigten Stelle. Als die Reihe darüber zu sprechen, ob ich ein dazu fähiges
Subject wüßte, an mich kam, nannte ich Bock, der durch Studien, Fähigkeiten ganz dazu passte; im Winter
sollte er Vorlesungen halten, im Sommer die Steyermark bereisen; da Bock im Sommer immer an den Augen leidet, schicken ihn die Ärzte
immer in Gebirgsgegenden. Seine kaiserliche Hoheit nahm meinen Vorschlag gut
auf, verlangte ein Curriculum vitae des Candidaten und versicherte nach einer
Reise nach Wien, daß Ihro Excellenz, bereits aufmerksam
auf diesen Mann, geneigt wären, Ihro Einwilligung zu seiner Anstellung zu geben.
An Bock ward das Programm und
die Einladung geschickt, er erklärte, daß er nicht unbedingt annehme, aber
kommen und sich die Sache ansehen wolle; gefalle er in Oestreich und gefalle ihm die Stellung, so freue
er sich, sein Leben im Kaiserstaat zu beschließen. Da Bock empfindsam, so sorgte ich für
einen guten Empfang; ich war stolz darauf, Gratz einen großen Gelehrten zu verschaffen und freute mich
darauf, selber seine Vorlesungen zu besuchen. Jede neue Kraft weckt das
Interesse an Wissenschaft und so hoffte ich von seiner Wirksamkeit die schönsten
Erfolge.
Bock kam im Mai
und ward glänzend aufgenommen; ich führte ihn in einige der ersten Häuser ein
und Einladungen flogen ihm zu; der Prälat von
Rein veranstaltet eine Fahrt nach seinem Stift. In einer
Ausschußsitzung des historischen Vereins hielt Bock einen gediegenen Vortrag über
eine der ältesten Partien der Geschichte dieses Landes, der sehr gefiel. Man
wetteiferte in Artigkeiten gegen ihn und dieß hat vielleicht mit dazu
beigetragen, ihm den Kopf zu verwirren. Bald stellten sich Differenzen heraus.
Bock stellte seine Ansprüche
höher, wollte vom Sammeln, Beschreiben der Alterthümer Nichts wissen, nur
Vorlesungen halten, nur eine lebenslängliche Anstellung annehmen. Ich sagte ihm
oft, daß sobald seine Tüchtigkeit in Oestreich bekannt sey, man ihn nicht mehr ziehen lassen werde,
ebenso wenig, daß man Unbilliges von ihm verlange. Bock folgte anderem Rath; der Ausschuß
glaubte, am Programm festhalten zu müssen und nach vergeblichen
Vermittlungsversuchen erklärte Bock, daß er die Bedingungen des Ausschußes, und
erklärte der Ausschuß, daß er die Anträge Bocks nicht annehmen könne. Bock beschwerte sich, man habe ihn ins
Land gefoppt, aus seinen eigenen Briefen bewies man ihm aber, daß dem nicht so
sey. Die Ausschußmitglieder waren natürlich fortan nicht mehr gut auf ihn zu
sprechen. Von hier aus ist Bocks
Sache fallen gelassen und am 2. August ist er selber von hier abgereist.
Die andere Differenz berührt mich persönlich, sehr schmerzlich, bildet eine
bittere Erfahrung in meinem Leben. Ich hatte in der Begeisterung für die
Wissenschaft Alles für Bock
gethan, Niemand wußte hier Etwas von ihm vor mir; kein Vater kann die Sache
seines Lieblings wärmer fördern als ich die seine. Ich rieth ihm, seine Sache
energisch zu betreiben, man stehe hier auf einem vorgeschobenen Posten, es gelte
ernster gründlicher Bildung Bahn zu brechen, eine schöne Wirksamkeit stehe ihm
bevor. Bock wollte aber zunächst
in Gesellschaften glänzen, sein Herz ist frauenhaft, Bewunderung von Damen
löffelvollweise einnehmen. Er kam nur in Kreise, wo er mich naturnothwendig
preisgeben mußte, wo es ihn genirte, daß er durch mich hieher gekommen. Er
konnte denn nicht genugsam erklären: „Weiß ist ein Ultramontaner, ich bedaure, daß er sich nur an die
Ultramontanen hält; ich bin kein Ultramontaner, obschon ich Mitaktionär der
Volkshalle bin. Die ultramontane Partei hat den Weiß hergebracht. Die Philologen
Zell und Bähr haben mir in
Heidelberg gesagt, sie seien Schuld, daß Weiß hieher berufen, sind aber nicht
mehr mit ihm zufrieden.“ Als Bock merkte, daß dieß gefiel, griff er nicht blos
meinen Charakter, sondern auch die wissenschaftliche Tüchtigkeit an. Daß die
Leute, denen er dieß sagte, mich auslachten, der ich selber den Bock hieher gebracht, liegt in der
Natur der Dinge.
Ich erfuhr in kurzer Zeit Alles und mit solchen Details,
daß ich am Verrathe Bocks nicht
zweifeln konnte. Wenn die Braut am Altar statt des Ja vom Bräutigam einen [?]
Schlag ins Angesicht bekommt, so kann ihre Entrüstung nicht größer seyn als sie
es bei mir war. Bald darauf kam Bock zu mir. Das Herz wollte mir springen als ich ihn sah, aber
ich bezwang mich, es galt Thatsachen zu bekommen. Das Gespräch drehte sich um
folgende Hauptpunkte. Bock erzählt eine Intrigue, die gegen ihn los sey; ich
erklärte ihm, es sey an der Sache Nichts, blose Phantasie von seiner Seite.
B[ock]. Auch gegen Sie sind Intriguen im Spiel.
Ich. Ich weiß es.
B. Sie haben hier viele Feinde.
Ich. Viel Feind viel Ehr.
B. Ja man
wird Ihnen das Leben sauer machen; man wird Ihnen Ihre Stelle nicht nehmen
können, aber Sie mit Nadelstichen tödten. Die erste liberale Bewegung – und man
kann in jetziger Zeit für Nichts stehn – wirft Sie aus dem Land.
I[ch]. Ich
fürchte mich nicht; Niemand kann es allen Leuten recht machen.
B. Sie
müssen keine so exclusive Stellung einnehmen.
I. Ich gehe einfach meines
Weges, lebe meinem Fache. Soireen kosten Zeit und Geld.
B. Ja man ist auch
mit Ihren Collegien nicht zufrieden, man hat sie ausgehorcht, sie sind nicht
wissenschaftlich genug.
I. Man braucht nicht zu horchen, es kommen auch
ältere Leute hinein; ein vornehmer Mann, der die ersten Historiker in Berlin gehört, besuchte hier 1 ½ Jahre
meine Vorlesungen jeden Tag und dankte mir. Ich weiß übrigens, woher dieser Wind
weht. Die Studenten sind anderer Ansicht.
B. Auch der Klerus ist mit Ihnen
nicht zufrieden, ich habe mit einem hochgestellten Kleriker über Sie gesprochen,
er wirft Ihnen Verbindung mit Akatholiken in Baden vor.
I. Das ist nicht
wahr; kein Kleriker hat Etwas gegen mich; ich hörte, daß man den Seminaristen
die Bitte meine Collegien zu besuchen abgeschlagen hat, aber die Gründe lagen,
wie ich später erfuhr, in der Hausordnung; eben erfahre ich, daß ein Curs im
Priesterseminar im nächsten Winter bei mir hören soll. Ich stehe in gelehrtem
Verkehr mit meinem alten Lehrer, Professor Schreiber in
Freiburg, der eine Autorität in der Keltenfrage ist.
Das kann mir kein vernünftiger Katholik übel nehmen.
Nun brachte Bock eine Menge Dinge, aus denen ich
ersah, daß er seine neuen Freunde eben so verrieht, wie er mich an sie
verrathen, er warnte mich vor Ihnen. Ich hörte ihn ruhig an, ließ ihn gehen, war
von da an nie mehr für ihn zu Haus, sprach ihn nie mehr.
Die Sache machte
mich 8 Tage krank. Als ich meinetwegen ruhig war, konnte ich es aber nicht in
jeder Beziehung seyn. Ich hatte diesen Mann empfohlen, einen so intriguanten
Charakter durfte ich aber nicht ins Land bringen; ich mußte also meine
Empfehlung zurücknehmen. Ich erzählte die Sache vier Herren, die hier am meisten
für ihn gethan hatten. In kurzer Zeit war sie bekannt und Bock, zu dessen Haus man
gewallfahrtet, gemieden wie eine Pestbeule. Bock kam nur noch in das Haus Schreiners. Bock wußte Professor Goeth noch zu einem Vermittlungsversuch
bewegen, anfangs drohen, ich sollte meine Aussage zurücknehmen, oder es werde
Ernst. Ich erklärte, ich nehme Nichts zurück und er möge nur Ernst machen. Dann
kam Göth 8 Tage später zu mir, mit einem
Schreiben Bocks, daß er nie
Etwas gegen mich gesagt, und mit einem Schreiben Schreiners, daß in seinem Hause nie
etwas gegen mich gesprochen worden. Ich nahm keines dieser Schreiben an, sagte:
ich erwarte, daß Bock Ernst
macht, oder ich mache Ernst. Unterdeß ist Bock abgereist.
Ich war entschlossen, wenn hier die Sache
durchgegangen wäre, nach Wien zu reisen und Ihro
Excellenz zu erklären: Ich habe mich geirrt in diesem Mann, nicht in seinem
Kopf, denn er ist eine gelehrte Capacität ersten Rangs, aber in seinem
Charakter, er ist gemüthlos, haltlos, weich, eitel, hat das Aug eines Spions und
das Maul eines alten Weibes, er wird Alles durcheinander bringen. Ich habe
geirrt, meine Absicht war die Beste, ich bitte um Verzeihung. Ich hätte gerne an
Ihro Excellenz geschrieben, aber Ahrens brachte aus Wien die Nachricht,
Ihro Excellenz wären abgereist, bald darauf las ich in der Allgemeinen Zeitung
Excellenz befänden sich auf einer Reise nach Deutschland.
Erst aus Dero Schreiben erfuhr ich, daß Excellenz wieder in
Wien sind. Ein Schreiben in einer andern Sache geht
morgen ab.
Ob Bock sich in die Decanatswahl gemengt, weiß ich nicht. Seine
Schwätzereien haben in der Facultät Spannung hervorgerufen. Ich habe meine
Stimme Hummel gegeben, weil an ihn die
Reihe kam und ich es für ungerecht hielte, ihn zu überspringen; meine Stimme zum
Rector gab ich Gabriel, weil an ihn
der Turnus kam. Hält man diesen fest, so hören alle Reibungen auf.
Ich
schließe hier, damit der Brief fortkommt. Excellenz verlangen schleunige
Antwort, gestern Abend wurde es 7 Uhr als ich noch am 3. Bogen war. Morgen noch
Näheres.
Ihro Excellenz
ergebenster
Dr. Weiß
Gratz, Montag 6. [August] früh 9 Uhr