Leo Thun bedankt sich bei Justin Linde für die Vermittlung von Johann Friedrich Schulte, der ein Neffe des Staatsrates ist. Er hofft, dass er Schulte so bald als möglich eine Stelle als Kanonist an einer österreichischen Universität verschaffen kann. Thun möchte sowohl das kanonische als auch das römische Recht stärker fördern und dazu ist es nötig, Professoren aus Deutschland nach Österreich zu berufen. Thun bittet daher auch um eine Auskunft über einen gewissen Heinrich Fick, der sich um eine Stelle in Österreich beworben hatte und sich dabei auf ein Zeugnis des Bischofs von Fulda berief.
Wien den 24. Mai 1854
Werther Herr Staatsrath!
Ich bin Ihnen herzlich dankbar, mir die persönliche Bekanntschaft des Dr. Schulte verschafft zu haben. Mein
Wunsch wäre es ihn für eine Lehrkanzel des kanonischen Rechtes zu gewinnen; noch
bin ich aber nicht in der Lage mich über die Ausführbarkeit mit Bestimmtheit
aussprechen zu können.
Ich benütze diesen Anlaß um in einer anderen
Angelegenheit Ihre mir so freundlich gebothene Vermittlung in Anspruch zu
nehmen. Ein Dr. Fick, ehemals
Privatdozent in Marburg, bewirbt
sich um eine Lehrkanzel des römischen Rechtes in Österreich. Wir brauchen allerdings einige tüchtige Romanisten.
Er ist Protestant, der Zeit a.o. Professor in Zürich, wird mir aber als ein ganz
konservativ gesinnter Mann geschildert und beruft sich selbst auf das Zeugnis
des Bischofs von Fulda.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Güte haben wollten, mir über seine
wissenschaftliche Tüchtigkeit wie über seine Gesinnung verlässliche Auskunft zu
verschaffen, und insbesondere auch sicher zu stellen, ob wirklich der Bischof von Fulda sich um den
jungen Mann interessiert. Sollten Sie in der Lage sein, mich etwa noch auf
andere hervorragende, oder wenigstens unzweifelhaft hoffnungsvolle Romanisten,
die für unsere Verhältnisse passen dürften, wo möglich Katholiken aufmerksam zu
machen, so wäre ich Ihnen zu um so größerem Dank verpflichtet. Ich hoffe bald
Anordnungen durchzusetzen, die die bisher bei uns vernachlässigte Stellung des
Studiums des römischen Rechts überhaupt die historische Seite des Rechtsstudiums
zu heben geeignet sind; dann müssen wir aber einige Lehrkräfte dafür von
Deutschland hereinziehen.
Mit der Versicherung
aufrichtiger Hochachtung verharre ich, werthester Herr Staatsrath.
Ihr
ergebener Diener
Thun