Der Diplomat in Ruhestand Johann Philipp Wessenberg weist Leo Thun auf einen möglichen Kandidaten für eine Lehrerstelle an einem österreichischen Gymnasium hin. Er hat aus Zeitungen erfahren, dass für österreichische Gymnasien Philologen gesucht werden. Er möchte daher den Minister auf den tüchtigen und talentierten Lehrer Johann Schlegel hinweisen, der derzeit in Offenburg tätig ist. Schlegel hat bereits einige Arbeiten veröffentlicht und sein Leumund ist gut. Er wäre bereit, an ein Gymnasium in Pressburg oder Pest zu wechseln, wenn man ihm dort ein etwas höheres Gehalt biete würde, als er derzeit bezieht. Zuletzt spricht Wessenberg seine Freude darüber aus, dass sich Leo Thuns Bruder Franz wieder auf dem Weg der Besserung von seiner Krankheit befindet.
Hochgebohrener [sic!] Graf
Aus den Zeitungen ersehe ich, daß dermalen wieder Philologen für die
österreichischen Gymnasien und Lyzeen gesucht werden. Ich bin in dem Falle einen
ganz tüchtigen in der Person des Herrn J. H.
Schlegel, dermalen Professor in Offenburg
empfehlen zu können. Ich zweifle nicht, daß er hinsichtlich seiner gründlichen
Befähigung, zumal was die lateinische und griechische Litteratur betrifft,
vollkommen befriedigen würde. Er hat diesfalls die besten Zeugnisse aufzuweisen,
auch bereits mehrere lateinische Arbeiten durch den Druck veröffentlicht, welche
allgemeinen Beifall gefunden haben. Seine moralischen und religiösen Grundsätze
dürften ebenfalls nichts zu wünschen übrig lassen, so wie die Anständigkeit
seines Betragens. Er hat noch nicht das dreyßigste Jahr erreicht. Zur Zeit hat
er eine Anstellung von 900 Gulden deutscher Währung. Ich glaube er würde sehr
gerne eine Anstellung mit nur einigermaßen höherer Besoldung allenfalls in
Presburg oder Pesth oder sonst einer bedeutenden Stadt in Nieder oder Ober
Oesterreich annehmen.
Ich beschränke mich denselben für einen vorkommenden
Fall Euer Exzellenz Wohlwollen und mögliche Berücksichtigung zu empfehlen und
benütze zugleich diesen Anlaß mich Ihrem freundlichen Andenken
zurückzurufen.
Mit großem Vergnügen vernehme ich, daß Ihr Herr Bruder Franz sich wieder auf
der Besserung befinde. Seine Erkrankung hatte meine lebhafteste Theilnahme
erregt.
Mit der ausgezeichnetesten Hochachtung
Euer Exzellenz gehorsamst ergebenster
J. Fhr. Wessenberg
Freiburg, den 2. April 1855